Sehr gut! Nur zum Exkurs ins Lateinische hätte ich doch zwei Fragen:
1. Die Pastorentochter ist doch ganz lutherisch-deutschchristlich und kann daher mit dem römischen Idiom und seiner bairischen Abart wenig anfangen? Die ersichtliche Tatsache, daß ihr auch die höheren Feinheiten der deutschen Grammatik verschlossen geblieben sind, läßt hier jedenfalls Zweifel berechtigt erscheinen.
2. "quid fecisti sors turpassi, vilest" gibt Rätsel auf: ist das nun schon zeitgemäßes Lenglisch, oder ist hier nur eine Glosse in die Abschrift geraten? Mir ist der Vers in der Lesart "quid fecisti, sors turpissima?" geläufig, so habe ich ihn in den vergangenen Monaten mehr als einmal hervorgestöhnt.
Tja, das sind die lapsus, die es nachgeborenen Vielologen ermöglichen, ein Stemma zu etablieren: welcher unbedarfte Scribent in welchem Scriptorium welchen Klops von wo weitergetragen hat. In diesem Fall von hier:
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3Tja, das sind die lapsus, die es nachgeborenen Vielologen ermöglichen, ein Stemma zu etablieren: welcher unbedarfte Scribent in welchem Scriptorium welchen Klops von wo weitergetragen hat. In diesem Fall von hier:
Interessant, wenn man das einmal nicht hypothetisch bei einem Mönch vergangener Zeiten (mit beigesellten trüben Betrachtungen über dessen Lesekünste), sondern ganz zeitnah und im Alter des copy & paste* beobachten kann; fast so als sähe man aus einem Echsenei ein Federtier schlüpfen. Die andere, mutmaßlich ältere Linie findet sich z.B. hier.
*was wieder einmal den Generalverdacht bestätigt, daß es sich beim Computer in erster Linie um einen Fehlervervielfältigungsapparat handelt.
Zitat von Hajo23 im Beitrag #5Wollten Sie mit dem Beitrag eigentlich etwas mitteilen oder doch nur Ihren Bildungsstand zu Schau stellen? Letzteres ist im Ansatz gelungen.
Ich vermute, dass der Autor mir persönlich ein besonderes Lesevergnügen bereiten wollte. Das ist ihm vorzüglich gelungen.
Vielen Dank für diesen schönen Artikel, lieber Ulrich Elkmann.
Natürlich möchte ich auch ein bißchen Besserwisserei beitragen ;-)
Zitat Das gilt selbst (hier paßt das Stichwort Beethoven) für Hymnen, die in der Praxis ganz ohne Text auskommen - wie der Europahymne der EU,
In der Praxis wird die Europahymne durchaus gesungen, das habe ich schon mehrfach bei diversen europäischen Anlässen erlebt. Den meisten nicht-deutschen Teilnehmern bereitet der Text auch keine großen Schwierigkeiten. Hilflos nach der ersten Zeile abbrechend erlebt man im wesentlichen die Deutschen ...
Im übrigen bin ich ja ein überaus optimischer Mensch und gehe davon aus, daß dieses Land noch eine große Zukunft vor sich hat. Sollte es aber tatsächlich einmal so weit kommen, daß die offizielle Hymne von Gröhlemeyer gestellt wird, bliebe mir nur noch die Auswanderung.
Zitat von R.A. im Beitrag #7Sollte es aber tatsächlich einmal so weit kommen, daß die offizielle Hymne von Gröhlemeyer gestellt wird, bliebe mir nur noch die Auswanderung.
Wenn jedoch Kinder bereits die Macht übernommen hätten, da spreche ich aus eigener Erfahrung, könnte es zum Auswandern bereits zu spät sein. "In Grund und Boden lachen" als Mittel zur Durchsetzung des eigenen Willens bei Kindern, muß ich aufgrund meiner persönlichen Empirie zumindest ins Reich der Fabel verweisen.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
"Wollten Sie mit dem Beitrag eigentlich etwas mitteilen oder doch nur Ihren Bildungsstand zu Schau stellen? Letzteres ist im Ansatz gelungen."
Also ich habe nichts gegen Bildungsstand, erst recht nicht wenn "Bildung Humor küßt" besser geht's gar nicht. Und das auch noch kostenlos für Jedermann/frau. Ich habe sehr oft von dem Wissen und der Bildung einiger Autoren hier im Forum profitiert und ganz besonders von Ulrich Elkmann, aber ich habe auch nichts gegen ein wenig Mühe, den Text ein zweites Mal zu lesen, um die Zusammenhänge besser zu verstehen, weil mein Bildungsstand noch nicht so weit ist.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Vielleicht ist mir ein wichtiger Insider-Witz komplett entgangen, aber wieso wird denn wieder eine Hymne gesucht?
Ich glaube aber nicht, dass es den Europäern an Zusammengehörigkeitsgefühl mangelt, weil ihnen eine gescheite Hymne fehlt. Das sind doch eher zufällig zusammen auftretende Phänomene.
Um vielleicht einen mehr wertvollen Kommentar abzugeben: Verschiedene politische Gruppen haben sich vom Projekt der europäischen Vereinigung verschiedenes versprochen. Hier wird es eine wahre Fundgrube für Zeithistoriker der nächsten Jahrzehnte geben, wenn dieses Thema langsam aufgearbeitet wird. Ein europäischer Superstaat sieht, so nehme ich mal an, aus der Perspektive der meisten südeuropäischen Staaten auch anders aus als von der City of London oder vom Landesparlament in Stuttgart aus gesehen. Ein weiteres Problem wird wohl sein, dass der Föderalismus in den verschiedene europäischen Staaten unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Frankreich scheint, trotz der Aufteilung in Departments, eher zentralistisch organisiert zu sein. Großbritannien im Wesentlichen auch, wenn man davon absieht, dass die Parlamentsabgeordneten dort oft wirklich die Vertretung für ihren Wahlkreis übernehmen. Selbst in Deutschland, das über eine sehr lange föderalistische Traditionslinie verfügt und auch föderal organisiert ist, hört man immer mehr Stimmen für die Abschaffung der Bundesländer oder die Verteilung von mehr Kompetenzen an den Bund. Die Begründungen sind sogar recht nachvollziehbar, denn es erscheint wenig plausibel, wieso man sich 16 Landesparlamente leisten muss, wenn doch viele elementare Entscheidungen (Schul- und Bildungspolitik, Glücksspiel, Rundfunk usw.) sowieso wieder auf überlandespolitischer Ebene in Ministerkonferenzen entschieden werden. Viele Bürger scheinen auch damit überfordert zu sein, im Föderalismus einen klaren Ansprechpartner für ihre politischen Vorhaben zu benennen. Zudem ist die Konstruktion des Bundesrates, in dem die Legislative und Exekutive vermengt werden, vielleicht nicht ganz glücklich. Kurz gesagt, die Deutschen haben ihn zwar, den Föderalismus, aber sie glauben nicht mehr an ihn.
Dieser Föderalismusmangel ist einer der Dinge, die die gesamteuropäische Politik so schwer machen, man muss zwangsläufig Gesetze für einen ganzen Kontinent entwickeln.
Zitat von Nichtrecherchierender & sich lieber auf das löchrige Gedächtnis verlassender Blogautor...wie Bundespräsident Gustav Heinemann feststellen mußte. Dessen Anregung von 1952, dem deutschen Weststaat wieder zu einer Hymne zu verhelfen ... wurde, einem hartnäckigen Gerücht zufolge, ausgelöst, nachdem er auf einem Staatsbesuch in Südostasien zu den Klängen von "Heidewitzka, Herr Kapitän" die Parade abnehmen mußte.
Über die Wiedereinsetzung des Deutschlandliedes kann man im Beitrag von Rainer Blasius, in der FAZ vom 29. April 2002, "Das Lied für Deutschland," Genaueres nachlesen. (Daß die DDR mit ihrer Hymne auch gewisse Schwierigkeiten hatte, sei mit einem vermerkt).
Zitat von FAZAls Hymnenersatz kamen in den Kindertagen der Bonner Republik nicht nur Choräle zum Einsatz, sondern auch rheinische Karnevalsschlager wie "Heidewitzka, Herr Kapitän" oder "Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien". Nachdem das alliierte Deutschlandlied-Verbot am 16. Dezember 1949 wiederaufgehoben worden war, behandelte das Bundeskabinett am 13. Januar 1950 den Antrag von Ott. ...
Mehrheitlich vertrat das Kabinett die Auffassung, daß generell "aus innen- und außenpolitischen Gründen zugewartet werden sollte". Der Minister für gesamtdeutsche Fragen, Kaiser (CDU), regte an, über die dritte Strophe des Deutschlandliedes mit Bundespräsident Heuss zu verhandeln. Der verfolgte allerdings als Gegner des Hoffmannschen "Irredentasanges" andere Pläne. Er wollte eine neue, historisch unbelastete Nationalhymne stiften, zumal die DDR bereits im November 1949 eine solche eingeführt hatte - mit einem Text von Johannes R. Becher und der Musik von Hanns Eisler. Im Moskauer Exil hatte Becher die drei Strophen des "Auferstanden aus Ruinen / Und der Zukunft zugewandt, / Laß uns Dir zum Guten dienen, Deutschland, einig Vaterland" gedichtet, rhythmisch passend zur Haydn-Melodie. Bechers Text durfte seit Beginn der Honecker-Ära nicht mehr gesungen, sondern nur noch die Eisler-Musik gespielt werden, weil "Deutschland, einig Vaterland" kein Ziel des SED- und Stasi-Regimes mehr umschrieb.
In die Vorgeschichte der Europahymne dürfte die Regelung für die Olympischen Spiele fallen:
Zitat von FAzHeuss ließ sich nicht einmal durch den Hinweis auf die bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Oslo unter Druck setzen. ... Erleichtert war er schließlich darüber, daß Siegerehrungen mit Schiller/Beethovens "Ode an die Freude" bestritten wurden. Die "Freude, schöner Götterfunken"-Regelung bei Olympischen Spielen galt bis Ende der sechziger Jahre. Erst 1968 in Grenoble und Mexiko-City traten die beiden deutschen Staaten getrennt und damit mit der je eigenen Hymne an.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von R.A. im Beitrag #7In der Praxis wird die Europahymne durchaus gesungen, das habe ich schon mehrfach bei diversen europäischen Anlässen erlebt.
Ja. Unter anderem auch von diesem Herrn, bei dieser Gelegenheit:
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