Vielen dürfte bekannt sein, daß in den jährlich erhobenen, berufsgruppenbezogenen Beliebtheitsrankings Journalisten (zusammen mit Politikern) regelmäßig die letzten Plätze belegen. WeLT-Autor Uwe Schmitt hat hierfür recht eigenwillige Erklärungen parat.
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Ich weiß gar nicht was schlechter ist: Die Studie oder der diese zitierende Welt-Artikel.
Fangen wir mal mit der Studie an: Was genau ist eigentlich die Interviewfrage gewesen? Zitat aus der Studie:
Zitat Hierfür wurden den Befragten einzelne Berufsgruppen genannt mit der Bitte, jeweils anzugeben, ob sie von dieser Berufsgruppe ein hohes oder ein nicht so hohes Ansehen haben.
Also konkret z.B.: "Haben Sie ein hohes Ansehen von Polizisten?" (In dieser Formulierung steht das auch über der Tabelle auf S.11 der Studie).
Nur: Was ist das eigentlich für ein seltsames Deutsch?
"Haben Polizisten bei Ihnen ein hohes Ansehen?": so rum wäre die Formulierung richtig. Oder auch: "Stehen Polizisten bei Ihnen im hohen Ansehen?" Oder auch: "Haben Polizisten in der Gesellschaft ein hohe Ansehen?"
Aber die Original-Interview-Frage passt einfach schon grammatikalisch nicht.
Dann zum Welt-Artikel: Andreas Döding hat ja schon auf die seltsame Logik hingewiesen, nach der AfD-Anhänger für Pöbeleien gegen Rettungssanitäter etc. verantwortlich seien. Natürlich sehr seltsame Logik. Aber auch schon die ganze Basis für diese Logik stimmt nicht. Zitat Artikel:
Zitat Gedrückt, so belegt die Umfrage, werden die Werte vor allem von AfD-Anhängern.
Nur: Die Umfrage belegt das gar nicht. Es gibt in der Studie nur wenige Fragen, bei denen die Antworten nach Partei-Präferenz aufgegliedert sind (und zwar ausnahmslos Frgen aus dem Bereich "Föderalismus-Reform". Welche Meinung AfD-Anhänger zu Journalisten oder Rettungssanitätern haben, steht in der Studie aber NICHT. Das hat sich der Welt-Autor einfach aus den Fingern gesaugt, um darauf dann seine seltsamen Interpretationen ableiten zu können.
Zitat von Florian im Beitrag #3Ich weiß gar nicht was schlechter ist: Die Studie oder der diese zitierende Welt-Artikel.
Erst einmal vielen Dank, die Aufmerksamkeit auf die Studie zu lenken.
Nicht weil ich die per se wirklich für so schlecht finde. Abgesehen von der vermurksten, aber noch halbwegs verständlichen Fragestellung ist die ja noch halbwegs akzeptabel. Aber es ist ja tatsächlich so, daß der Welt-Artikel weitgehend aus der Luft gegriffen ist und mit der Studie fast nichts zu tun hat.
Zitat Zitat Artikel:
Zitat Gedrückt, so belegt die Umfrage, werden die Werte vor allem von AfD-Anhängern.
Nur: Die Umfrage belegt das gar nicht.
Richtig. Aber nicht nur, daß die Aufschlüsselung mit den AfD-Anhängern gar nicht stimmt. Es stimmt schon die vorhergehende Basis-Aussage nicht:
Zitat Neu ist, dass alle Berufe, kurioserweise mit Ausnahme der Piloten, gegenüber dem Vorjahr an Ansehen verloren haben.
Und dann schaut man sich in der Studie die Ansehensveränderungen an (Seiten 11-13) und muß verblüfft feststellen: - Nicht nur Piloten, sondern auch Soldaten und Lokführer haben an Ansehen gewonnen. - Ausgerechnet die Politiker - Hauptzielgruppe von AfD-Abneigung - sind stabil geblieben. - Am stärksten abgerutscht sind Anwälte, Steuerberater und Bankangestellte - die bei AfD-Positionen oder -Parolen eigentlich nie vorkommen. - Und insgesamt sind die Veränderungen innerhalb eines Jahres eher irrelevante Schwankungen bei einem viel stabileren langfristigen Trend.
Einen so durchgehend schlechten Artikel zu schreiben ist schon fast wieder eine Kunst.
Zitat von Florian im Beitrag #3Ich weiß gar nicht was schlechter ist: Die Studie oder der diese zitierende Welt-Artikel. Fangen wir mal mit der Studie an: (...)
In der Tat. Interessant fand ich auch die Passagen zur "Rolle des Staates" in der Befragung. Auch hier fand ich die Antwortalternativen ausgesprochen tendenziös: In einer globalisierten Gesellschaft braucht man... 1. immer weniger Staat, der Markt wird alles richten; versus 2. einen starken Staat, der die Bürger vor ausufernden Entwicklungen schützen kann.
Daß etwa drei Viertel (übrigens auch der Selbständigen!) letzterer Aussage zustimmen, ist sicherlich wesentlich Ausdruck deutscher Staatsgläubigkeit und des medialen Dauerfeuers gegen den "Neoliberalismus". Aber eben auch Folge der Formulierung, der Markt würde alles richten (wer soll dem denn in dieser Radikalität zustimmen können außer meinetwegen Libertäre?) oder eben ein Staat der sich Möglichkeiten offenhält (schützen kann)? Das korrekte Gegenstück zu Antwort 1. wäre gewesen: "einen Staat, der den Markt möglichst stark zurückdrängt und reguliert".
Junk science...
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Dieser als Meinung deklarierte Artikel ist gar nicht so schlecht, wenn denn eine flächendeckende Diskussion darüber stattfände. Welt online ist da durchaus seriös, veröffentlicht das und lässt eine Diskussion zu - wenn gleich enorm viele Leserkommentare gelöscht werden. Aber schon was übrig bleibt, spricht ja Bände.
Dieser Meinungsarzikel ist -und in diesem Fall ist der Vergleich wirklich mal gerechtfertigt- Stürmer-Niveau. Das ist absolut vergleichbar mit der Judenhetze im 3. Reich, wo "bewiesen" wurde, dass Juden dem Volkskörper schaden. Diese "Meinung" ist so OFFENSICHTLICH Demagogie und Volksverhetzung, dass es auch dem letzten De... auffällt.
EDIT Da ist etwas extrem schief gelaufen. Ich hatte schon gestern obigen Beitrag beim Korrekturlesen korrigiert, weil mir auffiel, dass ich nicht zwischen der Studie selbst und der Darstellung der Studie in dem Meinungsartikel unterschieden hatte. Als ich den Veröffentlichen-Knopf drückte, wurde aber irgendwie eine zwischengespeicherte Version veröffentlicht, die Quatsch war.
Stürmer-Niveau hat der Meinungsartikel und nicht die Studie selbst. Sollte jemand meine gestrige Version gelesen haben, bitte ich das zu entschuldigen
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Uwe Schmitt kann ja nun bereits seit etlichen Jahren ungehindert seinen linksradikalen Schmarrn auf welt.de verbreiten. Mir ein Rätsel warum er für die WELT und nicht für die taz (oder das Neue Deutschland) arbeitet.
Offensichtlich hat er ganz oben in der Chefetage einen einflussreichen Fürsprecher. Anders ist nicht zu erklären, wieso sich die Welt mit diesem Autor, dem demagogische Hetze und Tatsachenverdrehung nicht fremd ist, selber ins Knie schießt (seine absolut unerträglichen Linksaußen-Artikel waren zumindest bei mir der Grund, warum ich die Welt digital seinerzeit nicht abonniert habe).
Zitat von Frank2000 im Beitrag #6 EDIT Da ist etwas extrem schief gelaufen. Ich hatte schon gestern obigen Beitrag beim Korrekturlesen korrigiert, weil mir auffiel, dass ich nicht zwischen der Studie selbst und der Darstellung der Studie in dem Meinungsartikel unterschieden hatte. Als ich den Veröffentlichen-Knopf drückte, wurde aber irgendwie eine zwischengespeicherte Version veröffentlicht, die Quatsch war.
Stürmer-Niveau hat der Meinungsartikel und nicht die Studie selbst. Sollte jemand meine gestrige Version gelesen haben, bitte ich das zu entschuldigen
So hatte ich es auch verstanden, wenngleich bei näherer Betrachtung die Befragung selbst auch ziemlich tendenziöser Mist ist (s. o., u. a. Beitrag von Florian). Wenngleich der Stürmer schon nochmal etwas sehr anderes gewesen ist.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Frankenstein im Beitrag #7Uwe Schmitt kann ja nun bereits seit etlichen Jahren ungehindert seinen linksradikalen Schmarrn auf welt.de verbreiten. Mir ein Rätsel warum er für die WELT und nicht für die taz (oder das Neue Deutschland) arbeitet.
Offensichtlich hat er ganz oben in der Chefetage einen einflussreichen Fürsprecher. Anders ist nicht zu erklären, wieso sich die Welt mit diesem Autor, dem demagogische Hetze und Tatsachenverdrehung nicht fremd ist, selber ins Knie schießt (seine absolut unerträglichen Linksaußen-Artikel waren zumindest bei mir der Grund, warum ich die Welt digital seinerzeit nicht abonniert habe).
Daß der Schmitt ideologisch so festgelegt ist, ist mir noch gar nicht aufgefallen; mag aber sein. Was mir an der "Welt" an sich gefällt, ist der große Pluralismus der Meinungen, der dort im Vergleich zu anderen Online-Medien abgebildet wird. Zwischen größter Zustimmung und ärgerlicher Ablehnung kommt bei mir an Reaktionen alles vor, aber gerade das schätze ich an der Welt. Daß heute Sarah Wagenknecht und morgen Thilo Sarrazin Gastbeiträge dort platzieren können. Mein Problem mit dem gestrigen Artikel war vielmehr, daß er handwerklich so unglaublich schlecht gemacht ist. Die Studie absichtlich falsch lesend, überhaupt keine Stringenz in der Argumentation. Sowas macht mich irre.
Herzliche Grüße, Andreas
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Zitat von Doeding im Beitrag #1Vielen dürfte bekannt sein, daß in den jährlich erhobenen, berufsgruppenbezogenen Beliebtheitsrankings Journalisten (zusammen mit Politikern) regelmäßig die letzten Plätze belegen.
Ja, aber das liegt meines Erachtens nicht daran, dass den Journalisten generell misstraut wird. Wenn es um die Erklärung von Zusammenhängen geht, genießt die Meinung der Medienschaffenden wohl immer noch eine hohe Wertschätzung: Wer in Hauptstadtkreisen unterwegs ist, weiß halt, warum der beliebte Politiker XY nicht Kabinettsmitglied wurde (er kann mit Mutti nicht, die SPD war gegen ihn etc. pp.)
Das Problem ist, dass Journalisten nicht so ganz selten der Ansicht sind, ihre Meinung sei qualitativ besser als jene des Medienrezipienten. Und dafür gibt es keinen Grund. Nur weil man weiß, warum XY nicht Minister geworden ist, heißt das noch lange nicht, dass man politische Entscheidungen mit mehr Scharfsinn bewertet, als dies Krethi und Plethi tun.
Zitat von Doeding im Beitrag #8Wenngleich der Stürmer schon nochmal etwas sehr anderes gewesen ist.
Hätte ich bislang auch so gesehen. Allmählich nagen mich freilich leichte Zweifel an.
Zitat von acta diurna, 04. Sept.Leser ***, Musikwissenschaftler und Jude, nimmt vor allem auf einen Artikel in der Welt Bezug, der unter der Überschrift „Warum Bach ein Antisemit war“ mit Julius-Streicher-Charme loslärmt: „Wenn das Reformationsjubiläum beginnt, sollen die braunen Ecken ausgefegt sein. Bach ist nun auch bearbeitet. Die Eisenacher Ausstellung 'Bach, Luther – und die Juden' überführt ihn als Antijudaisten.“ Worauf *** repliziert: „Irgendwie erinnert mich dieser Säuberungszwang sowie die Erfolgsmeldung des Autors an einen anderen Text: ‚Die Reinigung unseres Kultur- und damit auch unseres Musiklebens von allen jüdischen Elementen ist erfolgt.’ (Theo Stengel und Herbert Gerigk, Lexikon der Juden in der Musik, Berlin 1940, S. 5).“
Der Welt-Text verdient aufgrund seiner Wesensverwandtschaft mit dem, was er zu bekämpfen vorgibt, etwas mehr Raum.
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