Zitat VII Aber reicht das für einen Nobelpreis? Wohl nicht.
Ihre kritische Würdigung von Bob Zimmermann fällt so lange und detailiert, so kritisch und dennoch so würdigend, aus, als hätten Sie sich nicht erst heute mit dem jüngsten Literaturnobelpreisträger beschäftigt.
Kann es denn sein, dass Ihre seitenweise entfaltete Meinung, (exemplarisch:)
Zitat Insofern zielte der Wunsch, Dylan gewissermaßen per Nobelpreis ins Pantheon einzureihen, auch darauf, der Generation die höchste Würde umzuhängen, die mit ihm ihr musikalisches Erwachen hatte und für die er, zumindest eine Zeitlang, durchaus bedenkliche Propheteneigenschaften zu entwickeln schien. Es war nicht umsonst gerade vor jener Zeit, als sich die Hippies aller Sorten aller Orten Gurus und östlichen Räucherstäbchenkitsch zur Möblierung des inneren spirituellen Vakuums auszusuchen begannen.
eine Kritik an ebenjener Generation ist, die "His Bobness" verkörpert?
Zitat von Telegraph, 17 OctThe Swedish Academy, which awards the prizes every October and organises the presentation in December, says it has not heard back from the Minnesota-born singer.
"Right now we are doing nothing,” said Sara Danius, permanent secretary of the academy. “I have called and sent emails to his closest collaborator and received very friendly replies. For now, that is certainly enough."
Leute, wie wärs mit den offiziellen Kanälen?
Bob Dylan's Manager:
Jeff Kramer OK Management 275 South Beverly Drive Suite 215 Beverly Hills, CA 90212 Phone: 310-535-1647
Bob Dylan's Agent:
Brian Greenbaum Creative Artists Agency 2000 Avenue Of The Stars Los Angeles, CA 90067 Phone: 424-288-2000
Könnte natürlich sein, daß ein eingefleischter Anarcho-Reflex den Guten vor der nun angedrohten terminalen Verestablishmentarisierung zurückzucken und einen Grigori Perelman machen läßt... oder er macht's nur spannend.
Zitat von Fluminist im Beitrag #4oder er macht's nur spannend.
Ein klein wenig ...extrovertierter... als Perelman ist er ja wohl. . Schlichter: He's not there.
"I'm Not There": Der Film von Todd Haynes von 2007 ist ja so etwas wie ein Biopic, das keins sein will. Will sagen: es verzerrt die Gewohnheiten der Lebenskarrierebebilderungen ins Brechtisch Verfremdete: da gibt es eine Figur, die wahlweise "Bob" oder "Dylan" genannt wird, und der widerfahren Sachen, die man aus der Karriere des Vorbilds in etwa auch kennt - zT mit signifikanten Unterschieden. Gespielt von sechs Schauspielern, u.a. Kate Blanchett, Richard Gere & Heath Ledger (*). Die Musik sind die alten Songs, aber komplett neu von anderen Bands eingespielt (mit entsprechend höherer Oktanzahl). Michael Gray, der in seiner Bob Dylan Encyclopedia ziemlich sein kann, bemerkt verpfmupft zu den Schauspielern "none of whom is a fraction as charismatic" & zur Musik "surprisingly dull covers by others". Der Filmtitel ist eines der obskursten Stücke von den Basement Tapes - also den ~100 Stücken (nicht alle selbstgeschrieben), die Dylan 1966/67 während der gut 9-monatigen Pause nach seinem Motorradunfall mit den Leuten eingespielt hat, die ihn auf seiner letzten Tournee vorher elektrisch begleitet hatten & die dann danach "The Band" gebildet haben. ("The Night They Drove Old Dixie Down" dürfte noch im Ohr sein; ich weiß nicht, ob das immer noch so etwas wie eine inoffizielle Südstaatenhymne ist; es war aber mal definitiv eine. Ironisch, weil die außer Levon Helm alle Erzkanadier waren; oder auch nicht, weil so viel amerikanisches Musik-Urgestein von nördlich der Grenze stammt, von Neil Young & Joni Mitchell angefangen.) Von den Stücken sind ein gutes halbes Dutzend damals, 67/68, von anderen Künstlern eingespielt worden & zT Hits geworden ("Quinn the Eskimo" für Manfred Mann; "Million Dollar Bash" für Fairport Convention; Brian Auger ad Hammondorgel & Julie Driscoll als Sirene habens mit "Wheel's on Fire" (**) in England auf #5 geschafft.) Hinz+Kunz haben sich damals davon Kopien gezogen; das war - Dylans legendärem Ruf geschuldet - DAS Material für Raubpressungen. Dylan hat 1975 2 Dutzend Stücke als hochoffizielles 16. Album, The Basement Tapes, veröffentlicht ("I thought everyone had a copy already"). "I'm Not There" war nicht dabei; veröffentlicht ist das erst auf dem Soundtrackalbum zum Film von 2007 - als einziger Klangbeitrag Dylans zum Projekt. Eben: he's eben "not there". Kann man alles als Teil eines Spiels mit Masken & Rollen sehen, von einem, der seit einem halben Jahrhundert die Rolle "Bob Dylan" gibt.
Auf dem Netz gibts nur eine seltsame, wenngleich anhörbare Fassung, die 2011 von der (mir bis eben völlig unbekannten) Combo Invisible Republic eingespielt worden ist, die ihren Namen der ersten Buchausgabe von Greil Marcus zu Themen & Motiven in eben diesen Basement Tapes entlehnt haben & 12 Stücke davon auf Scheibe gepresst haben, die in Klang & Gestus den Originalen ziemlich treu sind. In Sachen Meta geht hier die Post ab.
And I run and I race but it's not too fast or slow but I don't perceive her - I'm not there, I'm gone. ... and she's on there to do it; like I said: "Carry on!" I wish I was there to help her, but I'm not there, I'm gone.
* & Heath Ledgers letzte (Teil)Rolle war in Terry Gilliams The Imaginarium of Doctor Parnassus, wo seine Rolle/Figur/Persona nach seiner Abberufung dann von Johnny Depp, Jude Law & Colin Farrell weitergespielt wurde. Der Zirkus, das Panoptikum, die Jahrmarktsbude, mit groteskem Personal, gern auch Phantastischem bis hin zu echten Zentauren, Engeln & mit dem Ausgang in die Moralische Anstalt: das bestimmt die Aufmachung - + die Motivik - der Basement Tapes wie nichts. Ist ein uramerikanisches Motiv, von Jack Finneys Circus of Dr. Lao, Ray Bradburys Something Wicked This Way Comes bis zu Peter S. Beagles The Last Unicorn, die beiden Staffeln von Carnivàle & Erin Morgensterns The Night Circus. Und allein ein amerikanisches. Frag mich einer, warum das auf dies Territorium beschränkt geblieben ist.
** Ich hatte gar keine Ahnung, daß Julie Driscoll Frau Petry dermaßen ähnlich sieht.
Zitat von Fluminist im Beitrag #4den Guten vor der nun angedrohten terminalen Verestablishmentarisierung zurückzucken
Bitte abschnallen & das anstellen. Dylan ist mittlerweile in 9 Werbespots aufgetreten, seit 2007, sh. hier.
Zitat Computer: So, how did you go from writing those lyrics to being in commcercials for Chrysler and Victoria's Secret and IBM. Do you just need the cash? Dylan: That sounds about right. Computer: Did you burn all the money you made in the Traveling Willburies? Dylan: That sounds about right. Computer: So you just don't give a sh*t? Dylan: That sounds about right.
Ich sag doch: Meta.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat Der Zirkus, das Panoptikum, die Jahrmarktsbude, mit groteskem Personal, gern auch Phantastischem bis hin zu echten Zentauren, Engeln & mit dem Ausgang in die Moralische Anstalt: das bestimmt die Aufmachung - + die Motivik - der Basement Tapes wie nichts. Ist ein uramerikanisches Motiv, von Jack Finneys Circus of Dr. Lao, Ray Bradburys Something Wicked This Way Comes bis zu Peter S. Beagles The Last Unicorn, die beiden Staffeln von Carnivàle & Erin Morgensterns The Night Circus. Und allein ein amerikanisches. Frag mich einer, warum das auf dies Territorium beschränkt geblieben ist.
These ohne zertifiziertes Hintergrundwissen: Die kontinentaleuropäische Zirkusmetaphorik ist einfach eine andere. Sie ist bestimmt
1. durch das Motiv des rastlosen Wanderns, das in den USandA einen deutlich besseren Ruf hat (Stichwort New Frontier) als in Europa. In einem Land, das seine Geschichte auf räumliche Veränderung zurückführt, ist das aber nix extra spannendes. Auf dem Kontinent, wo nur der Sesshafte, der dem Kaiser ein Zins gibt, etwas gilt, wird der Wanderer zwar unsäglich romantisiert, aber gleichzeitig als außerhalb jeder Gesellschaft begriffen. Das war schon so, als noch keine Professxn einem "Antiziganismus" beklagen konnten.
2. durch das Motiv des traurigen Clowns und überhaupt die Commedia dell' Arte. Die hats nie über den großen Teich geschafft
3. durch eine andere Einstellung vom Normalen zum Außergewöhnlichen. Man vergleiche mal P.T. Barnum, dessen Freak Shows wohl mehrheitlich Bewunderung hervorriefen und das Selbstverständnis vom "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" bedienten, mit den sich "wissenschaftlich" gebenden Wandermenagerien und Völkerschauen in Old Europe. P.T: Barnum ist glaube ich auch die ikonische Figur für sämtliche Parnassi und ähnliche Charaktere - während am Kontinent Kuriositätenkabinette (die Wunderkammern) ein exklusiver aristokratischer Zeitvertrieb waren, von denen man den gemeinen Pöbel tunlichst ferngehalten hat.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #6Die kontinentaleuropäische Zirkusmetaphorik ist einfach eine andere.
Überaus zustimmungsfähig. Europens Beitrag zum Genre ist ersichtlich La Strada (& das ist mit religiöser Symbolik so dick unterfüttert wies nur eben geht); &, zwei Generationen später, auf seine Art Gladiator. Es könnte auch sein (merkt der kleine innere Studienrat an), daß das Thema "fahrendes Volk" bei uns einfach mit Willem Meister vollbesetzt ist, neben dem kein Platz bleibt; & da zielt es schon "auf Höhres" & nicht auf Talmi & Tingeltangel.
Die Frage ist ja auch, warum das nirgendwo sonst gezündet hat (mit dem Hintergedanken, daß andere solche Motivkomplexe, vom Geisterzug als Totenseelensammler bis zum Samurai-Ehrenkodex & Kleinen Grünen Männchen rasant in allen klimatischen memetischen Breitengraden wuchern). Ganz spurlos doch nicht: Zhang Yimous "Tschüß, Kebsweib ", 1993, evoziert das heftig.
Barnum ist das Stichwort. Der steht ja nun nicht nur für Entertainment, sondern fürs Betuppen überhaupt. Mundus vult decipi. (Thomas M. Disch hat. 1998, in "The Dreams Our Stuff Is Made Of" den Anlauf unternommen, das ganze Genre der amerikanischen Phantastik, SF eingeschlossen, aus dem Geist des Flunkerns, des Jägerlateins, der Tall Tales von Paul Bunyan & seinem blauen Ochsen an, herzuleiten: wer sein Publikum am geschäftsträchtigsten belügt, ist King. Vorname vielleicht Stephen.) Wobei: das zentrale Thema der amerikanischen Literatur ist ja nicht der American dream, sondern das gnadenlose Scheitern des Einzelnen daran. Kann sein, daß tinsel & glitter das einfach symbolisch augenfälliger machen, wenn der harte Boden der Tatsache sofort sichtbar wird, sobald der Zirkus weitergezogen & der Sand der Manege weggefegt worden ist. Wobei, II, das mit Frontier, ob neu oder alt, nix zu tun hat. Das Kontrastbild ist immer, unausweichlich das Kleinstadtamerika, aus dem jeder Funke Pioniergeist verdampft ist, spießig bis in die Knochen, Main Street, USA, am liebsten im Mittleren Westen, wo man außer Kornfeldern niemals nix zu sehen kriegt (richtig: The Wizard of Oz gehört auch dazu, auch wegen "pay no attention to the man behind the curtain"). Nicht zuletzt ist die verkehrsmäßige Erschließung ja auch Voraussetzung. Barnum & Ringling werden erst id 1880er Jahren zum Inbegriff des Tivoli auf Rädern.
Zitat von Charles G. Finney, The Circus of Dr Lao, 1935"There are some things in the world, Mrs. Grady, for which the whole of a life lived in Abalone, Arizona does not prepare you."
Stewart O'Nans Der Zirkusbrand wäre noch zu nennen gewesen (obwohl hier jedem sofort Georg Kreisler als cisatlantisches Pendant einfallen wird). Gibt sogar eine Anthologie mit express phantastischen Erzählungen zum Thema: Circus. Fantasy Under the Big Top, 2012, herausgegeben von Ekaterina Sedia (wobei noch fraglich ist, ob sie zum Thema neigt, weil Zugroaßte mitunter so einem Sog besonders erliegen - das ist wie mit dem andern US-Symbol: Baseball; in gedruckter Form, Field of Dreams, Shoeless Joe, ist das schlicht die Domäne von W.P.Kinsella, fällt also unter Kanadistik - oder ob sie als gebürtig-gelernte Moskauerin da vorgeprägt ist: die großen Clowns ab Oleg Popow, der Moskauer Staatszirkus: das war ab den 50ern immer eines DER Rückzugrefugien für die kindliche Sehnsucht, den dieParteidiePartei nie plätten konnte & die immer die Leistung des Einzelnen Artisten am Trapez/auf dem Pferd zeigte, gegen die das Kollektiv nie ankam; war auch stets zweckfrei & baute den Sozialismus nicht wirklich auf.)
Zitat von Meister Petz im Beitrag #62. durch das Motiv des traurigen Clowns und überhaupt die Commedia dell' Arte. Die hats nie über den großen Teich geschafft
Das ist jetzt aber keine Überraschung. Frances Haskell hat sich mal hinter das Motiv geklemmt, 1972, "The Sad Clown: Some Notes on a Nineteenth-Century Myth"; dt. übersetzt als erstes Kapitel in Wandel der Kunst in Stil und Geschmack (1990) & gezeigt, daß sich dieses Motif ganz allein einem einzigen Bild verdankt, nämlich Watteaus "Gilles" & dessen Aufwertung im Lauf der (ja ziemlich verspäteten) französischen Romantik, Gautier & Umfeld, erst spät id 1830ern zur Symbolgestalt aufgewertet, mit dem Pierrot, der dann Salonkitschikone wird, bis zu Picasso-rosa-Periode (mit Gérômes Duel après le bal masqué als pièce de résistance). Das ist übrigens genau zeitgleich mit dem Auftreten der Sylphen & Feen auf der Ballettbühne, letztes Rückzugsrevier dieses mythologischen Janhagels (in England geht das dann, ab den 50ern in die Ölschinken der Salonmalerei ein; es gibt 3-4 Pinselquäler, die auf fairy paintings spezialisiert sind, u.a. der Onkel von Conan Doyle; das ist vor ~15 Jahren peu à peu aus der Verbannung der Depots ausgegraben worden; bleibt trotzdem der furchtbarste Kitsch; wer da reinschmecken will, kann sich mal die ersten 5 Minuten von Dieterles "Sommernachtstraum"-Verfilmung von 1935 antun: das schiere Grauen...)
PS. Wobei mir gerade einfällt, daß das einzige, was es bei uns aus dem Beritt mal zur geflügelten Wendung gebracht hat, sich Alexander Kluge verdankt: Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat Es könnte auch sein (merkt der kleine innere Studienrat an), daß das Thema "fahrendes Volk" bei uns einfach mit Willem Meister vollbesetzt ist, neben dem kein Platz bleibt; & da zielt es schon "auf Höhres" & nicht auf Talmi & Tingeltangel.
Genaugenommen gibt es ja zwei Sorten von fahrendem Volk: den braven, helldoitschen Handwerksburschen auf der Walz, dem Gott will rechte Gunst erweisen und dessen einziges Ziel die gereifte Heimkehr ist - und eben die finsteren, unsteten Gaukler, Zigeuner, Spielleute, bei denen man die Töchter wegsperre, wenn sie die Stadt heimsuchen. Da der ganze Wilhelm Meister dermaßen vor Handwerksmetaphorik trieft, können wir ihn getrost ersterer Kategorie zurechnen.
Übrigens fällt mir doch noch eine völlig verkitschte Zirkusklamotte amerikanischen Ursprungs ein, nämlich "König der Spaßmacher" (Merry Andrew) mit Danny Kaye. Vielleicht liegt es daran, dass die Romanvorlage vom europäischsten aller amerikanischen Autoren, nämlich Paul Gallico stammt?
Zitat von Meister Petz im Beitrag #6mit den sich "wissenschaftlich" gebenden Wandermenagerien und Völkerschauen in Old Europe.
Wir haben ein ganz wichtiges Missing Link vergessen, das mit je einem Bein in beiden Camps steht: Buffalo Bills Wild West Show, ab 1883. Mit richtig richtigen Injanern. (Wiki: "In 1891, Buffalo Bill performed in Karlsruhe, Germany, in the Südstadt Quarter. The inhabitants of Südstadt are nicknamed Indianer (German for "American Indians") to this day, and the most accepted theory says that this is due to Buffalo Bill's show.") Stichwort "Völkerschauen": in unsren Breiten war das ja unverbrüchlich mit dem Namen Hagenbeck verknüpft. Ich werde jetzt mal etwas überaus Unpolitkorrektes anlängen. Das gilt den Nachgeborenen ja als als Höhepunkt kolonialistischer Anmaßung und als klar erkennbarer Schritt auf der abschüssigen Bahn in Sachen Depersonalisierung/Entmenschlichung, Reduzierung von Menschen zum Ding bzw. bloßen Schauobjekt. Zum einen fällt bei der Sichtung der zeitgenössischen Berichte auf, daß die das damals schon genauso sahen: das war heftigst umstritten & angefeindet. Zum anderen haben Hagenbeck & Co - und, wichtig, auch die betroffenen "Eingeborenen" das anders gesehen: das waren ja keine verschleppten Gefangenen, sondern die waren, in aller Regel über die deutschen Missionen, ganz klar & ohne falsche Vorspiegelungen, angeworben worden. Und zwar mit Arbeitsvertrag (jeweils mit den gewählten Sprechern der jeweiligen Gruppen und dann mit den Dorfvorständen in deren Heimatland ausgehandelt): mit freien Tagen, Wochenstunden und, nicht ganz unwichtig, mit Krankenversicherung. Auf deutschem Boden galt ja kein Kolonialrecht. Das war zumeist das erste Mal, daß den Betroffenen so etwas offeriert wurde. Daß denen alsbald die Decke auf den Kopf fiel - es gab ja schlicht nichts zu tun, monatelang (das zieht sich als beständige Klage durch alle Zeitungsberichte & die Akten von Hagenbeck & Cie) steht auf einem anderen Blatt. Peter Altenberg hat darüber eine seiner ersten, nu, "Reportagen" aus Wien verfasst, 1897, beim 2-wöchigen Gastspiel aus Deutsch-Südost im Prater: Ashantee. @Daska: Das tragische Schicksal einer Gruppe von acht Eskimos (ich weiß, schwer un-PC der Name, aber irgendwann muß es damit auch mal gut sein), die 1880-81 von Hagenbeck über die Mährischen Brüder unter Vertrag genommen wurden, ist übrigens aus 1. Hand dokumentiert. Abraham Ulrikab hat über den Europaaufenthalt Tagebuch geführt (ist 2005 in englischer Übersetzung veröffentlicht worden; er wollte mit dem Lohn die Schulden begleichen, die seine Familie über Jahre bei der Mission eingefahren hatte; und er war überaus gespannt auf Europa). Tragischerweise, weil die sich nach 4 Monaten in Paris allesamt mit Pocken infizierten & zu spät geimpft wurden. Apropos Hagenbeck. H's Thierpark gehört zum Wilhelminismus wie der Matrosenanzug. Das erste erhaltene Gedicht von Joachim Ringel, genannt Natz, 1896 mit 12 Jahren gereimt (*Wurzen, Landkreis Leipzig: irgendwie ahnte ich das...), sieht das durch eine Brille, die scheints vom Simplicissimus getönt ist.
Hagenbeck kommt
Hilfe Hagenbeck kommt an Rette sich wer irgend kann Eilich flichtet die Giraffe, Von dem Baum entflieht der Affe, Und 'ne große Herde Gnus, Left nun wie e' Hasenfuß! Selbst bei dieser Schreckenscene, Macht der Ticher große Bene! Und e' Nilpferd, welchn' Schreck, Fällt vor Eile in d'n Treck. Selbst de große Nilgazelle. Laift jetzt mit des Blitzesschnelle, Dromedar und Maskenschwein Scheinen sehr voll Furcht zu sein, Und das Nashorn wie mar'ch nennt An e großen Baum sich rennt, Cha, der große Elefant, Kommt nu' werklich angerant. Plötzlich doch erthönt das Wort Freit, eich' Hagenbeck ist fort. PS. Wenn ein Strang nicht ohne Soundtrack auskommt, dann doch wohl dieser. Also: vd Never Ending Tour, 17. Nov. 1993, The Supper Club, New York: "Delia" (vom ursprünglich unpluggten Album "World Gone Wrong"). Ist das nun ein Dylan-Song? Technisch nicht; Text & Melodie stammen von Blind Willie McTell; Johnny Cash hat das 4x aufgenommen, udT "Delia's Gone"; aber Dylan macht da etwas völlig Eigenes draus.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Daß sich die Welt momentan geschlossen eine Auszeit von aller Vernunft & allem Erwachsensein gönnt, "diese Wahrheit halten wir für selbst-evident".
Erst der Noble Preis für Bob Dylan. Dann ein Planet, den das oberste zuständige wissenschaftliche (!) Gremium allen Ernstes auf den Namen "Poltergeist" tauft (sh. dazu hier). Und jetzt das hier:
Zitat von The University of MaineUMaine creates Stephen King Chair in Literature, AP reports
October 19, 2016 Alumni, UMaine in the News The Associated Press reported that the University of Maine is now accepting applications to fill the five-year Stephen E. King Chair in Literature. Partially endowed by the Harold Alfond Foundation, the appointment will begin in August, according to the AP. The university’s decision to honor one of its most famous graduates comes as the author prepares to talk about his time in Orono and read from his latest book, “Hearts in Suspension,” on Nov. 7 at the Collins Center for the Arts. The Washington Times, The Seattle Times, My San Antonio Express-News, Review Times, Gulf News, KFDM TV in Southeast Texas and the University Herald carried the AP report.
Richtig: DER Stephen King. Und nicht etwa ein Ehrendoktor für einen Alumnus, dessen Bücher sogar einige Menschen lesen wollten, sondern eine Professur wird in seinem Namen eingerichtet. Für Literaturwissenschaft.
Um nochmal Nikolaus Fest von Ende August zu zitieren:
Zitat Zur Verschwörungstheorie der Chemtrails, wonach die Kondensstreifen der Flugzeuge mit bewusstseinsverändernden Chemikalien angereichert würden, bemerkt ein Freund lakonisch: Wissenschaftlich sei dies vielleicht nicht nachweisbar, empirisch allerdings völlig unbestreitbar. Anders seien Personen wie Jakob Augstein, Caroline Emcke oder Heribert Prantl nicht zu erklären.
Gerade höre ich im Radio, ER habe sich geäußert: Selbstverständlich nehme er den Preis an. Ebenfalls wolle er der Preisverleihung persönlich beiwohnen.
Zitat von Daska im Beitrag #12 Gerade höre ich im Radio, ER habe sich geäußert: Selbstverständlich nehme er den Preis an. Ebenfalls wolle er der Preisverleihung persönlich beiwohnen.
Zitat The Nobel Foundation said in a statement that Dylan this week told Sara Danius, Permanent Secretary of the Swedish Academy, that he now accepts the prize. ( bit.ly/2eEwvTA ) The committee that awarded the Nobel Prize to Dylan had said it was up to him whether to attend the prize-giving ceremony later this year or not. "It has not yet been decided if Bob Dylan will attend any events during the Nobel Week in Stockholm in December," the Nobel Foundation said on Friday. "The Nobel Foundation will share information as soon as it is available." Separately, Dylan told British daily the Telegraph in an interview that he will be at Nobel Prize ceremony, if he can. (bit.ly/2eEqbv1)
PS. Stichwort "Soundtrack". Das alte LiveJournal-Template, Format so vieler früher Blogs (eigentlich fast aller: die Kommunikationsform Netztagebuch war mal damit identisch), hatte ja serienmäßig eine Fußrubrik Sound of the day zur Weiterverbreitung eingestellt. Heute: Kevin Coynes Version von "Knockin on Heaven`s Door" von 1976. https://www.youtube.com/watch?v=Mrp9_bYqzoU
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Guardian, 11 December 2016Dylan, whose speech was read out by the US ambassador to Sweden at the annual awards dinner, said the prize was “something I never could have imagined or seen coming”. “If someone had ever told me that I had the slightest chance of winning the Nobel prize, I would have to think that I’d have about the same odds as standing on the moon,” he wrote. On learning he had been awarded the literature prize Dylan said he thought of Shakespeare. “When he was writing Hamlet, I’m sure he was thinking about a lot of different things: ‘Who’re the right actors for these roles? How should this be staged? Do I really want to set this in Denmark?’
“His creative vision and ambitions were no doubt at the forefront of his mind, but there were also more mundane matters to consider and deal with. ‘Is the financing in place? Are there enough good seats for my patrons? Where am I going to get a human skull?’ I would bet that the farthest thing from Shakespeare’s mind was the question: ‘Is this literature?’
“Like Shakespeare, I too am often occupied with the pursuit of my creative endeavours and dealing with all aspects of life’s mundane matters. ‘Who are the best musicians for these songs? Am I recording in the right studio? Is this song in the right key?’ Some things never change, even in 400 years. Not once have I ever had the time to ask myself ‘are my songs literature?’ So, I do thank the Swedish academy, both for taking the time to consider that very question and ultimately, for providing such a wonderful answer.”
Zitat Good evening, everyone. I extend my warmest greetings to the members of the Swedish Academy and to all of the other distinguished guests in attendance tonight. I'm sorry I can't be with you in person, but please know that I am most definitely with you in spirit and honored to be receiving such a prestigious prize. Being awarded the Nobel Prize for Literature is something I never could have imagined or seen coming.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Huch! Da hat wohl Bob der Literaturnobelpreisträger in seiner Nobelpreisrede ein paar Plagiate begangen, da seine angeblichen Moby-Dick-Zitate gar nicht aus dem Originalwerk stammen, sondern offensichtlich aus einer Zusammenfassung für lesefaule Schöler.
Zitat He delivered the speech in the form of a beat poem, recited over a meandering piano, just before the deadline on 4 June - raising the delicious prospect that, like any teenager in a band, he cribbed his homework off the internet in a last-minute panic.
Vielleicht kann man sagen, daß Dylan für den Literaturnobelpreis das ist, was Arafat oder Obama für den Friedensnobelpreis sind?
Oder ist alles nur eine Verschwörung, um KTG (CSU) den Weg zurück in die Politik zu ebnen?
Zitat von Emulgator im Beitrag #16Vielleicht kann man sagen, daß Dylan für den Literaturnobelpreis das ist, was Arafat oder Obama für den Friedensnobelpreis sind?
Oder ist alles nur eine Verschwörung, um KTG (CSU) den Weg zurück in die Politik zu ebnen?
Nö / nö. Zu neudeutsch: neither nor. Der Witz bei der Sache ist die, daß Moby Dick (also das Buch, nicht die Claudia Roth der Cetazeen) unter, zumindest amerikanischen Philologen, das Paradebeispiel für eben diese Praxis ist. Der Roman hat einen Vorsatz von irgendwo zwischen 50 und 100 Motti, alle zum Bereich des Wahlkampfs & seiner sümbolischen Bedeutung, & Melville führt die Originalquellen darunter an, als habe er es von dort. hat er aber nicht. Eine ganze Reihe, namentlich unter den ersten 2 Dutzend, stammen sämtlich aus dem damaligen Eintrag in Chamber's Encyclopedia, wo die allesamt untereinander auf zwei Seiten exakt so zusammengestellt sind bei im Roman. Überhaupt ist diese Art des verfemdenden zitierens, der Anspielungen und der Irreführung eins der Kennzeichen von Dylans, nun ja, literarischem Verfahren.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
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