Ludwig Weimer erinnert in seinem neuem Beitrag an den katholischen Theologen und Religionsphilosophen Romano Guardini, dessen 50. Todestag am 1. Oktober ist, verbunden mit einem Kommentar über die Lage der Kirche in der Gegenwart.
Ich fand die Lektüre Ihres Beitrages sehr anregend, lieber Ludwig Weimer.
Zwei Fragen haben sich für mich daraus ergeben:
1. Führt Ratzinger in dem von Ihnen erwähnten Werk (das für mich nicht schnell greifbar ist, deshalb frage ich der Einfachheit halber Sie) näher aus, worin er das Heidentum in der Kirche sieht? Ich habe da freilich eine Ahnung, die ich aber nicht wirklich prägnant formulieren kann.
2. Deckt sich das, was Guardini über Judas schreibt, mit dem, was Sie zu dieser biblischen Persönlichkeit und Ihrer jüngeren Rezeption einmal zu Blog gebracht haben?
die Regensburger Herausgeber haben dem Band, in dem der Ratzinger-Aufsatz ein halbes Jahrhundert später nochmals gedruckt wird, den Titel gegeben "Kirche - Zeichen unter den Völkern" (Ratzinger sagt übrigens am Schluss in einer Fußnote, dass er bezüglich der Heils-Frage "vielfach missverstanden" worden sei und er deshalb die missverständlichen Ausdrücke getilgt habe; insofern liest man jetzt den Kardinal und nicht den jungen Professor von 1958).
Zu den Erscheinungsjahren des Textes: Joseph Ratzinger, Die neuen Heiden und die Kirche, zuerst in der Zeitschrift „Hochland“ Nr. 51 (1958/59) 1-11; dann in: Das neue Volk Gottes, Düsseldorf 1969, und weitere; schließlich in der Gesamtausgabe JRGS 8/2, (2010); das Zitat steht S. 1143. Und zwar gleich nach den ersten beiden Sätzen.
Sie müssen also auch von der Zeit um 1958 ausgehen und nicht nur von heute, um die Argumente und die Sprechweise zu würdigen oder zu kritisieren. Er nennt im Aufsatz folgende 9 Punkte als Beleg für sein Urteil faktischer Rückfall von Namenschristen und Praktizierenden ins Heidnische:
Prozentsatz der Nichtpraktizierenden, sofern sie nur eine subjektive Auswahl von Werten der Kirche bejahen (sonntägl. Gottesdienstbesuch ist für Katholiken ein Gebot); mit Heideggers Moral ist man eben Moralist, aber kein Christ mehr; wo eine Bekehrung und bewusste eigene Entscheidung ausfällt; weil dieses Christentum nicht mehr echte Gemeinschaft, Gemeinde bedeutet; weil die Kirchenzugehörigkeit durch die Taufe als zufällige abendländische Gegebenheit angesehen wird, an der kein ewiges Heil hängt; weil die weltlichen Positionen dieser Kirchenform „einen Scheinbesitz“ bedeuten; auch die Praktizierenden können Heiden sein, wenn sie einen sinnlosen „reinen Sakramentalismus“ leben (auch Mitschuld des Klerus: „Indem man so die Sakramente nicht nur verschenkt, sondern verbettelt, werden sie zutiefst entwertet“); wo der „Schein ihrer Deckung mit der Welt“ nicht abgebaut werde; wo der Aktionsradius (wohl die Kirchenbeamten gemeint) „eine Selbsttäuschung und eine Täuschung der Menschen“ ist; (Das Folgende macht den Schluss mit sieben Seiten aus:) wo man bewusst den Heilsweg mit der Kirche relativiert und sagt, andere und zwar gleichwertige Heilswege gebe es auch ohne das Gottesvolk, weil man nicht anerkennt, dass es offensichtlich – so der Realismus der Bibel– darauf ankommt, dass eine kleine Zahl von Christen (und das genügt) so leben soll, dass sie für das Ganze eine Rettung bedeuten; deshalb müssen sie selber ja auch entschieden leben. – Dieser letzte Punkt der Relativierung des Auftrags ist heute zur modernen ‚Häresie‘ bei einer Reihe von religionspluralistischen akademischen Theologen herangewachsen. Ratzinger verglich dieses Für-alle einer Minderheit einmal mit der alten Apothekerwaage: Das Gewicht der kleinen Kirche muss dem der großen Welt entsprechen, sonst sinkt diese ab. Das wurde in Deutschland nicht verstanden, wo die Kirche vom Staat lebt. Man kritisiert Ratzinger, er wolle eine kleine Herde. Die hießige „Heilsfrage“ der Christen um 1958 für die östlichen Religionen bzw. Philosophien (ohne persönlichen oder ganz ohne Gottesbegriff) war eine Verkürzung der Sache auf die Frage ‚kommen sie in den Himmel‘, also auf das Moralische und Das-nach-dem-Tod, während das authentische im Judentum wurzelnde Christentum zuerst einmal nach dem Schicksal der Welt und Menschheit fragt, nach dem Heil auf Erden und deshalb nach der spezifischen Aufgabe der Juden und der Christen („Salz der Erde“, „Licht der Welt“, „Stadt auf dem Berg“ waren die Bilder Jesu). Das hatte sich in der Christenheit zu einer individualistischen staatsbürgerlichen Moral verwandelt, die Revolutionen machten andere. Die Lehre von der Einzigartigkeit oder Absolutheit des Christlichen ist also eine Aufgabe, ein Dienst, eine Last wie beim jüdischen Begriff ‚Erwählung‘: das Heil sollen möglichst alle bekommen. Daran hat Ratzinger erinnert. Und es gibt auch nicht zwei Sorten von ‚Heil‘ (ein natürliches und ein übernatürliches als Stockwerksdenken), sondern nur eines, wie Ratzingers Vorbild und Kollege de Lubac in Frankreich und andere der Kirche vor dem Konzil wieder beibrachten.
Ihre zweite Frage ist einfacher zu beantworten. Guardini sieht Judas als historisch an und den Verratsgrund nicht in der Geldkasse, sondern wegen der Eifersucht auf die von Jesus bevorzugten Jünger, und so sehe ich es auch, also anders als die heutige Mode, Judas entweder als einen getäuschten Wundergläubigen umzuinterpretieren oder als eine antijüdische Erfindung zu erklären (vielleicht dies tiefenpsychologisch auch eigener Neid auf die jüdische Wirtschaftstüchtigkeit und jenes erste eine Rechtfertigung für eigene theopolitische Fehler).
Zitat Aber dieser Fehlschluss hat eine Parallele: Der Monotheismus müsse abgeschafft werden, er sei schuld an den Kriegen. Und wie sähe die Welt aus ohne die selbstlose Hingabe solcher Ehelosen wie Mutter Teresa, ohne die Millionen, die in Klöstern arbeiteten?
Ich glaube nicht, daß jemand die These aufstellen würde, daß Monotheismus zwangsläufig zu Kriegen führt, aber klarerweise ist mit dem Monotheismus ein weiterer möglicher Kriegsgrund gegeben. Ich kenne kein einziges Beispiel, in dem eine polytheistische Kultur einen Krieg geführt hätte, um anderen den eigenen Glauben aufzuzwingen. Bei monotheistischen Religionen ist das gang und gäbe.
Und was Mutter Teresa angeht, so ist das ein schönes Beispiel dafür, daß Selbstlosigkeit nicht unbedingt echte Humanität bedeutet.
Noch zum Obigen: Da ich gerade zum Thema Religionspluralismus sammle und schreibe, kopiere ich eine halbe Seite hierher, die vom 1963er Ratzinger handelt:
Zum Problem der Vielfalt der Religionen und dem Ort des christlichen Glaubens in der Religionsgeschichte antwortete Joseph Ratzinger schon 1963 auf die damalige Engführung auf die Heilsmöglichkeit, die mit den Schlagworten allgemeiner Heilswille Gottes und anonymes Christentum anzudeuten ist. Er entwarf ein Schema für die Religionsgeschichte: Von den primitiven Erfahrungen ging die Menschheit über zu den mythischen Religionen; dann gab es einen dreifachen Ausbruch aus dem Mythos: 1)in die „Mystik der asiatischen Hochreligionen, 2) in die monotheistische Revolution und schließlich 3) in die „Aufklärung“. In allen drei Ausbrüchen spricht Ratzinger von einer „Absolutheit“. Diese interessiert uns, weil sie das ist, was im heutigen Religionspluralismus dahinfällt. Denn diese Pluralismus-These wendet Kants Erkenntniskritik zu einer Relativierung aller Wahrheiten an: Menschen könnten die letzte und ganze Wirklichkeit nicht erkennen, sondern nur Stücke ahnen und sich Bilder davon machen, so dass sich die Vielheit der Religionen aus der Verschiedenheit der ‚Linsen‘ erklärt. Ratzinger beschreibt die unterschiedlichen drei Ausbrüche aus der mythischen Religion so: „1. In der Form der Mystik, in der Mythos als bloße symbolische Form desillusioniert und die Absolutheit des unnennbaren Erlebnisses aufgerichtet wird.“ Gemeint ist die Identifizierung von Ich und Welt und Gott in der östlichen religiösen Weisheit. „2. Die zweite Form ist die der monotheistischen Revolution, deren klassische Gestalt in Israel vorliegt. In ihr wird der Mythos als menschliche Eigenmacht abgewiesen. Es wird die Absolutheit des im Propheten ergehenden göttlichen Anrufs behautet. 3. Dazu kommt als drittes die Aufklärung, deren erster großer Vollzug in Griechenland geschah: In ihr wird der Mythos als vorwissenschaftliche Erkenntnis überwunden und die Absolutheit der rationalen Erkenntnis aufgerichtet.“ „Der dritte Weg ist erst in der Neuzeit, ja eigentlich erst in der Gegenwart zu seiner vollen Kraft gekommen und scheint noch immer seine eigentliche Zukunft erst vor sich zu haben. Sein Besonderes ist, dass er nicht einen Weg im Innern der Religionsgeschichte darstellt, sondern vielmehr deren Beendigung will und aus ihr als aus einer überholten Sache herausführen möchte.“ Um das Absolute, das man nicht begreifen kann, zu tun, muss man wissen, warum es richtig ist. „Rückschauend können wir sagen, dass die Kraft des Christentums, die es zur Weltreligion werden ließ, in seiner Synthese von Vernunft, Glaube und Leben bestand“, schreibt Ratzinger und fragt: „Warum überzeugt diese Synthese heute nicht mehr? Warum gelten heute im Gegenteil Aufklärung und Christentum als einander widersprechend, ja ausschließend? Was hat sich an der Aufklärung, was am Christentum geändert, dass es so ist?“ Deshalb formulierte er in Paris 1999 die Sätze: „Im Christentum ist Aufklärung Religion geworden und nicht mehr ihr Gegenspieler (…) Und eben deshalb muss es in der weiträumigen Toleranz der Polytheismen als unverträglich, ja als religionsfeindlich, als ‚Atheismus‘ erscheinen“.
Joseph Ratzinger, Gott in Welt. Festgabe für Karl Rahner zum 60. Geburtstag, hg. v. H. Vorgrimler, Freiburg: Herder 1964, Bd. II, 287-305. Joseph Kardinal Ratzinger, Glaube – Wahrheit – Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, Freiburg i.Br.: Herder 2003, 24, 137, 141.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #3 [...] Prozentsatz der Nichtpraktizierenden, sofern sie nur eine subjektive Auswahl von Werten der Kirche bejahen (sonntägl. Gottesdienstbesuch ist für Katholiken ein Gebot); [...] auch die Praktizierenden können Heiden sein, wenn sie einen sinnlosen „reinen Sakramentalismus“ leben (auch Mitschuld des Klerus: „Indem man so die Sakramente nicht nur verschenkt, sondern verbettelt, werden sie zutiefst entwertet“)[...]
Ergeben sich nicht häufig auch die Nichtpraktizierenden einem reinen Sakramentalismus? Ich denke dabei an die passiven Kirchenmitglieder, die dann halt doch nicht nur vor dem Standesamt, sondern auch vor dem Altar heiraten möchten, oder - noch krasser - die Ausgetretenen, die ihr Kind taufen lassen, weil es sich so gehört?
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #3Man kritisiert Ratzinger, er wolle eine kleine Herde.
Mittlerweile dürfte die kleine Herde die realistische Perspektive für die christlichen Kirchen sein. Dazu eine Gretchenfrage: Hat der Aufstieg der christlichen Kirchen zu Welt- bzw. Staatskirchen diesen vielleicht zahlreiche Mitglieder beschert, ihrer eigentlichen Mission aber geschadet?
Vielen Dank, Ludwig Weimer, für den sehr klaren Beitrag zur Lage. Man könnte sich leicht in trügerischer Sicherheit wiegen, z.B. nach Besuch des Mainzer Diözesankirchenmusiktags vor zwei Wochen, wo vieles schön und ermutigend war. Am wichtigsten fand ich die Erwähnung der beiden "Haupthilfen", die dem Christen nicht nur helfen, Vorbild zu sein, sondern die ihm eigentlich das Christsein überhaupt erst erschließen: "Die verantwortlich existierende Gemeinschaft, das echte Wir im Gottesvolk am Ort, welches den einzelnen ausbildet, anfordert und trägt; und die Bereitschaft zum Exodus aus allem bisherigen. Gerne verfolge ich weiter Ihre Beiträge, deshalb habe ich mich in dieses Forum eingetragen. Herzlichen Gruß Bernhard Schumacher
Fraglos schadet die staatlich eingezogene Kirchensteuer hierzulande den Kirchen im Sinn ihrer wahren Mission, das war auch die pästliche Meinung in der Freiburger Rede; schon während Ratzingers Rückflug behaupteten deutsche Bischöfe das Gegenteil. Der Beweis ist die spirituelle Armut und der fehlende Priesternachwuchs bei der finanziell reichsten Kirche. Mit spirituell ist das Niveau der Erfahrung und der Anliegen und der Sprache gemeint, nicht Frommes. Die akademische Theologie des Nachwuchses ist wissenschaftlich differenzierter, aber inhaltlich armseliger. Es gibt keinen wie Guardini, von Balthasar, Rahner und Ratzinger mehr.
Die Kirche war im Altertum durch das römische einheitliche Imperium mit seinen Straßen und Wasserwegen durch die staatliche Förderung zur Weltkirche geworden und schon hellsichtige Kirchenväter klagten, es habe dabei seine innere Kraft verloren. Man konnte die vielen Bewerber gar nicht mehr einschulen, das Katechumenat verschwand, es genügte das Zeugnis eines schon getauften Freundes und man wurde getauft und beruflich privilegiert. Drei Generationen später waren auch die Bischöfe innerlich Heiden. Die benediktinischen Klöster und dann die Bettelorden protestierten auf ihre Weise, aber auch sie mussten, reich geworden und klerikal - ursprünglich wollten sie alle nur Laien sein!- immer wieder neu reformiert werden. Heute könnte man und dürfte man wieder eine Gemeindekirche sein, aber diese Form ist nur durch das Wunder einer Reform wiederherstellbar, der Geist macht es und Menschen müssen es machen. Es ist nicht zu organisieren. Die Amtskirche muss darauf warten, dass es da und dort plötzlich entsteht.
Ich denke, dieses Motiv ist im AT, im Hohelied aufgezeigt! - Es drängt mich etwas dazu zu sagen, ohne dass ich, Laie, damit einen Anspruch auf theologische Richtigkeit stellen möchte. Ich sehe das „praktische Motiv“, wie Sie es bezeichnen und wie es oft angeführt wird – nämlich die bessere Verfügbarkeit, auch so wie Sie. - Es ist nicht unzutreffend, zeigt aber nicht das Wesen des Zölibats auf. - Es muss etwas mit der Nachfolge Jesu zu tun haben.
Sie schreiben: Wenn im Verzicht auf die Ehe die Erinnerung daran festgehalten wäre, dass die Erlösung nicht einfach ‚natürlich‘ machbar war und ist, sondern Jesus den Tod gekostet hat?...oder deutlicher gesagt: Jesu ‚ Leben‘ gekostet und damit den Tod überwunden hat!....?
Wie kann man sich diese Überwindung des Todes erklären? - Ich möchte es so zu erklären versuchen: Der Mensch Jesus zeichnet sich dadurch aus, dass er die Beziehung zu Gott – er nennt ihn Vater und lehrt seine Jünger, ihn so zu nennen – diese Beziehung immer wieder sucht, ja total in dieser lebt. In seiner göttlichen Natur lebt er im Einklang mit Gott – einem Gott, den die Bibel zeichnet als jemanden, der nicht ablässt, seine Geschöpfe zu lieben, besonders den Menschen in seiner Hinfälligkeit und Schwäche.
Jesus wurde angefeindet und zum Tod, zum Kreuzestod verurteilt. In all diesen körperlichen und seelischen Martern, die dieser ungerechten Verurteilung folgten, hielt er an seiner Beziehung zu Gott fest. Auch als er diese letztlich nicht mehr wahrnehmen konnte, nicht mehr „spüren“ konnte, hält er in seinem Bewusstsein daran fest…. und s i e g t e!! Seine „Institution Kirche“ überdauert die Zeiten! Welche menschliche Institution ist damit vergleichbar?
Was heißt dies für den Zölibat? Vielleicht ist dies in einer psychologischen Erklärung zugänglich! – Der Mensch ist auf Partnerschaft hin angelegt… „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt“. Eben diese Sehnsucht nach jemandem Vertrauten ist nun das Kapital des ehelos Lebenden! Er kann sie nämlich – besser als jeder andere - auf Gott werfen, von dem es in der Bibel heißt, „dass er antwortet, wenn ich nach ihm rufe“! …und im Hohelied heißt es: „ihn suchen, den meine Seele liebt.“…Ihn suchen, nicht etwas vom Menschen Erdachtes, sondern I h n, der sich selbst offenbart hat und offenbart, dem Menschen, der dem, was die Bibel erzählt, Vertrauen schenkt. Da ist sowohl Stille, als auch Mitte, eigene Mitte gefragt – im Zölibat, eine besondere Art der Nachfolge.
Die Enzyklika „Sacerdotalis coelibatus“ von Paul VI., nennt das wahrhafte Motiv des geweihten Zölibats „die Wahl einer intimeren und vollkommeneren persönlichen Beziehung zum Geheimnis Christi und der Kirche, zum Wohle der ganzen Menschheit“.
Zitat von Bernhard Schumacher im Beitrag #7Die verantwortlich existierende Gemeinschaft,
Wenn Jesus eine kleine aber feine Gemeinschaft gewollt hätte, um der Welt ein vorgelebtes Ideal vor Augen zu stellen, wäre er Essener geblieben und hätte dort die gekommene Gottesherrschaft verkündet. Hat er aber nicht. Wollte er also nicht.
„Wenn Jesus eine kleine aber feine Gemeinschaft gewollt hätte, …wäre er Essener …“ (Bodu) „Es muss etwas mit der Nachfolge Jesu zu tun haben“ (Frau Eiselt).
Haben diese in den zwei Stellungnahmen genannten Motive vielleicht etwas miteinander zu tun? Vielleicht helfen uns ein paar Blicke auf das Ergebnis der Forschungen zur Absicht Jesu sowie auf die ganze Vor- und Nachgeschichte der Propheten im Gottesvolk. Jesus von Nazaret sah das Friedensreich Gottes für Israel schon angebrochen oder wie ein Samenkorn, während die offizielle Erwartung des Tempels die Erlösung auf ein künftiges kosmisches und kriegerisches Handeln Gottes verschob. So fing er mit den Zwölfen an, es zu leben und im ganzen Land für diese Erkenntnis, dass Gott es schon heute will, zu werben. Manche behaupten, Jesus müsse verheiratet gewesen sein, da die Vermehrung des Gottesvolkes eine Pflicht für einen Lehrer war; aber Jesus war sicher wie auch der Prophet Jeremia oder der ganz besondere Apostel Paulus unverheiratet und lehrte gerade durch diese Existenz ganz für Gottes Sache.
Zwei Blicke in die Kirchengeschichte: Als die Kirche Reichskirche war und es keine Märtyrer mehr gab, entstand das ehelose Mönchtum als besondere Hingabe für dazu Berufene. Für die Staatskirche war später der unverheiratete Fürstbischof eine Hilfe gegen die Gefahr der Korruption; die Vetternwirtschaft und der Verkauf der Pfründe wurden eingedämmt. Aber zurück zu unserer spirituellen Frage. Auch in der reformierten dänischen Staatskirche blieb der Prophet Sören Kierkegaard ehelos, warum? Er löste seine Verlobung, als er erkannte, dass er seiner Berufung, nicht nur Dichter zu sein, sondern echter Christ, Ärger und Verfolgung bringen würde und dies wollte er seiner zu gründenden Familie nicht zumuten. Er litt an dem Verzicht sehr und starb sehr früh im Kampf um seine Kirche, die Reform sein wollte und seiner Meinung nach das Evangelium verriet.
Das von Frau Eiselt genannte Motiv hat ein personales und mystisches Zentrum (Ehe gleichsam mit Christus) und zielt auf die Gottesbegegnung. Ich habe eine Art und Beispiele genannt, die eine auch politische Bedeutung für das Gottesvolk und mit dem Leiden für den Zustand der Kirche zu tun hatten, weil das für die Halböffentlichkeit nachvollziehbarer ist. Meine Andeutung im Beitrag – eine freiwillige Erinnerung des Priesters („in persona Christi“) als Zeugnis für die eucharistiefähige Gemeinde – ging ja auch in diese Richtung.
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