Bei den "Luegenpresse" Rufen der Pegida habe ich stets gemischte Gefuehle. Einerseits klingen sie sehr grob und es schwingt etwas Gewalttaetiges mit, anderseits spuere ich aber auch eine gewisse Sympathie. Das veranlasste mich dazu, mich ein wenig zu ordnen, wobei ich zu dem folgendem Ergebnis kam. Die "Luegenpresse" Rufe sind letzlich nur das ungeschickt ausgedrueckte Unbehagen gegen die Theorie der Postmoderne und deren Anwendung im politisch medialen Komplex.
Wenn man die (diffuse) Postmoderne so defniert wie e.g. auch Meister Petz es tat, d.h. als Ablehnung objektiver Wahrheit (alles ein soziales Konstrukt, das zudem noch die gegegnwaertigen Herrschaftsverhaeltnisse wiederspiegelt und manifestiert) und der Annahme jeder Diskurs spiegele ein Machtverhaeltnis wieder, dann zeichnet sich folgerichtig die Anwendung (wie Zettel es auch mal darlegte) dadurch aus, dass man nun die Wahrheit so zu konstruieren versucht, dass sie den "richtigen" und gewuenschten Machtverhaeltnissen entspricht. Und das ist letzltlich exakt das was wir erleben. Die konsequente Weigerung die Realitaet anzuerkennen und stattdessen die Berieselung durch Narrative (Maerchen), die der progressiven Agenda dienen. Beispiele: Islamisierung, Klimawandel, GenderX, Feminismus, Atomenergie, Euro....
Die Folgerung sind (1) Der Konflikt in der Gesellschaft ist weniger einer zwischen Rechts und Links, auch nicht mal unbedingt zwischen dem Islam und den Westen (das ist ein weiterer), sondern der innerhalb der westlichen Gesellschaft zwischen Postmoderne und Aufklaerung (Rationalitaet, Wissenschaftlichkeit). (2) Eine kluegere Pegida Demonstration wuerde genau diesen Konflikt aufgreifen. Die postmoderne Elite, die sich die Maerchen fuer das Volk ausdenkt, um die richtige Wahrheit zu konstruieren, ist nicht das Volk.
Zitat von dirk im Beitrag #1Die konsequente Weigerung die Realitaet anzuerkennen und stattdessen die Berieselung durch Narrative (Maerchen), die der progressiven Agenda dienen. Beispiele: Islamisierung, Klimawandel, GenderX, Feminismus, Atomenergie, Euro....
Nur das würde kaum für den "Lügenpresse"-Vorwurf ausreichen. Es ist möglich, in den Medien eine Parallelrealität zu vermitteln, die so konsistent ist, daß sie geglaubt wird. Das gelingt aus zwei Gründen nicht:
Erstens gibt es nach wie vor "Leitredaktionen", die die Themen auswählen, welche anschließend von allen anderen Medien berichtet werden. Das sind hauptsächlich SPIEGEL und Tagesschau. Das geben Journalisten selber zu. Die an sich unabhängigen Medien sind daher gar nicht so unabhängig. Man könnte ja eine unabhängige Themenauswahl treffen und versuchen, damit am Markt zu bestehen. Stattdessen gibt es nur "me too"-Produkte. Warum ausgerechnet auf dem Medienmarkt unternehmerische Innovationsfreude so wenig funktioniert, weiß ich allerdings nicht. Diese journalistische Monokultur fällt in Zeiten des Internets plötzlich auf. Soweit ich weiß, werden die Aufrufe zu den PEGIDA-Demos fast nur über Facebook in Umlauf gebracht.
Zweitens sind die Wortwahlen extrem plump und tendenziös. Leser merken sehr schnell, daß Adjektive wie "dumpf" nur in einem ganz bestimmten Kontext von Journalisten verwendet werden, obwohl es durchaus auch andere strittige Themen gibt, bei denen solche Bewertungen auch abgegeben werden könnten. Allerdings haben wir nie etwas von "dumpfen Parolen der Mindestlohnbefürworter" gehört. Wer Nachrichten hört oder liest, um sich neutral zu informieren, aber durch plumpe Wortwahl merkt, daß seine Meinung gebildet werden soll, fühlt sich natürlich betrogen. Außerdem werden diverse Euphemismen und politische Korrektheiten von Journalisten benutzt, die im Alltagssprachgebrauch der Menschen zu sperrig sind. Luther hatte Erfolg, "den Leuten aufs Maul zu schauen". Heute wird das anders gemacht. Skurrilerweise verwenden sogar Leute, die auf Podien "Innenminister und Innenministerinnen" sagen, in persönlichen Gesprächen den normalen Plural. Das ist ein bißchen wie eine Kanzleisprache oder das Französisch am preußischen Hofe, nur eben, daß diese Parallelsprachen sich plötzlich in einem demokratischen Umfeld bewähren müssen.
Damit will ich Ihnen aber nicht widersprechen. Es ist nur mein eigener Senf. Möglicherweise kann man sogar sagen, daß der Konflikt zwischen Postmoderne und demokratischer Aufklärung auch in den unterschiedlichen Sprachgebräuchen sichtbar wird.
Zitat von Emulgator im Beitrag #2Das ist ein bißchen wie eine Kanzleisprache oder das Französisch am preußischen Hofe, nur eben, daß diese Parallelsprachen sich plötzlich in einem demokratischen Umfeld bewähren müssen.
Das ist ein interessanter Punkt. Ich hätte nichts dagegen, den Alexander-Lambsdorff-Vorschlag von Englisch als Amtssprache auszuprobieren - immerhin würden dann die Gesetze deutlich kürzer werden, da dieser ganze "innen"-Schwanz immer wegfällt. Minister of Inner Affairs ist zwar per se nicht kürzer, allerdings insgesamt schon. So, ernsthaft zum Thema:
Zitat Es ist möglich, in den Medien eine Parallelrealität zu vermitteln, die so konsistent ist, daß sie geglaubt wird. Das gelingt aus zwei Gründen nicht:
Muss es nicht heißen: "es ist nicht möglich, in den Medien..."?
Ich meine, natürlich gibt es die Leitredaktionen etc. Aber es gibt sogar heute noch immer ganz normale Zeitungen, die nicht 1:1 aus dem Spiegel oder der Tagesschau abschreiben. Es gibt immer wieder (ich gebe zu, punktuell, und nicht in voller Breite) abweichende Meinungen und Berichtsschwerpunkte. Eine Parallelrealität würde aber eine vollständige Gleichschaltung der Medien vorraussetzen - und die haben wir den Göttern sei Dank (noch?) nicht. Man kann sich sogar zu den wohl gleichförmigsten Themen in den Medien (nämlich dem Nahost-Konflikt und der zunehmenden Bedrohung von europäischen Juden in ihren Heimatländern durch junge, gewaltbereite Muslime) informieren. Es gibt da komplett abweichende Muster: die Zeit schreibt "Brandanschlag auf Siedler-Auto", die Welt berichtet über "Anschlag auf Israeli und Tochter".
Natürlich, die Auswahl der Themen ist recht einseitig - das hat aber auch mit "those news sell, the others not" zu tun, nicht mit/nicht nur mit freiwilliger Zensur. Und natürlich wollen auch Journalisten innerhalb ihrer eigenen Peer-Group Anerkennung erhalten, genauso wie andere Berufsgruppen. Ich vergleiche mich ja auch eher mit Arzneimittelzulassern in anderen Firmen als mit Marketingmenschen.
Zitat Es ist möglich, in den Medien eine Parallelrealität zu vermitteln, die so konsistent ist, daß sie geglaubt wird. Das gelingt aus zwei Gründen nicht:
Muss es nicht heißen: "es ist nicht möglich, in den Medien..."?
Ich habe kein "nicht" vergessen, nur die Überleitung war schlecht. Ich meine tatsächlich, daß man in den Medien eine Parallelrealität vermitteln kann. Das funktioniert bei Themen, die schwer zugänglich sind oder indem eine bestimmte weltanschauliche Grundannahme stets stillschweigend verwendet wird. Was wäre beispielsweise, wenn Journalisten mit demselben Gesellschaftsbewußtsein, mit dem die Pegida-Parolen dumpf sind und erzwungene Demoabbrüche ein Erfolg für die Demokratie seien, aus Afghanistan nur Erfolgsmeldungen weiterverbreitet worden wären, wie die Demokrate mal wieder gesiegt habe? Das Thema Lügenpresse kommt nur deswegen, weil es überhaupt Ansatzpunkte gibt, eine abweichende Meinung begründen zu können.
Zitat von adder im Beitrag #3Natürlich, die Auswahl der Themen ist recht einseitig - das hat aber auch mit "those news sell, the others not" zu tun, nicht mit/nicht nur mit freiwilliger Zensur.
Ja, keine Zensur sondern Marketing. Allerdings ein hasenfüßiges, denn die SPIEGEL-tagesschau-Auswahl dominiert nicht deswegen, weil es wirklich so viel besser wäre, sondern weil es einfach keine andere Redaktion mit Reichweite jemals anders versucht hat. Das ist wie im Dilbert-Cartoon: "Wenn Ihre Erfindung sich verkaufen könnte, dann hätte so etwas die Konkurrenz längst schon auf den Markt gebracht."
Ich glaube, das Lügenpresse-Wort wäre nicht aufgekommen, wenn es Redaktionen mit eigenständigeren Themenauswahlen gäbe. Das hätte für viele Menschen das Bedürfnis nach Vielfalt ohne pi-news, Verschwörungsblogs und Facebook-Gerüchten befriedigt.
Edit:
Zitat von adder im Beitrag #3Es gibt da komplett abweichende Muster: die Zeit schreibt "Brandanschlag auf Siedler-Auto", die Welt berichtet über "Anschlag auf Israeli und Tochter".
Das ist kein Beispiel für Vielfalt sondern für Irreführung. Da kann man sich mal überlegen, ob das Auto bloß geparkt hat, so daß eine Mordabsicht auszuschließen war. Desgleichen ist es für das Verständnis tatsächlich zweierlei, ob das Ziel eine militärisch geschützte Siedlerin ist oder eine ganz normale Israelin in einer ansonsten ganz normalen Umgebung. Manchmal wird zwar im Text zum Artikel die irreführende Überschrift zurechtgerückt, aber heutzutage kann man an den Kommentaren zu den Onlineartikeln sehr genau sehen, wie wenig das bringt.
Zitat von Emulgator im Beitrag #4Das hätte für viele Menschen das Bedürfnis nach Vielfalt ohne pi-news, Verschwörungsblogs und Facebook-Gerüchten befriedigt.
Oha. Die Gerüchteküche ist eiserner Bestandteil der condition humaine, seit das erste Dorf so groß wurde, daß man nicht man an allen Herdfeuern gleichzeitig lauschen konnte. Seit das zweite Dorf dazu kam, ist das außer Kontrolle. Die sozialen Medien haben das multipliziert, beschleunigt & viel leicht entzündlichen Zunder bereitgestellt, aber das wars auch. Das ist übrigens sozialgeschichtlich einer der ausgeleuchteteren Bereiche: da gibt es Gerichtsprotokolle, zeitgenössische Denkschriften & dgl., z.B. die mittelalterlichen Chroniken über das Auftauchen der Waldenser & sonstigen Brüder vom Freien Geist (Wer hat was über Ketzer, Hexen, Freimaurer pp. erzählt?): das funktioniert bei den Aufklärern wie auch bei denen, die vor den Schlichen des Altbösen Feinds warnen. Es scheint übrigens so, daß das völlig unbeeinflusst von Fakten & Informationen (zumindest von außen dargereichten), die die Kurzschließer haben abläuft. Die Idee, man müsse den Leuten nur genug Sonntagspredigten über den Koran, den Finanzkapitalismus oder die Nützlichkeit des Egoismus erzählen, um das Feld zu bereinigen, könnte sich als Illusion erweisen.
Zitat von adder im Beitrag #3Minister of Inner Affairs ist zwar per se nicht kürzer, allerdings insgesamt schon.
Kriegen wie dann einen Foreign Minister (CDU) und einen Secretary of State (SPD)? Die SPD hält das zwar seit Jahrzehnten so, aber "Schattenkabinett" klingt so nach "Hintergrund", daß das voll 20. Jahrhundert ist.
Zitat von dirk im Beitrag #1Wenn man die (diffuse) Postmoderne so defniert wie e.g. auch Meister Petz es tat, d.h. als Ablehnung objektiver Wahrheit (alles ein soziales Konstrukt, das zudem noch die gegegnwaertigen Herrschaftsverhaeltnisse wiederspiegelt und manifestiert) und der Annahme jeder Diskurs spiegele ein Machtverhaeltnis wieder, dann zeichnet sich folgerichtig die Anwendung (wie Zettel es auch mal darlegte) dadurch aus, dass man nun die Wahrheit so zu konstruieren versucht, dass sie den "richtigen" und gewuenschten Machtverhaeltnissen entspricht. Und das ist letzltlich exakt das was wir erleben. Die konsequente Weigerung die Realitaet anzuerkennen und stattdessen die Berieselung durch Narrative (Maerchen), die der progressiven Agenda dienen. Beispiele: Islamisierung, Klimawandel, GenderX, Feminismus, Atomenergie, Euro....
Augstein bekennt sich ja offen genau dazu. In einem Kommentar gegen Islamkritik schreibt er über Berichte islamistischer Greueltaten:
Zitat Selbst wenn diese Geschichten wahr sind, sind sie nicht die Wahrheit.
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