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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 12 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Llarian Offline



Beiträge: 7.120

29.03.2016 12:50
Die kleinen Dinge Antworten

Ein kleiner und vielleicht überflüssiger Gedankensplitter zu kleinen Dingen.

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

29.03.2016 14:17
#2 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Machen wir mal Ihr Beispiel anschaulicher: https://www.youtube.com/watch?v=9O28Lj9JEOk

In Ihrem Beispiel hätten Sie den Herrn bitten können, Ihnen die Flasche zu reichen,um sie an ihren richtigen Platz zurück zu bringen.

_________________________________________________________________________________________

Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, daß soziale Übereinkünfte sinnvoll sind und es sinnvoll ist, auch achtzugeben, daß dies sich nicht verändert. Aaber, ich gehöre zu den Behindertenparkplatzparkerohnebehinderung: 5 Parkplätze, keiner brauchte ihn und die statistische Wahrscheinlichkeit, daß gleich 5 Behinderte diesen Platz benötigen werden, ist vermutlich gleich 0. Auch benutze ich und die Familie bei dringendem Bedarf Toiletten des anderen Geschlechts, drängle mich schon mal vor - aber mit Lächeln und "Bitte". Wird in der Regel nicht beanstandet.

Nachts allein an der roten Ampel zu warten, ergibt keinen Sinn. Mit den Kindern wird immmer gewartet. Nicht wegen der Regel, sondern der Gewöhnung an sichereres Verhalten. Und: besser wäre es, die Übereinkunft zu haben, mit Kleinkindern im Supermarkt von den anderen zur Kasse vorgebeten zu werden. Eine Bekannte berichtete, in Frankreich sei dieses nicht ganz unüblich. Oder das sich eine Stewardess um (kleinere) Kinder kümmert, sie bespaßt. Das wäre die lohnendere Baustelle. Dann entfallen die Kontroversen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

29.03.2016 15:10
#3 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von Reisender im Beitrag #2
In Ihrem Beispiel hätten Sie den Herrn bitten können, Ihnen die Flasche zu reichen,um sie an ihren richtigen Platz zurück zu bringen.

Das wäre sicher eine Möglichkeit die Situation zu entspannen. Es würde aber gerade der Zielrichtung widersprechen, denn statt der negativen Sanktion (dem Mosern) wird der Verursacher ja gerade nicht korrigiert, im Gegenteil eher positiv verstärkt. Es geht ja in der Regel nicht um die spezifische Flasche, sondern um grundsätzliches Verhalten. Sollte die Botschaft denn die sein: Man kann sich ruhig schlecht benehmen, die anderen Räumen deinen Kram schon weg ?

Zitat
Aaber, ich gehöre zu den Behindertenparkplatzparkerohnebehinderung: 5 Parkplätze, keiner brauchte ihn und die statistische Wahrscheinlichkeit, daß gleich 5 Behinderte diesen Platz benötigen werden, ist vermutlich gleich 0.


Und das funktioniert unheimlich gut, wenn wenigstens vier Leute genau so denken. Und genau das passiert. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass vier von diesen Parkplätzen von Leuten okkupiert werden, die eben genau so denken wie Sie, ist relativ hoch. Alles was es dann noch braucht sind zwei tatsächlich behinderte Menschen. Der zweite davon hat dann Pech. Das Problem an solchen Regelverstössen besteht darin, dass der Verstosser sich natürlich als den einsamen Verstosser wahrnimmt. "Und deshalb macht das nichts." Er realisiert nicht, dass es eben noch eine ganze Menge anderer Menschen gibt, die genauso denken wie er. Und dann scheitert die Regel.

Zitat
Nachts allein an der roten Ampel zu warten, ergibt keinen Sinn. Mit den Kindern wird immmer gewartet. Nicht wegen der Regel, sondern der Gewöhnung an sichereres Verhalten.


Hat doch bei Ihnen schon nicht funktioniert. :)
Aber den Punkt treffen Sie sehr gut: Es ist die Gewöhnung. Und entweder gewöhnt man sich an eine Regel oder eben nicht. Ich halte selbstredend an einer roten Ampel, egal wie einsam die ist. Und ich schnalle mich auch selbstredend an, ich kann nicht einmal anders Auto fahren. Und ich parke eben auch nicht auf Behindertenparkplätzen. Ich bin das so gewohnt, ich muss darüber nicht nachdenken. Wenn ich dagegen darüber nachdenken müsste, würde ich im Laufe der Zeit immer mehr Gründe finden, warum mein Regelverstoss gerade okay ist. Denn auch bei mir schafft das Sein das Bewusstsein.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

29.03.2016 15:31
#4 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #3
Zitat von Reisender im Beitrag #2
In Ihrem Beispiel hätten Sie den Herrn bitten können, Ihnen die Flasche zu reichen,um sie an ihren richtigen Platz zurück zu bringen.

Das wäre sicher eine Möglichkeit die Situation zu entspannen. Es würde aber gerade der Zielrichtung widersprechen, denn statt der negativen Sanktion (dem Mosern) wird der Verursacher ja gerade nicht korrigiert, im Gegenteil eher positiv verstärkt. Es geht ja in der Regel nicht um die spezifische Flasche, sondern um grundsätzliches Verhalten. Sollte die Botschaft denn die sein: Man kann sich ruhig schlecht benehmen, die anderen Räumen deinen Kram schon weg ?

Daß jemand anderes seinen Kram wegräumt, davon war der Betreffende ja ohnehin ausgegangen (und es war ja am Ende auch so). Die vorgeschlagene Geste hätte eine andere Botschaft gehabt: die Person, die das wegräumt, ist kein unsichtbares Heinzelmännchen und kein unter der Wahrnehmungsschwelle wirkender Sklave, sondern eine Person wie der Kunde selbst, mit der man verbal kommunizieren kann und von der man sich hinsichtlich Rechten und Pflichten in der gegebenen Situation nicht unterscheidet.
Es gibt natürlich Stoffel, die auch von einem guten Beispiel nichts lernen können oder es aktiv ablehnen; aber bei solchen ist alles vergebliche Müh, egal was man tut.

Ich hatte übrigens ganz ähnliche Gedanken wie die im Artikel geäußerten in Bezug auf ein anderes Thema, das vor kurzem im kleinen Zimmer erwähnt wurde: ein Verschleierungsverbot. Wie ich an der Stelle anmerkte, halte ich überhaupt nichts von staatlichen Kleidervorschriften, aber ein wenig ins Nachdenken bin ich doch geraten. Die rationale Erklärung für ein Verschleierungsverbot ist ja in der Regel, ein Symbol oder Werkzeug der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts beseitigen zu wollen; aber die unterbewußtere Abneigung der Meisten hat vielleicht eine andere Ursache. In unserer Gesellschaft gehört es sich, daß man mit Mitmenschen angemessen kommuniziert und dabei eine gewisse Offenheit zur Schau trägt, die Körpersprache und insbesondere das Mienenspiel im Antlitz betreffend. Man kann hier zwar mit einiger Übung und Begabung täuschen, aber das Gesicht abzuwenden oder zu verhüllen wird normalerweise als Desinteresse, Ablehnung oder Drohung* empfunden - man ist an der Kommunikation nicht interessiert oder führt etwas im Schilde (die Metapher drückt genau das aus).
In einer anderen Kultur mag diese Bedeckung und Kommunikationsablehnung hingegen als Ausdruck der Sittsamkeit akzeptabel oder wünschenswert sein. So entsteht aus der Konfrontation verschiedener Gewohnheiten auf einer ganz elementaren, fast noch animalischen Basis ein Mißverständnis und ggf. eine irrationale Aggressivität, eben Xenophobie.
Das funktioniert auf einer so grundlegenden Ebene der Sozialisierung, daß bloße Aufklärung auf der höheren intellektuellen Ebene nicht ausreicht, um den Effekt zu beseitigen.

*Nachtrag: Das kann man an sich selbst leicht beobachten (ich selbst jedenfalls). Ein Maskierter oder schon jemand, der auch im Innenraum zum Pokerface eine Sonnenbrille trägt, wirkt in der Regel deutlich bedrohlicher als jemand, dessen Gesicht man sehen kann.

schattenparker Offline



Beiträge: 150

30.03.2016 23:54
#5 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Das sind alles so komplexe Situationen, ich glaube nicht, daß man da eine Regel für Regelbeachtungen finden kann.

Oberlehrer finde ich in der Regel grauenhaft: wenn sie MIR was erzählen, würde ich automatisch aggressiv reagieren, weil ich selbst glaube, alles im Prinzip richtig zu machen, vielleicht, weil ich meist Regeln beachte. Ich parke nicht auf Behindertenparkplätzen, räume im Supermarkt Fehlgriffe wieder in das Regal ein und gäbe Omas meinen Platz im Bus, wenn ich denn Bus führe.

Aber ich gehe bei Rot über die Straße. Insbesondere, wenn kein Verkehr kommt. Sonst aber meist auch. Oder 30 Meter hinter der Ampel über die Straße. Völlig fehlendes Unrechtsbewußtsein, außer, wenn Kinder (also gefühlt unter 14) an der Ampel stehen.

Ich fahre nicht bei Rot über Ampeln, aber wenn ich nachts sehe, daß weit und breit keiner kommt, über ein Stop-Schild. Und natürlich halte ich mich nicht an Geschwindigkeitsbeschränkungen, weil ich selbst besser weiß als ein blödes Schild, das da für Fahranfänger und linksgrüne Dauerschleicher herumsteht, was situationsangepaßte Geschwindigkeit aktuell bedeutet (kein daraus resultierender Unfall seit 30+ Jahren). Und natürlich warne ich den Gegenverkehr per Lichthupe und Handzeichen, wenn ich eine Radarfalle sehe. Außer, wenn die vor Schulen oder Kindergärten steht.

An meiner Hochschule mache ich üblicherweise keine Studenten an. Hochschule ist schließlich keine Kaserne. Außer, sie schmeißen Kippen auf die Erde, unterhalten sich laut in Veranstaltungen, lassen ihr Handy klingeln (peinlich genug: meins hat neulich auch mal geklingelt), kommen zu spät zur Übung (habe schon mal einen Raum um Punkt 8:00 Uhr abgeschlossen und keinen mehr reingelassen - 2 Wochen später waren alle pünktlich) oder wollen sich nicht aktiv am Unterricht beteiligen (FH, an einer Uni ist das üblicherweise kein Kriterium).

Baseball-Kappe auf? Mag ich nicht, sage aber nix. Dito Muslimin-Schleier. Zum Glück ist bei mir noch nie eine Burka aufgekreuzt, die würde ich wohl rausschmeißen oder den Unterricht abbrechen wegen "will den Leuten in die Augen sehen können". Zeitung lesen, Handy unter den Bank, einpennen: von mir aus, das sind legitime Indikatoren für "interessiert mich nicht". Die Studenten sind alle freiwillig hier, wer nicht aufpaßt, kriegt meist Schwierigkeiten in der Klausur.

Außerdem halte ich mich überhaupt nicht an die Regeln für die neue Rechtschreibung, verwende "daß" auch in offiziellen Emails oder Protokollen, vermeide das Wort "Studierende", halte mich nicht für einen "Lehrenden" und beachte auch sonst keine Gender-Regeln.

Also - eine nicht völlig theoriefreie, aber auch nicht stringente Melange aus Regelbeachtung und Regelbruch. Dafür eine Regel aufzustellen erscheint mir als zu komplex.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

31.03.2016 08:40
#6 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von schattenparker im Beitrag #5
Ich fahre nicht bei Rot über Ampeln, aber wenn ich nachts sehe, daß weit und breit keiner kommt, über ein Stop-Schild.


Das ist insofern interessant, als es sich mit Blick auf die Ordnungswidrigkeit um exakt das gleiche Vergehen handelt, das auch gleich geahndet wird (70,-€ und 1 Punkt.) Ich vermute auch das Risiko, daß etwas schief geht dürfte ähnlich sein (vielleicht ist es an den oft uneinsichtigeren Straßen mit Stoppschild sogar größer als an den oft großflächig ausgebauten Ampelkreuzungen). Gleichwohl handeln viele Menschen so wie Sie. Vermutlich sind hier vorbewußte Konditionierungsprozesse am Werk (selbstleuchtendes Rot setzt Verhalten stärker unter Reizkontrolle), was dann aber eben nicht Ausdruck autonomen Handelns unter angemessener Gefahreneinschätzung ist.

Soll heißen, vieles spricht wohl am Ende das Tages doch dafür, sich an Regeln zu halten.

Allgemein zum Thema:
Llarians Beispiel umfaßt darüber hinaus ja Fragen des Sinns oder Unsinns von (reziprokem) Altruismus und Moralität. Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget hat hier zwei Formen unterschieden, zum einen die sog. heteronome Moral (Regeln existieren um ihrer selbst willen, werden extern kontrolliert und sanktioniert und gelten immer für alle gleich) und eine autonome Moral (Menschen folgen einem inneren Wertekompaß, der unter bestimmten Umständen (Nichtschädigung anderer ist so einer) den formalen Regelübertritt erlaubt. Da paßt das Beispiel mit dem Verkehr auch ganz gut, finde ich. Die StVO ist in diesem Sinne natürlich heteronom organisiert, und die Gretchenfrage ist für mich immer: wie hält man es mit Erwischtwerden und Bußgeld? Viele tun beim Regelübertritt so, als handelten sie nach einem inneren Wertekompaß, schreien aber Zetermordio, wenn sie dann auch die Verantwortung für diese Entscheidung tragen sollen, geben dem Staat die Schuld (Wegelagerei!), den Polizisten, dem nervigen Chef. Das ist dann aber keine autonome Moral, sondern Asiverhalten, das Regeln v. a. als etwas betrachtet, an das sich andere halten sollen, um sich selbst darüber Vorteile verschaffen zu können. Verkehr läßt sich schlicht nicht anders organisieren als über fixe Regeln und darüber, daß man sich auch an die Regeln hält, die einem nicht passen oder die man unsinnig findet.

P.S. Sagt übrigens jemand, der seinen Lappen schonmal für 4 Wochen hat abgeben müssen und manches Knöllchen wegen zu schnellen Fahrens kassiert hat. Ich käme halt nicht auf die Idee, mein Verhalten einer irgendwie besonderen Autonomie oder gar einem in sich stimmigen Verhaltenskodex zuzuschreiben.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

31.03.2016 13:33
#7 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #6
Zitat von schattenparker im Beitrag #5
Ich fahre nicht bei Rot über Ampeln, aber wenn ich nachts sehe, daß weit und breit keiner kommt, über ein Stop-Schild.


Das ist insofern interessant, als es sich mit Blick auf die Ordnungswidrigkeit um exakt das gleiche Vergehen handelt, das auch gleich geahndet wird (70,-€ und 1 Punkt.) Ich vermute auch das Risiko, daß etwas schief geht dürfte ähnlich sein (vielleicht ist es an den oft uneinsichtigeren Straßen mit Stoppschild sogar größer als an den oft großflächig ausgebauten Ampelkreuzungen). Gleichwohl handeln viele Menschen so wie Sie. Vermutlich sind hier vorbewußte Konditionierungsprozesse am Werk (selbstleuchtendes Rot setzt Verhalten stärker unter Reizkontrolle), was dann aber eben nicht Ausdruck autonomen Handelns unter angemessener Gefahreneinschätzung ist.




Ich denke eher dass das Stoppschild ein "kontinuierliches Signal" sit. Wie lange muss ich denn halten ehe ich das Schild eingehalten habe? 3 Sekunden, 2 Sekunden,1 Sekunde, 0.1 Sekunde? Ich kann hier quasi die Regel (oder deren Sinn) soweit reduzieren, dass meine Pflichtverletzung verschwindend klein wird. Bei der Ampel aber heisst es solange warten bis sie vons elbst auf gruen springt.

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 355

31.03.2016 14:28
#8 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #7

Ich denke eher dass das Stoppschild ein "kontinuierliches Signal" sit. Wie lange muss ich denn halten ehe ich das Schild eingehalten habe? 3 Sekunden, 2 Sekunden,1 Sekunde, 0.1 Sekunde? Ich kann hier quasi die Regel (oder deren Sinn) soweit reduzieren, dass meine Pflichtverletzung verschwindend klein wird. Bei der Ampel aber heisst es solange warten bis sie vons elbst auf gruen springt.


Das Fahrzeug muss komplett zum Stillstand kommen, eine Haltedauer ist nicht vorgeschrieben. Wenn Sie allerdings zu kurz halten, wird der Polizeibeamte eventuell nicht erkennen, dass Sie gehalten haben.
Also lieber 2 bis 3 Sekunden warten, aber vorgeschrieben ist das nicht.

Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.03.2016 14:33
#9 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von schattenparker im Beitrag #5
Und natürlich halte ich mich nicht an Geschwindigkeitsbeschränkungen, weil ich selbst besser weiß als ein blödes Schild, das da für Fahranfänger und linksgrüne Dauerschleicher herumsteht, was situationsangepaßte Geschwindigkeit aktuell bedeutet (kein daraus resultierender Unfall seit 30+ Jahren).
Die blöden Schilder stehen oft auch da, um den Straßenunterbau zu schonen oder Lärmemissionen zu begrenzen. Als Durchreisender weiß man das oft nicht. Speziell auf Brücken ist die Beschränkung der Geschwindigkeit entweder aus Gründen der Brückenstatik oder Seitenwindgefahr angeordnet. Es ist nicht, weil man die Fahranfänger vor unübersichtlichen Einmündungen oder Wildwechseln auf der Brücke schützen wolle. Als Brückenraser kann man ja mal ausrechnen, ob man wirklich Zeit spart, wenn man die paar hundert Meter Brücke nicht ein bißchen langsamer fährt, dafür aber später, wenn die Vollsperrung und Sanierung der Brücke wegen der Vibrationen durch den Fahrzeugverkehr notwendig geworden ist, einen stundenlangen Umweg hinnehmen muß.

Zitat von schattenparker im Beitrag #5
Außerdem halte ich mich überhaupt nicht an die Regeln für die neue Rechtschreibung, verwende "daß" auch in offiziellen Emails oder Protokollen, vermeide das Wort "Studierende", halte mich nicht für einen "Lehrenden" und beachte auch sonst keine Gender-Regeln.
Da halten Sie sich eben an die höherrangigen Regeln: Die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Forschung und Lehre und ebenso das Grundrecht der freien Meinungsäußerung verbieten, daß die für die staatliche Verwaltung erlassenen Rechtschreib- und Sprachregeln eine Bindekraft in diesen Bereichen haben. Daran muß man sich erinnern. Der sinnvolle Gebrauch von Sprache und Rechtschreibung orientiert sich wie zu Dudens Zeiten an der Verständlichkeit und den entsprechenden Gebräuchen und Bedürfnissen des Publikums. So gilt z.B. daß "homoskedasticity" und nicht "homoscedasticity" zu schreiben ist (McCulloch, 1984). Verwaltungsvorschriften sind hingegen keine Quellen für die fachsprachliche Rechtschreibung.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.03.2016 14:35
#10 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #8
Das Fahrzeug muss komplett zum Stillstand kommen, eine Haltedauer ist nicht vorgeschrieben. Wenn Sie allerdings zu kurz halten, wird der Polizeibeamte eventuell nicht erkennen, dass Sie gehalten haben.
Also nur bei schlechter Sicht nicht halten, bei guter Sicht artig warten.
Alles ist erlaubt. Verboten ist nur, sich erwischen zu lassen.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.03.2016 14:39
#11 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #7
Ich denke eher dass das Stoppschild ein "kontinuierliches Signal" sit. Wie lange muss ich denn halten ehe ich das Schild eingehalten habe? 3 Sekunden, 2 Sekunden,1 Sekunde, 0.1 Sekunde? Ich kann hier quasi die Regel (oder deren Sinn) soweit reduzieren, dass meine Pflichtverletzung verschwindend klein wird. Bei der Ampel aber heisst es solange warten bis sie vons elbst auf gruen springt.
Genau deswegen gibt es in Dresten rote Ampeln, die nie grün werden (Extra-3-Video).

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

31.03.2016 15:46
#12 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #7
Zitat von Doeding im Beitrag #6
Zitat von schattenparker im Beitrag #5
Ich fahre nicht bei Rot über Ampeln, aber wenn ich nachts sehe, daß weit und breit keiner kommt, über ein Stop-Schild.


Das ist insofern interessant, als es sich mit Blick auf die Ordnungswidrigkeit um exakt das gleiche Vergehen handelt, das auch gleich geahndet wird (70,-€ und 1 Punkt.) Ich vermute auch das Risiko, daß etwas schief geht dürfte ähnlich sein (vielleicht ist es an den oft uneinsichtigeren Straßen mit Stoppschild sogar größer als an den oft großflächig ausgebauten Ampelkreuzungen). Gleichwohl handeln viele Menschen so wie Sie. Vermutlich sind hier vorbewußte Konditionierungsprozesse am Werk (selbstleuchtendes Rot setzt Verhalten stärker unter Reizkontrolle), was dann aber eben nicht Ausdruck autonomen Handelns unter angemessener Gefahreneinschätzung ist.




Ich denke eher dass das Stoppschild ein "kontinuierliches Signal" sit. Wie lange muss ich denn halten ehe ich das Schild eingehalten habe? 3 Sekunden, 2 Sekunden,1 Sekunde, 0.1 Sekunde? Ich kann hier quasi die Regel (oder deren Sinn) soweit reduzieren, dass meine Pflichtverletzung verschwindend klein wird. Bei der Ampel aber heisst es solange warten bis sie vons elbst auf gruen springt.


Guter Punkt, ja. Ich glaube, zu den genannten Punkten kommt noch etwas hinzu. Die bemerkenswerte Verhaltensinvarianz von Autofahrern vor roten Ampeln bricht ja regelrecht in sich zusammen, wenn es sich nicht um fest installierte Ampelkreuzungen, sondern um provisorische Lichtzeichenanlagen an Baustellen handelt. Mit großer Regelmäßigkeit kann man dann sechs, sieben oder mehr Autofahrer sehen, die sich noch an den letzten, der es noch bei "gelb" geschafft hat, dranhängen. Bei tiefrot, wohlgemerkt. Hier vielleicht besonders wirksame Faktoren wie mangels Starenkästen geringe Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden, größerer Zeitstreß wegen langer Ampelschaltungen, Ärger über das unerwartete Hindernis usw. mögen eine Nebenrolle spielen, sind aber kein Alleinstellungsmerkmal.

Ich vermute, daß in der Wahrnehmung der allermeisten Autofahrer eine "klassische", fest installierte Kreuzungsampel ein sehr stark hoheitliches Element besitzt, haben solche Ampelschaltung dereinst doch buchstäblich den verkehrregelnden Schutzmann in der Kreuzungsmitte ersetzt, während Baustellenampeln möglicherweise eher als Hilfsinstrumente von Bauarbeitern erlebt und folglich nicht ganz so ernst genommen werden. Diesen "Hoheitlichkeitsbonus" haben dann ebensowenig passiv montierte Verkehrsschilder, einschl. eines Stoppschildes.

Schließlich: Auch wenn das Stoppschild eine besondere geometrische Form hat und viel rot enthält: Die Verkehrszeichen ähneln sich untereinander natürlich sehr viel mehr (und auch entlang der Dimension ihrer Bedeutsamkeit) im Vergleich zu Verkehrszeichen versus Ampel. Die Ampel ist ein völlig eigenes Zeichenkonzept, was wiederum das Lernen und Abspeichern als "besonders bedeutsam" erleichtert (differentielle Konditionierung).

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Arnold Offline



Beiträge: 1

03.04.2016 20:10
#13 RE: Die kleinen Dinge Antworten

Sehr originell diese dauerroten Ampeln. Es gibt allerdings auch andere noch heimtückischere Ampeln. Ich wohnte eine Zeit lang neben einer Kreuzung, unweit einer Feuerwache. Bei Feueralarm (sehr belebend in warmen Sommernächten bei offenem Fenster)werden dort sämtliche Ampeln so geschaltet, dass die Feuerwehr ohne Behinderung heraus fahren kann. Dies bedeutet, dass Ampeln, die sonst normal funktionieren plötzlich minutenlang auf rot stehen. Ich erinnere mich, dass in solch einer Phase der zweite an der Ampel begann zu hupen und laut fragte, wann der "Dummkopf" an der Ampel endlich merkt, dass die Ampel kaputt sei.

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