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Dieses Thema hat 24 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 00:52
Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Florian Offline



Beiträge: 3.179

07.04.2017 02:18
#2 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Hier noch ein Tipp:

Es gibt auf Youtube den Kanal "The Great War".
Da inszeniert ein kleines Team die Berichterstattung über den 1.Weltkrieg in einer Art Wochenschau nach - mit genau 100 Jahren Zeitverzögerung.

Das ist m.E. wirklich SEHR gut gemacht.
Und gibt einem ein sehr gutes Gefühl für die tatsächlichen Kriegsabläufe.
Zum Beispiel war der Kriegseintritt der USA wirklich in Zeitlupe:
über viele Wochen hinweg gab es immer wieder Versenkungen von US-Schiffen durch deutsche U-Boote. Immer wieder amerikanische Protestnoten dagegen. Und jetzt ist es diese Woche eben soweit.

Wie gesagt:
SEHR empfehlenswert.

Hier übrigens die akutelle Ausgabe incl. US-Kriegserklärung:
https://www.youtube.com/watch?v=XT8YfWzd_zQ

(und hier die Ausgabe von vor drei Wochen. Damals u.a. mit der Februar-Revolution:
https://www.youtube.com/watch?v=w2KkEmy-VoQ )

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 10:22
#3 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Danke für den Tip. So etwas zeigt auch die Folgen des netz-veränderten Medienkonsums. Zum einen bleibt das erhalten (keeping my fingers crossed... ) & ist jederzeit repetierbar; zum anderen kann einem das leicht durchs eigene Netz schlüpfen.

Für den Großen Krieg - hier auf englischer Seite - hat das übrigens John Buchan geleistet (naturgemäß mit Bias) - genau der John Buchan, Baron Tweedmuir, dessen frühe Spionagethriller um Richard Hannay den Krieg als unmittelbaren Hintergrund haben (bzw. mit The Thirty-Nine Steps, 1914, das Warmlaufen dazu): in monatlichen Zusammenfassungen ab Anfang 1915, die dann in 24 Buchbänden als "Nelson's History of the War" veröffentlicht worden sind.

https://archive.org/stream/nelsonshistor...age/n5/mode/2up



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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.04.2017 12:42
#4 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #2
über viele Wochen hinweg gab es immer wieder Versenkungen von US-Schiffen durch deutsche U-Boote. Immer wieder amerikanische Protestnoten dagegen. Und jetzt ist es diese Woche eben soweit.

Und über Wochen wurden diese Protestnoten ignoriert. Als hätte die deutsche Regierung es herbeigesehnt, endlich einen zusätzlichen Gegner zu bekommen.

Ich bin sehr zurückhaltend, die "Schuld" am Ausbrechen des ersten Weltkriegs irgendwelchen Leuten zuzuschieben. Vielleicht noch am ehesten der serbischen Regierung, ansonsten war es halt doch eher allgemeine Planlosigkeit und Inkompetenz.

Aber den Kriegseintritt der USA und damit die vernichtende Niederlage der Mittelmächte hat die deutsche Regierung (bzw. die Heeresleitung) ziemlich im Alleingang verschuldet. Ein absoluter Tiefpunkt deutscher Außenpolitik.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.04.2017 14:40
#5 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #4
Ich bin sehr zurückhaltend, die "Schuld" am Ausbrechen des ersten Weltkriegs irgendwelchen Leuten zuzuschieben. Vielleicht noch am ehesten der serbischen Regierung, ansonsten war es halt doch eher allgemeine Planlosigkeit und Inkompetenz.
Der Mörder von Franz Ferdinand von Habsburg hat nicht im Regierungsauftrag gehandelt, und das österreichische Ultimatum war von Serbien nicht erfüllbar, ähnlich dem von 1998 und dem von 1939 an Polen, weil sie zu sehr in die Souveränität eingegriffen hätten und zeitlich zu knapp waren. Solche Ultimaten sind nur PR.

Kausal sehr wichtig war aber die "Niebelungentreue" des Reiches an Österreich. Man gibt grundsätzlich keine Blankovollmachten oder Gesamtbürgschaften, weder für Kriege noch für Staatsschulden. Es wird schon seit über 2000 Jahren davor gewarnt. Moralische Schuld ist damit jedoch nicht begründet.

Zitat von R.A. im Beitrag #4
Aber den Kriegseintritt der USA und damit die vernichtende Niederlage der Mittelmächte hat die deutsche Regierung (bzw. die Heeresleitung) ziemlich im Alleingang verschuldet. Ein absoluter Tiefpunkt deutscher Außenpolitik.
"Einmal hin, einmal her, ringsherum, das ist nicht schwer" hieß es damals auf einer Propagandapostkarte, auf der ein Pickelhaubensoldat die Soldaten anderer Nationen vom Globus tritt. Auch wenn wir es nicht verstehen, meinte man wohl, daß man einen Krieg besser gewinnen könne, wenn man noch mehr Feinde habe. Im nächsten Weltkrieg hat man ja dieses absurde Denken wiederholt.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 14:42
#6 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #4
Zitat von Florian im Beitrag #2
über viele Wochen hinweg gab es immer wieder Versenkungen von US-Schiffen durch deutsche U-Boote. Immer wieder amerikanische Protestnoten dagegen. Und jetzt ist es diese Woche eben soweit.

Und über Wochen wurden diese Protestnoten ignoriert. Als hätte die deutsche Regierung es herbeigesehnt, endlich einen zusätzlichen Gegner zu bekommen.


Die Rechtfertigung durch die OHL war zumeist, daß diese Schiffe falsch ausgeflaggt waren: daß es sich also "eigentlich" um englische Schiffe gehandelt habe, die zwecks albionischer Perfidie gegen die Regeln verstoßen hätten. Bei Konvoifahrten sollte das eigentlich entfallen, aber soweit ich mich dunkel erinnere, wurde auch Trampsteamern neutraler Staaten aus eben diesem Grund Geleitschutz angeboten.



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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.04.2017 14:53
#7 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #5
Der Mörder von Franz Ferdinand von Habsburg hat nicht im Regierungsauftrag gehandelt, ...

Aber im Auftrag / mit Unterstützung des serbischen Geheimdiensts. Auch wenn das genaue Ausmaß dieser Zusammenarbeit strittig ist und die serbische Regierung das konkrete Attentat nicht befohlen hat - die Aktivitäten ihres Geheimdiensts sind ihr verantwortlich zuzurechnen, auch wenn sie ihn nicht ausreichend unter Kontrolle haben sollte.

Zitat
... und das österreichische Ultimatum war von Serbien nicht erfüllbar


Das ist umstritten. Es war ein hartes Ultimatum, und durchaus auch eskalierend gemeint - aber völkerrechtlich vertretbar. Renommierte Historiker wie Clark und Keegan vertreten diese Sichtweise.
Auch die Emser Depesche war ja bewußt eskalierend - aber völkerrechtlich vertretbar.
Und das gilt natürlich auch für die Tatsache, daß das Deutsche Reich seine Bündnisverpflichtungen erfüllte.

Man kann berechtigt darüber diskutieren, ob andere Wege schlauer oder angemessener gewesen wären. Aber "Schuld" sehe ich da halt nicht bzw. nur im legitimen Rahmen in einer Zeit, in der Kriegsführung als angebracht und ehrenhaft akzeptiert wurde.

Demgegenüber war das Verhalten Deutschlands gegenüber den USA einfach nur doof und angesichts der andauernden U-Boot-Angriffe würde ich eben auch sagen, daß die deutsche Seite "schuld" daran war, daß die USA letztlich reagieren mußten.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.04.2017 15:30
#8 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #7
Es war ein hartes Ultimatum, und durchaus auch eskalierend gemeint - aber völkerrechtlich vertretbar.
Völkerrechtlich vertretbar wären damals sogar Kriegserklärungen ohne Grund gewesen. Das ius ad bellum leitet sich aus der staatlichen Souveränität ab. Erst der Briand-Kellogg-Pakt, Völkerbund und Vereinte Nationen haben etwas am ius ad bellum geändert, und das war erst nach dem ersten Weltkrieg.

Wenn man die Kriegsschuldfrage am Ersten Weltkrieg betrachtet, kann man also nur moralisch argumentieren, nicht völkerrechtlich. Das ist ja nicht dasselbe, insbesondere weil man im Völkerrecht gerade die moralisch verkommensten Akteure hat, die jemals unter der Sonne weilten; das fängt ja schon mit der gewaltsamen Geldbeschaffung durch Zöllner an.
Setzt man trotzdem die Maßstäbe des modernen Völkerrechts an (was rechtlich müßig ist, weil das Rückwirkungsverbot auch im Völkerrecht gilt und galt), dann hätte Österreich sogar die Gesamtschuld: Ultimaten sind wegen der enthaltenen Gewaltandrohung ebenso verboten wie Angriffskriege. Daraus speist sich nebenbei bemerkt ja auch die Legitimität des Sechs-Tage-Krieges für Israel: Die rechtswidrigen Gewaltandrohungen kamen aus den arabischen Regierungspalästen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 16:02
#9 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Die Frage der "Kriegsschuld" - i.S. eines völkerrechtlich zulässigen Modus des Kriegsbeginns wurde aber für die Gegenseite gleich zu Anfang hinfällig durch den Überfall auf Belgien - und die sich daran anschließende Kriegspropaganda über "abgehackte Kinderhände". Das hat sich dann ja bis in den Sommer 1919 bis zum Versailler Vertrag gehalten. Die Giftgaseinsätze auf den Schlachtfeldern ab dem Frühjahr 1915 und der U-Boot-Krieg waren die beiden anderen Punkte, die in den Augen der Allierten, vor allem in der öffentlichen Propaganda "die Hunnen", die "Boches" zu absoluten Barbaren stempelte. Die Kathedrale von Reims nicht zu vergessen.



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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.04.2017 16:08
#10 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #8
Völkerrechtlich vertretbar wären damals sogar Kriegserklärungen ohne Grund gewesen.

Das ist völlig richtig, insofern habe ich etwas ins Leere argumentiert.
Selbst die "Kriegsschuldklausel" im Versailler Vertrag hat ja nicht behauptet, Deutschland hätte gegen das Völkerrecht verstoßen - das wurde eigentlich nur eine Begründung für die Reparationsforderungen.

Zitat
Ultimaten sind wegen der enthaltenen Gewaltandrohung ebenso verboten wie Angriffskriege.


Ist das wirklich so?
Ich würde eher sagen, das kommt auf die Ereignisse vorher an. Denn das Völkerrecht erlaubt ja Verteidigungskriege - siehe die Reaktion der USA nach den Terrorangriffen der Al-Kaida.
Wenn also ein Angriff bereits stattgefunden hat, und damit die Berechtigung zum Verteidigungskrieg - dann darf der Angegriffene wohl schon versuchen, per Ultimatum den Kriegsgrund wieder aus der Welt zu schaffen, d.h. auf sein Recht zu militärischen Maßnahmen zu verzichten, wenn der Angreifer die Bedingungen erfüllt.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.04.2017 17:31
#11 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #10
Ich würde eher sagen, das kommt auf die Ereignisse vorher an. Denn das Völkerrecht erlaubt ja Verteidigungskriege - siehe die Reaktion der USA nach den Terrorangriffen der Al-Kaida.
Ausgerechnet das war kein Verteidigungskrieg, weil erstens der staatliche Angreifer gefehlt hat und zweitens der Angriff mit dem Ableben der Terroristen beendet war, also keine weitere Beeinträchtigung der Souveränität mehr bestand. Rechtlich und militärisch haben die USA sich lediglich in den Bürgerkrieg Afghanistans eingeschaltet, indem sie sich der afghanischen Nordallianz angeschlossen haben.

Zitat von R.A. im Beitrag #10
Wenn also ein Angriff bereits stattgefunden hat,
Wie gesagt, Voraussetzung ist nicht, daß ein Angriff stattgefunden hat, sondern daß der Angriff (bzw. die Besetzung des eigenen Territoriums durch Feinde) andauert. Danach muß man als Verteidiger die Kampfhandlungen einstellen. Insbesondere ist ein Verteidigungskrieg keine Rechtfertigung, seinerseits Gebiete einzunehmen oder gar zu annektieren. Das ist logisch, weil es ja einfach ist, so eine Verteidigungssituation zu fingieren. Deswegen hat auch die Bundesrepublik Deutschland bis zu den Zessionsverträgen (zuletzt 2+4) an den Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 festgehalten. Tatsächlich ist die Sowjetunion ebensowenig durch die Verteidigung auf der "Unternehmen Barbarossa" berechtigt gewesen, Eroberungen von Deutschland zu machen, wie das Deutsche Reich zu Eroberungen in Polen. Dort wurde ja gleichfalls behauptet, der Sender Gleiwitz sei von Polen angegriffen worden. Selbst wenn das gestimmt hätte, hätte kein Wehrmachtssoldat in Polen eindringen dürfen.

Zitat von R.A. im Beitrag #10
und damit die Berechtigung zum Verteidigungskrieg - dann darf der Angegriffene wohl schon versuchen, per Ultimatum den Kriegsgrund wieder aus der Welt zu schaffen, d.h. auf sein Recht zu militärischen Maßnahmen zu verzichten, wenn der Angreifer die Bedingungen erfüllt.
Stimmt, aber da dann ja sogar die sofortige gewaltsame Verteidigung erlaubt. Ein Ultimatum wäre ein taktischer Nachteil und hätte juristisch sogar das Risiko gehabt, daß Gewalt unverhältnismäßig erscheinen würde, wenn man schon Zeit hat, ein Ultimatum abzuwarten.
Im ius ad bellum-Völkerrecht war hingegen ein Kriegsbeginn ohne Kriegserklärung oder zumindest Ultimatum ein Rechtsbruch. Eine Kriegserklärung ist also im Grunde genommen etwas gutes, ein Schutzinstrument für den Gegner, eine Einhegung des Krieges. Es ist eine Kehrseite der Kriegsächtung (die andere ist das Prinzip der Nichteinmischung), daß es dieses Schutzinstrument seither nicht mehr gibt.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

07.04.2017 18:23
#12 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #4
Zitat von Florian im Beitrag #2
über viele Wochen hinweg gab es immer wieder Versenkungen von US-Schiffen durch deutsche U-Boote. Immer wieder amerikanische Protestnoten dagegen. Und jetzt ist es diese Woche eben soweit.

Und über Wochen wurden diese Protestnoten ignoriert. Als hätte die deutsche Regierung es herbeigesehnt, endlich einen zusätzlichen Gegner zu bekommen.

Ich bin sehr zurückhaltend, die "Schuld" am Ausbrechen des ersten Weltkriegs irgendwelchen Leuten zuzuschieben. Vielleicht noch am ehesten der serbischen Regierung, ansonsten war es halt doch eher allgemeine Planlosigkeit und Inkompetenz.

Aber den Kriegseintritt der USA und damit die vernichtende Niederlage der Mittelmächte hat die deutsche Regierung (bzw. die Heeresleitung) ziemlich im Alleingang verschuldet. Ein absoluter Tiefpunkt deutscher Außenpolitik.


Noch eine Buch-Empfehlung:
Sebastian Haffner: "Die sieben Todsünden des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg"
https://www.amazon.de/sieben-Tods%C3%BCn...bastian+haffner

Sehr gutes, kompaktes Buch.

Es geht Haffner dabei nicht um Moral oder die "Kriegsschuldfrage".
Die "Todsünden" sind nicht moralisch gemeint. Sondern als gravierende (politische und militärische) Strategie-Fehler.

Es war ja nicht so, dass der deutsche U-Boot-Krieg keine Logik hat. Aber die Logik ging eben nicht auf.

Die Logik ging so:
Wenn wir den Krieg gewinnen wollen, müssen wir England neutralisieren.
Und das können wir mit einer Seeblockade schaffen, denn England war in der Lebensmittelversorgung nicht autark. Man konnte es also aushungern.

Es gab dazu konkrete Rechenmodelle. Man musste jeden Monat eine gewisse Tonnage X versenken. Dann wäre nach spätestens 6 Monaten England so weit ausgehungert, dass es um Frieden ersuchen MUSSTE. Im ersten Monat des unbegrenzten U-Boot-Kriegs wurde das Tonnage-Ziel X erreicht. Im zweiten Monat wurde X sogar übertroffen. Man war also auf gutem Weg das Ziel zu erreichen. Nur noch wenige Monate, dann hätte man es geschafft und die Engländer wären gezwungen, aus dem Krieg auszuscheiden.

Und dann kam alles anders, weil den Engländern eine taktische Innovation einfiel: das Konvoy-System. Ab dem Moment erreichte Deutschland nie wieder seine Tonnage-Ziele.
Konvoys hatten zu Beginn weder Deutsche noch Engländer als gute Taktik eingestuft. (Denn durch Konvoys präsentiert man ja den U-Booten eine riesige Menge Schiffe auf einmal wie auf einem Präsentierteller).
Was man zu Anfang allerdings unterschätzte: Die U-Boote selbst sind ja nicht konzentriert. Sie waren vielmehr rund um England in einem dünnen Netz verteilt. Wenn nun an einer bestimmten Stelle ein Konvoy auftauchte, dann war an dieser Stelle vielleicht nur 1 oder 2 U-Boote in Reichweite. Und mit denen konnte der Begleitschutz gut fertig werden.

Die diplomatische Krise mit den USA fiel nun gerade in diese erste Euphorie-Phase mit den hohen Versenkungszahlen.
Man ging daher von deutscher Seite davon aus, dass man auf gutem Wege war, den europäischen Krieg bald zu gewinnen.
(Russland versank in der Revolution. Auf dem Balkan war man erfolgreich. Wenn England aus dem Krieg ausschied, dann hätte man im 1-zu-1-Kampf gegen Frankreich schnell gewinnen können).
Und zwar so schnell, dass die amerikanische Mobilmachung schlicht irrelevant wäre, weil sie viel zu spät käme.
(Man kann sich das heute nicht mehr vorstellen. Aber die USA waren 1917 extrem demilitarisiert. Die Mannschaftsstärke war sehr gering, es gab kaum moderne Waffen und auch keine moderne Waffenfabriken. Die USA mussten für ihre eigene Aufrüstung zu Beginn noch Waffen aus Frankreich importieren. Es dauerte noch über ein Jahr (!) bevor die ersten amerikanischen Einheiten in Frankreich eingreifen konnten.)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.04.2017 19:19
#13 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #11
Ausgerechnet das war kein Verteidigungskrieg, weil erstens der staatliche Angreifer gefehlt hat und zweitens der Angriff mit dem Ableben der Terroristen beendet war,...

Das sind nun beides keine validen Kriterien.
Selbstverständlich gibt es auch ein Verteidigungsrecht gegen nicht-staatliche Angreifer. Und in diesem Fall war ja auch Afghanistan als Unterstützerstaat der Al-Kaida mitverantwortlich.
Und der Angriff auf einen Staat ist ja nicht beendet, nur weil die erste Angriffswelle vorbei ist. Die Kampfhandlungen wurden damit eröffnet, die Angreifer als solche existieren noch (sie haben ja nur die Kämpfer dieser ersten Welle verloren) und weitere Angriffe sind zu erwarten.

Zitat
Wie gesagt, Voraussetzung ist nicht, daß ein Angriff stattgefunden hat, sondern daß der Angriff (bzw. die Besetzung des eigenen Territoriums durch Feinde) andauert.


Das ist m. W. nicht so. Sonst könnte man ja einfach mal einen Nachbarstaat angreifen, und wenn es nicht klappt, zieht man sich hinter die Grenze zurück und reklamiert den Schutz des Völkerrechts.

Wenn ein Krieg begonnen wurde, dürfen die Angegriffenen ihn auch zu Ende führen. Bis der Gegner aufgibt oder komplett beseitigt ist. Und dabei darf auch das Gebiet des Gegners mit Kampfhandlungen überzogen und von eigenen Truppen besetzt werden.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.04.2017 19:30
#14 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #12
Es gab dazu konkrete Rechenmodelle. Man musste jeden Monat eine gewisse Tonnage X versenken. Dann wäre nach spätestens 6 Monaten England so weit ausgehungert, dass es um Frieden ersuchen MUSSTE.

Interessant. Aber waren diese Berechnungen wirklich valide?
Ich würde vermuten, da wurde schon die Kreativität (und das Durchhaltevermögen) des Gegners unterschätzt.
Auch die Alliierten hatten ja gedacht, mit ihrer Blockade die Deutschen aushungern zu können (auch wenn das nicht in Monaten ausgerechnet wurde).
Aber dann erfanden die Deutschen das Haber-Bosch-Verfahren und schnallten den Gürtel sehr, sehr eng.

Zitat
Und dann kam alles anders, weil den Engländern eine taktische Innovation einfiel: das Konvoy-System.


Was keine echte Innovation war: Genauso hatte die Royal Navy schon in den napoleonischen Kriegen operiert, vor einem ähnlichen strategischen Hintergrund.

Zitat
Und zwar so schnell, dass die amerikanische Mobilmachung schlicht irrelevant wäre, weil sie viel zu spät käme.


Na ja, die Amis konnten nicht schnell größere Heereseinheiten schicken. Aber ihre Marine war schon einsatzbereit - und damit war dann der angestrebte Erfolg zur See und das Ausscheiden Englands nicht mehr zu erreichen.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

07.04.2017 20:38
#15 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Selbstverständlich gibt es auch ein Verteidigungsrecht gegen nicht-staatliche Angreifer.
Nicht, wenn dabei dasdas Territorium eines anderen Staates berührt wird, denn dort ist schon jemand für die Strafverfolgung zuständig.

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Und in diesem Fall war ja auch Afghanistan als Unterstützerstaat der Al-Kaida mitverantwortlich.
Nur die Rebellenregierung der Taliban. Eine unumstritten anerkannte Regierung gab es in dem Bürgerkriegsland ja nicht.

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Und der Angriff auf einen Staat ist ja nicht beendet, nur weil die erste Angriffswelle vorbei ist. Die Kampfhandlungen wurden damit eröffnet, die Angreifer als solche existieren noch (sie haben ja nur die Kämpfer dieser ersten Welle verloren) und weitere Angriffe sind zu erwarten.
Gegen einen neuen Angriff ist eben eine neue Verteidigung zu organisieren. Ein echter Verteidigungskrieg kann nicht in einen Vernichtungskrieg münden, weil die "Angreifer als solche noch existieren". Deswegen war für Israel auch der Krieg an der Westfront beendet, als die Ägypter entscheidend geschlagen waren.

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Das ist m. W. nicht so. Sonst könnte man ja einfach mal einen Nachbarstaat angreifen, und wenn es nicht klappt, zieht man sich hinter die Grenze zurück und reklamiert den Schutz des Völkerrechts.
Nur hätte den Schutz bei Nichterfolg genau der implementiert, der den Erfolgsfall durch das System Kollektiver Sicherheit verhindert hätte.

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Wenn ein Krieg begonnen wurde, dürfen die Angegriffenen ihn auch zu Ende führen. Bis der Gegner aufgibt oder komplett beseitigt ist. Und dabei darf auch das Gebiet des Gegners mit Kampfhandlungen überzogen und von eigenen Truppen besetzt werden.
Nein, völlig falsch, das wäre keine effektive Kriegsächtung sondern nur das Verbot, sich selber als Kriegsinitiator zu erkennen zu geben. Dafür hätte man keine Verträge gebraucht. Die Angreifer geben schon immer ein Verteidigungsmotiv vor, siehe die Ultimaten beim Ersten Weltkrieg. Wie falsch dieses Motiv ist, erkennt man dann an dem Gewinn, den er aus der "Verteidigung" zieht. Habe ich aber am Beispiel Sender Gleiwitz erklärt.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 21:05
#16 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14
Auch die Alliierten hatten ja gedacht, mit ihrer Blockade die Deutschen aushungern zu können (auch wenn das nicht in Monaten ausgerechnet wurde).
Aber dann erfanden die Deutschen das Haber-Bosch-Verfahren und schnallten den Gürtel sehr, sehr eng.


Die Seeblockade zielte auch noch auf zwei weitere Punkte: Zum einen hoffte man, durch das Kappen des Chile-Salpeters die Sprengstoff/Munitions-Fabrikation kappen zu können. Haber-Bosch hat auch da einen Strich durch gemacht. Und zum andern sollte die Treibstoffzufuhr abgenabelt werden. Das hat massive Explorationen in der norddeutschen Senke zur Folge gehabt: ohne nennenswerten Sükzeh; den Mangel hat Rumänien ausgeglichen. Erfunden war H-B ja schon, aber bis kurz vor Kriegsbeginn nicht in großem Stil angewandt: der Guano war einfach zu billige Konkurrenz. Das ist 1909-12 hauptsächlich von BASF auf Praxistauglichkeit getrimmt worden: erst die Suche nach einem brauchbaren Katalysator (das hat ~3 Jahre gedauert, bis die auf Aluminium gekommen sind: UND dann mußte man das wiederum in großem Stil erzeugen können) & dann das Problem, das bei 90 Atm & 300°C über längere Zeit am Laufen zu halten. Das hat denen die Reaktoren reihenweise wie nix zerfressen. Ein Nebeneffekt war, daß die Hundemarken aus Alu ausgegeben werden konnten, was die Identifizierug von Gefallenen auch nach Jahren noch möglich machte.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Florian Offline



Beiträge: 3.179

07.04.2017 22:04
#17 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14
Zitat von Florian im Beitrag #12
Es gab dazu konkrete Rechenmodelle. Man musste jeden Monat eine gewisse Tonnage X versenken. Dann wäre nach spätestens 6 Monaten England so weit ausgehungert, dass es um Frieden ersuchen MUSSTE.

Interessant. Aber waren diese Berechnungen wirklich valide?


Nein, waren sie nicht (wie wir heute wissen).
Und Haffner argumentiert in seinem Buch, dass man das auch schon damals wissen konnte.

Aber worauf ich hinaus will:
das war auf deutscher Seite eine sehr bewusste Entscheidung. Der auch eine sehr intensive politische Debatte voraus ging, die sich über Monate und sogar Jahre hinzog. Admiral Tirpitz war dafür, Kanzler Bethmann-Hollweg (und auch der Kaiser) waren dagegen. Die Admiralität brauchte Jahre (und eine Kampagne in der Öffentlichkeit), bis sie sich schließlich durchsetzte.
(1915 hatte Deutschland schon einmal für kurze Zeit den uneingeschränkten U-Boot-Krieg eingeführt. Dann nach US-Protesten wieder zurückgestellt. Und dann 1917 wieder eingeführt).



Zitat von R.A. im Beitrag #14

Auch die Alliierten hatten ja gedacht, mit ihrer Blockade die Deutschen aushungern zu können (auch wenn das nicht in Monaten ausgerechnet wurde).
Aber dann erfanden die Deutschen das Haber-Bosch-Verfahren und schnallten den Gürtel sehr, sehr eng.


Der Unterschied:
Die Mittelmächte waren vor dem Krieg in etwa selbstversorgend mit Lebensmitteln (und auch mit fast allen anderen kriegswichtigen Gütern).
Zudem gab es für Deutschland auch den ganzen Krieg hindurch alternative Beschaffungsmöglichkeiten. (Die Niederlande waren z.B. neutral).
2016 kam dann noch der Glücksfall hinzu, dass Rumänien in den Krieg eintrat: Da war ein Feind mit viel Landwirtschaft und Öl, den man relativ leicht besiegen und dann ausbeuten konnte. Es gab also immer etwas Manövriermasse.
Eine Seeblockade konnte Deutschland daher nicht so einfach in die Knie zwingen.
Bei England war das grundsätzlich anders: England war sehr deutlich NICHT selbstversorgend.
Eine Seeblockade hätte England tatsächlich nicht durchstehen können.

Übrigens noch ein Hinweis zu Fritz Haber (Miterfinder des Haber-Bosch-Verfahrens):
Sein Leben wäre mal ein interessanter Stoff für einen Hollywood-Film. Glorie, Drama, Abgründe: Da war wirklich alles dabei:
- Er ermöglichte mit seiner Erfindung den Kunstdünger und rettete (bzw. ermöglichte) damit Milliarden (!) Menschenleben. Man kann diese Erfindung gar nicht hoch genug einschätzen. Man kann mit Fug und Recht sagen: Haber ist der größte Wohltäter der Menschheitsgeschichte.
- Er erfand nicht nur Giftgas. Sondern er war auch eifriger Lobbyist für dessen Einsatz (gegen die Bedenken des deutschen Generalstabs).
- Er war verheiratet mit der ersten promovierten Chemikerin der Welt.
- Seine Frau war tief unglücklich über seinen Engagement für den Giftgaseinsatz. Nachdem Haber für seine Gas-Erfindung einen Orden erhalten hatte kam er abends nach Hause und fand dort seine Frau, die Selbstmord begangen hatte, weil sie nicht mit dem Erfinder des Giftgases verheiratet sein wollte.
- Haber war patriotischer Deutscher. Seine Erfindungen hatten Deutschland im 1. Weltkrieg geholfen. Erstens bei der Lebensmittelversorgung. Aber auch militärisch (Nicht nur Giftgas: das Haber-Bosch-Verfahren ermöglichte auch die künstliche Herstellung von Sprengstoff).
Aber Haber war auch Jude. Und musste deshalb aus Deutschland fliehen. (Was nebenbei nur mal wieder ein weiterer Beweis für die irre Nazi-Ideologie war: Juden töten war Hitler im Zweifel immer wichtiger als Krieg gewinnen oder Volk ernähren).
Also flüchtete er nach England. Und wurde von seinen dortigen Universitätskollegen massiv angefeindet, so dass er dort beruflich nicht mehr recht Fuß fassen konnte.
- Seine Giftgas-Erfindung war übrigens auch eine Grundlage für Zyklon B, mit der Millionen Juden von den Nazis getötet wurden.
- Schließlich wurde er engagiert als Gründungsrektor der ersten jüdischen Universität in Palästina. Und starb auf dem Weg dorthin.
Wenn dieses Leben nicht Stoff für einen Hollywood-Film bietet, was dann?

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 22:30
#18 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Damit das hier auch einen Soundtrack hat: Nora Bayes, "Over There" (1917).

Johnny get your gun, get your gun, get your gun
Take it on the run, on the run, on the run
Hear them calling you and me?
Everyone for Liberty
Hurry right away, go today, no delay
Make your daddy glad to have had such a lad
Tell your sweetheart not to cry
To be proud her boy's in line
Over there, over there
Send the word, send the word over there
That the yanks are coming, the yanks are coming


https://www.youtube.com/watch?v=XGLwJGv1fAQ

Billy Murray (28.6.1917), Harry Burr und ein gewisser Enrico Caruso ("the boys arrrrr coming") haben das ebenfalls 1917 aufgenommen.

Komponist George M. Cohan hat das Stück übrgiens am 7. April 1917 komponiert. So there.
https://en.wikipedia.org/wiki/Over_There



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Ulrich Elkmann Offline




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07.04.2017 22:44
#19 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #17
Fritz Haber


Da fehlt noch eine Episode (die einer gewissen Bizarrerie nicht entbehrt). Haber war es nämlich, der, so um 1921, auf die Idee kam, die, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, 50.000 Tonnen Gold, die als Reparationsleistungen dem deutschen Staats durch die Versailler Verträge auferlegt waren, aus dem Meerwasser zu gewinnen. Es hat dann gut ein Jahr theoretische Überlegungen unter Zugrundelegung der ozeanographischen Literatur in Sachen gelöstem Mineralgehalt gegeben, und drei Erprobungsfahrten, 1922-1924, zwei über den Nordatlantik, eine in die Biscaya, die beiden ersten mit Haber als Leiter des jeweiligen Teams. Man war davon ausgegangen, pro Tag durch die Filtrierung von mehreren tausend Kubikmetern Seewasser mindestens mehrere Dutzend Gramm Gold gewinnen zu können: bei einer entsprechenden Umrüstung sämtlicher Schiffe hätte das den ersten Überschlägen zufolge die Schuld in gut 20 Jahren ausgleichen können (es hieß id 20ern ja in der politischen Werbung: "bis in die dritte Generation müßt ihr fronen!", weil die letzten Reparationsleistungen bis Mitte der 80er Jahre terminiert waren). Das Ergebnis war: daß die Schätzwerte aus den ozeanographischen Expeditionen der 90er & Nuller Jahre um einen dutzendfach bis mehrere hundert Mal zu hohen Faktor angesetzt waren & daß die Teams während der ganzen Überfahrten 18 Stunden am Tag damit beschäftigt waren, Dreck aus den Filtern zu kratzen. (Mit Ausnahme vom Chef, der sich bei der Äquatortaufe, Fahrt 2, als Neptun ablichten ließ & absolut greuliche Bierzeitungsverse in sein Notizbuch schrieb: "...endlos schrauben, zu dem Zweck / damit der Dreck / herausgepopelt werden kann. / Das Filterwechseln, das strengt an!")



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.544

07.04.2017 23:31
#20 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Und weil wir schon beim Stichwort "Soundtrack" sind: eine der Folgen des Kriegseintritts der Vereinigten Staaten in Punkto Populärkultur, die (noch) im kulturellen Gedächtnis präsent sind, ist die Entstehung des Jazz - weil die Regierung die Rotlichtetablissements in New Orleans im St-Pauli-Pendant Storyville dichtmachte, in denen diese Art von wüstem Geklimper & Getröte die zahlenden Kunden unterhielt, weil man befürchtete (N.O. war Hauptnachschubhafen für Baumwolle & Stoffe) durch die schlagartige Expansion keinerlei Gesundheitskontrolle mehr zu haben (4-wöchentliche Gesundheitsinspektion der entsprechenden Damen; damals in allen Seehäfen von NY über Marseille bis Hamburch Standard) - und sich die Musiker in New York und Chicago begaben, wo es dann auch Aufnahmestudios gab.

Die "erste Jazzaufnahme" wurde knapp davor in New York eingespielt: von der Original Dixieland Jass Band unter Nick LaRocca, "Dixie Land jas band One Step" (der Wechsel von "ss" zu "zz" kommt im Herbst 1917), aufgenommen am 26. Februar, veröffentlicht am 7. März als Victor 18255:

Seite A. "One Step" https://www.youtube.com/watch?v=mW7rldvqN1w
Seite B. "Livery Stable Blues" https://www.youtube.com/watch?v=5WojNaU4-kI
(gildet Puristen nicht als "jazzmäßige Phrasierung", war aber über Jahre die musikalische Signaturmelodie der Band)



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

08.04.2017 10:02
#21 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #17
das war auf deutscher Seite eine sehr bewusste Entscheidung.

Richtig. Deswegen würde ich hier eher von "Schuld" (oder falsch gemacht) reden als beim wirren Ablauf des Kriegsausbruchs.

Zitat
Admiral Tirpitz war dafür, Kanzler Bethmann-Hollweg (und auch der Kaiser) waren dagegen.


Was zeigt, daß trotz seiner Fehler Wilhelm weder so dumm und fies noch der Alleinherrscher war, als der er heute oft dargestellt wird.

Zitat
Wenn dieses Leben nicht Stoff für einen Hollywood-Film bietet, was dann?


Zumindestens ein Theaterstück über ihn gibt es. Fand ich recht gut.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.093

08.04.2017 20:04
#22 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #17
- Er war verheiratet mit der ersten promovierten Chemikerin der Welt.

Sicher? Wikipedia hält sie erst einmal nur für die erste Frau, die an der Universität Breslau promoviert wurde. Allerdings habe ich auf die Schnelle auch sonst niemanden gefunden. Marie Curie beispielsweise wurde erst 1903 promoviert.

--
Non delectent verba nostra, sed prosint. - Seneca, Epistulae morales ad Lucilium, 75, 3

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.093

08.04.2017 20:14
#23 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #17
- Schließlich wurde er engagiert als Gründungsrektor der ersten jüdischen Universität in Palästina. Und starb auf dem Weg dorthin.

Auch da widerspreche ich, weil ich ein Korinthenkacker bin

Haber sollte der Direktor des Daniel Sieff Research Institute werden, dem heutigen Weizmann-Institut - 1934 gegründet. Frühere Universitätsgründungen in Palästina sind das heutige Technion (1912) und die Hebräische Universität (1918).

(Bitte um Entschuldigung )

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Non delectent verba nostra, sed prosint. - Seneca, Epistulae morales ad Lucilium, 75, 3

emjot Offline



Beiträge: 73

11.04.2017 12:18
#24 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Dumme Spezies Mensch - wäre ja nicht wirklich drum schade, wenn sie sich eines Tages endgültig von diesem Planeten schießt...

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

14.04.2017 04:13
#25 RE: Zeitmarke. Vor 100 Jahren: Kriegserklärung der USA an das Deutsche Kaiserreich Antworten

Zitat von emjot im Beitrag #24
Dumme Spezies Mensch - wäre ja nicht wirklich drum schade, wenn sie sich eines Tages endgültig von diesem Planeten schießt...
Naja, was statt der Menschen käme, wäre von einem übergeordneten Standpunkt aus auch eher enttäuschend.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

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