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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 14 Antworten
und wurde 1.739 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

27.11.2016 02:12
Kein Nachruf Antworten



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

DrNick Offline




Beiträge: 809

27.11.2016 09:28
#2 RE: Kein Nachruf Antworten

Daß unsere Eliten Krokodilstränen vergießen, sollte man ihnen nicht vorwerfen. Daß beim Tod eines ehemaligen Staatsoberhaupts für Politiker der Grundsatz "De mortuis ..." gilt, scheint mir ebenso sinnvoll zu sein wie z.B. das Gebot, einen amerikanischen Präsidentschaftskandidaten nicht als Haßprediger zu bezeichnen. Und einige Mitglieder der Elite vergießen ihre Krokodilstränen sogar in einer überaus geschickten Weise. Hier z.B. Juncker:

Zitat
With the death of Fidel Castro, the world has lost a man who was a hero for many. He changed the course of his country and his influence reached far beyond. Fidel Castro remains one of the revolutionary figures of the 20th century. His legacy will be judged by history.



Wer auch immer diese kurze Stellungnahme verfaßt hat (wahrscheinlich ein Mitarbeiter Junckers), hat meinen vollen Respekt: Der Text klingt höflich und pietätvoll; wenn man ihn aber genau liest, wird letztlich überhaupt nichts Positives über Castro gesagt, womit wird auf der Ebene der Implikaturen sogar unaufdringlich Kritik vermittelt wird.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

27.11.2016 15:59
#3 RE: Kein Nachruf Antworten

Och, es gibt da schon einige Unterschiede.

Obama:

“For nearly six decades, the relationship between the United States and Cuba was marked by discord and profound political disagreements,” he continued. During my presidency, we have worked hard to put the past behind us, pursuing a future in which the relationship between our two countries is defined not by our differences but by the many things that we share as neighbors and friends – bonds of family, culture, commerce, and common humanity. This engagement includes the contributions of Cuban Americans, who have done so much for our country and who care deeply about their loved ones in Cuba.”

Trump:

“While Cuba remains a totalitarian island,” the Trump statement said, “it is my hope that today marks a move away from the horrors endured for too long, and toward a future in which the wonderful Cuban people finally live in the freedom they so richly deserve. Though the tragedies, deaths and pain caused by Fidel Castro cannot be erased, our administration will do all it can to ensure the Cuban people can finally begin their journey toward prosperity and liberty."

Marco Rubio, bis März republikanischer Gegenkandidat zu Trump, hat sich da noch deutlichere Worte erlaubt. Aber der hat auch Hintergrund.

"The tragedies, deaths and pain caused by Fidel Castro cannot be erased. Over six decades, millions of Cubans were forced to flee their own country, and those accused of opposing the regime were routinely jailed and even killed. Sadly, Fidel Castro’s death does not mean freedom for the Cuban people or justice for the democratic activists, religious leaders, and political opponents he and his brother have jailed and persecuted. The dictator has died, but the dictatorship has not. And one thing is clear, history will not absolve Fidel Castro; it will remember him as an evil, murderous dictator who inflicted misery and suffering on his own people."

https://www.theguardian.com/world/2016/n...-trump-response



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Nobster Offline




Beiträge: 291

27.11.2016 22:42
#4 RE: Kein Nachruf Antworten

Mich würde echt mal interessieren, was vorgebliche Krokodilstränen sind.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

27.11.2016 22:58
#5 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von Nobster im Beitrag #4
Mich würde echt mal interessieren, was vorgebliche Krokodilstränen sind.


Ein Pleonasmus.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.11.2016 09:53
#6 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat
... sollte erst einmal darlegen, worin diese vermeintlichen Segnungen denen überlegen sind, die während des gleichen Zeitraums die westliche, freie Welt mit Hilfe ihres kapitalistischen, egoistischen, ziellosen und vermeintlich umweltvernichtenden Kapitalismus in Gestalt von Sozialstaat, Eigeninitiative, freier Lehre und seelenlosem Konsumismus ins Werk gesetzt hat.


Es würde sich lohnen hier einmal Fakten zu sammeln, wie der realistische Vergleich aussieht.
D.h. welche mit Kuba seinerzeit vergleichbare Länder gibt es in der Region, und wie haben die sich ohne Castro-Kommunismus entwickelt. Denn unser Wohlstand oder der in aufstrebenden asiatischen Staaten wie Südkorea wäre kein fairer Vergleich. Um in der Auseinandersetzung mit den Kuba-Fans zu punkten müßte man sich Vergleichsstaaten in Karibik und Mittelamerika anschauen. Wo es halt zwischen dem Desaster Haiti und dem Vorzeigeland Costa Rica sehr unterschiedliche Beispiele gibt - welche davon sind wirklich mit Kuba und seinen Ausgangsvoraussetzungen vergleichbar?

Elmar Offline



Beiträge: 282

28.11.2016 10:40
#7 RE: Kein Nachruf Antworten

Canadas Premier hatte dieses Statement abgegeben:

http://pm.gc.ca/eng/news/2016/11/26/stat...nt-fidel-castro

... was Marco Rubio so kommentierte:

Zitat

Is this a real statement or a parody? Because if this is a real statement from the PM of Canada it is shameful & embarrassing.



Auf Twitter gab es weitere Kommentare unter dem Hashtag #trudeaueulogy

Today we remember Osama bin Laden, whose work cleared the way for the new Freedom Tower in Manhattan. #trudeaueulogy #trudeaueulogies


We mourn the death of Vlad the Impaler, who spearheaded initiatives which touched the hearts of millions. #TrudeauEulogies #trudeaueulogy

Freddie loved the company of children & made sure the dreams of every child on Elm Street came true. #TrudeauEulogy

"A deeply religious man, Darth Vader played a formative role in his son's life." #TrudeauEulogy

While controversial, Hurricane Katrina revitalized construction in New Orleans.#trudeaueulogy #TrudeauEulogies

"We deep sadness and appreciation we honor Sauron, who sought to create a more unified world." #TrudeauEulogy #TrudeauEulogies

Florian Offline



Beiträge: 3.171

28.11.2016 17:49
#8 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #6

Zitat
... sollte erst einmal darlegen, worin diese vermeintlichen Segnungen denen überlegen sind, die während des gleichen Zeitraums die westliche, freie Welt mit Hilfe ihres kapitalistischen, egoistischen, ziellosen und vermeintlich umweltvernichtenden Kapitalismus in Gestalt von Sozialstaat, Eigeninitiative, freier Lehre und seelenlosem Konsumismus ins Werk gesetzt hat.

Es würde sich lohnen hier einmal Fakten zu sammeln, wie der realistische Vergleich aussieht.
D.h. welche mit Kuba seinerzeit vergleichbare Länder gibt es in der Region, und wie haben die sich ohne Castro-Kommunismus entwickelt. Denn unser Wohlstand oder der in aufstrebenden asiatischen Staaten wie Südkorea wäre kein fairer Vergleich. Um in der Auseinandersetzung mit den Kuba-Fans zu punkten müßte man sich Vergleichsstaaten in Karibik und Mittelamerika anschauen. Wo es halt zwischen dem Desaster Haiti und dem Vorzeigeland Costa Rica sehr unterschiedliche Beispiele gibt - welche davon sind wirklich mit Kuba und seinen Ausgangsvoraussetzungen vergleichbar?




Richtige Methode. Aber gar nicht so einfach. Denn es gibt in Südamerika und Karibik ja etliche Länder, die in unterschiedlichem Umfang sozialistische Phasen haben/hatten.

Weil Sie Haiti erwähnt haben:
Immer wieder überraschend ist der Vergleich von Haiti und Domenikanischer Republik.
Die beiden Staaten teilen sich die Insel Hispaniola. Hätten also grundsätzlich mal sehr ähnliche geographische und klimatische Ausgangsbedingungen.
Beide haben mit rund 10 Mio. eine sehr ähnliche Einwohnerzahl. Beide hatten im 20. Jahrhundert lange Phasen der politischen Instabilität.
Man könnte nun meinen, dass sich die beiden Staaten auch ähnlich entwickeln würden.
Aber: BIP/Einwohner in Haiti: 630 USD. in der Dom.Republik: 5.639 USD. Also fast das Zehnfache!

Wäre mal interessant zu recherchieren, woran diese massive Abweichung liegt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.11.2016 18:11
#9 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #8
Immer wieder überraschend ist der Vergleich von Haiti und Domenikanischer Republik.
...
Aber: BIP/Einwohner in Haiti: 630 USD. in der Dom.Republik: 5.639 USD. Also fast das Zehnfache!

Interessant.
Daß Haiti das Problemkind der Region bis kurz vor "failed state" ist wußte ich. Aber nicht, daß der Unterschied zu den Kollegen im Osten so krass ist.

Auf den ersten Blick könnte man das darauf zurückführen, daß Haiti ein historischer Sonderfall ist: Die haben sich als erster Staat der Karibik ihre Unabhängigkeit (gegen Frankreich) erkämpft, und zwar in Form eines Sklavenaufstands. Und weil die befreiten Sklaven verständlicherweise wenig Lust hatten, die alte Plantagenwirtschaft fortzuführen (Haiti galt mit seinen Zuckererträgen als lukrativstes Land der ganzen Region) - und weil die anderen Staaten (insbesondere die USA) erst einmal keinen Handel mit Ex-Sklaven treiben wollten, waren sie lange Zeit wirtschaftlich schlecht dran.
Aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als auch die DomRep unabhängig geworden war, glichen sich eigentlich die Verhältnisse beider Hälften von Hispaniola ziemlich an: US-Intervention, diverse ziemlich fiese Diktaturen (Die Duvaliers im Westen, die Trujillos im Osten), dann halbgare politische Verhältnisse mit diversen Machtwechseln und wenig überzeugenden Regierungen.

Man müßte mal Daten aus den 90er Jahren finden, ob es da schon einen relevanten Unterschied im Reichtum beider Inselhälften gab.

Ab da hatte Haiti jedenfalls mehrere heftige Naturkatastrophen (einige Hurrikane und ein riesiges Erdbeben). Und die DomRep hat in den letzten 20 Jahren enorme Wachstumsraten, vor allem durch Tourismus, aber sie produzieren auch Einiges.

In der Karibik gilt wohl wie in Afrika (siehe Diskussion um Hofreiters Hühner), daß da Differenzierung erstes Gebot ist, die Staaten dort sind sehr unterschiedlich erfolgreich.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

28.11.2016 18:33
#10 RE: Kein Nachruf Antworten

DomRep/Voodoostan: ein kurzer Blick aus dem Weltraum reicht. Links Haiti; das Grüne ist Wald. Gleiches berichtet jeder, der mit dem Flugzeug beide Länder gequert hat.

https://repeatingislands.files.wordpress...010/07/hmap.jpg

Zitat von Scientific American, 3. März 2010
Even before the quake Haiti had major environmental problems. Intensive logging beginning in the 1950s reduced Haiti’s forest cover from 60 percent to less than two percent today. This lack of trees causes huge soil erosion problems, threatening both food and clean water sources for throngs of hungry and thirsty people. “If you have forest cover, when heavy rain takes place it doesn’t erode the land,” UNEP’s Asif Zaidi reports. “It doesn’t result in flash floods.” ... Compounding these ecological insults is Haiti’s fast growing population, now 9.7 million and growing by 2.5 percent per year. This has pushed millions of Haitians into marginal areas like floodplains and on land that could otherwise be used profitably. “Most fertile land areas are often used for slums, while hillsides and steep landscapes are used for agriculture,” reports USAID’s Beth Cypser. The resulting sanitation problems have stepped up cases of dysentery, malaria and drug-resistant tuberculosis among Haiti’s poverty-stricken population. Trash-filled beaches, smelly waterways, swarms of dead fish and tons of floating debris stand testament to Haiti’s water pollution problems.



https://www.scientificamerican.com/artic...-haitis-legacy/ https://en.wikipedia.org/wiki/Deforestation_in_Haiti

Zitat von R.A. im Beitrag #9
und weil die anderen Staaten (insbesondere die USA) erst einmal keinen Handel mit Ex-Sklaven treiben wollten


Den USA war das Wurst (die hatten ja auch id Nordstaaten keinerlei Problem mit freien Schwarzen). Das Problem lag wohl zum größten Teil auf haitianiascher Seite. Die gesamte Ausrichtung, von der Kultur (oder was da so über die Schranke Plantagenherren/Sklavenhütte diffundiert war; im Grunde hatten die nichts) war nach Frankreich ausgerichtet; die Sprache Französisch oder das lokale Kreol; bis id 1840 war der Ton allen "weißen Herren" gegenüber offen feindlich & drohend. Die bekannteste Haitianische Geschichtsanekdote lautet seit 200 Jahren, daß Toussaint Louverture die Flagge Haitis kreiert hat, indem er das Weiß aus der Trikolore herausriß & erklärte, genau das werde er mit den Herzen aller blancs machen. Für die strategisch vollkommen sinnlose Citadelle Laferiérre sind zwischen 1805 & 1820 mindestens 20.000 Zwangsarbeiter totgeschunden worden.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

29.11.2016 10:38
#11 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #10
DomRep/Voodoostan: ein kurzer Blick aus dem Weltraum reicht. Links Haiti; das Grüne ist Wald.

Nun ja, Haiti hat eine Bevölkerungsdichte wie Belgien oder Indien. Damit könnte man umgehen, ohne den Urwald komplett abzuholzen.

Zitat
Den USA war das Wurst (die hatten ja auch id Nordstaaten keinerlei Problem mit freien Schwarzen).


Mit freigelassenen Schwarzen hatten sie keine Probleme. Aber sehr wohl welche mit aufständischen Sklaven, die ihre weißen Herren umbringen. Das schien den damals noch in den USA tonangebenden Südstaaten kein unterstützenswertes Beispiel ...

Später hat man sich dann an die Situation gewöhnt, aber gerade in den Anfangsjahren der haitianischen Republik war der Handel mit den USA essentiell und weil der stockte, wurde es wirtschaftlich sehr eng.
Ob das alles noch Auswirkungen für die aktuelle Situation hat kann man aber bezweifeln.

Zitat
... daß Toussaint Louverture ...
... genau das werde er mit den Herzen aller blancs machen ...
Für die strategisch vollkommen sinnlose Citadelle Laferiérre sind zwischen 1805 & 1820 mindestens 20.000 Zwangsarbeiter totgeschunden worden.


Man erlaube mir etwas Korintherei: Die Anekdote und die Fahne sind von Louvertures Nachfolger Jean-Jaques Dessaline, ausgenommen von seinem Weißen-Haß waren Deutsche und Polen, die volle Bürgerrechte bekamen. La Ferrière wurde später unter Henri Christophe gebaut und war strategisch durchaus sinnvoll und Teil eines gut geplanten Verteidigungssystems. Die Festung wurde nie aktiv benutzt, weil die Franzosen es vorzogen, keine weiteren Angriffe gegen Haiti mehr zu starten - es ist gut möglich, daß diese Verteidigungsanlagen dabei ausreichend abschreckend wirkten und daher indirekt ihren Zweck erfüllten.

Daß die neuen schwarzen Herrscher genauso rücksichtslos mit den nun angeblich freien Schwarzen umgingen wie vorher die Kolonialherren zeigte sich auch in der Plantagenwirtschaft. Dort waren die Arbeitsbedingungen für die Landarbeiter ähnlich mies wie zu Zeiten der offiziellen Sklaverei. Trotzdem war die Exportwirtschaft nur noch ein Schatten der alten Bedeutung.
Aber auch hier gilt: Die heutigen Wirtschaftsprobleme Haitis haben mit dieser Vorgeschichte wohl fast nichts zu tun.

Johanes Offline




Beiträge: 2.604

20.12.2016 13:56
#12 RE: Kein Nachruf Antworten

Ach, wenn Zettel noch einmal hier wäre um auch einen Beitrag zu schreiben. Es wäre entweder eine polemische Satire über die Berichterstattung gewesen oder eine trockende, sachliche Bilanz von dem, was Castro zu seinem Lebenswerk gemacht hat.

Wie es mit dem Lebenswerk Castros aussieht, kann ich nicht beurteilen. Ich habe nie die Zeit gefunden, mich umfassend zu informieren. Doch aus einem Fernsehbericht ist mir in Erinnerung geblieben, dass die Regierung vor Castro auch nicht grade durch ihre Rechtsstaatlichkeit glänzte. Es wurden ihr sogar Kontakt zum organisierten Verbrechen vorgeworfen.
Hier der Link für Interessierte: http://tv.orf.at/orf3/stories/2600552/

Nun, Castro selbst ist jetzt der irdischen Gerichtsbarkeit entzogen, nicht aber dem Urteil der Nachwelt und für dieses Urteil wird der Kontext wohl eine Rolle spielen. Es stellt sich schließlich auch die Frage: "Hat die kubanische Revolution die Zustände verbessert oder verschlechtert?"
Eine Antwort darauf kann ich, wie gesagt, nicht geben.



Eine andere Frage, die nicht völlig unberücksichtigt bleiben darf, ist die Rezeption. In der Tat soll Kuba einigen Einfluss ausgeübt haben, sowohl auf Intellektuelle im Westen als auch auf Revolutionäre in Südamerika (das ich normalerweise auch zum Westen zählen würde, es aber aus sprachlicher Bequemlichkeit hier unterlasse).

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

21.12.2016 23:13
#13 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #12
Es stellt sich schließlich auch die Frage: "Hat die kubanische Revolution die Zustände verbessert oder verschlechtert?"
Lasst uns die DDR loben, denn Hitler war schlimmer.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Llarian Offline



Beiträge: 7.109

22.12.2016 00:40
#14 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #12
Nun, Castro selbst ist jetzt der irdischen Gerichtsbarkeit entzogen, nicht aber dem Urteil der Nachwelt und für dieses Urteil wird der Kontext wohl eine Rolle spielen. Es stellt sich schließlich auch die Frage: "Hat die kubanische Revolution die Zustände verbessert oder verschlechtert?"
Eine Antwort darauf kann ich, wie gesagt, nicht geben.

Für die, die ermordet worden sind dürfte die Antwort recht einfach zu finden sein. Aber selbst für die, die da blieben ist es so schwer dann auch nicht. Schon alleine das in der Amtszeit Castros mehr als zehn Prozent der Bevölkerung getürmt ist, spricht Bände. Und wirtschaftlich ? Nun, das BIP pro Einwohnern von Cuba war vor Castro das zweithöchste in Lateinamerika (nach Venezuela). Heute sieht es anders aus, selbst die Flächenländer Argentinien und Chile sind doppelt so stark. Die dominikanische Republik, die ganz gerne mit Kuba verglichen wird, hatte zur Zeit der kubanischen Revolution ein BIP pro Einwohner von ungefähr einem Viertel der Kubaner. Heute ist es fast gleich.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

22.12.2016 01:15
#15 RE: Kein Nachruf Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #12
Doch aus einem Fernsehbericht ist mir in Erinnerung geblieben, dass die Regierung vor Castro auch nicht grade durch ihre Rechtsstaatlichkeit glänzte. Es wurden ihr sogar Kontakt zum organisierten Verbrechen vorgeworfen.


Oh ja. Da sollte man zwei Dinge im Hinterkopf behalten. Zum einen, daß - bis heute, überall, in Lateinamerika, und ganz besonders Mittelamerika (da scheint es ein richtiges Süd-Nord-Gefälle zu geben) alle öffentlichen Angelegenheiten, alle Verquickungen aus Geld, Geldfamilien, Einfluß gar nicht ohne mafipse Strukturen zu haben sind; daß die Korruption gewaltig & endemisch ist & Drogen & Waffen ein erhebliches Segment der Schattenwirtshcaft darstellen. So etwas wie etwa die FARC wächst nicht allein aus eigener Kraft wie Kudzu. Das Caudillo-System, die Struktur der Familienclans, die alen politischen Einfluß unter sich aufteilen: findet sich von Mexiko bis Argentinien. Der eigentliche Mafia-Konnex zu Zeiten Battistas geht auf das Einsickern der amerikanischen Mafia zurück, die nach dem Ende des Volstead-Acts (als "Prohibition" geläufig) 1932 ganz gewaltig in a) Drogen b) Prostitution c) Glückspiel investiert hat, am besten alles zusammen (Stichwort: Las Vegas - ein reines Mafia-Investment, angefangen mit Bugsy Siegels Flamingo von 1946). In Florida hatten die schon einen Fuß in der Tür, weil das id 30ern mächtig ausgebaut wurde, gerade auch als "amerikanische Riviera" - darum haben die da auch so viel Art-Deco-Fassaden in den Küstenorten: was aus der Zeit 1925-1950 da rumsteht, sind Touristenfallen. Rentnerstaat ist das erst geworden, nachdem die Blase geplatzt war. Kuba bot sich an, weil man da außerhalb der amerikanischen Gesetzgebung war (Punkte b+c: vor der Freigabe in Sachen Las Vegas durch den Bundesstaat Nevada gabs kein legales Glücksspiel id USA; ist id meisten Staaten immer noch so; für die Indian Reservations gelten Sonderrechte) & alle Behörden käuflich waren. Relata refero hat Meyer Lansky hier als Türöffner gewirkt, weil er mit Fulgencio Battista persönlich bekannt war. Ansonsten scheint sich "der Mob" wie üblich weitgehend aus den kubanischen Kabalen herausgehalten zu haben - das Übliche, denn solche Herren haben ein gut ausgeprägtes Gespür für Gesundheitsgefährdungen, etwa in fensterlosen Kellern.



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