In Antwort auf:By CHRISTOPHER CALDWELL Published: May 27, 2007 Last June, Seyran Ates, a lawyer, was waiting for a U-Bahn train in Berlin’s Mockernbrucke subway station with a client for whom she had secured a divorce when the client’s husband stormed onto the platform. He began beating up his ex-wife. Then he turned on Ates. Ates recalls seeing a number of men standing around, watching it all happen, as she danced from side to side with her attaché case, trying to fend off his heavy punches and kicks. It was not the first time she had been attacked in the line of duty.
Ein schönes Beispiel angelsächsischen Journalismus, dear C. - faktenreich, vorurteilslos, alle Seiten einer Sache beleuchtend. Journalismus, der informieren will und nicht Meinung verbreiten.
Freilich auch, NYT-typisch, arg lang geraten. Zum Lesen empfehle ich die "single page"-Option; dann hat man nach kurzem Laden den ganzen Text im Fenster und braucht nicht mehr weiterzuklicken.
Zum Inhaltlichen: Für den deutschen Leser vielleicht wenig Neues über die Situation türkischer Einwanderer.
Was Caldwell leider trotz der Länge des Artikels ganz ausspart, das ist der Vergleich mit der Situation vergleichbarer Einwanderer in die USA und nach Canada. Wie wird dort eigentlich der Familiennachzug gehandhabt? In Dänemark, so erfahren wir aus dem Artikel, viel restriktiver als in Deutschland. Aber wie in Nordamerika?
Bemerkenswert fand ich die folgende Passage (Übersetzung und Hervorhebung von mir):
Schäuble also intends to require a minimum basic language proficiency for a spouse before he or she comes to Germany. (...) Schäuble insists that when he says "a little bit" of the native language, he means a bare minimum, the kind of German you can learn from a few weeks of listening to audiotapes.
Nonetheless, this little bit means a big change. For perhaps the first time since the war, German institutions and public opinion are taking a stand in favor of German culture as they understand it, and implicitly against the culture of a foreign minority. After a decade in which the Social Democratic government of Gerhard Schroder focused on the qualifications for German citizenship (since 1999, all children born in Germany, of whatever parentage, are eligible for it), the Merkel coalition, following Schäuble, is stressing the content of citizenship. Germany is beginning to insist on citizens' responsibilities as well as citizens' rights.
Schäuble beabsichtigt auch, bei Ehepartnern minimale, einfache Sprachkenntnisse zu verlangen, bevor er oder sie nach Deutschland kommt. (...) Schäuble betont, daß er mit "ein klein wenig" das schlichte Minimum meint, ein Deutsch der Art, wie man es lernen kann, wenn man ein paar Wochen lang Tonbänder abhört.
Dennoch bedeutet dieses klein wenig eine große Neuerung. Zum vermutlich ersten Mal seit dem Krieg treten Institutionen und die öffentliche Meinung für die deutsche Kultur ein, so wie sie diese verstehen, und damit implizit gegen die Kultur einer ausländischen Minderheit. Nach einem Jahrzehnt, in dem die sozialdemokratische Regierung von Gerhard Schröder die Voraussetzungen für die deutsche Staatsbürgerschaft in den Mittelpunkt gestellt hat (seit 1999 steht allen in Deutschland geborenen Kindern, unabhängig davon, wer ihre Eltern sind, die deutsche Staaatsbürgerschaft zu), hebt Schäuble das Inhaltliche der Staatsbürgerschaft hervor. Deutschland beginnt, neben den Rechten der Bürger auch ihre Pflichten einzufordern.
So ist es. Und zu den vielen Verbesserungen, die seit Ende von Rotgrün eingetreten sind (und die wieder verlorengehen werden, wenn die Volksfront es in zwei Jahren schafft), gehört dieser Schritt der Normalisierung.
Denn das, was Caldwell eine "große Neuerung" nennt, ist ja nur ein Schritt in Richtung auf die Achtung vor der eigenen Kultur, die in jedem zivilisierten Land der Welt, außer Deutschland, selbstverständlich ist.
Herzlich, und mit Dank dafür, daß du dieses Unterforum wiederbelebt hast, dear C.,
Zettel
PS: Besonderer Dank natürlich an Reader dafür, diese Rubrik übrhaupt begründet zu haben.
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