Vielen Dank für diese Darstellung - wir wissen wirklich zu wenig über die chinesische Sicht mancher Vorgänge.
Eine Nachfrage:
Zitat Anders als es die alliierten Kriegsmächte Großbritannien und Frankreich beim Kriegseintritt Chinas 1917 zugesichert hatten ...
Gab es da wirklich explizite Zusagen?
Daß China da eine Erwartungshaltung hatte ist klar. Aber m. W. haben die Alliierten sich sehr bemüht, sich China gegenüber zu nichts zu verpflichten. So wurde offenbar auch das Angebot der chinesischen Regierung, Truppen nach Europa zu schicken, von Paris und London abgelehnt - weil China als mitkämpfender Partner mehr Mitspracherechte nach dem Krieg gehabt hätte.
1914 ist China ja explizit neutral geblieben, während Japan sofort an die Seite der Alliierten trat und mit ihnen zusammen das deutsche Tsingtao eroberte. Als China dann 1917 im Gefolge der USA doch noch offiziell in den Krieg eintrat (vorher hatte es die Alliierten allerdings mit Arbeitern unterstützt) war die Beute doch schon längst verteilt. Es war eigentlich eine recht unrealistische Vorstellung, daß die Japaner Tsingao wieder zugunsten Chinas räumen würden.
Zitat von R.A. im Beitrag #2Gab es da wirklich explizite Zusagen? ... Aber m. W. haben die Alliierten sich sehr bemüht, sich China gegenüber zu nichts zu verpflichten.
Das stimmt. Der Kriegseintritt war in der chinesischen Regierung heftig umstritten. Staatspräsident Sun Yat-sen hat vehement dagegen opponiert, mit dem Argument, daß China ein Krieg in Übersee nichts angehe & daß die Deutschen sich als Kolonialmacht in China noch am erträglichsten aufgeführt hätte und es nicht anginge, an der Seite von Großbritannien und Rußland dagegen zu kämpfen. Treibende Macht war Premierminister Duan Qurui (1865-1937), der nach dem Tod von Yuan Shikai 1916 die Führung der "Revolutionspartei" übernommen hatte (die sich im Herbst '19 in Guomindang umbenannte), der an der Militärakademie in Peking studiert hatte. Und der ironischerweise im Anschluß daran zwei Jahre, 1890-91, an der Preußischen Militärakademie in Berlin weiterstudiert hat (ich gehe mal davon aus, daß es sich bei 國柏林陸軍學院留, "staatliche Militärakademie in Berlin", um die Preußische Kriegsakademie handelt), und der 1916 zum Schluß gekommen war, daß eine Niederlage der Achsenmächte nur eine Frage der Zeit war. Aus der Ecke wurde jedenfalls kommuniziert, daß man durch die Entsendung der eigenen Leute ein Druckmittel haben würde. Die CLC, die Chinese Labour Corps, die allein in der Etappe arbeiteten, also im Nachschub, umfaßten an der Westfront gut 100.000 unter britischem Kommando & 40.000 unter französischem (die etwa 10.000 in russischen Diensten sind da nicht mitgezählt). Die meisten stammten übrigens aus Schandong. Ironischerweise (#2) war der eigentliche Anlaß für den formellen Abbruch der Beziehungen zum Dt. Reich und die Kriegserklärung nicht nur der Druck derr USA nach deren Kriegserklärung im Januar '17 (U-Boot-Krieg ohne jede Beschränkung), sondern die Versenkung der "Athos I" (die die Franzosen als Hilfstruppentransporter geleast hatten) 180 Seemeilen vor Malta am 17. Februar 1917 durch U-65. Von den 1900 Passagieren sind 700 ertrunken; darunter 543 der rund 900 Chinesen, die auf dem Weg an die frz. Front waren. (Ironie #3: für viele Studenten, die aus ihrem Studium über Französisch- oder Englischkenntnisse verfügten, war das eine große Chance, als Dolmetscher arbeiten zu können, Lin Yutang, der im Kielwasser des 4. Mai einer der führenden Herausgeber wurde & der nach seiner Übersiedlung 1937 in die USA und dem Übergang zum Englischen der bekannteste chinesische Autor im Westen war - und der Erfinder der einzig praxistauglischen Schreibmaschine für die chinesische Schrift - war der wohl bekannteste.)
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Hmpf. Eine nette kleine Facette, die ich übersehen hatte. (In diesem Fall: Jeffrey N. Wasserstroms Twentieth-Century China: New Approaches, Routledge 2003, S. 49): nicht ganz unwichtig für diesen Komplex, also den Kriegseintritt Chinas, waren die sog. Nishihara-Kredite, mit denen die japanische Regierung unter Premierminister Terauchi Masatake Duan Qurui höchstpersönlich bestochen hat, nach ihrem Interessen zu handeln - und dafür klandestin von Duan Zusagen erhalten hat, von chinesischen Forderungen in Sachen Schandong Abstand zu nehmen: 8 Tranchen im Wert von isg. umgerechnet 145 Millionen ¥, vom Jan. 17 bis zum Sept. 18, vermittelt durch den "Geschäftsmann" Nishihara Kamezo (von daher der Name), auf dem Papier als reine Privatkredite deklariert. Die chinesische Regierung war zu dem Zeitpunkt praktisch bankrott (an dem Zustand hat sich über die nächsten 30 Jahre nichts geändert).
Die Aufdröselung der einzelnen Tranchen findet sich hier:
Zitat von 维基百科, Artikel '西原借款'自寺内正毅1916年10月上台之后,立刻派其私人幕僚西原龟三多次前往中国秘密访问,并以日本兴业银行、台湾银行、朝鲜银行三行的名义,于1917年1月20日与中国交通银行(隶属于中国政府交通部)总裁曹汝霖签订了第一批借款500万日元的合約。之后又有第二次交通银行借款2000万日元;有线电信借款2000万日元;吉会铁路借款1000万日元;黑龙江省吉林省金矿森林借款3000万日元;满蒙四铁路借款2000万日元;山东济顺、徐高二铁路借款2000万日元;参战借款2000万日元。总共八项借款,合计14500万日元。贷款的抵押物包括中国山东和东北地区的铁路、矿产、森林等。
Zwischendurch ein Kompliment und ein Danke an die Geschichtslehrer. Ich habe mich nie so sehr für Geschichte interessiert, je älter ich werde desto neugieriger bin ich aber und lese still und leise mit.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #4... mit denen die japanische Regierung unter Premierminister Terauchi Masatake Duan Qurui höchstpersönlich bestochen hat, nach ihrem Interessen zu handeln
Das verstehe ich nicht ganz. Japan hatte sich über Jahre bemüht, einen Kriegseintritt Chinas zu verhindern (um seinen Status als einziger asiatischer Alliierter zu behalten). Und dann bestechen sie genau den chinesischen Politiker, der diesen Kriegseintritt durchsetzt?
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