Ich freue mich, wenn es Grund gibt, in ZR mal richtig schön polemisch zu sein. (Die "Meckerecken" häufen sich ja in letzter Zeit; keine Ahnung, warum).
Die Show, mit der Sandra Maischberger und Gäste gestern auf Sendung gegangen sind, gab dazu einen prächtigen Anlaß.
Na ja, wir dürfen nicht vergessen, dass Wissenschaft zwar der beste und letzte Stand des Irrtums ist, den wir haben, aber eben trotzdem nur ein solcher. Irgendwer - ich glaube, es war Peter Ustinov, kann mich da aber gut irren - hat mal gesagt:
In Antwort auf:Die letzte Stimme, die man hören wird, bevor die Welt untergeht, wird die eines Wissenschaftlers sein, der sagt: "Das ist technisch völlig unmöglich!"
Es gibt sie genug, die Beispiele, wo die Menschen erleben mussten, dass zu blindes Vertrauen in die Wissenschaft eben auch schlechte Folgen haben kann. Einmal, weil sich das Wissen halt ändert - "Ooops - Asbest ist doch nicht so doll...". Ein weiteres Mal, weil auch Wissenschaftler einen Bias zugunsten ihres Auftraggebers zu entwickeln imstande sind.
Und da es für den Zuschauer in vielen Fällen so gut wie unmöglich ist, kraft eigenen Wissens die seriösen von den unseriösen "Experten" zu trennen, bleibt er dann doch wieder nur, der Glaube, und zwar in seiner Urform als Vertrauen. Wem vertraue ich und warum?
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Natürlich ist blindes Vertrauen in wiss. Experten unangebracht. Aber gerade bei kontroversen Themen gibt es meistens auch unter den Wissenschaftlern einen Disput. Auch bei der Frage um extraterrestrisches Leben sind ja durchaus abweichende Einschätzungen bei den Biologen und Astrophysikern anzutreffen.
Aber man sollte gerade bei denen, die von der gängigen Lehrmeinung abweichende Thesen vertreten, erwarten, dass sie mit wissenschaftlich einwandfreien Methoden arbeiten. Ansonsten ist das Ergebnis eben im wahrsten Sinne des Wortes Kaffeesatzleserei.
Mir fällt allerdings auf, dass die Tendenz bei solchen Talkshows nicht dahingeht, eine ungeklärte Frage darzustellen oder gar ihrer Lösung näherzubringen, sondern einzig und allein geht es darum, einen ordentlichen Streit zu inszenieren, indem möglichst exotische Talkgäste mit Skandalgarantie eingeladen werden. Wie gesagt, gerade bei kontroversen wiss. Themen müsste da viel mehr Wert auf wissenschaftliche Seriösiät gelegt werden.
Und man sollte sich auch davon verabschieden immer nur Extreme präsentieren zu wollen, mit Positionen, die in der Wissenschaft gar keine Rolle spielen.
Was spricht dagegen? Dass es langweilig ist? Das glaube ich nicht. Ein Disput z.B. um das Fermi-Paradoxon, kann bestimmt interessanter sein, als Frau Hagens histerisches Gekreische über Begegnungen der 3. Art. Und es wäre beileibe kein Thema, das zu komplex wäre oder einen besonderen wiss. Hintergrund voraussetzen würde, um folgen zu können.
Zitat von RaysonNa ja, wir dürfen nicht vergessen, dass Wissenschaft zwar der beste und letzte Stand des Irrtums ist, den wir haben, aber eben trotzdem nur ein solcher.
Stimmt. Aber das Entdecken dessen, was irrig ist, ist ja in den Forschungsprozeß eingebaut. Viele, die selbst nicht in einer (Natur-)Wissenschaft arbeiten, wissen das nicht: Wie ständig kritisiert, ständig nachgeprüft, ständig korrigiert, ständig nach alternativen Erklärungen gesucht wird.
Dazu brauchen die Wissenschaftler keine Laien, die ihr Nichtwissen für eine kritische Einstellung halten.
Zitat von RaysonEin weiteres Mal, weil auch Wissenschaftler einen Bias zugunsten ihres Auftraggebers zu entwickeln imstande sind.
"Imstande sind" - ja, das stimmt. Aber das ist bei einem winzigen Bruchteil der Forschung so. Der größte Teil der Forschung wird ja nicht von der Industrie finanziert, sondern in Deutschland von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, vom Wissenschaftsministerium und den entsprechenden Länderministerien, von Stiftungen wie der VW-Stiftung.
Und dort, wo Drittmittel aus der Industrie kommen, hat die in den allermeisten Fällen ein Interesse daran, zutreffende Ergebnisse zu bekommen. Gewiß gibt es Fälle, in denen Forscher sich korrumpieren lassen - aber das sind nach meiner Erfahrung Einzelfälle, überhaupt nicht repräsentativ.
Zitat von RaysonUnd da es für den Zuschauer in vielen Fällen so gut wie unmöglich ist, kraft eigenen Wissens die seriösen von den unseriösen "Experten" zu trennen, bleibt er dann doch wieder nur, der Glaube, und zwar in seiner Urform als Vertrauen. Wem vertraue ich und warum?
Im Grunde kann der Zuschauer das schon beurteilen. Oder sagen wir: Er könnte, wenn er wollte.
Wer an einer Universität einen Lehrstuhl oder - wenn jung - eine Mitarbeiterstelle hat, dem wird man im allgemeinen trauen können; denn er steht unter der Kontrolle seiner scientific community. Wer von sich behauptet, ganz neue und umwerfende Erkenntnisse in einem Bereich gefunden zu haben, den er weder studiert hat noch lehrt, dann ist größte Vorsicht geboten.
Und dann sollte man vielleicht noch a bisserl Occams Razor und das Bayes'sche Theorem verstanden haben. Das ist im Grunde nicht schwer: Je geringer die a-priori-Wahrscheinlichkeit für einen Sachverhalt ist, umso stärkere Belege braucht man, um ihn als existent zu akzeptieren.
Herzlich, Zettel
Feynman
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gelöscht
)
Beiträge:
01.11.2007 08:55
#5 RE: Zettels Meckerecke: Sandra, Nina, Außerirdische - sind sie noch bei Trost?
In Antwort auf:"Imstande sind" - ja, das stimmt. Aber das ist bei einem winzigen Bruchteil der Forschung so. Der größte Teil der Forschung wird ja nicht von der Industrie finanziert, sondern in Deutschland von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, vom Wissenschaftsministerium und den entsprechenden Länderministerien, von Stiftungen wie der VW-Stiftung.
Und dort, wo Drittmittel aus der Industrie kommen, hat die in den allermeisten Fällen ein Interesse daran, zutreffende Ergebnisse zu bekommen. Gewiß gibt es Fälle, in denen Forscher sich korrumpieren lassen - aber das sind nach meiner Erfahrung Einzelfälle, überhaupt nicht repräsentativ.
Warum sollen nichtindustrielle Stellen kein Interesse haben bestimmte Ergebnisse zu bekommen? Auch manche Forscher sind zeimlich ideologisch eingengt. Industrie hat meist ein Interesse an technisch umsetzbaren Ergebnissen, z.B. neue LED, Werkstoffe, ..., da Ergebnisse vorzutäuschen wurde spätenstens bei der industriellen Umsetzung auffallen.
Zitat von ZettelDazu brauchen die Wissenschaftler keine Laien, die ihr Nichtwissen für eine kritische Einstellung halten.
Was die Wissenschaftler brauchen, spielt, so hart das für dich klingen mag, hier aber überhaupt keine Rolle...
Zitat von ZettelAber das ist bei einem winzigen Bruchteil der Forschung so.
Für meinen Punkt ist etwas anderes auch nicht nötig. Der Zuschauer weiß aber, dass es solche Fälle gibt, und gerade bei Themen, die sich für Verschwörungstheorien (Regierung! Konzerne! Die da oben!) besonders gut eignen, wird er solche Korruption eher annehmen, zumal die Gegner auch nie lange zögern, diese zu unterstellen.
Zitat von ZettelIm Grunde kann der Zuschauer das schon beurteilen. Oder sagen wir: Er könnte, wenn er wollte.
Da hast du aber ein anderes Bild von einem typischen Zuschauer vor Augen als ich. Ob die, die so handeln könnten, wie du beschreibst, unter den Zuschauern einer Talkshow einen signifikanten Anteil ausmachen, wage ich doch sehr zu bezweifeln.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
ich weiß nicht, ob N.H. wirklich, wie oft gelesen, als abschreckendes Beispiel für die Folgen des Drogenmißbrauchs angesehen werden kann - vielleicht war in diesem schrecklich zugerichteten Kopf noch nie so etwas wie Verstand dringewesen, oder? Immerhin scheint das Verlassen von Talkrunden in letzter Zeit zuzunehmen. Das läßt hoffen, daß diese mir verhaßte Fernsehinstitution möglicherweise auf dem absteigenden Ast gelandet ist. Naja, kein Grund zu Jubeln, wahrscheinlich wird sie durch etwas noch gräßlicheres ersetzt. Als Gelegenheitszapper fällt mir jedenfalls auf, daß ich in der Kiste immer wieder denselben Gesichtern begegne. Mir scheint, daß der ganze Laden von etwa hundert Leuten betrieben wird, die für jeden Zweck einzusetzen sind, solange es anspruchslos zugeht. Sind das vielleicht die Aliens??
Im Grunde kann der Zuschauer das schon beurteilen. Oder sagen wir: Er könnte, wenn er wollte.
Wer an einer Universität einen Lehrstuhl oder - wenn jung - eine Mitarbeiterstelle hat, dem wird man im allgemeinen trauen können; denn er steht unter der Kontrolle seiner scientific community.
bei der CO2 und Klimakatastrophendiskussion funktioniert nicht mal das.
herzlich M. Schneider
Feynman
(
gelöscht
)
Beiträge:
02.11.2007 10:29
#9 RE: Zettels Meckerecke: Sandra, Nina, Außerirdische - sind sie noch bei Trost?
In Antwort auf:bei der CO2 und Klimakatastrophendiskussion funktioniert nicht mal das.
Das finde ich auch. Klimadingsbumsdiskussionen werden schnell sehr, sehr politisch. Klimawandel ... als erste Person fällt den meisten Al Gore ein, ein Politiker, immer noch. Politiker zeigen nicht nur Probleme auf (auch wenn sie oft gar nicht so sind), sondern bieten auch Lösungen an, politische LÖsungen, im Falle des Klimawandels eine Art Ökototalitäre Weltregierung. Klimawandel macht mir keine Angst, die politische Antwort hingegen schon.
Zitat von M.SchneiderIm Grunde kann der Zuschauer das schon beurteilen. Oder sagen wir: Er könnte, wenn er wollte. Wer an einer Universität einen Lehrstuhl oder - wenn jung - eine Mitarbeiterstelle hat, dem wird man im allgemeinen trauen können; denn er steht unter der Kontrolle seiner scientific community.
bei der CO2 und Klimakatastrophendiskussion funktioniert nicht mal das.
Lieber M. Schneider,
genau deshalb - weil inzwischen offenbar die Mehrheit der zuständigen Wissenschaftler, aus so verschiedenen Disziplinen wie Glaciologie, Meteorologie und Biologie, eine globale Erwärmung konstatieren -, bin ich vorsichtig geworden.
Ich bin kein "Klimaskeptiker" in dem Sinn, in dem das Wort meist verwendet wird - also einer, der überzeugt ist, daß es gar keine globale Erwärmung gibt. Sondern ich versuche nachzuverfolgen, was die Fachleute für wahrscheinlich halten.
Mit der Skepsis, die man als Wissenschaftler immer haben sollte. Aber nicht mit einem generellen Mißtrauen gegenüber dem, was die Fachleute für wahrscheinlich halten, in ihrer großen Mehrheit.
Aber, erstens: Skepsis war dringend angezeigt, solange die Datenlage noch dünn war. Skepsis ist angezeigt, was alle diese Modelle angeht, deren Richtigkeit sich kaum nachweisen läßt.
Und zweitens sind Sie und ich wahrscheinlich einer Meinung, was die überzogenen Reaktionen angeht, was die Versuche angeht, mit dem Argument der globalen Erwärmung immer mehr Freiheiten einzuschränken.
Statt Milliarden und Abermilliarden dafür auszugeben, den weltweiten CO2-Ausstoß zu reduzieren - was angesichts der Industrialisierung von China und Indien sich nicht wird realisieren lassen -, sollte man meines Erachtens die Gelder dafür ausgeben, uns fit für die Klimaänderung zu machen. Also Deiche erhöhen, Menschen notfalls umsiedeln, den Ackerbau auf Grönland fördern. Und beispielsweise dort Anlagen zur Entsalzung von Meerwasser bauen, wo Dürre droht.
Natürlich wird das teuer; aber die volkswirtschaftlichen Kosten dürfen nicht höher sein als das, was jetzt bei dem vergeblichen Versuch ausgegeben wird, die globale Erwärmung zu stoppen.
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