Zitat von R.A. im Beitrag #24Eigentlich geht es ja darum, den Marktwert zu ermitteln. Und dazu müßte man theoretisch beide Methoden anwenden und den höheren Preis nehmen. Grundsätzlich ist der Ertragswert der interessantere.
Nicht nur das, sondern der einzig vernünftige Wert.
Zitat von R.A. im Beitrag #24Wenn aber der Substanzwert deutlich höher wäre heißt das, daß die Firma eigentlich nicht vernünftig wirtschaftet.
Nein, das heißt nur, dass ein Wert, der den Namen "Substanzwert" bekommt, höher ist als (vielleicht) der Ertragswert, der sich ergibt, wenn die Firma so weitermacht.
Um es mal auf den betriebswirtschaftlichen Punkt zu bringen: Substanzwert ist Bullshit. Immer und überall. Es gibt nur Ertragswerte. Die können allerdings subjektiv sein, d.h. der Erwerber mag durchaus der Meinung sein, aus dem gekauften Unternehmen mehr herauszuholen, als wenn die derzeitigen Eigentümer dieses weiter betreiben würden. Sei das seiner überlegenen Management-Kompetenz geschuldet oder irgendwelchen Synergien - egal. Die Untergrenze des Ertragswerts ist der Zerschlagungswert - wenn ich ein Unternehmen in seinen Einzelteilen verhökern kann und das Ergebnis dann höher ist als die diskontierten Erträge der Zukunft zusammen, dann sollte ich das auch genau so tun. Der Zerschlagungswert ist letztlich nichts anderes als ein Ertragswert eigener Art, mit spezieller Einkommenserzielung (Verkauf des Vermögens statt dessen Anwendung für das Geschäft) und sehr kurzem Zeithorizont...
Generell: Vermögen ist diskontiertes Einkommen, also Ertragswert. Immer. Überall.
Außer beim Steuergesetzgeber, aber seit wann gilt der als ökonomische Referenz?
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Florian im Beitrag #23In beiden Fällen musste aus steuerlichen Gründen ein Vermögenswert ermittelt werden.
Und genau in der Ermittlung des Wertes des allenfalls zu besteuernden Vermögens sehe auch ich bei der Vermögensteuer ein großes Problem (neben vielen anderen). Denn wenn man hier Steuergerechtigkeit herstellen wollte, müsste man dem Staat das Herumschnüffeln in den Eigentumsverhältnissen der Bürger erlauben bzw. würden die Steuerverfahren sehr aufwendig.
Ich möchte das an einem Beispiel erläutern: Nehmen wir an, die Vermögensteuer (5 %) mit Freibetrag 1 Mio. Euro wird eingeführt. Im Keller des ererbten Hauses des X lagern seit unvordenklicher Zeit Gemälde, die dem X zwar alt, aber hässlich (deshalb hängt er sie nicht auf) und von geringem Wert erscheinen. In Wirklichkeit könnte auf dem Kunstmarkt für jedes der beiden Gemälde ein Preis im hohen sechsstelligen Euro-Bereich lukriert werden.
Jetzt kommt es natürlich auf die Ausgestaltung der Vermögensteuererklärungspflicht an, nämlich, ob es eine Geringfügigkeitsgrenze gibt, wonach Vermögensgegenstände mit einem Wert von bis zu n Euro nicht oder nur in einem Sammelposten erklärt werden müssen, oder nicht.
Im ersteren Fall wird sich X auf seine Einschätzung der Wertlosigkeit der Bilder zurückziehen und sie nicht oder in dem Sammelposten mit einem geringen Wert berücksichtigen. Dies wird wohl nicht auffallen.
Im zweiten Fall (Einzelerklärungspflicht auch für geringwertige Vermögensgegenstände), Variante 1, gibt er die beiden Bilder einzeln an, bewertet sie aber mit einem niedrigen Betrag. Dem Finanzamt erscheint dieser Ansatz als deutlich zu gering. Es stellt Nachforschungen an und schätzt dann jedes der Bilder auf einen Wert von 1 Mio. Euro. X gibt nun ein Wertgutachten in Auftrag, das einen Wert der Bilder von jeweils 800.000 Euro auswirft. Dieser Betrag wird dann auch als Bemessungsgrundlage für die Vermögensteuer in Anschlag gebracht. Im zweiten Fall, Variante 2, vermutet er zwar auch einen geringen Wert der Bilder, ist sich aber nicht sicher und gibt sie deshalb vorsichtshalber nicht an, um keine schlafenden Hunde zu wecken.
Fazit: Im ersten Fall und im zweiten Fall, Variante 2, kommt es zu einem Steuerausfall. Dieser könnte nur dadurch verhindert werden, dass Vermögensteuerprüfungen in Form von Hausdurchsuchungen stattfinden. Im zweiten Fall, Variante 1, muss X das (vermutlich auch nicht ganz preiswerte) Gutachten einholen, um einer zu hohen Besteuerung zu entgehen.
Nachtrag: Vielleicht würde mein Beispiel noch besser funktionieren, wenn die Bilder nicht alt, sondern moderne Kunst sind, weil sich der Laie über deren Wert wohl noch leichter täuscht.
Zitat Selbstredend ist ein gewaltiger Unterschied, ob von einem Steuersatz oder einem Grenzsteuersatz gesprochen wird. Gibt es eine Quelle, was genau die Linke gemeint hat?
Im Text nicht. Die Homepage der Partei ist aber eindeutig. Dort steht:
Zitat Und genau in der Ermittlung des Wertes des allenfalls zu besteuernden Vermögens sehe auch ich bei der Vermögensteuer ein großes Problem (neben vielen anderen). Denn wenn man hier Steuergerechtigkeit herstellen wollte, müsste man dem Staat das Herumschnüffeln in den Eigentumsverhältnissen der Bürger erlauben bzw. würden die Steuerverfahren sehr aufwendig.
Erstens das, und zweitens ist für alles, wo es keinen sehr liquiden Markt gibt, die Ermittlung von Vermögen gleichbedeutend mit Prophetie, da man ja zukünftige Geldzuflüsse ableiten müsste. Aber die werden in der Regel schon durch diverse andere Steuern erfasst. Und selbst, wenn es diesen Markt gibt, besteht immer auch die Gefahr, dass Blasen besteuert werden. Die Unterstellung, der Steuerpflichtige sei jederzeit zum Verkauf bereit und in der Lage, ist darüber hinaus ebenfalls eine oft kaum haltbare Annahme. Im Grunde ist Vermögensteuer eine Soll-Einkommensteuer, die im besten Fall als bloße Einkommensteuererhöhung wirkt und die quellentheoretisch angehauchte Bemessungsgrundlage auf Reinvermögenszugangstheorie hin ausrichtet, im schlechtesten (wie in guter, alter Tradition bei der SED) aber blanke Enteignung, weil Einkommen mit absurden Sätzen besteuert und zusätzlich auch Nichteinkommen erfasst wird.
Für das politische Alltagsgeschäft fatal halte ich auch die Ungleichbehandlung von Vermögen. Während z.B. die Altersrücklage des Selbständigen als zu besteuerndes Vermögen daherkommt, bleiben staatliche Renten. und Pensionsansprüche unangetastet. Auch die wohl immer bedeutender werdenden Investitionen in Humankapital bleiben außen vor, obwohl es nur wenig Investitionen gibt, die sich für den Einzelnen so sehr in künftigen Zuflüssen niederschlagen. Wenn nun jemand empört aufschreit, sowas könne man auch alles unmöglich besteuern, dann ist der Weg zur Frage nicht weit, wo denn der Unterschied zu anderen Investitionen (Ersparnissen) bestehe. Aber gut, diese Diskussion ließe sich durch hohe Freibeträge oder -grenzen wahrscheinlich ausbremsen.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Werwohlf im Beitrag #30Für das politische Alltagsgeschäft fatal halte ich auch die Ungleichbehandlung von Vermögen.
Richtig. Eigentlich kann man "Vermögen" nur in einer Form sinnvoll besteuern: Durch die Erträge und im Rahmen der Einkommenssteuer. D.h. steuersystematisch könnte man maximal darüber reden, daß die Nutzung von Immobilien als geldwerter Vorteil beim Einkommen dazugerechnet wird. Dann müßten natürlich umgekehrt (wie in den USA) Hauserwerbskosten und Kreditbedienung steuerlich abzugsfähig sein.
Aber solange ein Vermögen keinen meßbaren Nutzen bringt, ist es totes Kapital und kann für ein Steuersystem, das auf Leistungsfähigkeit beruht, nicht relevant sein.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.