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Dieses Thema hat 16 Antworten
und wurde 1.879 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.000

12.10.2017 12:54
Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Ein paar Gedanken zum trennenden Element zeitgeistiger Gleichberechtigung.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

12.10.2017 13:32
#2 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Finde ich ziemlich konstruiert. Der Ursprung dieser Formulierung rührt daher, dass der Differenzfeminismus, der mittlerweile dokumentiert tot ist, das biologische und das grammatikalische Geschlecht gleichsetzt. Das ist linguistisch gesehen ziemlicher Unsinn, weil das sogenannte generische Maskulinum beide biologischen Geschlechter einschließt. Aber deutsch sein heißt ja, eine Sache um seiner selbst willen zu tun, deshalb haben die Fakten keinen gekümmert, und man hat geglaubt, damit die biologisch weiblichen angesprochenen Personen mit einzuschließen. Die Formulierung hat sich weitgehend durchgesetzt, und ist aus meiner Sicht auch nicht anders zu bewerten als Damen und Herren oder "Brüder und Schwestern" (was sehr interessant ist, weil diese Anrede in dem Zuge auch Einzug in die Anreden bei den Lesungen der Paulusbriefe gefunden hat). Wenn das auch "uniform" ist, so be it.

Dann kam irgendwann der Streit um die SchreibweisInn_en und mittlerweile sind in demjenigen Spektrum, die sich ursprünglich dafür eingesetzt haben, sowieso alle zerstritten und das biologische Geschlecht hat auch ausgedient (irgendein AfD-Mann hat da mal in einer hier enthusiastisch bejubelten Rede mal aufs Korn genommen).

Aber wo ist das Problem? Mit Deiner Interpretation machst Du Dir genau diese vulgärsoziologische These zu eigen (Sprache bestimmt das Denken), die das Ganze erst hervorgebracht hat. Wenn Du mich fragst, bestimmt die Gewohnheit die Sprache. Und es gibt in allen Teilen des politischen Spektrums so viele geradezu schreiend dumme Leerphrasen, dass ich mich wirklich frage, warum ausgerechnet in "Wählerinnunwähler" so ein Empörungspotenzial liegen sollte...

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.870

12.10.2017 14:44
#3 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Mit Deiner Interpretation machst Du Dir genau diese vulgärsoziologische These zu eigen (Sprache bestimmt das Denken), die das Ganze erst hervorgebracht hat. Wenn Du mich fragst, bestimmt die Gewohnheit die Sprache.
Das schließt sich beides ja nicht aus. Vielmehr folgt aus beidem zusammen, daß auch die Gewohnheit das Denken mitbestimmt, was ja unstreitig wahr ist: Menschen und Bären sowie Bärinnen sind Gewohnheitstiere.

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Und es gibt in allen Teilen des politischen Spektrums so viele geradezu schreiend dumme Leerphrasen, dass ich mich wirklich frage, warum ausgerechnet in "Wählerinnunwähler" so ein Empörungspotenzial liegen sollte...
Ja, "Inhalte überwinden" ist denn auch eine Parole der PARTEI (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative). Ziemlich treffend.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.000

12.10.2017 14:47
#4 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
ist aus meiner Sicht auch nicht anders zu bewerten als Damen und Herren
Es ist ähnlich und doch wieder nicht. Ähnlich ist es, da es ebenfalls ohne inhaltliche Notwendigkeit trennt und das wird, würde ich vermuten, bei der Entstehung dieser Formulierung einen Grund gehabt haben. Unähnlich ist es, weil es (zumindest würde ich so vermuten, bin aber kein Sprachwissenschaftler) nicht als Ersatz für eine vorhandene, generische Form "geschaffen" wurde.

Mit dem Gebrauch von generischen Formen (wie Publikum, Hörer, Anwesende oder auch Wähler etc.), kann man sich jederzeit entscheiden, ob man trennen mag oder nicht. Es fällt eben auf, dass aktuell jeder trennen mag. Warum auch immer. Meine Gedanken dazu könnten, müssen aber nicht stimmen.


Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Aber wo ist das Problem? [...] warum ausgerechnet in "Wählerinnunwähler" so ein Empörungspotenzial liegen sollte
Ich habe kein Problem und mich auch nicht empört. Liest sich das so? Es sind meine Gedanken zu einem "trennenden Element" bei etwas, dass man als Gleichberechtigung (und vielleicht sogar "Wir Gefühl") versteht. Ich habe beschrieben, warum es mich persönlich mal amüsiert und mal nerft und warum ich persönlich es falsch finde. Ich finde dabei dieses dezidierte Bestehen auf Unterscheidung entlarvend.


Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Mit Deiner Interpretation machst Du Dir genau diese vulgärsoziologische These zu eigen (Sprache bestimmt das Denken)
Ich interpretiere es nicht so, dass Sprache das Denken bestimmt. Ich interpretiere es (umgekehrt) so, dass inhaltliche Zuschreibungen (über Sprache) Ausdruck des Denkens sind. Welche Sprache dabei gewählt wird, ist völlig gleichgültig.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

12.10.2017 22:58
#5 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #4

Zitat von Meister Petz
#2 ist aus meiner Sicht auch nicht anders zu bewerten als Damen und Herren
Es ist ähnlich und doch wieder nicht. Ähnlich ist es, da es ebenfalls ohne inhaltliche Notwendigkeit trennt und das wird, würde ich vermuten, bei der Entstehung dieser Formulierung einen Grund gehabt haben. Unähnlich ist es, weil es (zumindest würde ich so vermuten, bin aber kein Sprachwissenschaftler) nicht als Ersatz für eine vorhandene, generische Form "geschaffen" wurde.

Ich teile zwar Deine Abneigung gegen dieses formelhafte Herunterbeten, würde dahinter aber nicht mehr als das Bemühen um politische Korrektheit vermuten. Was ein Unterschied ist zu "Damen und Herren" - das sagt man nämlich aus Höflichkeit. Auch so eine konservative Sekundärtugend. Mit der sich allerdings kaum KZs betreiben lassen.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

13.10.2017 02:13
#6 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

OK, lieber n_s_n, ich glaube jetzt zu verstehen, worauf Du rauswillst. Ich bin aber nach wie vor der Ansicht, dass Deine Vorstellung, wie Sprache funktioniert, Dich hier in die Irre führt.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #4
Mit dem Gebrauch von generischen Formen (wie Publikum, Hörer, Anwesende oder auch Wähler etc.), kann man sich jederzeit entscheiden, ob man trennen mag oder nicht. Es fällt eben auf, dass aktuell jeder trennen mag. Warum auch immer. Meine Gedanken dazu könnten, müssen aber nicht stimmen.

Vielleicht (d.h. aus meiner Sicht heraus ziemlich sicher) stimmt auch die Prämisse einfach nicht. Ich erkläre Dir, warum. Du sprichst hier von "Trennen", und im nächsten Absatz schreibst Du:

Zitat
Ich finde dabei dieses dezidierte Bestehen auf Unterscheidung entlarvend.


Nun komme ich ja, wie Du vielleicht weißt, von der Philosophie her, und da lernt jeder Grundstudent eine fast schon als golden zu bezeichnende Regel, die lautet: "Unterscheiden heißt nicht trennen".

Und daher kommt auch die ursprüngliche Idee dahinter: Eine Unterscheidung trennt eben nicht, sondern schließt ein, indem sie jeden der unterschiedenen Teile sozusagen in its own right abhandelt. Ich stimmt Dir zwar zu, dass bei dem "Wählerinnen und Wähler"-Beispiel im Grunde kein Bedarf besteht einzuschließen (weil der angenommene und zu beseitigende Ausschluss auf einer Fehlinterpretation des generischen Maskulins beruht). Aber die Idee einer Trennung gibt die Entwicklungsgeschichte hier einfach nicht her.

Einem Naturwissenschaftler oder Ingenieur mag das völlig absurd erscheinen (nicht umsonst hieß beispielsweise die Chemie früher im Deutschen "Scheidekunst"), und für ihn kann eine Rede von "Wählerinnen und Wählern" nur eine Trennung bedeuten, gerade wie wenn ein Mensch im Restaurant eine Zweidrittelmischung aus Wasserstoff und Sauerstoff bestellt.

Das - verbunden mit deinem deterministischen Sprachverständnis

Zitat
Ich interpretiere es (umgekehrt) so, dass inhaltliche Zuschreibungen (über Sprache) Ausdruck des Denkens sind. Welche Sprache dabei gewählt wird, ist völlig gleichgültig.


bringt Dich zu dieser Interpretation.

Nun ist es aber so, dass die Sprache eben nicht oder nur zu einem nicht hinreichenden Teil durch inhaltliche Zuschreibungen konstituiert wird, sondern durch den Gebrauch (eine gängige Definition für "Bedeutung" ist "akzeptierte Gebräuchlichkeit"). Gerade Anreden und Floskeln sind ein wunderschönes Beispiel dafür, nimm einmal das Wort "Hallo". Dieses Wort hat keine inhaltliche Bedeutung, aber durch den Gebrauch wird es - kontextabhängig - verständlich. Bei Floskeln verhält es sich ähnlich - sie sind in der Regel ein Automatismus, der von der inhaltlichen Zuschreibung völlig entkoppelt funktioniert. Nimm mal eine Floskel wie "mit Herz und Verstand". Nach Deinem Sprachverständnis wäre eine klarere Trennung nicht möglich. Die Tatsache, dass es sich um eine Floskel handelt sowie der akzeptierte Kontext, in dem sie gebraucht wird, zeigen aber genau das, was ich oben geschrieben habe. Man kann zwar "Herz" und "Verstand" unterscheiden, aber nicht trennen, denn der Kontext beschreibt ja gerade das Verhalten einer Person in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise. Oder noch eindeutiger: "Lug und Trug" - hier handelt es sich um eine dermaßen floskelhafte Formulierung, dass sie nicht mal getrennt Sinn ergibt. Natürlich kann man zwischen Lüge und Betrug unterscheiden, die Floskel aber verschmilzt beides. Und so ist es mit den "Wählerinnen und Wählern" auch - die Formulierung hat sich in den letzten ca. 25 Jahren so gefestigt, dass sie völlig abgekoppelt von der inhaltlichen Zuschreibung funktioniert. Drum muss man auch nicht enttäuscht sein, wenn sogar AfD-Politiker sie benutzen - denn - und das will ich durchaus wörtlich verstanden wissen - sie meinen es ja nicht so.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

13.10.2017 02:26
#7 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #5
Ich teile zwar Deine Abneigung gegen dieses formelhafte Herunterbeten, würde dahinter aber nicht mehr als das Bemühen um politische Korrektheit vermuten. Was ein Unterschied ist zu "Damen und Herren" - das sagt man nämlich aus Höflichkeit.

Auch hier lohnt ein Blick in die Ideengeschichte - die Ursprünge der PC in den USA waren nichts anderes als Höflichkeit - nämlich zu versuchen, keinem Anderen durch den Gebrauch von negativ konnotierten Formulierungen hinsichtlich einer Gruppenzugehörigkeit weh zu tun. Das ist meiner Ansicht nach sehr ehrenwert. Allerdings hat sich im Lauf der Zeit eine Instrumentalisierung entwickelt, die nicht mehr das Ziel hat, die Minderheit zu schützen, sondern die Mehrheit zu kontrollieren.

Gruß Petz.

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.000

13.10.2017 10:01
#8 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #6
Nun komme ich ja, wie Du vielleicht weißt, von der Philosophie her, und da lernt jeder Grundstudent eine fast schon als golden zu bezeichnende Regel, die lautet: "Unterscheiden heißt nicht trennen".
Danke lieber Petz für deine Erläuterungen vom Fach. Es macht immer wieder Spaß zu lernen und vor allem für mich erscheint diese Einsicht neu und lehrreich. Wenn ich es richtig verstehe ist mit dieser "goldenen Regel der Philosophie" gesagt, dass Unterscheidung keine hinreichende Bedingung für Trennung ist. Eine notwendige Bedingung bleibt es aber, oder? Meine Argumentation/Gedanken wäre dann nicht notwendig richtig, sondern nur als Spekulation möglich.

Warum ich diese, meine Spekulation intuitiv für nicht ganz falsch halte, liegt an dem schlechten Leumund die der Mann in unserer Gesellschaft an vielen Stellen hat. Die Schlechtigkeit des (weißen) Mannes wird in vielerlei Zusammenhängen der öffentlichen Debatten immer wieder (zumindest unterschwellig) thematisiert. Im Grundsatzprogramm der SPD von 2007 findet sich gar der Satz, „wer die menschliche Gesellschaft will, muß die männliche überwinden.“

Dieses Axiom, zusammen mit der Beobachtung, dass eine generische Form durch eine dipolare ersetzt wurde, legt für mich die Vermutung nahe, dass beides miteinander zu tun hat. Sie ist, wie ich jetzt gelernt habe keine stringente Ableitung aus der Sprachnutzung, deswegen aber nicht notwendiger Weise falsch.


Zitat von Meister Petz im Beitrag #7
Allerdings hat sich im Lauf der Zeit eine Instrumentalisierung entwickelt, die nicht mehr das Ziel hat, die Minderheit zu schützen, sondern die Mehrheit zu kontrollieren.
Ich persönlich habe das Gefühl, dass genau so ein Schuh daraus wird. Natürlich sind die "Wählerinnen und Wähler" eine Floskel. Allerdings eine PC Floskel und sie erscheint mir als der Versuch einer Minderheit, die Mehrheit der Menschen zu kontrollieren, bzw. das eigene Denken in der Nutzung der Sprache zu manifestieren. Ob das erfolgreich ist? Schwierige Frage. Zum einen determiniert Wahrnehmung und Sprache des Denken in einem Gewissen Rahmen. Wir können nicht denken, was ausserhalb unser Wahrnehmung, Erfahrung und Vorstellung liegt. War es nicht Schopenhauer, der sich damit philosophisch beschäftigte? Andererseits erscheint es mir unsinnig anzunehmen, dass jede sprachliche Manifestation von Denken in der Sprache das Denken anderer notwendig beeinflußt.

In diesem Fall würde ich jetzt, wie du auch, daher eher vermuten, dass die Menschen denken wie eh und je und nur eine neue Floskel nutzen. Trotzdem nerft mich diese Floskel. Zumindest weil ich sie persönlich als ästhetische Zumutung empfinde. Und sie belustigt mich irgendwie, weil sie die angeblich Progressiven als neumodische Kniggespießer outet.


Zitat von Meister Petz im Beitrag #6
Drum muss man auch nicht enttäuscht sein, wenn sogar AfD-Politiker sie benutzen
Wer sollte enttäuscht sein?

Ich bin es nicht, sondern habe nur festgestellt, dass die, die sich an allen Stellen über den Zeitgeist empören, seine Regeln willig leben. Der AfDler wird es nicht sein, da er sein Verhalten ändern könnte, um seine Enttäuschung zu überwinden. Und du bist es doch ganz sicher nicht, oder?

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

13.10.2017 11:43
#9 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #8
Zitat von Meister Petz im Beitrag #6
Nun komme ich ja, wie Du vielleicht weißt, von der Philosophie her, und da lernt jeder Grundstudent eine fast schon als golden zu bezeichnende Regel, die lautet: "Unterscheiden heißt nicht trennen".
Danke lieber Petz für deine Erläuterungen vom Fach. Es macht immer wieder Spaß zu lernen und vor allem für mich erscheint diese Einsicht neu und lehrreich. Wenn ich es richtig verstehe ist mit dieser "goldenen Regel der Philosophie" gesagt, dass Unterscheidung keine hinreichende Bedingung für Trennung ist. Eine notwendige Bedingung bleibt es aber, oder? Meine Argumentation/Gedanken wäre dann nicht notwendig richtig, sondern nur als Spekulation möglich.

Ja natürlich, wenn man zwei Dinge trennen will, muss man sie hinsichtlich irgendeinen Kriteriums unterscheiden können. Das ist trivial. Allerdings gibt es ja, wie ich anhand der Entwicklung dieser Formulierung versucht habe aufzuzeigen, keinen Hinweis dafür, dass sie stimmt, dagegen sehr viele dafür, dass sie nicht stimmt.

Zitat
Warum ich diese, meine Spekulation intuitiv für nicht ganz falsch halte, liegt an dem schlechten Leumund die der Mann in unserer Gesellschaft an vielen Stellen hat. Die Schlechtigkeit des (weißen) Mannes wir in vielerlei Zusammenhängen der öffentlichen Debatten immer wieder (zumindest unterschwellig) thematisiert. Im Grundsatzprogramm der SPD von 2007 findet sich gar der Satz, „wer die menschliche Gesellschaft will, muß die männliche überwinden.“

Dieses Axiom, zusammen mit der Beobachtung, dass eine generische Form durch eine dipolare ersetzt wurde, legt für mich die Vermutung nahe, dass beides miteinander zu tun hat. Es ist, wie ich jetzt gelernt habe keine stringente Ableitung aus der Sprachnutzung, deswegen aber nicht notweniger Weise falsch.


Der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität ist Dir aber bekannt, oder? Vor allem bei so abenteuerlichen Rückschlüssen sollte er dringend ausreichend berücksichtigt werden.

Zitat
Natürlich sind die "Wählerinnen und Wähler" eine Floskel. Allerdings eine PC Floskel und sie erscheint mir als der Versuch einer Minderheit, die Mehrheit der Menschen zu kontrollieren, bzw. das eigene Denken in der Nutzung der Sprache zu manifestieren. Ob das erfolgreich ist? Schwierige Frage.


Siehst Du, und ich argumentiere, dass sie (und deshalb komme ich auf die AfD) mittlerweile keine PC-Floskel mehr ist, auch wenn sie ursprünglich eine war. Deshalb und ganz allgemein bin ich auch relativ gelassen, was die Erfolgsaussichten der angenommenen "Sprachkontrolleure" angeht. Im übrigen hat das ganze ja eine geradezu erbärmliche Doppelmoral, denn: Sprachkontrolle ist - eben weil Menschen zu allen Zeiten an ihre Wirkmächtigkeit geglaubt haben - ein allgegenwärtiges Phänomen. Eltern kontrollieren die Sprache ihrer Kinder ("Das sagt man nicht!"), Religionen schaffen Tabus, jegliche Art von peer groups schafft ihre eigenen Codes, Jargons usw. . Das fällt einfach unter Konventionen, und jegliche Art von Konventionen haben natürlich ein soziales und damit auch politisches Kontrollpotenzial. Was dann passiert, ist auch nur menschlich: Die eigenen Regeln und Kontrollen werden als sinnvoll, konstruktiv, ja unabdingbar bezeichnet, die der "Gegenseite" als Manipulation und Gängelung.

Zitat
Zum einen determiniert Wahrnehmung und Sprache des Denken in einem Gewissen Rahmen. Wir können nicht denken, was ausserhalb unser Wahrnehmung, Erfahrung und Vorstellung liegt. War es nicht Schopenhauer, der sich damit philosophisch beschäftigte? Andererseits erscheint es mir unsinnig anzunehmen, dass jede sprachliche Manifestation von Denken in der Sprache das Denken anderer notwendig beeinflußt


Vor allem, wenn es - wie bei der Floskel evident - keine Manifestation des Denkens ist, weil gar kein Inhalt vorhanden ist.

Nun grundsätzlich: Ja, natürlich funktioniert unser Erkenntnisapparat nur innerhalb gewisser Grenzen und nach gewissen Regeln. Schon Phänomene, die über die gängige zweiwertige Aussagenlogik hinausgehen, erfordern eine ziemliche geistige Anstrengung (hier habe ich ein schönes Beispiel aus der Physik, das zu meinen vorigen Ausführungen noch besser passt: Du kannst im Doppelspaltexperiment eine Welle und ein Teilchen unterscheiden, aber versuch mal sie zu trennen ). Aber so what? So faszinierend es auch ist, sich auf einer theoretischen Ebene mit dem Verhältnis Denken-Sprache-Erkenntnis zu beschäftigen - ich bin der ziemlich festen Überzeugung, dass die politische Instrumentalisierbarkeit weit weit überschätzt wird.
Übrigens gab es hier schon mal eine ziemlich heiße Diskussion zu dem Thema. Doppelzitat des Tages: Differenzierung und Pauschalisierung (2)

Zitat
In diesem Fall würde ich jetzt, wie du auch, daher eher vermuten, dass die Menschen denken wie eh und je und nur eine neue Floskel nutzen. Trotzdem nerft mich diese Floskel. Zumindest weil ich sie persönlich als ästhetische Zumutung empfinde.


Sicher, dass es nur eine ästhetische Zumutung ist? Bei dem, was Du alles an Ideologie reininterpretierst, die allem Anschein nach gar nicht drinsteckt?

Zitat
Und sie belustigt mich irgendwie, weil sie die angeblich Progressiven als neumodische Kniggespießer outet.


Ja natürlich, das ist aber bekannt und sogar gut erforscht, dass es gerade in den sogenannten "alternativen" Kreisen (z. B. Wohnprojekte etc.) so rigide soziale Kontrollen gibt, dass ein Kartäuserkloster im Vergleich deutlich hippiehafter erscheint.

Zitat

Zitat
Drum muss man auch nicht enttäuscht sein, wenn sogar AfD-Politiker sie benutzen

Wer sollte enttäuscht sein?



Ich habe mich nur daran erinnert, dass das hier schon mal Thema war (anlässlich irgendeiner Wahltalkshow), leider habe ich das Zitat nicht mehr gefunden.

Jedenfalls gehen die AfDler diesem Unsinn total auf den Leim - angefangen mit Frau Petrys Idee, den Begriff "völkisch" wieder positiv zu besetzen. Und natürlich geht es da nicht um "Sprachfreiheit", sondern um die Umwendung der Sprachkontrolle in die eigene Richtung. Das setzt aber eben voraus, dass sie der überschätzten Wirkmächtigkeit folgen.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

13.10.2017 12:08
#10 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von n_s_n im Blog
Männer und Frauen sind Individuen mit gleichen Rechten. Nicht mehr und nicht weniger.



Kleine Korrektur aus meiner Sicht, wenn Sie erlauben, lieber n_s_n :

Es müsste doch heißen, dass sie es sein SOLLEN und nicht, dass sie es sind, oder? Das ist m.E. ein ziemlich bedeutender Unterschied und keineswegs beckmesserisch.

Dass das Sollen an dieser Stelle sozusagen in Fleisch und Blut (um mal einen Ausdruck gemäß dem von Meister Petz beschriebenen Modell zu verwenden) übergegangen ist, so dass es fälschlicherweise mit dem Sein gleichgesetzt wird, beruht wesentlich auf den Erfolgen LINKER (jedenfalls überwiegend) Politik, wie z.B. betreffend das Wahlrecht oder den berühmten kurz und knapp formulierten Grundgesetzartikel, den in dieser Form (weil ohne Hintertürchen) die Konservativen im Parlamentarischen Rat nicht haben wollten.

Als die erste Ministerin (in diesem Fall darf man das vermutlich so sagen), als Frau Schwarzhaupt also anno 1961 an der ersten nicht nur männlichen Kabinettssitzung der Nachkriegszeit teilnahm, musste Adenauer betreffend der als selbstverständlich empfundenen Ansage "meine Herren" noch üben. Er schlug eine Interpretation vor, die sich fürderhin allerdings bei diesen und ähnlichen Gelegenheiten nicht durchgesetzt hat, obschon man - mit einigen Verrenkungen - ja auch sagen könnte, dass der Terminus "Herr" von der natürlichen Geschlechtlichkeit losgelöst zu betrachten sei und etwaige Herrinnen inkludiert sind. Das scharfe Trennen von Genus und Sexus hat halt so seine Probleme, denn dass das natürliche Geschlecht mit dem Genus in der Sprache rein überhaupt nix zu tun hätte, wäre m.E. eine allzu gewagte These und die Dominanz des maskulinen Genus zeigt auch wiederum, dass die Gleichberechtigung der Frau kein Sein, sondern ein Sollen ist, so wie Sprache überhaupt nicht "neutral" in Bezug auf die Welt ist, sondern allemal Bewertungen in sich trägt. Daran rumzuwerkeln hat jedenfalls nix Blasphemisches an sich.

Klar, bezüglich der In-Form kann man zwar schon sagen, dass das nicht unbedingt sein müsste (so wie auch die Gleichberechtigung der Frau insgesamt nicht unbedingt sein müsste), mitunter 'n bissl penetrant daherkommt, mitunter auch ganz lustig *) , aber es könnte sich andererseits auch lediglich um eine Frage des respektvollen Umgangs handeln, so dass man sich ideologisch ganz ohne Magenschmerzen locker machen könnte, eigentlich. In der DDR (in diesem Fall offenbar vorbildlich) wurde das angehängte In übrigens streng vermieden. An der Stelle könnte es ideologisch schwierig werden, falls der**) eine oder andere der Obsession folgen sollte, dass alles, was nur entfernt nach rot-grün, irgendwie prenzlauer-Berg-mäßig oder eben linksparteihaft riecht hoch-verdächtig ist und eigentlich nur Schweinkram sein kann. In diesem Fall kann man der Linkspartei jedenfalls mal nicht vorwerfen, dass sie an DDR-Traditionen festhält, also gar nitt so einfach alles.

*) das zum Beispiel, wenn es etwa auf Gewerkschaftstagungen ansprachemäßig "liebe Kollegen und Kollegen" heißt, weil die flotte Zunge an dieser Stelle mitunter streikt.

**) der/die muss es natürlich heißen


lich
Dennis

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.10.2017 12:56
#11 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #10
... musste Adenauer betreffend der als selbstverständlich empfundenen Ansage "meine Herren" noch üben.

Hätte er eigentlich nicht üben müssen - denn grundsätzlich war die Situation nicht neu (nur im Kabinett) und die Anrede "Damen und Herren" seit Generationen üblich (insbesondere z. B. im Parlament).

Zitat
obschon man - mit einigen Verrenkungen - ja auch sagen könnte, dass der Terminus "Herr" von der natürlichen Geschlechtlichkeit losgelöst zu betrachten sei und etwaige Herrinnen inkludiert sind.


Das wären aber ebenso realitäts- wie sprachferne Verrenkungen wie heute umgekehrt die der Feministinnen.
Denn es gibt in der deutschen Sprache durchaus einige Bezeichnungen, bei denen ist das natürliche Geschlecht fest verdrahtet und "Herr" gehört deutlich dazu. Man könnte auch nicht behaupten, daß "Mann" jemals als geschlechtsneutrale Bezeichnung für eine Person beliebigen Geschlechts verwendbar wäre.

Florian Offline



Beiträge: 3.162

13.10.2017 15:59
#12 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #11

Zitat
obschon man - mit einigen Verrenkungen - ja auch sagen könnte, dass der Terminus "Herr" von der natürlichen Geschlechtlichkeit losgelöst zu betrachten sei und etwaige Herrinnen inkludiert sind.

Das wären aber ebenso realitäts- wie sprachferne Verrenkungen wie heute umgekehrt die der Feministinnen.
Denn es gibt in der deutschen Sprache durchaus einige Bezeichnungen, bei denen ist das natürliche Geschlecht fest verdrahtet und "Herr" gehört deutlich dazu. Man könnte auch nicht behaupten, daß "Mann" jemals als geschlechtsneutrale Bezeichnung für eine Person beliebigen Geschlechts verwendbar wäre.



Kleiner sprachgeschichtlicher Exkurs:

Es gibt hier einen interessanten Wandel, wie man Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts richtig bezeichnet.

Früher einmal war das (sprachlich neutrale) Gegensatzpaar Mann<->Weib.
Wenn man die Person besonders ehrenvoll bezeichnen wollte (etwa einen Adligen), dann verwendete man das Gegensatzpaar Herr<->Frau

Das hat sich aber gewandelt. Wen man heute eine Person mit "Weib" bezeichnet, dann ist das eine Beleidigung.
Das sprachlich neutrale Gegensatzpaar ist heutzutage: Mann<->Frau.
Und die besonders ehrenvolle Bezeichnung ist: Herr<->Dame
(Weil es im ursprünglichen Deutschen keine Steigerungsform von "Frau" gab, musste man diese als "Dame" erst aus dem Französischen importieren).

Schon interessant, dass es bei der Bezeichnung von weiblichen Personen zu dieser Abwärtsspirale kam (bei der das einst neutrale "Weib" heute schon beleidigend wirkt), bei männlichen Personen hingegen nicht.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.870

13.10.2017 17:09
#13 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #11
Man könnte auch nicht behaupten, daß "Mann" jemals als geschlechtsneutrale Bezeichnung für eine Person beliebigen Geschlechts verwendbar wäre.
Nur im Sonderfall Hauptmann. Anrede bei weiblichen Offizieren dieses Dienstgrades: "Frau Hauptmann". Plural: Hauptleute.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.10.2017 17:45
#14 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #12
Wenn man die Person besonders ehrenvoll bezeichnen wollte (etwa einen Adligen), dann verwendete man das Gegensatzpaar Herr&lt;-&gt;Frau

Richtig. Oder noch detaillierter: Die mittelalterliche Anrede für einen Edelherrn war "Fro" (davon abgeleitet Baron, Frondienst oder Fronleichnam), die weibliche Variante war "Frouwe".

Zitat
Wenn man heute eine Person mit "Weib" bezeichnet, dann ist das eine Beleidigung.


Und es ist m. W. bis heute unklar, wieso es zu dieser Bedeutungsabwertung kam.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.10.2017 17:48
#15 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #13
Nur im Sonderfall Hauptmann. Anrede bei weiblichen Offizieren dieses Dienstgrades: "Frau Hauptmann".

Witzig. Im Zivilleben steht der Dienstrangbezeichnung "Amtmann" die "Amtfrau" gegenüber.

Zitat
Plural: Hauptleute.


Das verstehe ich nun gar nicht. Wenn man schon "Mann" als neutrale Bezeichnung im Singular verwendet - warum dann nicht auch "Hauptmänner" im Plural?

ffreiberger Offline




Beiträge: 130

13.10.2017 18:07
#16 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von R.A.
Witzig. Im Zivilleben steht der Dienstrangbezeichnung "Amtmann" die "Amtfrau" gegenüber.


Aus einem Gespräch, das ich vor vielen Jahren einmal geführt habe, ist mir in Erinnerung geblieben, dass es auch die offizielle Bezeichnung Amtmännin für einen weiblichen Amtmann bzw. eine Amtfrau gibt.


"Wie reziprok die Freundlichkeit ist, das sagt somit etwas aus über die Offenheit einer Gesellschaft; über die Freiheit, die in ihr herrscht."
Zettel

Johanes Offline




Beiträge: 2.566

28.12.2017 11:59
#17 RE: Von Wählerinnen und Wählern Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #10
Dass das Sollen an dieser Stelle sozusagen in Fleisch und Blut (um mal einen Ausdruck gemäß dem von Meister Petz beschriebenen Modell zu verwenden) übergegangen ist, so dass es fälschlicherweise mit dem Sein gleichgesetzt wird, beruht wesentlich auf den Erfolgen LINKER (jedenfalls überwiegend) Politik, wie z.B. betreffend das Wahlrecht oder den berühmten kurz und knapp formulierten Grundgesetzartikel, den in dieser Form (weil ohne Hintertürchen) die Konservativen im Parlamentarischen Rat nicht haben wollten.


Sie können es so oft schreiben wie Sie wollen und mit Smilie. Es wird dadurch nicht wahrer.
Die Idee des Frauenwahlrechts begann eigentlich schon viel früher und war Teil der allgemeinen Emanzipationsbewegungen, die sich während der Aufklärung und später Bahn brachen.
Wie ich mit dem Beispiel J. S. Mills bereits bewiesen habe: Lange bevor Linke den Feminismus für sich entdeckt hatten, war diese eine "liberale" Bewegung. (Wobei, früher waren die Liberalen eben die Linken ihrer Zeit.) Früher hatte man das eben "radikal" oder anders, aber die Liberalen stehen streng genommen in der Tradition genau dieser Bewegungen. Natürlich kann auch die Linke sich darauf berufen, nur ist der Fall dort etwas komplexer.

Dass die meisten heutigen reinen Wirtschaftsliberalen eher weniger mit diesen Emanzipationsbewegungen assoziiert werden und es z. T. überlagerungen zur konservativen Sphäre gibt, ist geschenkt. Das ist aber auch keine große Überraschung. Wer im 19. Jahrhundert für die Gleichberechtigung aller Menschen, also der Gleichheit von Bürger und Adel oder von Stadtbewohnern mit Leuten auf den Lande, gekämpft hat, der hat heute eigentlich schon gewonnen. Er kann nur noch Details verbessern und wird diese Errungenschaften großenteils nur noch verteidigen müssen.
Allerdings halte ich die Verengung des Liberalismus auf einen reinen Wirtschaftsliberalismus für ein Problem.

Das liegt schon daran, dass reiner Wirtschaftsliberalismus auch für solche politischen Ideen wie Islamismus oder der kommunistischen Partei Chinas anschlussfähig sind.

Das Frauenwahlrecht wurde im Rahmen des 1. Weltkriegs in den meisten Ländern der Welt eingeführt. Sowohl in Deutschland als auch in den USA als auch in England usw.
Wenn in Deutschland Linke eine Rolle gespielt haben mögen, so ist das eben ein Sonderfall. In Übrigen haben die Linken ohnehin viel vom alten Liberalismus übernommen. Etwa das emanzipatorische Moment oder die Gleichheitsidee. Dabei zeigen die Linken allerdings auch häufig eine Affinität zu reaktionären Ideen: Foucault und die "islamische Revolution", Marx kommunistisches Manifest, der "utopische Sozialismus", Rousseaus Philosophie und einige Formen des Kulturrelativismus.
Schließlich gingen einigen Linke soweit, in Theorie und Praxis die Meinungsfreiheit abzulehnen.

Zitat
Klar, bezüglich der In-Form kann man zwar schon sagen, dass das nicht unbedingt sein müsste (so wie auch die Gleichberechtigung der Frau insgesamt nicht unbedingt sein müsste)[...]



Ich weiß, dass der in Klammern eingeschobene Satz auch anders interpretiert werden könnte, aber dennoch:
Die Emanzipation der Frau hängt nicht daran, dass man immer "Bürgerinnen und Bürger" sagt.
Diese "SchreibweisInn" kann durchaus als unästhetisch empfunden werden.

Zitat
An der Stelle könnte es ideologisch schwierig werden, falls der**) eine oder andere der Obsession folgen sollte, dass alles, was nur entfernt nach rot-grün, irgendwie prenzlauer-Berg-mäßig oder eben linksparteihaft riecht hoch-verdächtig ist und eigentlich nur Schweinkram sein kann.



Wie Sie an dieser Stelle richtig bemerken, ist ein Punkt der heutigen politischen Auseinandersetzung wohl auch eine Sache der "Tendenz".
Es geht darum, worüber man sich aufregt, was man für wichtig hält usw.

Ein Linker würde wahrscheinlich niemals darüber klagen, dass die Bürger entmündigt werden durch zuviel öffentliche Fürsorge. Für die meisten Liberalen dagegen ist die bloße Ungleichverteilung von Eigentum kein Skandal.
Für einen Linken dagegen ist es schon ein Skandal, dass eine Ungleichheit besteht. Selbst wenn für alle Beteiligten genug zum Leben, ja sogar einen gewissen Wohlstand haben.

In Übrigen gilt das auch für Konservativ vs. Liberal: Für einen Konservativen ist es ein großes Thema, dass gleichgeschlechtliche Paare jetzt offiziell Heiraten dürfen. Die Ehe muss zwischen Mann und Frau stattfinden.
Der Liberale sieht das eher gelassen. Wer es wirklich nicht ertragen kann, dass auch zwei Männer Eheleute sind, der kann ja in Gedanken immer zwischen eigentlichen Ehen zwischen Mann und Frau und uneigentlichen Ehen unterscheiden. Das mit der Adoption? Nun, wenn es alle Beteiligten so akzeptieren und es niemanden schädigt, wo soll das Problem sein?

Als Liberaler in diesem Sinne kommt man sich allerdings in Deutschland ziemlich allein vor.

Mit emanzipatorischen Grüße,

Johanes.

 Sprung  



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