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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 30 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Noricus Offline



Beiträge: 2.362

08.06.2017 21:29
Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Wenn du glaubst, schlimmer geht's nicht mehr, kommt aus den Online-Medien noch etwas Schlechteres her. Eine Meckerecke.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

08.06.2017 21:59
#2 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Wieso Tiefpunkt? Es ist mittlerweile völlig verbreitet, Steuerzahlen als sittliche Pflicht anzusehen. Und nein, nicht nur im - wie Du es immer so differenziert ausdrückst - "Chor der Linken", sondern bis weit ins konservative Spektrum hinein - schließlich könnte der Staat von dem entgangenen Geld ja auch mehr Grenzpolizisten bezahlen. Und dieses (Res)sentiment bedient der Artikel mit allen nur verfügbaren Klischees. Aber wie so oft nix, was einen Superlativ rechtfertigt - denk nur an den Uli, da war es genauso.

Peinlich am Artikel ist eher, dass er längst bekannte Tatsachen zu einer Sensation aufbläst (und interessant auch, dass diese jahrelang bekannte Lücke nie geschlossen wurde - das passt gar nicht zu unseren hyperaktiven Gesetzgebern).

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

08.06.2017 22:12
#3 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Und nein, nicht nur im - wie Du es immer so differenziert ausdrückst - "Chor der Linken", sondern bis weit ins konservative Spektrum hinein


Ich ändere meine Diktion gern auf "Chor der Sozialisten", "Chor der Etatisten" oder "Chor der Fiskalspießer" ab, wenn dies Deiner Ironie standhält.

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
(und interessant auch, dass diese jahrelang bekannte Lücke nie geschlossen wurde - das passt gar nicht zu unseren hyperaktiven Gesetzgebern).


Diese Frage beantwortet der besprochene Artikel ja, aber für meinen Geschmack eher mit Insinuationen nach Art der Aluhut-Fraktion.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

09.06.2017 01:47
#4 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat
Es ist wie mit Einsteins Relativitätstheorie: Wenn man sich viel Mühe gibt, glaubt man für einen Moment, sie nun endlich begriffen zu haben. Soll man sie ein paar Minuten später jemand [sic!] erklären, scheitert man

Ist hier aber nicht so.
Bei diesen Geschäften geht es ganz einfach nur darum, daß durch schnelles Weiterreichen von Aktien und aktienähnlichen Papieren erreicht werden konnte, daß mehrere (zeitweilige) Besitzer das Recht auf Steuererstattungen bekamen (nur ganz wenig vereinfacht dargestellt).
So was ist eindeutig Betrug. Und das ist es auch dann wenn die zuständigen Beamten des Finanzministeriums (und die ZEIT-Redakteure) über Jahre hinaus nicht begriffen haben worum es überhaupt geht. Diese Beamten waren entweder komplett blöd oder (und das ist noch der bessere Fall) haben selber was abgekriegt (Korruption).
M.e. müßte man in erster Linie die zuständigen Beamten aus einem der beiden möglichen Gründe verknasten - mindestens entlassen wenn sie sich auf Blödheit rausreden.

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Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

09.06.2017 07:05
#5 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #4
Bei diesen Geschäften geht es ganz einfach nur darum, daß durch schnelles Weiterreichen von Aktien und aktienähnlichen Papieren erreicht werden konnte, daß mehrere (zeitweilige) Besitzer das Recht auf Steuererstattungen bekamen (nur ganz wenig vereinfacht dargestellt).


Dies trifft vereinfacht auf die Cum-Ex-Geschäfte zu, die in der Tat einen ziemlich strengen Geruch haben, der aber nur durch das kollusive Moment entsteht. (Es wären wohl theoretisch auch zufällige Cum-Ex-Konstellationen denkbar.) Und, was man nicht vergessen sollte: Das Cum-Ex-Geschäft funktioniert nur, wenn zwei Steuersubjekte eine Steuerbescheinigung erhalten, obwohl bezüglich des weitergegebenen Akteinpakets tatsächlich nur einmal KESt abgeführt wurde.

Bei den Cum-Cum-Geschäften ist es ja vielmehr so, dass die Aktieninhaberschaft temporär wechselt und sich nicht eine Personenmehrheit eine insgesamt nur einmal bezahlte KESt mehrfach erstatten lässt, sondern dass ein Gebietsansässiger die Aktien rund um den Dividendenstichtag hält, damit er die gezahlte KESt mit seinen Kapitalerträgen verrechnen kann, was der Auswärtige nicht könnte. Bei Cum-Cum handelt es sich allenfalls um einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, aber das war eben nicht so klar, weil nicht jede steuerwirksame rechtliche Gestaltungsmöglichkeit missbräuchlich ist (denken Sie an den Einnahmenüberschussrechner, der die Rechnung für eine im Jahr x erbrachte Leistung erst im Jahr x+1 stellt).

Man müsste meine beiden vorangehenden Absätze, um der deutschen Realität gerecht zu werden, in die Vergangenheitsform transponieren.

Zitat von AldiOn im Beitrag #4
So was ist eindeutig Betrug. Und das ist es auch dann wenn die zuständigen Beamten des Finanzministeriums (und die ZEIT-Redakteure) über Jahre hinaus nicht begriffen haben worum es überhaupt geht.


Wie gesagt: Cum-Ex funktioniert nur, wenn es neben einer durch einen KESt-Abzug gedeckten Steuerbescheinigung auch eine "Leersteuerbescheinigung" gibt. Das ist ein Punkt, den man in der Legalitätsdebatte (auf die seinerzeitigen Verhältnisse bezogen) nicht übersehen sollte.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

09.06.2017 07:20
#6 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #4

Zitat
Es ist wie mit Einsteins Relativitätstheorie: Wenn man sich viel Mühe gibt, glaubt man für einen Moment, sie nun endlich begriffen zu haben. Soll man sie ein paar Minuten später jemand [sic!] erklären, scheitert man
Ist hier aber nicht so.
Bei diesen Geschäften geht es ganz einfach nur darum, daß durch schnelles Weiterreichen von Aktien und aktienähnlichen Papieren erreicht werden konnte, daß mehrere (zeitweilige) Besitzer das Recht auf Steuererstattungen bekamen (nur ganz wenig vereinfacht dargestellt). So was ist eindeutig Betrug.



Wenn es eindeutig Betrug ist, dann müsste dieser doch auch einfach gerichtlich feststellbar sein. Ist es aber anscheinend nicht. Wiki hat eine Kurzzusammenfassung des Katz- und Mausspiels https://de.wikipedia.org/wiki/Dividendenstripping . Wenn ich das richtig verstehe, gibt es nicht zeitweilig mehrere Besitzer (Eigentümer?) von Aktien, sondern Eigentümer und Solche, die Erwerbsrechte haben (Leerkäufer) oder bei cum/cum Solche, die Aktien zeitweilig geliehen haben. Warum das deutsche Steuerrecht da nicht differenzieren kann (konnte) erschließt sich mir nicht. Gibt es in den Wertpapierverwahrstellen nicht eindeutige Zuordnungen?

Sollte es sich tatsächlich um das Ausnutzen von Gesetzeslücken gehen, dann ist 'Betrug' der falsche Begriff. Was die Finanzverwaltung an einer schnellen und wirksamen Lösung gehindert hat kann ich auch nicht nachvollziehen. Dass die Beamten zu blöd dafür sind kann ich nicht so ohne weiteres glauben.

Gruß, Martin

pettibone Offline




Beiträge: 24

09.06.2017 09:09
#7 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #1
Wenn du glaubst, schlimmer geht's nicht mehr, kommt aus den Online-Medien noch etwas Schlechteres her. Eine Meckerecke.


Ich habe gestern Abend auch die Beitrag in Panorama gesehen, der ja von den selben Journalisten stammt. Es ist erschreckend, was der NDR für investigativen Journalismus hält. Statt auf reißerische Bilder zu setzen (was war eigentlich der Sinn der New York-Reise?) hätte man besser erklärt, was cum/cum bzw. cum/ex eigentlich ist und was genau das Problem dabei ist (die Autoren haben es mit Sicherheit selbst nicht verstanden). Den Bericht mit unausgewogen zu bezeichnen ist schon schmeichelhaft.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

09.06.2017 09:27
#8 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Es ist mittlerweile völlig verbreitet, Steuerzahlen als sittliche Pflicht anzusehen. Und nein, nicht nur im - wie Du es immer so differenziert ausdrückst - "Chor der Linken", sondern bis weit ins konservative Spektrum hinein

Nicht "mittlerweile". Steuerzahlen als moralische Pflicht des braven Untertanen war immer Grundüberzeugung der Konservativen.
Ein Großonkel meiner Mutter mußte vor dem ersten Weltkrieg feststellen, daß er bei der Wiedereinreise nach Deutschland einige Zigarren mehr im Gepäck gehabt hatte als zulässig. Worauf er den nicht entrichteten Zoll penibel nachrechnete, die entsprechende Summe in einen Briefumschlag steckte und beim Finanzamt einwarf. Es wäre ihm unerträglich gewesen, dem Staat auch nur um einige Pfennige vorzuenthalten.

In dieser traditionellen Staatsgläubligkeit sind die Grünen (wie hier die Zeit) schon lange so konservativ wie früher nur der rechte Rand der Union.

Zitat
und interessant auch, dass diese jahrelang bekannte Lücke nie geschlossen wurde


Woraus ich mangels Detailkenntnis die Vermutung ableite, daß es für diese Regelung einen guten sachlichen Grund gibt und es sich eben nicht um eine "Lücke" handelt.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

09.06.2017 10:30
#9 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #6
Sollte es sich tatsächlich um das Ausnutzen von Gesetzeslücken gehen, dann ist 'Betrug' der falsche Begriff.
Der Satz ist falsch. Es gab keine Gesetzeslücke.

Bei einer Steuerrückzahlung gibt es einen Berechtigten. Im vorliegenden Fall sind alle möglichen Maßnahmen ergriffen worden, um eigentlich Unberechtigten Steuerrückzahlungen zukommen zu lassen. Wobei es da ja gar keine Gesetzeslücke gab sondern Finanzbeamte durch allerlei Maßnahmen in die Irre geführt wurden. Das war in etwa so als wenn ich in meiner Steuererklärung eine offensichtlich falsche Angabe mache und dann dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamts mit Hilfe eines Haufen Rechtsanwälte und/oder körperlicher Drohungen zum Schluß kommen lasse, daß es nicht der Mühe wert ist oder für ihn persönlich sogar gefährlich sein kann, da weiter auf dem Recht zu bestehen.
Noch weiter vereinfacht ausgedrückt: Letztlich haben die spezielle Finanzbeamte (eben die die nachgefragt haben) massiv bedroht und ihnen negative Karriereeinschnitte angedroht. Eigentlich ist man da noch nicht mal sehr fein ziseliert oder auch nur rechtsanwaltsmäßig vornehm vorgegangen. Es handelt sich tendenziell eher um Mafiamethoden.

Im Kern ist der zugrundeliegende Sachverhalt ganz einfach. Man darf sich eben nicht durch allerlei unnötige Verkomplizierungen auf einen falschen Pfad setzen lassen.

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Noricus Offline



Beiträge: 2.362

09.06.2017 14:37
#10 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #9
Zitat von Martin im Beitrag #6
Sollte es sich tatsächlich um das Ausnutzen von Gesetzeslücken gehen, dann ist 'Betrug' der falsche Begriff.
Der Satz ist falsch. Es gab keine Gesetzeslücke.

Bei einer Steuerrückzahlung gibt es einen Berechtigten. Im vorliegenden Fall sind alle möglichen Maßnahmen ergriffen worden, um eigentlich Unberechtigten Steuerrückzahlungen zukommen zu lassen. Wobei es da ja gar keine Gesetzeslücke gab sondern Finanzbeamte durch allerlei Maßnahmen in die Irre geführt wurden. Das war in etwa so als wenn ich in meiner Steuererklärung eine offensichtlich falsche Angabe mache und dann dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamts mit Hilfe eines Haufen Rechtsanwälte und/oder körperlicher Drohungen zum Schluß kommen lasse, daß es nicht der Mühe wert ist oder für ihn persönlich sogar gefährlich sein kann, da weiter auf dem Recht zu bestehen.


Mitnichten. Sehen Sie sich zum Beispiel diese Darstellung eines Cum-Ex-Geschäfts an. Das funktioniert nur mit zwei Steuerbescheinigungen. Die in einer Steuerbescheinigung beurkundete KESt-Abführung ist keine offenkundig (also für den Finanzbeamten sofort als solche erkennbare) falsche Angabe. Der durchschnittliche Finanzbeamte wird mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht prüfen, ob die in einer Steuerbescheinigung beurkundete KESt-Abführung tatsächlich erfolgt ist oder nicht. Und Investor C erhält an Wert (Aktien im Wert von 14,5 Mio EUR + Netto-Dividende 375 000 EUR) auch tatsächlich um 125 000 EUR weniger, als er gezahlt hat (nämlich 15 Mio EUR).

Zitat von AldiOn im Beitrag #9
Noch weiter vereinfacht ausgedrückt: Letztlich haben die spezielle Finanzbeamte (eben die die nachgefragt haben) massiv bedroht und ihnen negative Karriereeinschnitte angedroht. Eigentlich ist man da noch nicht mal sehr fein ziseliert oder auch nur rechtsanwaltsmäßig vornehm vorgegangen. Es handelt sich tendenziell eher um Mafiamethoden.


So etwas mag passiert sein, nachdem die Cum-Ex-Masche in Finanzverwaltungskreisen allgemein ruchbar wurde. Aber für das Funktionieren von Cum-Ex, das vom Vertrauen auf die Richtigkeit einer Steuerbescheinigung abhängt, ist dies nicht erforderlich.

Zitat von AldiOn im Beitrag #9
Im Kern ist der zugrundeliegende Sachverhalt ganz einfach. Man darf sich eben nicht durch allerlei unnötige Verkomplizierungen auf einen falschen Pfad setzen lassen.


Im Gegenteil. Wenn man die Sache so sehr vereinfacht, dass sie wie eine plumpe Betrugsmasche erscheint, die jeder halbwegs qualifizierte Finanzbeamte sofort durchschaut, muss man sich auf Räuberpistolen kaprizieren, um erklären zu können, warum Cum-Ex so lange funktioniert hat.

Eloman Offline



Beiträge: 251

09.06.2017 16:46
#11 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Wenn ich den ZEIT-Artikel richtig verstanden habe, war einer der Hauptinitiatoren der ganzen Chose ein früherer leitender Finanzbeamter, der die Seiten gewechselt hatte. Kicher kicher...

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

09.06.2017 16:55
#12 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #10
Sehen Sie sich zum Beispiel diese Darstellung eines Cum-Ex-Geschäfts an. Das funktioniert nur mit zwei Steuerbescheinigungen.

Das kapiere ich nicht wirklich.
Die erste Steuerbescheinigung an A ist ja korrekt.
Aber für die zweite Steuerbescheinigung an C gibt es doch bei der Depotbank von C überhaupt keine Grundlage. Die hat schließlich gar keine Dividende für ihn abgerechnet, sondern nur normale Zahlungen zwischen B und C.

Es geht hier also gar nicht um eine Gesetzeslücke, sondern um schlichten Betrug seitens der Depotbank, die falsche Bescheinigungen ausstellt.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

09.06.2017 19:12
#13 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #12
Zitat von Noricus im Beitrag #10
Sehen Sie sich zum Beispiel diese Darstellung eines Cum-Ex-Geschäfts an. Das funktioniert nur mit zwei Steuerbescheinigungen.

Das kapiere ich nicht wirklich.
Die erste Steuerbescheinigung an A ist ja korrekt.
Aber für die zweite Steuerbescheinigung an C gibt es doch bei der Depotbank von C überhaupt keine Grundlage. Die hat schließlich gar keine Dividende für ihn abgerechnet, sondern nur normale Zahlungen zwischen B und C.

Es geht hier also gar nicht um eine Gesetzeslücke, sondern um schlichten Betrug seitens der Depotbank, die falsche Bescheinigungen ausstellt.


So einfach ist es nicht. Die Problematik ist in einem LTO-Artikel ganz gut dargestellt:

Aufgrund eines BFH-Urteils aus dem Jahr 1999, dem gemeinhin entnommen wurde, dass der Übergang des für die steuerliche Anknüpfung maßgeblichen wirtschaftlichen Eigentums schon mit dem Kaufvertrag über die Aktien (und nicht erst deren Lieferung) zu bejahen ist, ist in unserem Beispiel jedenfalls A (der Altaktionär) wirtschaftlicher Eigentümer des zum Zirkulieren bestimmten Aktienpakets und C desjenigen Aktienpakets, das er von B leer gekauft hat. Gegenstand des zwischen B und C geschlossenen Kaufvertrages ist gerade nicht "das Aktienpaket des A", sondern eine bestimmte Zahl von Aktien des Emittenten, was unproblematisch ist, da Aktien vetretbare Sachen sind.

Das mag zwar reichlich aberwitzig klingen (wie kann man - wenn auch nur das wirtschaftliche - Eigentum an Dingen haben, die noch gar nicht konkret ausgewählt sind?), und die Bezugnahme des BFH auf die brevi manu traditio nach § 929 Satz 2 BGB bzw. das Besitzkonstitut gemäß § 930 BGB (beides Fälle der Eigentumsübertragung ohne Übergabe der Sache: im ersten Fall hat sie der Eigentümer schon; im zweiten behält sie der Verkäufer, aber nicht mehr als Eigentümer) deutet eher darauf hin, dass er eigentlich schon auch die Konkretisierung der kaufgegenständlichen Aktien als Voraussetzung des Überganges des wirtschaftlichen Eigentums ansieht, aber so ganz konsistent ist die Entscheidung nicht und der oben genannte Schluss (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bereits mit dem Vertragsabschluss) lässt sich aus dem Urteil durchaus ziehen.

C, der mit B einen Kaufvertrag über Aktien cum Dividende geschlossen, von diesem aber die Aktien ex Dividende (also mit einem um die Dividende verringerten Wert) erhalten hat, lässt sich von B noch einen Betrag in Höhe der Netto-Dividende (im Beispiel: EUR 375.000) bezahlen. B ist dazu in der Lage, da er selbst ja die Aktien ex gekauft hat (zu 14,5 Mio EUR), aber von C den Cum-Preis (15 Mio EUR) erhalten hat. Und C ist nicht schlechter gestellt, als wenn er von B die Aktien cum geliefert bekommen hätte. Denn auch in diesem Fall hätte seine Netto-Dividende ja nur EUR 375.000 betragen (EUR 125.000 wären dann ja an den Fiskus gegangen).

Früher erfolgte der KESt-Abzug durch den Aktienemittenten, die Ausstellung der Steuerbescheinigung jedoch durch die Depotbank. C ist wohl so vorgegangen, dass er die Aktien in sein Depot überführt und der Bank das vor dem Dividendenstichtag gelegene Kaufdatum nachgewiesen hat. Die Bank, die mit der Abführung der KESt nichts zu tun hatte, schloss aufgrund des BFH-Urteils ("Der Umstand, dass die entsprechende Umbuchung ggf. erst zwei Tage nach dem Vertragsabschluss vorgenommen worden ist, tritt demgegenüber zurück und beeinflusst den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht.") messerscharf, dass C zum Dividendenstichtag wirtschaftlicher Eigentümer des nunmehr im Depot befindlichen Aktienpakets war und folglich einen Dividendenanspruch hatte und deshalb auch ein KESt-Abzug erfolgt sein musste. Außerdem konnte C die Nettodividendenzahlung (durch B) ja nachweisen. Da er zum Dividendenstichtag wirtschaftlicher Eigentümer des von B gelieferten Aktienpakets war, traf ihn - rechtlich gesehen - auch die KESt-Pflicht. Dass die KESt faktisch nicht zum zweiten Mal abgeführt wurde, weil zwar C von B cum gekauft hatte, aber ex beliefert wurde; B von A dagegen ex gekauft hatte und ex beliefert wurde, interessierte die Depotbank nicht, zumal sie ja auch nicht nachvollziehen konnte, woher B die Aktien hatte.




Besonders schön finde ich übrugens den folgenden Einleitungssatz einer Pressemitteilung des Cum-Ex-Ausschusses des Bundestages:

Zitat von 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex)/Ausschuss - 20.01.2017 (hib 33/2017)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die sogenannten Cum/Ex-Deals, mit denen eine nur einmal abgeführte Steuer doppelt erstattet wurde, für illegal gehalten und alles versucht, sie zu verbieten.



Genau: Verbietet endlich das Illegale!

AldiOn Offline




Beiträge: 983

09.06.2017 22:47
#14 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #13
Zitat von R.A. im Beitrag #12
Es geht hier also gar nicht um eine Gesetzeslücke, sondern um schlichten Betrug seitens der Depotbank, die falsche Bescheinigungen ausstellt.


So einfach ist es nicht.
Doch


Zitat von Noricus im Beitrag #13
Das mag zwar reichlich aberwitzig klingen
Und so ist es ja auch. Und es tut mir etwas leid das so zu sagen. Ihre Ausführungen sind doch Nebelwerferei, um diesen aberwitzigen (absurd, irrwitzig, unsinnig, wahnwitzig; (ugs.): blödsinnig, hirnrissig, paradox, wahnsinnig; (abwertend): hirnverbrannt, lachhaft; (ugs. abwertend): idiotisch; © Duden - Das Synonymwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2010 [CD-ROM]) Vorgehensweisen eine halbwegs sachgerecht klingende Grundlage zu geben.

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Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren

Martin Offline



Beiträge: 4.129

09.06.2017 23:17
#15 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #14
Zitat von Noricus im Beitrag #13
Zitat von R.A. im Beitrag #12
Es geht hier also gar nicht um eine Gesetzeslücke, sondern um schlichten Betrug seitens der Depotbank, die falsche Bescheinigungen ausstellt.


So einfach ist es nicht.
Doch


Zitat von Noricus im Beitrag #13
Das mag zwar reichlich aberwitzig klingen
Und so ist es ja auch. Und es tut mir etwas leid das so zu sagen. Ihre Ausführungen sind doch Nebelwerferei, um diesen aberwitzigen (absurd, irrwitzig, unsinnig, wahnwitzig; (ugs.): blödsinnig, hirnrissig, paradox, wahnsinnig; (abwertend): hirnverbrannt, lachhaft; (ugs. abwertend): idiotisch; © Duden - Das Synonymwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2010 [CD-ROM]) Vorgehensweisen eine halbwegs sachgerecht klingende Grundlage zu geben.


Irgendwie vermisse ich Argumente, lieber AldiOn.

Gruß, Martin

AldiOn Offline




Beiträge: 983

09.06.2017 23:42
#16 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #15
Irgendwie vermisse ich Argumente, lieber AldiOn.
Im Kern handelt es sich um einen vergleichsweise simplen Sachverhalt (Betrug, räuberische Erpressung). Erst wenn man diese Sachverhalte - ohne Not - verkompliziert wird daraus etwas wo man juristische und steuerrechtliche Argumentationen benötigt. Das haben die Beteiligten an diesen Betrügereien ja auch gemacht und so die Finanzbeamten in die Enge getrieben.

Auch Bankräuber und Trickdiebe haben gute Gründe für ihre Verhaltensweisen. Der Unterschied ist das diesen kein Rechtsanwälte zur Verfügung stehen, die diesen Vorgehensweisen eine juristisch-steuerrechtliche Weihe geben. Gäbe es diese und man (Richter/Staatsanwälte) würde sich auf diese Diskussion einlassen, würde man in dieselben Zwänge wie bei diesen aberwitzigen Steuergeschäften kommen. Bei diesen gibt es ja außer riesigen Schriftsätzen mit juristisch hochkomplexer Nebelwerferei auch keine Argumentation. Es gibt keine Argumente gegen Betrug außer dem Hinweis auf seine moralische Verwerflichkeit (die juristische Aufarbeitung ist ja nur eine Konsequenz daraus).

Diejenigen, die hier bei diesen aberwitzigen Geschäften eine irgendwie geartete steuerrechtliche Basis sehen, haben sich schlicht von Juristen aufs Glatteis führen lassen - sie sind betrogen worden oder haben sich willentlich betrügen lassen.

Es ist weder nötig noch sinnvoll hier großartig (juristisch, steuerrechtlich) zu argumentieren. Es ist sogar ein Fehler.

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Llarian Offline



Beiträge: 7.117

10.06.2017 00:46
#17 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von AldiOn im Beitrag #16
Das haben die Beteiligten an diesen Betrügereien ja auch gemacht und so die Finanzbeamten in die Enge getrieben.

Dann sollen die Finanzbeamten die "Beteiligten" anzeigen, ansonsten ist das nichts weiter als sinnfreies Gelaber. Bedrohung ist eine Straftat und so diese stattgefunden hat, kann man die auch anzeigen.

Zitat
Auch Bankräuber und Trickdiebe haben gute Gründe für ihre Verhaltensweisen. Der Unterschied ist das diesen kein Rechtsanwälte zur Verfügung stehen, die diesen Vorgehensweisen eine juristisch-steuerrechtliche Weihe geben. Gäbe es diese und man (Richter/Staatsanwälte) würde sich auf diese Diskussion einlassen, würde man in dieselben Zwänge wie bei diesen aberwitzigen Steuergeschäften kommen.


Natürlich nicht. Auch Bankräuber haben Anwälte, mithin sogar recht teure. Und trotzdem ist die Tat vergleichsweise leicht nachzuweisen und wird eben nicht im Abwerwitz untergehen. Die Basis hier, im Unterschied zum Raub, liefert ist das aberwitzige Steuerrecht. Was bei Bankräubern eben nicht der Fall ist.

Zitat
Es gibt keine Argumente gegen Betrug außer dem Hinweis auf seine moralische Verwerflichkeit (die juristische Aufarbeitung ist ja nur eine Konsequenz daraus).


Auch wenn Sie das permanent wiederholen wird es nicht richtig. So es ein Betrug ist, kann man diesen auch zur Anzeige bringen. Da diese Anzeige aber eben gerade nicht erfolgt ist es schon ein vergleichsweise klarer Hinweis, dass es sich eben NICHT um einen Betrug handelt. Oder, wie ein deutsches Gericht mal treffend feststellte: Schweinerei ist nicht(!) verboten. Betrug schon.

Zitat
Es ist weder nötig noch sinnvoll hier großartig (juristisch, steuerrechtlich) zu argumentieren. Es ist sogar ein Fehler.


Ich habe keine Argumente, aber die wären auch nicht sinnvoll, es wäre sogar ein Fehler sie zu haben. Interessanter Ansatz. Werden sie allerdings in der Juristerei, dem Himmel sei dank, nicht weit mit kommen.

AldiOn Offline




Beiträge: 983

10.06.2017 00:52
#18 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #17
Ich habe keine Argumente, aber die wären auch nicht sinnvoll, es wäre sogar ein Fehler sie zu haben. Interessanter Ansatz. Werden sie allerdings in der Juristerei, dem Himmel sei dank, nicht weit mit kommen.
Na gut ...
Ich sehe ein, daß ich Unrecht habe .

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.06.2017 10:21
#19 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #13
Das mag zwar reichlich aberwitzig klingen (wie kann man - wenn auch nur das wirtschaftliche - Eigentum an Dingen haben, die noch gar nicht konkret ausgewählt sind?)

Damit habe ich eigentlich kein Problem. Ob man nun beim Kauf sagt "ich kaufe exakt diese 10 Liter Öl aus ihrem großen Tank" oder "ich kaufe 10 Liter Öl die Sie noch liefern werden" ist für die Eigentumsfrage wohl nebensächlich.

Zitat
Die Bank, die mit der Abführung der KESt nichts zu tun hatte, schloss aufgrund des BFH-Urteils ("Der Umstand, dass die entsprechende Umbuchung ggf. erst zwei Tage nach dem Vertragsabschluss vorgenommen worden ist, tritt demgegenüber zurück und beeinflusst den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht.") messerscharf, dass C zum Dividendenstichtag wirtschaftlicher Eigentümer des nunmehr im Depot befindlichen Aktienpakets war und folglich einen Dividendenanspruch hatte und deshalb auch ein KESt-Abzug erfolgt sein musste.


Und da liegt wohl der Denkfehler (oder die Betrugsabsicht?).
Denn auch der Bank müßte eigentlich klar sein, daß der Alteigentümer (wer auch immer!) zum Stichtag nicht nur die Dividende bekam, sondern auch schon die entsprechende Steuerbescheinigung. Daß die weiteren Geschäftsbeteiligten die Dividende anschließend weiterüberweisen ist da unerheblich.
Zur Ausstellung einer KESt-Bescheinigung dürfte m. E. immer nur die Bank berechtigt sein, die auch die Originaldividende verteilt hat. Es wäre dann Sache von A und B, die erhaltene Bescheinigung weiterzureichen bzw. umschreiben zu lassen.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

10.06.2017 18:49
#20 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #19
Zitat von Noricus im Beitrag #13
Das mag zwar reichlich aberwitzig klingen (wie kann man - wenn auch nur das wirtschaftliche - Eigentum an Dingen haben, die noch gar nicht konkret ausgewählt sind?)

Damit habe ich eigentlich kein Problem. Ob man nun beim Kauf sagt "ich kaufe exakt diese 10 Liter Öl aus ihrem großen Tank" oder "ich kaufe 10 Liter Öl die Sie noch liefern werden" ist für die Eigentumsfrage wohl nebensächlich.


Für das Kriterium der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der Ware (neben der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Preises ja ein essentiale negotii des Kaufvertrages) sind beide Varianten ausreichend. Und wenn tatsächlich geliefert wird, kann auch in beiden Fällen Eigentum erworben werden.

Der Unterschied liegt woanders. Spinnen wir Dein Beispiel weiter: In beiden Fällen wird vereinbart, dass der Ölverkäufer V dem Käufer K am dritten Tag nach dem Vertragsabschluss (x+3) um 10 Uhr liefern muss. In der Nacht von x+2 auf x+3 verschafft sich der auf Öldiebstahl spezialisierte Dieb D nun Zugang zu dem bestens gesicherten Tank und stiehlt das Öl.

Im ersten Fall (sog. Stück- oder Speziesschuld) ist die zu liefernde Ware schon mit dem Kaufvertragsabschluss konkretisiert (bzw. gemäß Juristenjargon "konzentriert"). K kauft in diesem Fall genau diese 10 Liter Öl. Durch den Diebstahl wird es für V unverschuldet (also "zufällig") unmöglich, diese 10 Liter Öl zu liefern. Ergebnis: Sowohl V als auch K werden leistungsfrei. Der Vertrag wird also hinfällig. Natürlich hindert niemand V und K, über andere 10 Liter Öl einen neuen Vertrag zu schließen.

Im zweiten Fall (sog. Gattungs- oder Genusschuld) ist die zu liefernde Ware beim Kaufvertragsabschluss noch nicht konzentriert. Welche 10 Liter Öl (sie müssen mangels anders lautender Vereinbarung mittlerer Art und Güte sein) V liefert, ist nicht vertraglich fixiert. V beschließt, die 10 Liter, die er ohnehin schon im Tank hat, dem K zu liefern, was er aufgrund des Diebstahls nicht mehr kann. Im Unterschied zur Variante 1 muss V andere 10 Liter Öl liefern, er wird ebenso wenig leistungsfrei wie K.

Der Unterschied besteht also in der Gefahrtragung bei der nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung.

Transponieren wir das Beispiel auf das Aktiengeschäft. Variante 1: K kauft von V am Tag x die n Aktien der E-AG, die derzeit Aktionär F innehat. Variante 2: K kauft von V am Tag x n Aktien der E-AG. Lieferdatum: in beiden Fällen x+2 (x+1 ist der Dividendenstichtag). Unser Dieb D ist in diesem Beispiel vielleicht ein Hacker.

Ich tue mich zwar in beiden Fällen schwer, K schon am Tag x als wirtschaftlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 2 AO) des Aktienpaktes anzusehen, aber im zweiten Fall, in dem am Tag x die von V dem K zu liefernden Aktien noch nicht konzentriert sind, halte ich dies für besonders schwer zu begründen.

Zitat von R.A. im Beitrag #19
Zitat von Noricus im Beitrag #13
Die Bank, die mit der Abführung der KESt nichts zu tun hatte, schloss aufgrund des BFH-Urteils ("Der Umstand, dass die entsprechende Umbuchung ggf. erst zwei Tage nach dem Vertragsabschluss vorgenommen worden ist, tritt demgegenüber zurück und beeinflusst den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht.") messerscharf, dass C zum Dividendenstichtag wirtschaftlicher Eigentümer des nunmehr im Depot befindlichen Aktienpakets war und folglich einen Dividendenanspruch hatte und deshalb auch ein KESt-Abzug erfolgt sein musste.

Und da liegt wohl der Denkfehler (oder die Betrugsabsicht?).
Denn auch der Bank müßte eigentlich klar sein, daß der Alteigentümer (wer auch immer!) zum Stichtag nicht nur die Dividende bekam, sondern auch schon die entsprechende Steuerbescheinigung.


Das Problem liegt darin, dass unser Leerkäufer (im Tagesschau-Beispiel Investor C) das Aktienpaket ja schon vor dem Dividendenstichtag gekauft hat. Wenn man sich der gängigen Interpretation des genannten BFH-Urteils anschließt, hatte also C bereits am Kauftag (der gerade nicht mit dem Liefertag identisch ist) das wirtschaftliche Eigentum an dem Aktienpaket und damit auch die Dividendenberechtigung und damit einhergehend die KESt-Pflicht erworben.

Hätte der BFH die m.E. naheliegende Ansicht vertreten, dass nicht nur das rechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst mit deren Lieferung übergeht, weil der Erwerber ja erst dann die tatsächliche Herrschaft über die Aktien ausübt, hätte es diese Verwirrsituation gar nicht gegeben, weil dann völlig klar gewesen wäre, dass C zum Dividendenstichtag noch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von ihm gekauften Aktienpakets war und somit weder Dividenanspruch noch KESt-Pflicht hatte.

Zitat von R.A. im Beitrag #19
Zur Ausstellung einer KESt-Bescheinigung dürfte m. E. immer nur die Bank berechtigt sein, die auch die Originaldividende verteilt hat.


Seit 2012 ist es so, dass bei in einem Bankdepot verwahrten Aktien die Depotbank sowohl den KESt-Abzug vornimmt als auch die Steuerbescheinigung ausstellt. Diese Regelung hat man erst 2012 eingeführt, obwohl die Cum-Ex-Praxis schon lange zuvor bekannt war.

Zuvor ist es offenbar auch vorgekommen, dass eine Bank der Leerkäufer war und sich die Steuerbescheinigung selbst ausstellte. Da wird der ohnehin schon strenge Geruch der Cum-Ex-Geschäfte dann fast schon beißend.




Um dies klarzustellen: Mir geht es nicht darum, Cum-Ex-Geschäfte zu rechtfertigen. Es lassen sich vielmehr gute Argumente für die Illegalität dieser Deals schon vor der Veränderung der Gesetzeslage finden.

Aber: Es gab zahlreiche Stimmen in der finanzrechtlichen Literatur, die hinsichtlich des Dividendenstrippings eine Gesetzeslücke sahen. Die genannte Rechtsprechung des BFH hat auch nicht zur Klärung der Rechtslage in dem Sinne beigetragen, dass die Illegalität des Dividendenstrippings unmissverständlich bejaht wurde, vielmehr konnte man vertretbarerweise auf das Gegenteil schließen. Die langjährige Untätigkeit des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung trotz bekannter Cum-Ex-Praxis spricht ebenfalls eine beredte Sprache: Denn wenn die Rechtslage so eindeutig gewesen sein soll, warum ist die Finanzverwaltung dann nicht eingeschritten? Wenn die Rechtslage nicht eindeutig, aber die Praxis als unerwünscht erachtet wurde, warum hat dann der Gesetzgeber nichts unternommen?

Diese Fragen lassen sich aber gerade nicht mit Räuberpistolen und Mafia-Geschichten beantworten, sondern eben damit, dass alle drei Staatsgewalten ein Klima geschaffen haben, in denen die Annahme, dass - um das von Llarian angeführte Zitat aufzunehmen - Cum-Ex zwar eine Schweinerei, aber nicht verboten sei, mit durchaus beachtlichen Argumenten vertreten werden konnte.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.06.2017 19:42
#21 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #20
Das Problem liegt darin, dass unser Leerkäufer (im Tagesschau-Beispiel Investor C) das Aktienpaket ja schon vor dem Dividendenstichtag gekauft hat. Wenn man sich der gängigen Interpretation des genannten BFH-Urteils anschließt, hatte also C bereits am Kauftag (der gerade nicht mit dem Liefertag identisch ist) das wirtschaftliche Eigentum an dem Aktienpaket und damit auch die Dividendenberechtigung und damit einhergehend die KESt-Pflicht erworben.

Das ist ja auch alles ok so.
Nur: Es ist m. E. das private Problem von C, daß ihm der Verkäufer B nicht nur die Aktien, sondern auch die zum Stichtag fälligen Dividenden UND Bescheinigungen übereignet.
Was mit der Dividende ja auch geschehen ist.

Die Bank von C hat jedenfalls mit der Dividendenausschüttung nichts zu tun. Die stellt zwar fest, daß C schon zum Stichtag wirtschaftlicher Eigentümer war, zahlt ihm aber korrekterweise keine Dividende. Und dürfte ihm m. E. auch keine Bescheinigung ausstellen.
Ich sehe auch weiterhin keine Gesetzeslücke. Sondern die Ausstellung einer Finanzamt-fäigen Bescheinigung durch eine Bank, die dazu nicht berechtigt war.

Das ist etwa so, als wenn ich mir von Gärtner A den Rasen mähen lasse und anschließend Gärtner B mir eine Quittung dafür auastellt - weil ja der Rasen offenkundig schon gemäht ist.

Zitat
Denn wenn die Rechtslage so eindeutig gewesen sein soll, warum ist die Finanzverwaltung dann nicht eingeschritten? Wenn die Rechtslage nicht eindeutig, aber die Praxis als unerwünscht erachtet wurde, warum hat dann der Gesetzgeber nichts unternommen?


Berechtigte Fragen. Ich würde in üblicher Weise behaupten, daß auch hier nicht mit einer Verschwörungstheorie erklärt werden sollte, was mit normaler Dummheit erklärbar ist.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.06.2017 20:11
#22 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #20


Hätte der BFH die m.E. naheliegende Ansicht vertreten, dass nicht nur das rechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst mit deren Lieferung übergeht, weil der Erwerber ja erst dann die tatsächliche Herrschaft über die Aktien ausübt, hätte es diese Verwirrsituation gar nicht gegeben, weil dann völlig klar gewesen wäre, dass C zum Dividendenstichtag noch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von ihm gekauften Aktienpakets war und somit weder Dividenanspruch noch KESt-Pflicht hatte.


Wenn ich Teile des BFH-Urteils richtig verstehe, dann wird vom Gericht versucht, 'wirtschaftliches Eigentum' an bestimmten Kriterien festzumachen. Ein Kriterium ist, dass der Leerkäufer bereits Kursrisiken am leergekauften Aktienpaket hat, auch wenn die Aktien selbst noch nicht auf ihn übertragen sind. Entsprechend kann dann der Leerkäufer nach Weiterveräußerung zu einem niedrigeren Kurs seine Verluste steuerlich geltend machen, obwohl er möglicherweise nie im Besitz der Aktien war.

Gruß, Martin

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

10.06.2017 20:21
#23 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #21
Zitat von Noricus im Beitrag #20
Das Problem liegt darin, dass unser Leerkäufer (im Tagesschau-Beispiel Investor C) das Aktienpaket ja schon vor dem Dividendenstichtag gekauft hat. Wenn man sich der gängigen Interpretation des genannten BFH-Urteils anschließt, hatte also C bereits am Kauftag (der gerade nicht mit dem Liefertag identisch ist) das wirtschaftliche Eigentum an dem Aktienpaket und damit auch die Dividendenberechtigung und damit einhergehend die KESt-Pflicht erworben.

Das ist ja auch alles ok so.
Nur: Es ist m. E. das private Problem von C, daß ihm der Verkäufer B nicht nur die Aktien, sondern auch die zum Stichtag fälligen Dividenden UND Bescheinigungen übereignet.
Was mit der Dividende ja auch geschehen ist.


Eine Dividende bekommt C ja gerade nicht, sondern eine Kompensationszahlung/Ersatzleistung des B in Höhe der Netto-Dividende. Diese Ersatzleistung deckt B nicht aus einer von ihm oder einem Dritten tatsächlich bezogenen Dividende, sondern aus der Differenz zwischen dem Cum-Preis, den er von C erhalten hat (15 Mio EUR) und dem Ex-Preis, den er (B) an A bezahlt hat (14,5 Mio). Es erfolgt also nicht die Weitergabe der Dividende des A. Vielmehr behält A seine Dividende.

Zitat von R.A. im Beitrag #21
Die Bank von C hat jedenfalls mit der Dividendenausschüttung nichts zu tun. Die stellt zwar fest, daß C schon zum Stichtag wirtschaftlicher Eigentümer war, zahlt ihm aber korrekterweise keine Dividende.


Ja, sicher. Die Depotbank ist ja auch nicht der Aktienemittent. Die würde dem C die Dividende auch dann nicht zahlen, wenn kein Cum-Ex-Geschäft vorläge.

Zitat von R.A. im Beitrag #21
Und dürfte ihm m. E. auch keine Bescheinigung ausstellen.
Ich sehe auch weiterhin keine Gesetzeslücke. Sondern die Ausstellung einer Finanzamt-fäigen Bescheinigung durch eine Bank, die dazu nicht berechtigt war.


Das ist eine absolut vertretbare, m.E. sogar sehr naheliegende Ansicht. Aber: Sie war in der Vergangenheit nicht unstrittig.

Zitat von R.A. im Beitrag #21
Das ist etwa so, als wenn ich mir von Gärtner A den Rasen mähen lasse und anschließend Gärtner B mir eine Quittung dafür auastellt - weil ja der Rasen offenkundig schon gemäht ist.


Ich würde das Gleichnis ein bisschen anders formulieren: Das ist so, als ob es eine kommunale Mähprämie gibt, die bezahlt wird, wenn man durch eine Bescheinigung des Gärtnerei-Verbandes nachweisen kann, dass man vor dem Stichtag mit einem Gärtner einen Vertrag über das Rasenmähen geschlossen hat.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

10.06.2017 20:42
#24 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #22
Zitat von Noricus im Beitrag #20


Hätte der BFH die m.E. naheliegende Ansicht vertreten, dass nicht nur das rechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst mit deren Lieferung übergeht, weil der Erwerber ja erst dann die tatsächliche Herrschaft über die Aktien ausübt, hätte es diese Verwirrsituation gar nicht gegeben, weil dann völlig klar gewesen wäre, dass C zum Dividendenstichtag noch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von ihm gekauften Aktienpakets war und somit weder Dividenanspruch noch KESt-Pflicht hatte.


Wenn ich Teile des BFH-Urteils richtig verstehe, dann wird vom Gericht versucht, 'wirtschaftliches Eigentum' an bestimmten Kriterien festzumachen. Ein Kriterium ist, dass der Leerkäufer bereits Kursrisiken am leergekauften Aktienpaket hat, auch wenn die Aktien selbst noch nicht auf ihn übertragen sind. Entsprechend kann dann der Leerkäufer nach Weiterveräußerung zu einem niedrigeren Kurs seine Verluste steuerlich geltend machen, obwohl er möglicherweise nie im Besitz der Aktien war.


Das sehe ich aber eher als unproblematisch an. Nehmen wir dazu das folgende Beispiel außerhalb der Cum-Ex-Sphäre: B kauft von A 1.000 Aktien der Z-AG zum Preis von 100.000 Euro. Lieferfälligkeit: zwei Tage später. Am Tag nach dem Kaufvertragsabschluss wird ruchbar, dass die Z-AG in einen Umweltskandal verwickelt ist. Die Kurse beginnen zu fallen. B, der es mit der Panik zu tun bekommt, verkauft die 1.000 Aktien, die ihm noch nicht geliefert wurden, zum Preis von 80.000 Euro an C und vereinbart mit diesem Lieferung am folgenden Tag. Mittels Anweisung erfolgt nun am folgenden Tag (also dem ursprünglich zwischen A und B vereinbarten Liefertermin) die Lieferung der 1.000 Aktien direkt von A an C.

Das ist eine Geschichte aus dem ganz normalen und legalen Wirtschaftsleben.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.06.2017 21:19
#25 RE: Meckerecke: Ex und cum. Ein Tiefpunkt des deutschen Gesinnungsjournalismus Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #24
Zitat von Martin im Beitrag #22
Zitat von Noricus im Beitrag #20


Hätte der BFH die m.E. naheliegende Ansicht vertreten, dass nicht nur das rechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst mit deren Lieferung übergeht, weil der Erwerber ja erst dann die tatsächliche Herrschaft über die Aktien ausübt, hätte es diese Verwirrsituation gar nicht gegeben, weil dann völlig klar gewesen wäre, dass C zum Dividendenstichtag noch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von ihm gekauften Aktienpakets war und somit weder Dividenanspruch noch KESt-Pflicht hatte.


Wenn ich Teile des BFH-Urteils richtig verstehe, dann wird vom Gericht versucht, 'wirtschaftliches Eigentum' an bestimmten Kriterien festzumachen. Ein Kriterium ist, dass der Leerkäufer bereits Kursrisiken am leergekauften Aktienpaket hat, auch wenn die Aktien selbst noch nicht auf ihn übertragen sind. Entsprechend kann dann der Leerkäufer nach Weiterveräußerung zu einem niedrigeren Kurs seine Verluste steuerlich geltend machen, obwohl er möglicherweise nie im Besitz der Aktien war.


Das sehe ich aber eher als unproblematisch an. Nehmen wir dazu das folgende Beispiel außerhalb der Cum-Ex-Sphäre: B kauft von A 1.000 Aktien der Z-AG zum Preis von 100.000 Euro. Lieferfälligkeit: zwei Tage später. Am Tag nach dem Kaufvertragsabschluss wird ruchbar, dass die Z-AG in einen Umweltskandal verwickelt ist. Die Kurse beginnen zu fallen. B, der es mit der Panik zu tun bekommt, verkauft die 1.000 Aktien, die ihm noch nicht geliefert wurden, zum Preis von 80.000 Euro an C und vereinbart mit diesem Lieferung am folgenden Tag. Mittels Anweisung erfolgt nun am folgenden Tag (also dem ursprünglich zwischen A und B vereinbarten Liefertermin) die Lieferung der 1.000 Aktien direkt von A an C.

Das ist eine Geschichte aus dem ganz normalen und legalen Wirtschaftsleben.


Ja, das ist klar. Ich wollte damit nur kommentieren, warum der BFH wirtschaftliches Eigentum auch dann schon sieht, wenn die Lieferung der Aktien noch nicht erfolgt ist. Eben weil er 'wirtschaftliches Eigentum' an einigen Kriterien festmacht. Ihr Kriterium 'Herrschaft ausüben über die Aktien' scheint nicht dabei zu sein.

Gruß, Martin

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