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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 18 Antworten
und wurde 1.588 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Noricus Offline



Beiträge: 2.362

10.12.2018 22:03
Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Eine kleiner Abendspaziergang durch den Wald der Erkenntnis (oder der Illusion?)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

10.12.2018 22:36
#2 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat
Wer diese Ausführungen als aporetischen Nihilismus oder nonchalanten Erkenntnis-Liberalismus ("Anything goes") zurückzuweisen trachtet, möge daran erinnert sein, dass es selbstverständlich bessere und schlechtere Begründungen für eine Ansicht gibt. Aber welches nun die bessere oder die schlechtere Begründung ist, lässt sich (wenn überhaupt) nur selten objektiv nachvollziehbar kanonisieren.



Was aber wiederum eine Erkenntnis ist, aus der sich Schlussfolgerungen ableiten lassen. Wenn es keine objektive Wahrheit gibt, die als solche auch noch erkannt werden kann, dann sind nicht nur alle Talibanregime, objektiv falsch, sondern ein Grossteil ausgeuebter Staatsgewalt im Westen, weil durch sie einer von vielen Sichtweisen absolute Geltung verschafft wird. Anders gesagt: Es ist der Liberalismus, der den Leuiten am wenigsten Werte vorschreibt

Bodu Offline




Beiträge: 81

11.12.2018 07:55
#3 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat
Lässt sich die Erkenntnis aristokratisch oder demokratisch (als Dogma) legitmieren oder ist sie aufgrund gleichsam naturwissenschaftlicher, der menschlichen Interpretation enthobenen Gesetze das, was sie ist?


Meine Meinung dazu:
Viele vermeintlich objektive Erkenntnisse,
seien sie nun aristokratisch oder demokratisch legitimiert,
sind nicht mehr als gut getarnte Bekenntnisse,
und können es auch gar nicht sein.
Ob das nun den Nutzen (oder Schaden) von Zucker in der Nahrung betrifft, den Klimawandel, Jesu ipsissima vox oder die Frage, wie leben?
Wahrheit durch Wirklichkeit zu ersetzen ist eine Scheinlösung, denn auch letztere bedarf der Interpretation:
Ob bug oder feature, wer könnte das zuverlässig erkennen?

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

11.12.2018 10:11
#4 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Seit der Begriff "Wahrheit" in die Wirklichkeit "(nur) Vorstellung" übersetzt werden muss, geht es um die Frage, ob und wie man eine Behauptung oder einen Sachverhalt überprüfen kann.
Erstaunt wurde man bei der Überprüfung des Begriffs "Vandalismus" z. B. aufgeklärt, dass gerade dieses Volk sorgsam mit den aufgefundenen kulturellen Schätzen der Vorbesitzer umging. Wieso entstand dann diese Verleumdung? Ähnliches gilt vielleicht heute vom Antisemitismus selbst in Ländern, wo es gar keine Juden gibt.

Poetische und mythische Texte, auch historische Schilderungen werden ausgelegt, indem sie verglichen werden mit Analogem aus derselben Zeit. Das kann aber auch zu Fehlern führen, z. B. wenn es sich um etwas Unvergleichbares handelt. Dieser Fehler begegnet einem öfters bei Texten aus der Bibel. Der Wissenschaftler kann ja nicht zwischen einem 'wahren' Gott und Göttern unterscheiden. Götter sind für ihn Götter. Propheten sind für ihn Künder, Weissager. - Ich kam zur Überzeugung, dass es eine andere Methode gibt, etwas Einmalig-Altes zu überprüfen. Man kann es, falls man das Glück hat, dass es heute Ähnliches gibt, mit der heutigen Erfahrung vergleichen. Denn der Zeitenabstand ist hier sozusagen 'relativ', wichtiger ist die sachliche Nähe, Vergleichbarkeit. Ich habe diese Methode, z. B. neutestamentliche Texte zu verstehen, "Auslegung aus strukturkongruenten Erfahrungen" heutiger Gemeinden genannt. Diese Möglichkeit ist keine akademische, sondern eine dieser im Leben von Christen vorausliegende. Das Wort "struktur-" ist hinzugefügt, weil sich mit den Zeiten auch die Umstände und die Sprache etwas verändert haben und die Sachen auf den ersten Blick anders zu sein scheinen.

Die Korrekturen an falschen Geschichten, die wir erlebten, wie z.B. an der Zahl der verbrannten Hexen oder der Anzahl der Märtyrer in der Antike, oder an der Hilfe des Papstes Pius XII. für die römischen Juden beruhen auf Archiven und Überprüfungen. Sie brauchen gottseidank keine Wieder-herholung, sondern nur exakte Studien.

Die biblischen 'Wunder' sind ein guter Stoff. Lessing hat falsch und richtig gesagt: nur heute erfahrene gehen mich etwas an. Ich schrieb gerade dafür ein Beispiel: Elie Wiesel zum kriegerischen Buch Josua.

Ludwig Weimer

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

11.12.2018 10:51
#5 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Auch, wenn Ihr Artikel nur wenig Möglichkeit zur Diskussion bietet, möchte ich nicht verschweigen, dass er mir gut gefallen hat.

___________________
Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

11.12.2018 15:34
#6 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #1
Eine kleiner Abendspaziergang durch den Wald der Erkenntnis (oder der Illusion?)

Ich kann mich noch an einige Diskussionen über die Frage der Erkenntnis und Wahrheit hier in ZkZ erinnern.

Ich vertrete nach wie vor die Auffassung, dass das Erlangen von Erkenntnis im ontologisch, wahrhaftigem Sinne und damit Wahrheit, wie man sie gemeinhin gerne versteht, grundsätzlich nicht zugänglich ist. Ich glaube sogar, dass sie nicht nur nicht zugänglich ist, sondern nicht einmal existiert.

Dies hat im Wesentlichen damit zu tun, dass Erkenntnis nur aus Wahrnehmung entstehen und diese immer nur subjektiv sein kann. Subjektiv nicht im Sinne der Interpretation der Wahrnehmung, sondern schon in der Wahrnehmung selbst. Ist das Elektron Welle oder Materie? Es ist beides, je nachdem wie man es betrachtet. Was ist also die Wahrheit? Vor allem wenn man in Rechnung stellt, dass selbst die Art der Betrachtung schon limitiert ist, durch unsere Möglichkeiten zu Wahrnehmung.

Wir können im Rahmen unserer Wahrnehmung Erkenntnis im Sinne von empirisch bestätigten Beobachtungen formulieren. Gleich ob man das nun Wahrheit nennt oder nicht, ist diese Art der Erkenntnis nicht absolut und damit keine Wahrheit im ontologischen Sinne. Die Suche nach Wahrheit im ontologischen Sinne führt meines Ermessens daher immer zu Gott und damit zum Glauben.

Als kleiner Junge im Vorschulalter konnte ich mir die Unendlichkeit des Weltalls nicht vorstellen. Also stellte ich mir irgendwo am Rand des Universums eine riesige Betonmauer vor, hinter der alles aufhörte. Die Suche nach wirklicher Wahrheit ist meines Ermessens die Sehnsucht nach einer solchen Betonmauer, welche die Welt in eine sichere Erkenntnis einbettet, in der wir uns zurechtfinden können. So erklärt sich für mich auch die Sehnsucht nach Gott – Aus der Verlorenheit in der Ungewissheit.

Transferiert man das ins politische dieser Tage, wird der religiöse Charakter des politischen Mainstreams nur allzu offensichtlich: Wahrheit und Lüge wird deterministisch klar unterschieden. Es ist die weltliche Variante auf der Suche nach einem Gott und das unterwerfen unter die Moral, welche man gefunden zu haben glaubt. Es ist genau das Gegenteil zum Mut sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Allerdings ist dieses Verhalten nur allzu verständlich, ist doch die Verlorenheit in der Ungewissheit ein schier unerträgliches Gefühl. Sogar für den grün eingefärbten Übermenschen.

Herzlich

nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

11.12.2018 20:24
#7 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Bodu im Beitrag #3

Wahrheit durch Wirklichkeit zu ersetzen ist eine Scheinlösung, denn auch letztere bedarf der Interpretation:
Ob bug oder feature, wer könnte das zuverlässig erkennen?


Aber die Frage nach bug oder feature ist doch der Frage, ob etwas wirklich im Sinne von wirkend ist, nachgelagert. Ich bin davon überzeugt, dass auch heute noch gar nicht so wenige Zeitgenossen glauben, dass in Fukushima 30.000 Menschen an radioaktiven Strahlen gestorben sind. Das ist zwar deshalb nicht wahr, aber wirklich, weil es wirkt. Grüne empfinden diesen Irrglauben sicher als feature, ich empfinde ihn als bug. Aber dass dieser Irrglauben wirklich in dem von mir beschriebenen Sinne ist, bestreite ich nicht.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

11.12.2018 20:26
#8 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #4
Ich habe diese Methode, z. B. neutestamentliche Texte zu verstehen, "Auslegung aus strukturkongruenten Erfahrungen" heutiger Gemeinden genannt.


Könnten Sie dafür ein Beispiel anführen? Darf ich mir darunter etwas vorstellen wie die Spengler'sche "Gleichzeitigkeit"?

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

11.12.2018 20:27
#9 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #5
Auch, wenn Ihr Artikel nur wenig Möglichkeit zur Diskussion bietet, möchte ich nicht verschweigen, dass er mir gut gefallen hat.


Vielen Dank, aber ich schätze, man könnte über die in meinem Beitrag angesprochenen Themenkreise endlos diskutieren.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

11.12.2018 20:48
#10 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Transferiert man das ins politische dieser Tage, wird der religiöse Charakter des politischen Mainstreams nur allzu offensichtlich: Wahrheit und Lüge wird deterministisch klar unterschieden. Es ist die weltliche Variante auf der Suche nach einem Gott und das unterwerfen unter die Moral, welche man gefunden zu haben glaubt.


Genau an dieser Stelle muss man meines Erachtens zwischen Wahrheit und Lüge einerseits sowie Dogma und Häresie andererseits unterscheiden. In der politischen Debatte dieser Tage befinden wir uns bei letzterem Begriffspaar. Dies wurde in der Causa Sarrazin nur allzu sichtbar. Den Beweis, dass Sarrazin etwas Falsches geschrieben hatte, trat niemand an. Nein, sein Buch war nicht hilfreich (= häretisch). In der Klimawandeldebatte erlebt man Nämliches.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

11.12.2018 23:13
#11 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #10
In der politischen Debatte dieser Tage befinden wir uns bei letzterem Begriffspaar.
In dem von dir erwähnten Zusammenhang ist dein Einwurf sicher valide und richtig. Aber gerade an den Klimawandel (mein Steckenpferd, über das ich viel nachgedacht und Informationen gesammelt habe), scheint mir auch das Begriffspaar Wahrheit und Lüge von Bedeutung.

Wir hatten es hier schon mitunter: Wahrheit gibt es in der Wissenschaft nicht, sondern lediglich eine durch Beobachtung bestätigte, assymptotisch gegen 1 laufende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit einer Annahme. Für die Relativitätstheorie sind wir da zum Beispiel bereits recht nahe an der 1. Beim Klimawandel allerdings verhält es sich gerade so, dass man faktisch (bisher) nicht einmal eine Möglichkeit hat, die Theorie (des menschengemachten Klimawandels) empirisch zu überprüfen. Platt gesagt: Man weiß eigentlich nichts über die Validität der Theorie. Trotzdem liest man allenthalben das Argument, der Klimawandel sei wissenschaftlich bewiesen oder wissenschaftliche Tatsache. Und hier vermischen sich auf sehr interessante Weise die von dir genannten Begriffspaare. Der Klimawandel wird zur (wissenschaftlichen) Wahrheit erhoben (was eine Lüge ist), der Umgang mit abweichender Meinung trägt aber aller Charakteristika von Dogma und Häresie. Für mich ist das ein Hinweis auf den Versuch seinen Gott wissenschaftlich zu Beweisen, um der eigenen Kirche besondere Macht zu verleihen. Macht durch eine absolute, wissenschaftlich bewiesene Wahrheit.

Das "Postfaktische" arbeitet hier lustigerweise mit einer Zuschreibung an Wissenschaft, die sie garnicht leisten kann.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

11.12.2018 23:32
#12 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #7
dass auch heute noch gar nicht so wenige Zeitgenossen glauben, dass in Fukushima 30.000 Menschen an radioaktiven Strahlen gestorben sind.
Ich habe hierzu eine längere empirische Studie laufen.

Bei geselligen Abenden, an denen Gespräche gut und gelöst laufen, pflege ich, so es passt und das Thema einmal in diese Richtung geht, zu fragen, wieviele Tote denn die "Atomkatastrophe" in Fukushima gefordert hat. Diese Frage ging bisher ausschließlich an überdurchschnittlich gebildete und berufliche erfolgreiche, gut informierte Zeitgenossen- und nössinnen. Keiner kam mit einer Zahl von unter ein paar tausen als Antwort. Keiner hat mir geglaubt, dass es genau "null" waren. Und nicht wenige, waren von so einer zynischen und menschenverachtenden "Lüge" wie meiner so indigniert, dass das Gesprächsklima plötzklich zu kippen drohte.

Ein schönes Beipsiel für die "Relativität der Wahheit". Genau wie beim Elektron, das beides ist, ist auch hier beides der Fall. Je nachdem wie man es betrachtet.

Ich denke auch nicht, dass hier irgendwer an einen Irrglauben denkt. Auch die Grünen nicht. Es ist für diese Menschen Realität und sie handeln danach.

Die Grünen verhalten sich, in ihren psychotischen Angstzuständen, genauso wie sie es ihren ärgsten Gegnern vorwerfen. Im Unterschied zu diesen, haben sie damit unsere Gesellschaft bereits Jahrzehnte lang geprägt und real umgestaltet. Zu der Gesellschaft großem Nachteil, wie ich denke. Und sie tun es weiterhin und gelten als "bürgerliche Vernuftmenschen". Die Welt ist verrückt geworden, denke ich manches mal. Aber es war wohl schon immer so. Sich außerhalb der sozialen Kohäsion einer Gemeinschaft zu bewegen ist eine seltene Neigung und immer schmerzhaft auf manigfaltige Weise.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

12.12.2018 12:37
#13 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #7


Ich bin davon überzeugt, dass auch heute noch gar nicht so wenige Zeitgenossen glauben, dass in Fukushima 30.000 Menschen an radioaktiven Strahlen gestorben sind. Das ist zwar deshalb nicht wahr, aber wirklich, weil es wirkt. Grüne empfinden diesen Irrglauben sicher als feature, ich empfinde ihn als bug. Aber dass dieser Irrglauben wirklich in dem von mir beschriebenen Sinne ist, bestreite ich nicht.



Is doch schön. Sie hätten etwas zum Delektieren weniger, wenn Sie nicht daran glaubten, dass die das glauben. Da für die Figur "nicht wenige Zeitgenossen" alles Beliebige, was man sich nur ausdenken kann, zutrifft (man wird immer Beispiele finden), ist das schon mal 'ne sichere Bank in der Wahrheitsschlacht, sozusagen die Gegenbank an dieser Stelle.

Daran wird die Wahrheitsfunktion deutlich: Sie ist am Ende des Tages destruktiv, wenn man erstmal damit anfängt oder sich darauf einlässt. Der Besitz dieses vermeintlichen Zertifikats bedeutet eine Erlaubnis, letztlich für alles, was Religionskriege beweisen.

Wie überflüssig diese Zertifikat ist, jedenfalls wenn man nichts Übles im Schilde führt, zeigen uns die Naturwissenschaftler. NICHTS von deren Erkenntnissen ist wahr. Prima damit leben kann man trotzdem. "Qua Bestätigung offensichtlich nicht falsch" genügt - unter Vorbehalt neuer Erkenntnisse, die möglicherweise das bisher Falsche, das man noch nicht kennt, produzieren. Das Funktionieren einer Hypothese stellt das Funktionieren unter Beweis und keine Wahrheit. Letzteres ist nicht mehr als ein Glasperlenspiel der Philosophen.

Die Wahrheitsschlacht zu unterlassen fällt natürlich schwerer, wenn NORMATIVE Elemente ins Spiel kommen und darum geht's im Leben natürlich in der Regel, also explizite, (praktischerweise allerdings vorzugsweise eher implizite, damit's nicht so auffällt), Vorstellungen, wie man's denn gerne so hätte, denn insoweit isses doch ganz schön, man hat ein Zertifikat mit Stempel und Unterschrift (Wahrheit), das einem zum Träger der klugen Idee ausweislich macht - im Vergleich zu all den dummen da draußen. Der normsetzende Wille ist häßlicherweise ungleich bedeutender als das neutrale (more or less) Rumwurschteln des Empirikers, zu allem Unglück wird auch noch gerne beides in einem Cocktail verrührt, durch dieselbe Person geht natürlich auch.

Wie dem auch sei:

Ich empfehle die WAHRHEIT zu versenken. Sie schafft eine überschießende, letztlich terroristische Energie, indem normatives Dies und Jenes als unumgänglich hingestellt wird und alles andere angeblich nur Schaden stiftet, denn das Unwahre kann ja nichts nutzen.

Wahrheit ist im Übrigen die Erfindung eines Lügners, denn die Produktion von moralisch despektierlichen Lügnern ist wesentlich der Sinn der Veranstaltung. Aus dieser Rekursion (mise em abyme kann man auch sagen) gibt es letztlich keinen Ausweg.

Ungemütlich und disharmonisch bleibt's deswegen ja trotzdem. Pluralismus macht wirklich keinen Spaß und verlangt schwierige Vorkehrungen und Disziplin, aber wenn die Vergiftungserscheinungen so genannter Wahrheit schon mal weggeräumt sind, ist schon was Ordentliches erreicht. In der Welt der Wahrheit sind verschiedene PARTEIEN (im breiten Wortsinn) unsinnig und überflüssig, indes geht der Wunsch, dass die ewigen Streitereien sodann aufhören mögen, deswegen nicht in Erfüllung. In Wahrheitskriegen geht's dann erst so richtig zur Sache.

Also kein Gewinn. Die Wahrheit muss weg .

lich
Dennis

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

12.12.2018 14:27
#14 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Lieber Noricus!
Strukturkongruenz = strukturkongruente Gemeindeerfahrungen

Ich habe in der Zeitschrift „Die Integrierte Gemeinde“ Beispiele ausführlich publiziert; die Darstellungen und Erklärungen dazu brauchen aber Platz, sonst würde es fundamentalistisch oder gar sektenhaft wirken. Adressaten waren ja auch Professoren, die gleichzeitig zu Symposien und Begegnungen eingeladen wurden. Ich kann hier nur soviel sagen: Die Beispiele ergeben sich aus dem Leben, das in einer christlichen Gemeinde so bunt ist wie sonst auch – und aus der Sprache der Bibel, wo sie paradox, unglaublich ist oder wo Widersprüche stören. Ich nahm also Fälle, wo die Ausleger ratlos blieben und zeigte, wie da im Einzelfall die heutige Erfahrung helfen kann, zu verstehen.
Da gibt es z.B. zwei Sätze Jesu: „Wer nicht gegen mich ist, der ist für mich.“ – „Wer nicht mitsammelt, der zerstreut“. War Jesus manchmal liberal, manchmal streng? Nein, die Sätze richten sich an verschiedene Adressaten: der erste gilt Fremden, der zweite dem Innenraum; durch die jeweiligen Kontexte der drei Evangelien lässt sich das zeigen. Diesen Unterschied erfährt eine Gemeinde und kommt daher auf diese Lösung.
Spannend ist es, wenn es um eine literar. Gattung wie Legenden geht: Auf dem See gehen soll Petrus, Brotvermehrung, Tote werden erweckt … Vieles versteht man und kann es übersetzen, aber man erlebt es nicht. Das Erleben stellt erst die Aussage in das Licht. Einige Todesfälle noch jüngerer Menschen haben mir gezeigt, wie die Gemeinde diesen Tod einfach aufhebt und sagt: Der X, die Y ‚lebt‘. Warum und wie – das hängt an der konkreten Geschichte, die man mitleben muss, um zu verstehen.Vielleicht noch ein Satz zu den Speisungswundern: Es handelt sich um die Erfahrung, dass das Vorhandene reicht, wenn sie zu 50 oder 100 sich setzen, so wie dann die Apostelgeschichte die Gemeinde beschreibt; wir weichen nicht aus auf Symbolik (Eucharistie), bleiben bei der Ökonomie (Prof. Rudolf Pesch hat nach dieser Erfahrung ein Büchlein über das Brotwunder geschrieben).

L. Weimer

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

12.12.2018 21:16
#15 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #13
Zitat von Noricus im Beitrag #7


Ich bin davon überzeugt, dass auch heute noch gar nicht so wenige Zeitgenossen glauben, dass in Fukushima 30.000 Menschen an radioaktiven Strahlen gestorben sind. Das ist zwar deshalb nicht wahr, aber wirklich, weil es wirkt. Grüne empfinden diesen Irrglauben sicher als feature, ich empfinde ihn als bug. Aber dass dieser Irrglauben wirklich in dem von mir beschriebenen Sinne ist, bestreite ich nicht.



Is doch schön. Sie hätten etwas zum Delektieren weniger, wenn Sie nicht daran glaubten, dass die das glauben.


Von "delektieren" kann eigentlich nicht die Rede sein. Unterstelle ich nur jemandem etwas oder gibt es wirklich Menschen, die das glauben? Ich werde diesbezüglich aus Ihren Ausführungen nicht ganz schlau.

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #13
Wie überflüssig diese Zertifikat ist, jedenfalls wenn man nichts Übles im Schilde führt, zeigen uns die Naturwissenschaftler. NICHTS von deren Erkenntnissen ist wahr. Prima damit leben kann man trotzdem. "Qua Bestätigung offensichtlich nicht falsch" genügt


Bei dem in Rede stehenden Beispiel wäre das Pferd aber eher von hinten aufzuzäumen, oder? Qua Nichtbestätigung offensichtlich falsch?

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

12.12.2018 21:24
#16 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #14
Da gibt es z.B. zwei Sätze Jesu: „Wer nicht gegen mich ist, der ist für mich.“ – „Wer nicht mitsammelt, der zerstreut“. War Jesus manchmal liberal, manchmal streng? Nein, die Sätze richten sich an verschiedene Adressaten: der erste gilt Fremden, der zweite dem Innenraum; durch die jeweiligen Kontexte der drei Evangelien lässt sich das zeigen. Diesen Unterschied erfährt eine Gemeinde und kommt daher auf diese Lösung.


Danke, lieber Ludwig Weimer. Dieses Beispiel macht Ihren Ansatz für mich deutlich besser verständlich.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

13.12.2018 01:08
#17 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #13
Ich empfehle die WAHRHEIT zu versenken.
Das könnte, je nach Definition, das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn wir uns nicht dem postmodernen "Anything goes" anschließen wollen, das jede Form von Tatsachenfeststellung zu einem Akt gesellschaftlicher Machtausübung deklariert und damit "dekonstruiert", brauchen wir schon ein Instrumentarium, das uns erkennen lässt, welche Aussagen "wahr" sind und welche "falsch". Oder vielleicht besser, das Konzept der Falsifizierung berücksichtigend, als "wahr" gelten können und "falsch" sind. "Wahr" ist, dass ein Gegenstand, den ich in 2 Metern in der Hand halte, nach unten fällt, auf den Boden aufgekommen sein wird und irgendwann auf dem Boden aufgekommen ist, wenn ich ihn loslasse. Das lässt sich durch Beobachtung testen, und wenn man der eigenen Beobachtung nicht traut, holt man noch zehn andere dazu. Und, oh Wonne, es ist durch Wiederholung auch noch reproduzierbar. Was will man mehr? Solche Erkenntnisse sind immerhin wahr genug, dass sich auf ihnen basierend Menschen Dinge zutrauen, für die sie nicht gebaut sind. Und dass sie Erfindungen machen, die nachvollziehbar das Leben besser machen, weil sie Mühsal vermeiden oder Krankheiten bekämpfen.

In der Politik ist das natürlich schwieriger. Hier steht uns - man sollte sagen: zum Glück - das Mittel des Experiments nicht zur Verfügung, oder wenn, dann in historischen Dimensionen mit jeder Menge leider nicht isolierbarer Faktoren. Aber auch hier kann man Aussagen testen: Man kann nach Einführung einer Maßnahme beobachten, wie sich die angepeilten Kennzahlen verändern. Es spielen auch hier wieder jede Menge anderer Faktoren mit, aber manchmal lassen sich diese statistisch tatsächlich isolieren. In jedem Fall hat jeder, dessen Prognosen die ermittelten Werte widersprechen, die Pflicht, dies auch nachvollziehbar begründen zu können, wenn er denn eine Chance haben will, dass seine Aussagen als "wahr" gelten können. In diesem Sinn können auch mehrere Aussagen zugleich als "wahr" gelten, ja das ist auch geradezu die Voraussetzung dafür, überhaupt Politik zu betreiben. Aber daraus folgt einerseits eine Mindestanforderung und andererseits eine Art des Umgangs. Die Mindestanforderung würde ich als "Widerspruchsfreiheit" bezeichnen. "Wahre" Aussagen verlangen, logisch herleitbar zu sein, wenigstens dann, wenn sie ein Funktionieren beschreiben wollen, was in der Politik die Regel sein dürfte. Aussagen, die an diesem Test scheitern, haben in der politischen Auseinandersetzung keinen Anspruch, als "wahr" zu gelten. Und die Art des Umgangs bedeutet, dass, auch wenn jeder im Moment von "seiner Wahrheit" überzeugt ist, weil sie ihm widerspruchsfrei erscheint und weil er meint, genug empirische Evidenz aufzeigen zu können, damit rechnet, etwas übersehen zu haben, so dass er im Angesicht der neuen Erkenntnisse auch eine andere Aussage als die seine als "wahr" akzeptieren könnte.

In dem Sinn käme es also nicht darauf an, "Wahrheit" zu versenken, sondern sie vor allem als vorläufig zu betrachten. Individuell und überhaupt. Wer nicht überzeugt davon ist, dass seine Aussagen "wahr" sind, der sollte mit ihnen auch nicht in der Öffentlichkeit auftreten. Erst da findet der Test statt, und dieser Test ist nicht die Mehrheitsentscheidung, auch wenn der letztlich festlegt, was "wirklich" ist, also was politisch "wirkt". Dass es keine neutrale Instanz (außer Gott, und der ist bislang nicht mehr überzeugend genug institutionalisiert) gibt, die uns zu jedem Zeitpunkt sagt, was "wahr" und was "falsch" ist, müssen wir als Menschen akzeptieren, aber genau das sorgt doch auch für jede Menge Spaß... Aber dass es diese eine Wahrheit gibt, daran sollten wir bei aller Akzeptanz der eigenen Fehlbarkeit schon festhalten. Es zeichnet die Menschheit aus, dass sie eben danach immer weiter sucht.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

14.12.2018 13:02
#18 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #17
"Wahr" ist, dass ein Gegenstand, den ich in 2 Metern in der Hand halte, nach unten fällt, auf den Boden aufgekommen sein wird und irgendwann auf dem Boden aufgekommen ist, wenn ich ihn loslasse. Das lässt sich durch Beobachtung testen, und wenn man der eigenen Beobachtung nicht traut, holt man noch zehn andere dazu.


Tschuldigung für meine Beckmesserei , aber es gibt keine naturwissenschaftliche Theorie (hier: Gravitation) mit der Einleitung "es ist wahr, dass". Wenn das so wäre, bräuchte man das zuletzt Genannte, nämlich das Beobachten, nicht. Die Theorie "scheitert an der Wirklichkeit nicht" (darum handelt es sich um die Lage nach dem Beobachten im günstigen Fall) ist durchaus etwas anderes als "sie ist wahr", weil die Wahrheit keine Tests nötig hat. Vielmehr ist es ggf. so, dass die Tests falsch sind und die Wahrheit richtig. Wenn die Wahrheit unter Vorbehalt evtl. besserer Erkenntnisse oder anderer Kautelen gestellt wird, ist der Begriff im Übrigen verloren und überflüssig.

REDUNDANT ist sowieso das Stichwort: Welchen Unterschied gibt es zwischen "die Sonne scheint" und "es ist wahr, dass die Sonne scheint"? Es gibt keinen vernünftigen Grund für den Zusatz, außer dass eine autoritative Maschine in Gang gesetzt werden soll, die Widerspruch zu verhindern trachtet, denn wer kann schon der Wahrheit widersprechen?

Die Auffassung von einem gewissen Wladimir Iljitsch Lenin macht deutlich, worum es geht. Die Auffassung trifft im Übrigen im Erfolgsfall zu, also im Erfolgsfall des Schwindels, der im Wahrheitsanspruch liegt und nicht unbedingt in der Lehre:

Zitat
Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist.



Welchen Verlust erleidet man also beim Verzicht auf Wahrheitsansprüche? Autoritätsverlust. Indes bin ich IMHO eher der Auffassung, dass das ne gute Nachricht ist und keine schlechte.

Zitat von Werwohlf im Beitrag #17
...Aussagen, die an diesem Test scheitern, haben in der politischen Auseinandersetzung keinen Anspruch, als "wahr" zu gelten.


Ganz einverstanden, namentlich auch mit dem, was im ganzen Absatz steht, ich schlage - um das Maß voll zu machen - aber einen weiteren Schritt vor: Die Aussagen haben schon dann keinen Anspruch als "wahr" zu gelten, wenn sie an Tests scheitern können. Damit wäre der Giftzahn schon von Anfang an gezogen, was m.E. die Produktivität, in diesem Fall die politische, erhöht.


Dass dadurch Chaos ausbräche und alles drunter und drüber ginge, glaub ich nitt: Bitte alle so genannten Fake-News auf den Tisch. Her damit. Die Debatte, das Überprüfen sowie ggf. das Standhalten in der Wirklichkeit klärt die Sachen - vorläufig; gemäß der Endlichkeit unserer Fähigkeiten. Beim Normativen braucht's Pluralismus. Ganz schwierig, zugegeben. Wahrheit geht einfacher, und wenn MEINE Fake News verdampft werden, is das natürlich nitt so schön.

lich
Dennis

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

16.12.2018 22:53
#19 RE: Wahrheit. Häresie. Glashaus. Geisterfahrt. Eine kurze Meta-Reflexion Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #18
Die Theorie "scheitert an der Wirklichkeit nicht" (darum handelt es sich um die Lage nach dem Beobachten im günstigen Fall) ist durchaus etwas anderes als "sie ist wahr", weil die Wahrheit keine Tests nötig hat.
Solche Einordnungen hängen natürlich davon ab, welche Bedeutung man dem Begriff "wahr" zumisst. Ich könnte z.B. durchaus mit vorläufigen Wahrheiten leben (was ich im Berufsleben immer, einen Spruch eines Ex-Kollegen aufgreifend, "letzter Stand des Irrtums" nenne), aber nicht mit vorläufigem Unsinn. Wenn wir über Politik reden, brauchen wir auch keine absoluten Wahrheiten. Es reichen die sichtbaren. Will sagen: Natürlich "beweist" im streng wissenschaftlichen Sinn der Umstand, dass hundertmal der Gegenstand, den ich aus meiner Hand fallen ließ, auf den Boden auftrag, nicht, dass dies immer der Fall sein muss. Aber die Evidenz ist stark genug, dass wir davon ausgehen können. Eine solch "unbewiesene" Behauptung ist nicht streng "wahr", weil sie falsifizierbar bleibt, aber sie ist "wahr genug", um für den politischen Disput als "wahr" zu taugen. Hingegen würde jemand, der behauptet, der Gegenstand, den er loslässt, steige regelmäßig in den Himmel auf, einen solchen Anspruch nicht erheben können, bis er dafür eine Versuchsreihe vorlegen könnte. Und es kann ja sein, dass die Aussage trotzdem in diesem Sinn "schwach wahr" ist, aber eben nur, wenn sich derjenige z.B. in der ISS befände. Der politischen Debatte wäre es dann überlassen, diesen Umstand herauszuarbeiten.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #18
Welchen Unterschied gibt es zwischen "die Sonne scheint" und "es ist wahr, dass die Sonne scheint"? Es gibt keinen vernünftigen Grund für den Zusatz, außer dass eine autoritative Maschine in Gang gesetzt werden soll, die Widerspruch zu verhindern trachtet, denn wer kann schon der Wahrheit widersprechen?
Der vernünftige Grund wäre gegeben, wenn jemand diesen Satz gegen jeden Nachweis anzweifelt. Wenn man sich denn darauf einigen kann, was "scheinen" meint, aber auch diesen etwaigen Dissenz müsste eine gut geführte Diskussion ans Tageslicht bringen können. Dass diese gut geführten Diskussionen so selten sind wie der Politiker, dem keine etatausweitenden Wohltaten für die Bevölkerung einfallen, ist eine andere Sache, die aber am Grundsatz nichts ändert.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #18
Die Aussagen haben schon dann keinen Anspruch als "wahr" zu gelten, wenn sie an Tests scheitern können.
Alle Aussagen können an einem Test scheitern, der anders ausfällt. Im wissenschaftlichen Sinn wäre es ja sogar ein Fortschritt, wenn sich ein solcher Test überhaupt definieren ließe. Was zum Beispiel beim Ziel "soziale Gerechtigkeit" so gut wie unmöglich ist, es sei denn, man risse dessen Maske herunter und ersetzte es, wie in der politischen Wirklichkeit regelmäßig gemeint, durch "materielle Gleichheit". Aber dennoch sollten wir der Politik zugestehen, "wahre" Aussagen in dem Sinn zu treffen, dass sie nicht offensichtlich "falsch" sind. Im Gegensatz zum Konzept, nichts als "wahr" zu deklarieren, würde ich lieber vieles als "wahr" zulassen, das nicht durch Tests oder durch Logik eindeutig ausgeschlossen werden kann. Die gewünschte Relativierung bekommen wir dadurch auch. Menschliche Erkenntnis ist immer vorläufig, nur göttliche ist ewig wahr. Und die müssen wir immer auch skeptisch betrachten, wenn sie uns durch Menschen vermittelt wird. Hilft also alles nix.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

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