Aber was tut man nicht alles, wenn es einen zwackt, den knuffigen Nachtmahr des Monsieur Simon einmal Gassi zu führen?
Ich habe Deinen Bericht mit großem Vergnügen gelesen, lieber Ulrich. Nicht daß ich überrascht davon gewesen wäre, daß in Deinem Gehirn nicht nur tagsüber deutlich mehr los ist als in meinem, sondern auch des Nachts. . Für mich immer wieder faszinierend, was Du hier teilweise ablieferst: fordernd, anregend, lehrreich zugleich, und mir manchmal zu hoch . Literatur halt.
Die kleine Beckmesserei sei mir dennoch erlaubt: die REM-Phasen sind nicht Teil der Tiefschlafstadien, sondern im Gegenteil sehr oberflächennah; das ist ein Grund, weshalb wir oft morgens träumen und dann aus dem Traum heraus endgültig erwachen. Andernfalls wäre das Älterwerden auch noch ungesünder als es ohnehin schon ist, denn ab Mitte 40 sinkt der Anteil der Tiefschlafstadien (III und insbesondere IV) an der Gesamtschlafarchitektur rapide; im Senium jenseits der 75 sind sie kaum noch vorhanden. Das macht den Schlaf im Alter tatsächlich, und als normalen Alterungseffekt, qualitativ sehr viel schlechter und zerhackter. Könnte das Gehirn dann nicht einmal mehr träumen, wäre das Alter vermutlich ein ein noch viel größeres Massaker (Reinhold Messner) als es ohnehin schon ist.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
"Andere Leute" ist das Stichwort. Jetzt, wo ich nicht mehr auf die möglichst exakte Protokollierung der Details fokussiert bin, sondern das als gewissermaßen fremdes Artefakt, phänomenologisch, betrachten kann, fällt mir eins auf. Eine Deutung nach klassischem Freudschem Schlüssel dürfte da nicht anzulegen sein (obschon diese Sparte das durch stetes Wenden & Nochmals-Wenden nach mehreren Anläufen dazu bringen kann; besonders Anna Freud hatte es da zu einer rechten Virtuosität gebracht: alle Einzelheiten bedeuten ja "eigentlich" auch das Gegenteil). Aber es gibt eine Folie, nach der sich da "Ein Sinn" unterlegt. Der Name Jung fällt ja schon im Protokoll; & das Stichwort "der Pelikan der Alchemisten". Und die Alchemie, d.h. ihre Symbole & die Beschreibungen der dort intendierten Vorgänge, geben ja ab etwa Ende der 20er Jahre DEN Referenzrahmen für Jungs Traumdeutungen ab. Eigentlich (im Sinn von: de facto) wird umgekehrt ein Schuh draus: Jung war, mehr oder minder zufällig, so um 1919/20 auf diverse der Klassischen Scharteken der Alchemie gestoßen, das "Mutus liber", "Atalanta Fugiens" usf., mit ihren kryptischen & reich evozierenden symbolischen Illustrationen - und er stellte fest, daß diese Symbole immer wieder in den Träumen seiner Patienten auftauchten. Und immer wieder wird in diesen Schriften betont, daß es sich eigentlich (ahem) nicht um materielle Vorgänge handle, nicht um Goldmacherei, sondern um die Ingangsetzung psychischer Reifeprozesse und deren Beschreibung. Jedenfalls fokussiert sich sein Interesse auf diesen Teil der Schriften, in denen das im Vordergrund steht (ein ziemlich großer Teil befasst sich allerdings tatsächlich mit schwer verklausulierten Anleitungen zu praktischen Sudelkochereien; kann man feststellen, wenn man mal durchgeht, was Newton alles exzerpiert hat). Ganz verkürzt gesagt: im Mittelpunkt steht das "Große Werk", die Prima Materia aus den Beimengungen anderer, niederer Elemente freizulegen; das wäre im Materiellen der bekannte "Stein der Weisen", im geistig-psychischen Bereich wohl so etwas wie das buddhistische Satori. Und die Stufen dahin drücken sich in den immer wiederkehrenden Symbolen aus. Dazu kommen die "Archetypen", die, fast wie im Märchen oder in der Fabel, eben "archetypische" Funktionen verkörpern (das wirkt weniger unwahrscheinlich, wenn man sich klarmacht, daß es SOO viele dramatische Grundhaltungen: der Draufgänger, der Zauderer, der Trickster, der weise Meister pp., nun auch nicht gibt); in diesem Fall die "Anima" als Gegenpart zur eigenen Psyche, Wunschbild oder Sehnsucht der eigenen Gestelltheit, als Verkörperung all der Züge, die einem selbst zur Geschlossenheit, Komplettheit, abgehen. Daher auch in aller Regel als anderes Geschlecht. Und die Stufen dieser Transformation sind farbcodiert: Rubedo, Albedo, Nigredo, und, wie ich jetzt beim Nachschlagen feststellen musste (meist wird das mit der Rubedo in eins gefasst), Citrinitas. Für die "alchemische Praxis" steht das für die Farbzustände, die die Materie, die "umgewandelt" (oft wörtlich: "gekocht") werden soll, im Lauf von monatelanger gleichbleibender Erhitzung im Tiegel (Alembik) annimmt. Die Citrinitas, oder Xanthosis, zeichnet sich, der Name sagts, durch Gelb aus. Das Gefäß mit dem gelben Saft steht dann für die Psyche des Träumers; zuerst hermetisch verschlossen; die Veränderung sagt: jetzt arbeitet es. "Das ins Freie tragen" ist ja Symbolik mit dem Holzhammer. Daß niemand sonst im Traum auftaucht, meint: er ist allein, es ist ganz allein seine Aufgabe, es betrifft zudem niemanden sonst. Der Weg mündet nicht ins Freie, sondern konfrontiert ihm mit seiner Animafigur, in den drei Stadien: Albedo, die Weiße Phase, die rote der Rubedo, zuletzt, dunkelgrau, mit der Calcinatio. Abgelöst wird die (statische? tote?) Amimaprojektion durch eine lebendige Gestalt, die die Stasis durchbricht & den Blick/die Perspektive erweitert & zugleich seine Begrenzung bzw. Monadische Selbstreferentialität klar macht.
Just my two cents.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
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