So ein richtig singulares "they" ist es ja nicht einmal.
Zitat von wikipediaDillon identifies as pansexual, stating they have been attracted to multiple genders.
"They have", nicht "they has".
Zitat von IMDbThey are known for playing Brandy Epps in Orange Is the New Black (2013) and Taylor Mason in Billions (2016).
"They are", nicht "they is". Es handelt sich also grammatikalisch gesehen eher um eine Parallelbildung zum Majestäts- oder Höflichkeits-Plural. Für uns Deutsche sollte aber die Bezeichnung einer einzelnen Person durch einen grammatikalischen Plural nichts neues sein, finden Sie nicht auch?
Ich erinnere da nur noch an die etwas altertümlichen Höflichkeitsformen "Euer", "Eure" und "Euch", auch im Plural, nicht wahr, Euer Hochwohlgeboren? In der direkten Anrede gerne auch "Ihr" - Was verschweigt Ihr, Baron von Kladderadatsch?
Wobei das ja nun Höflichkeitsformen sind und explizit nicht das Geschlecht betonen, sondern den sozialen Status bzw. den Respekt gegenüber dem Gegenüber.
Gleichwohl ist der wesentliche Punkt in Llarians Polemik ja der, dass hier Personen durchsetzen wollen, wie andere sie anzureden, mithin wahrzunehmen haben. Die Übertragung des Pippi-Langstrumpf-Prinzip ins Zivilleben, möglichst noch gesetzlich geregelt (Ansätze dazu gibt es ja, meist in Universitäten). Und das ist die eigentliche Gefahr, die davon ausgeht.
Falls mir eine kleine Randbemerkung zu der Serie gestattet ist:
Es wundert mich ehrlichgesagt, dass der ÖR noch nicht auf die Idee gekommen ist sich die Rechte an der Serie zu sichern und dann in der ARD auszustrahlen. Würde aufgrund des erzieherischen Werts jedenfalls perfekt in deren Beuteschema passen:
Kriminelle, arrogante Börsengurus, zwielichtige (und deshalb selbstverständlich: amerikanische) Staatsdiener, zwei starke und moralisch fast makellose Frauen als treibende Kräfte hinter den unsympathischen, kaukasisch-männlichen Antagonisten, und dann noch der nicht-binäre Charakter... klingt schon sehr stark nach dem Traum eines jeden Tatort-Produzenten. Nur dass die das niemals so gut hinbekommen würden, selbst mit dem 10-fachen Budget. Wäre doch mal ne Idee.
Gruß, Fonzo
P.S.: Die Serie ist m.W. übrigens überaus beliebt in der amerikanischen Hedgefonds-Industrie... vermutlich weil der ein oder andere Charakter der Serie recht nah an diverse reale Personen angelehnt ist die jeder hasst der mal mit ihnen zu tun hatte...
Zitat von Fluminist im Beitrag #2So ein richtig singulares "they" ist es ja nicht einmal.
Ich glaube die wissen selber noch nicht so richtig damit umzugehen. In dem von Ihnen genannten Beispiel kann man natürlich auch den pluralis majestatis sehen (gibts den im Englischen überhaupt in der Form?), aber das ist eher Zufall. Ebenso in der Einleitung des Wikipedia Artikels wird explizit auf das singuläre They verwiesen und folgt man dem Link ist da auch einiges zu aufgeführt. Ebenso merkt man das man im weiteren Text versucht die Form ganz zu vermeiden, und sehr oft (unüblich oft) den Namen verwendet. Es gibt sozusagen eine Forderung aber die Jünger arbeiten selber noch daran.
Zitat Für uns Deutsche sollte aber die Bezeichnung einer einzelnen Person durch einen grammatikalischen Plural nichts neues sein, finden Sie nicht auch?
Im Deutschen ist es halt Zufall, dass die Singular und Pluralformen in der Anrede zusammenfallen. Das klappt aber schon in der Beschreibung nicht. "Ich lief die 100 Meter in 12 Sekunden" / "Er lief die 100 Meter in 12 Sekunden" / "Sie lief die 100 Meter in 12 Sekunden" / "Sie liefen die 100 Meter in 12 Sekunden". Und dann eben nicht-binäres Gederdeutsch: "Sie lief die 100 Meter in 12 Sekunden". Ist das jetzt ein singläres "Sie"? Oder die 3. Person weiblicher Natur?
Außerdem haben wir noch so schöne Wortwitze wie "BundeskanzlerInnen" (seit neuestem auch "Bundeskanzler*innen") und "Professx". Da ist noch viel Raum wo der Quatsch herkommt.
Zunächst: SPOILER-Warnung. Wer die zweite Staffel noch nicht gesehen hat und noch sehen will, hört hier auf zu lesen
Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #4Falls mir eine kleine Randbemerkung zu der Serie gestattet ist: Kriminelle, arrogante Börsengurus, zwielichtige (und deshalb selbstverständlich: amerikanische) Staatsdiener, zwei starke und moralisch fast makellose Frauen als treibende Kräfte hinter den unsympathischen, kaukasisch-männlichen Antagonisten,
So unterschiedlich kann man die Welt wahrnehmen, ich finde nämlich die männlichen Protagonsten alles andere als unsympathisch (gut, ich fand auch Walter White klasse). Axelrod ist durchaus kein unmoralischer Character. Und Wags ist schon fast auf einer Ebene mit Sandor Clegane: Er ist kultiviert und gebildet, zynisch und völlig skrupellos. Und fährt in vollem Bewusstsein mit 180 auf die Betonwand zu. Und Rhoades ist eine der besten Abwandlungen von Captain Ahab seit Gregory Peck. Es sind allesamt Antihelden, aber in ihrer Tragik absolut nachvollziehbar und glaubwürdig.
Aber wer ist die zweite, moralisch fast makellose Frau?
Schwieriges Thema. Ich bin ziemlich allergisch gegen Sprachpanschereien und insbesondere gegen die Änderung von etablierten Wortbedeutungen.
Aber man muß natürlich zugeben, daß wir auch in der etablierten deutschen (und englischen) Sprache gewisse Logik-Probleme haben, die zu unnötigen Komplizierungen zwingen. Es ist nicht sinnvoll, daß für gemischte Gruppen bzw. unklare Einzelfälle generisch das Maskulinum genommen wird, während die feminine Form nur verwendet wird, wenn es eindeutig und nur Frauen sind. Explizit Männer zu benennen (wie das mir Frauen problemlos geht) ist dabei nicht möglich, und "gemischt" wirkt eben nicht neutral - das festzustellen ist kein übertriebener Feminismus. Das Problem ist halt nur, daß alle bisher vorgeschlagenen Reparaturideen überkomplizierter Murks sind, da bleibt man lieber beim Altgewohnten.
Schwierig ist es auch mit dem Anspruch, daß jemand nach seinen eigenen Vorstellungen angesprochen werden möchte. Bis zu einem gewissen Grad finde ich das ok und würde dem höflicherweise folgen (z. B. früher einmal die Frage, ob man Frau oder Fräulein als Anrede verwendet - da hat die Angesprochene das letzte Wort). Und wenn jemand mit einem schwierigen Hintergrund wie diese Schauspielerin eine logisch klare und konsistente sprachliche Lösung anbieten würde, dann würde ich das auch akzeptieren. Aber das hat halt alles Grenzen, beliebiges Pippi-Langstrumpf geht halt nicht.
Ein Thema, mit dem z.B. Ursula Le Guin (+ 22.1.2018) gerungen und ihre Meinung entwickelt hat.
Zitat von Ursula Le Guin, Steering the Craft: A Twenty-First-Century Guide to Sailing the Sea of StoryAnd here’s an example of deliberate violation of a Fake Rule: Fake Rule: The generic pronoun in English is he. Violation: “Each one in turn reads their piece aloud.” This is wrong, say the grammar bullies, because each one, each person is a singular noun and their is a plural pronoun. But Shakespeare used their with words such as everybody, anybody, a person, and so we all do when we’re talking. (“It’s enough to drive anyone out of their senses,” said George Bernard Shaw.) The grammarians started telling us it was incorrect along in the sixteenth or seventeenth century. That was when they also declared that the pronoun he includes both sexes, as in “If a person needs an abortion, he should be required to tell his parents.” My use of their is socially motivated and, if you like, politically correct: a deliberate response to the socially and politically significant banning of our genderless pronoun by language legislators enforcing the notion that the male sex is the only one that counts. I consistently break a rule I consider to be not only fake but pernicious. I know what I’m doing and why.
Da sich die Konvention, auf "they" auszuweichen, im alltäglichen Sprachgebrauch weiter auszubreiten scheint, ist es gut möglich, daß mittelfristig die singularen Pronomina he/she auf spezifische Einzelpersonen wohlbekannten Geschlechts beschränkt werden, längerfristig vielleicht der Singular der 3. Person (außer bei Gegenständen) ganz ausfällt und durch den Plural ersetzt wird. Sprachgeschichtlich abwegig wäre das nicht; schließlich hat die englische Sprache schon vor einer Weile den Singular der 2. Person (außer in ein paar der King-James-Bibel entlehnten Sprüchen) aus ähnlichen Höflichkeitsgründen verloren und durchweg durch den Plural ersetzt.
Zitat von Fluminist im Beitrag #8(...) schließlich hat die englische Sprache schon vor einer Weile den Singular der 2. Person (a...) aus ähnlichen Höflichkeitsgründen verloren und durchweg durch den Plural ersetzt.
Schwer verständlich bleibt nur, weshalb Linksaußenleute wie LeGuin so viel Wert auf Höflichkeit legen, das ist doch total bourgeois, ist es nicht? Im "they" schwingt immer noch die Zweigeschlechtlichkeit mit, "them" sozusagen als Ansammlung von he's and she's. Außerdem trennt sich unerfreulicherweise them from us.
Dabei gibt es doch das lang verdrängte "it".
"LeGuin was a feminist and a writer. It recently died." Passt! Erst das It zertrümmert die binäre Logik des Ein- und Ausgrenzens. It is everyone.
Zitat von Kallias im Beitrag #9Dabei gibt es doch das lang verdrängte "it".
An "it" dachte ich auch zuerst bei dem Problem, das sie mit dem Pronomen für gewisse fiktive ungeschlechtliche Charaktere hatte. Aber so sehr dieses Pronomen auch zur letztlichen Einordnung des Individuums als Produktions- und Konsumeinheit paßt, der allgemeine Sprachgebrauch folgt nur unvollkommen den Vorstellungen der "Linksaußenleute".
Zitat von Kallias im Beitrag #9"LeGuin was a feminist and a writer. It recently died."
Schöner wär's aber doch so: "LeGuin was a feminist and a writer. They (i.e., the feminist and the writer) recently died."
Zitat von Fluminist im Beitrag #10Aber so sehr dieses Pronomen auch zur letztlichen Einordnung des Individuums als Produktions- und Konsumeinheit paßt, der allgemeine Sprachgebrauch folgt nur unvollkommen den Vorstellungen der "Linksaußenleute".
Sie äußert sich ja recht selbstbewusst: "I consistently break a rule I consider to be not only fake but pernicious. I know what I’m doing and why." Wohin sich der allgemeine Sprachgebrauch entwickelt, könnte ihr in diesem Sinne ganz egal sein. Hätte sie begriffen, dass "it" der richtige Weg ist, hätte sie die Them-Konvention genauso tapfer brechen können wie die He-Konvention.
Wir finden übrigens den ganzen Singular falsch und schädlich, nicht nur in der zweiten und dritten Person. Warum sollten wir gegen uns selbst weniger höflich sein als gegen andere?
Ach je. Madame #grammarnazi. (Häßliches Wort, ja. Besser #Sprachantifa. Ist sowieso das Gleiche in grün.) (Nicht gewollt, aber wenn solche Leute sich im Verhau sprachlicher Regeln verheddern, ist dieses Ergebnis unvermeidbar.) Und bei ihr ist das leider ziemlich konsistent (ist eine notwendige Folge, die Flektionen, Syntax, pp., also das ganze formale Werk sprachlicher Äußerungen rückzublenden aufs Kommunizierte; Das geht weit über die bloße Semantik hinaus). Case in point: Eine Seite vorher gehts los mit
Zitat Fake Rule: Sentences beginning "There is..." are in the passive tense. Good writers never use the passive tense. ... There's no such thing as "the passive tense."
und geht subito weiter:
Zitat Bureaucrats, politicians, administrators, etc. use the "There is..." construction to abvoid taking responsibility für a statement. Here is Governor Rock Scott speaking of a hurricane threat to the Republican Convention in Florida. "There is not an anticipation that there will be a cancellation."
Und dann kommt "Fake Rule... generic pronoun = he."
Habt Ihr's gemerkt? Durch die Koppelung steht die zweite - korrekte - Feststellung unter "fake news!" durch den Strohmann "passive tense" Vorbereitet wird das durch Schritt 2: wir wissen ja, daß Politicker, und besonders Repse, schmierige Genossen sind, die Verantwortung abwälzen. Daß es sich hier um das übliche doppelplusunelegante Bürokratisch handelt, entgeht ihr wie Klemperer, der da auch seinen blinden Fleck hatte (sein Kardinalirrtum lag in der Perrhoreszierung der Substantivierung) - und daß das eben nicht die Privatmeinung des Landesvaters ist, sondern die Erwartung von Wetterexperten + Katastrophenschutz zusammenfaßt.
Bah.
Ich persönlich vermute ja, daß sich Le Guin diesen speziellen Floh, der im Englischen - und nur dort - bei solchen Sprachpuritanern hartnäckigen Juckreiz auslöst, ins Ohr hat setzen lassen, weil sie, zu Anfang von dessen Auftreten, selber als Überträger verbellt worden ist: durch die hartnäckige Verwendung von "he" in The Left Hand of Darkness, 1969, ohnerachtet der Tatsache, daß diese spezielle humanoide Spezies von ihr ohne sexuellen Dimorphismus konstruiert worden ist. Sie ist 2-3x von der Alice-Schwarzer-mit-scharf-Fraktion in der unguten Mischung aus institutionellem, akademisch festgewurzelten Aktivismus, der Urform des Genderkrams und der akademischen Genreaufwertung (die sie als Säulenheilige gewählt hatte) angegangen worden; exakt zwischen dem Erscheinen von Joanna Russ' The Female Man und Marge Piercys Woman on the Edge of Time. War eine schulbuchmäßige "X ist leider von der Parteilinie..."-Exerzitie in linker Selbstkritik.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Der ganze theologische Streit um generische Pluralitäten läßt sich übrigens, fatalerweise, empirisch testen und auszählen. Vermittels Hirnreaktionen, 1.), und Tests, 2.), in denen die Reaktion von Probanden auf unterschiedliche Stimuli geprüft wird; in diesem Fall entsprechend gegenderte Beispielsätze. Tja: was soll ich sagen: ist wie bei Sprachrelativismus + "subliminaler Werbung": nicht nachweisbar. Liegt schlicht daran, daß die Hypothese die semantische Verweisleistung falsch postuliert und grotesk überbewertet.
Das Ergebnis ist so absehbar wie bei aller anderen Sprachklempnerei auch: es wir exakt nichts ausrichten; ebensowenig wie alle andern Sprechvorschriften; alle Versuche, mit Plan- und Hilfsidiomen zu reüssieren, von Volapük bis "leichte Sprache". Richtig lustig wird die knollige Hypothese, Partikeln wie 他 (tā), 她 (tā) und 他 (tā) wohne eine unterschiedliche Verweisleistung inne, ja im Deutschen mit seinem komplett arbiträren grammatischen Geschlecht. Das chinesische Exempel ist nicht umsonst gewählt (abgesehen davon, daß ich es halt benutzen kann): wenn ich einen Satz wie 她坐在椅子上 (tā zuò zài yǐzi shàng) schreibe, bin ich essentialistischer Sexist gezwungen, mich für eine binäre Option zu entscheiden (in dem Fall: SIE sitzt auf dem Stuhl); lese ich das gerade Hingeschriebene laut vor, bin ich vorbildlich neutral durchgeschlendert. Das Übliche: wenn man Linguisten (oder solche Falschmünzer, die auf deren Wiese grasen) zuhört, sieht man die per Sprache über die Sprache am Werk. Der Eindruck ist unabweislich, die hätten mit dem Gegenstand ihres Interesses noch niemals näheren Kontakt aufgenommen.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
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