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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 7 Antworten
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.12.2007 19:22
Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten

Die lesenswerten und lehrreichen Kommentare von Schweizern in dem Thread über die aktuelle Entwicklung in der Schweiz hat mich auf den Gedanken gebracht, den Blogger-Kollegen Manfred Messmer um einen Gastkommentar zu bitten.

Ich fand ihn außerordentlich interessant und habe daran wieder gemerkt, wie wenig jedenfalls ich über das politische System der Schweiz weiß. Wem es auch so geht - lesen!

vivendi Offline



Beiträge: 663

16.12.2007 05:58
#2 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten
Sehr gute Analyse, vielen Dank für diesen Beitrag!

Wie richtig bemerkt, ist die Zukunft offen aber die politische Entscheidungsgewalt liegt immer noch in den Händen der Stimmbürger.
Gemäss Pressemitteilungen verzeichnet die SVP einen ungewöhnlich hohen Zulauf an Neumitgliedern.
verquer ( Gast )
Beiträge:

16.12.2007 10:00
#3 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten

Genau so ist es und wird es sich auswirken:
Das (vermeintlich) Gute wollen und damit das Schlechte fördern. Die angeblichen Retter der Konkordanz werden sich noch wundern. Mehr noch die Stimmbürger. Eine größere Chance, den Weg der Schweiz in den bevormundenden Fürsorgestaat zu stoppen, war noch nie gegeben. Immerhin waren ca. 30% der Bürger bereit, diesen Weg mitzugehen. Das sind die, welche wachgeworden sind. Die anderen von der sog. "Mitte" - also FDP(CH!!) und bedingt CVP - werden noch wach werden, oder sich zumindest unbequemen Fragen und Antworten stellen müssen. Wie man hört, setzen bereits Fluchtbewegungen aus beiden Parteien in Richtung SVP ein. Es gibt nur einen Weg: Zumindest die FDP muß klar definieren, was in ihren Augen liberal (staatsfern) ist. Deren Anhänger jedenfalls, tun es bereits.

Immerhin bleibt festzustallen, daß der Anteil der Staatsgläubigen (Grün/SP) nach der Wahl 2007 die Marge von 30% nicht übersteigt. Das läßt hoffen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.12.2007 14:29
#4 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten

Zitat von verquer
Eine größere Chance, den Weg der Schweiz in den bevormundenden Fürsorgestaat zu stoppen, war noch nie gegeben. Immerhin waren ca. 30% der Bürger bereit, diesen Weg mitzugehen. Das sind die, welche wachgeworden sind.

Sie beschreiben also die SVP als eine liberale Partei, lieber verquer?

Dann wäre sie freilich mit "rechtspopulistisch" ganz falsch etikettiert.

Wie würden Sie sie im politischen Spektrum einordnen? Liberalkonservativ? Auf eine Modernisierung vor konservativem Hintergrund aus, so wie, sagen wir, Sarkozy?

Oder ist es vielleicht eine Partei, die eben so spezifisch schweizerisch ist, wie die Parteien der Konkordanz es waren/sind? Gar nicht im politischen Spektrum zu verorten, sondern dadurch zu charakterisieren, daß sie eben diesen Muff der Konkordanz nicht mehr will?

Dazu paßt - soweit ich das beurteilen kann - freilich nicht, daß die SVP ja Teil der Zauberformel war und ist. Nur Blocher ist nicht wiedergewählt worden; er hätte ja auch gern seinen Platz im Bundesrat behalten und macht jetzt nur deshalb Opposition, weil man ihm den verweigert hat. Oder sehe ich das falsch?

Und wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat er ja trotz allem das Prinzip der Konkordanz bejaht.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.12.2007 14:31
#5 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten

Zitat von vivendi
Wie richtig bemerkt, ist die Zukunft offen aber die politische Entscheidungsgewalt liegt immer noch in den Händen der Stimmbürger. Gemäss Pressemitteilungen verzeichnet die SVP einen ungewöhnlich hohen Zulauf an Neumitgliedern.

Würde das, lieber vivendi, doch das bestätigen, was in der Überschrift meines Artikels stand - daß die Schweiz jetzt "normal" wird, dh ein Land mit Regierungs- und Oppositionsparteien?

Oder wäre das innerhalb des Systems als Ganzes - wie ich es jetzt allmählich zu verstehen beginne - systemwidrig?

Herzlich, Zettel

Chripa Offline



Beiträge: 132

16.12.2007 16:35
#6 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten

Hallo zettel,
ich bin gerade an einer auslaendischen tastatur, deshalb
koennte die rechtschreibung etwas holprig werden.
Ich hatte mich vor der Wahl mal auf der Internetseite
der SVP umgesehen und auch sonst ein paar artikel dazu gelesen.
mein eindruck ist, dass vieles dort oberflaechlich gesehen
schon an die DVU oder aehnliche Parteien erinnert, vor allem die
platten Formulierungen. die partei plaediert aber fuer einen
kleinen staat, das ist der knackpunkt. sie moechte also,
einmal an der macht, nicht mehr, sondern weniger macht ueber
das volk ausueben. auch historisch ist ihr bezugspunkt die
schweizerische(freiheits-)geschichte, bei Haider usw. ist es
m.E. am ende der faschismus der 20er und 30er jahre. die SVP
sieht aber die EU als Wiedergaenger anderer Imperialisten
(stoppt die EU-steuervoegte). das finde ich doch eher schwer
verdaulich, was immer man ueber die EU sonst denkt. schliesslich
haben auch die anderen parteien es versaeumt, bestimmte probleme
anzusprechen und zu loesen (zB ueberproportionale
kriminalitaet von auslaendern).
viele gruesse,
chripa

M.M. Offline



Beiträge: 16

16.12.2007 18:46
#7 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten
Wenn Sie ein Parteienspektrum haben von links bis rechts, dann werden die verschiedenen Parteien zum besseren Verständnis in links und rechts eingeteilt. Arbeiter gelten an sich als links stehend, wenn sie SVP wählen ist das dann trotzdem keine linke Partei sondern eine rechte. Wenn die Grünen die Welttemperatur(?) auf der Höhe von 1860 bewahren wollen, dann ist das keine konservative sondern eine fortschrittlich-moderne Haltung.

Wenn die SP auf dem Rütli den 1. August mit einem Meer von Schweizer Fahnen feiert, dann ist das eine Rückbesinnung auf schweizerische Werte. Wenn die SVP am gleichen Ort dasselbe tut, dann ist das eine rechtskonservative Provokation.

Der einzig anständige Platz im Parteienspektrum ist ganz ohne Zweifel der in der Mitte. Nur weiss eigentlich niemand genau, wo das eigentlich ist. Man sieht, es ist heutzutage gar nicht einfach, den politisch korrekten Ort auszuloten. Wir bewegen uns hier in völlig veralteten Denkschematas, die auch nicht mehr so wichtig sind.

Wir leben in einer völlig neuen Medienwelt, wo beispielsweise ein Einzelner mit praktisch Null-Investitionskosten mit so einem Blog wie dieses hier zu einer einflussreichen Stimme werden kann. Es geht um Werte und nicht um Postionen. Es ist doch wurscht, ob ich in der Regierung bin oder im Parlament.

Ist Greenpeace eine Partei? Ist Greenpeace irgendwo in einem Parlament? Hockt einer von denen in einer Regierung? Hat Greenpeace einfluss auf die Gesetzgebung in Deutschland, in der Schweiz? Eben. Und wie machen die das: Mit Kommunikation.

Ausserparlamentarische Oppositionsgruppierungen haben in den letzen Jahrzehnten - sagen wir mal - ebensoviel erreicht, wie Parteien in Parlamenten und Regierungen.

Wenn ich den Einfluss sehe, den amerikanische Blogs derzeit im amerikanischen Vorwahlkampf haben, dann beginne ich zu ahnen, wohin diese Art der Bürgerpartizipation führen wird. Das ist ein nichtinstitutionalisiertes direktdemokratisches Instrument, wo schon dessen Existenz die Frage erübrigt, ob die Parteien beispielsweise den Bürgern grosszügig eine grössere Partizipation zugestehen wollen. Wir kommen in eine Zeit, wo sich die Bürger dieses Recht einfach nehmen. Punkt.

Doch zurück zur SVP: Diese Partei hat die politische Agenda innert weniger Jahre in wesentlichen Fragen völlig umgekrempelt, über viele Jahre mit einem einzigen Vertreter im Bundesrat, der nicht mal auf Parteilinie war und ist (BR Schmid).

Die Wirkung dieser Partei beispielsweise in Sozialfragen reichen runter bis in die letzte Sozialhilfebehörde (die Arbeit von Sozialhilfestellen in den Gemeinden werden von gewählten Bürgerkommissionen - eine Art Aufsichtsrat - beaufsichtigt).

In der Schweiz hat ein Umdenken in der Steuerfrage stattgefunden, die ohne SVP so nicht denkbar wäre: Es werden in allen Kantonen nach einem Jahrzehnt der Steuererhöhung die Steuern gesenkt. Zum Teil sehr radikal. Der CVP-Kanton Obwalden, eben noch ein Hochsteuerkanton gewesen, hat heute per Volksentscheid (mit 90,7%) die Flattax eingeführt, dh. Einkommen werden ab nächstem Jahr mit einem einheitlichen Steuersatz von 1,8% (!) besteuert. Zählt man die Gemeindesteuer auf Einkommen hinzu, so bezahlt so ein Bergler künftig noch 12% Steuern vom Einkommen.

Um das hier abzuschliessen, weil ich mal wieder am Ausufern bin: Steuersenkungen sind eines der zentralen Themen der SVP. Ob nun eine CVP-dominierte Regierung Steuersenkungen durchsetzt oder eine SVP-Regierung ist doch wirklich egal. Eines ist jedoch klar: Sozialdemokraten werden das nicht tun. Prost:
verquer ( Gast )
Beiträge:

16.12.2007 20:03
#8 RE: Der Aufstieg des Christoph Blocher und sein Hintergrund Antworten
Wie würden Sie sie im politischen Spektrum einordnen? Liberalkonservativ? Auf eine Modernisierung vor konservativem Hintergrund aus, so wie, sagen wir, Sarkozy?

Lieber Zettel,
wenn man sich der üblichen Schubladen und Etiketten bedienen möchte, dann sähe die Einordnung etwa so aus:

National-Liberal mit starken konservativen Beimischungen. Um es zu verdeutlichen: Die CH-FDP war bis zur einsetzenden EU-Debatte der National-Liberale Hort, welcher fast 100 Jahre die Schweizer Politik dominierte, ja bestimmte. Erst als sie freiwillig (wohl aus trunkenem Übermut) diese Position räumte, trat die SVP das brachliegende Erbe erfolgreich an. Allerdings bedurfte es dazu eines Politikers von Format, der dem Zeitgeist widerstehen konnte. Und das ist eben Blocher.

PS: National-Liberal gab es auch mal in Deutschland. Z.B. ab 1848. Später wurde das zu libertär verwässert. Ein letztes Aufflackern der nationalen Komponente der D-FDP gab es unter Mende. Dann war Liberalität eher Beliebigkeit und zudem linkslastig.
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