Ludwig Weimer schreibt über die Coronokrise aus theologischer Perspektive. Dazwischen erinnert er an das Motto von "Zettels Raum" - was mich besonders freut.
Zitat Ein Kollege, er ist Pfarrer in Donauwörth, hat mir seine heutige Sonntagspredigt zur Totenerweckung des Lazarus geschickt.
Darin sagt er: „Vielleicht muss uns als Kirche ja noch viel mehr die Frage beschäftigen, wie unsere tote Kirche wieder zum Leben kommen kann. Müssen nicht auch wir mit klarem Blick unsere Situation so benennen, dass unsere Kirche, unsere Gemeinden bereits angefangen haben wie ein Toter zu riechen? Müssen nicht auch wir bekennen, dass unsere Aktionen diesem Leichnam nicht mehr zum Leben verhelfen können? All unsere gut gemeinten Planungen, Organisationen, synodalen Wege etc.“
Das heißt: Christen können in der Pandemie ein Zeichen sehen, so wie die jüdischen Propheten mit Zeichenhandlungen und Jesus mit Gleichnissen Erfordernisse der Stunde verdeutlicht haben. Hier ist nicht der Ort, das weiter auszuführen.
Wie soll man aber eine christliche Kirche wieder zum Leben erwecken, wenn selbst, zumindest vermute ich es stark, zunehmend Christen mit der Lehre von Jesus und den Aposteln nichts mehr anfangen können?
Ich selbst hatte schon z.B. Diskussionen mit Christen, jedenfalls haben sie sich selber als solche bezeichnet, die an Vorstellungen geglaubt haben, die mit dem christlichen Glauben nichts zu tun haben, wie Karma und Reinkarnation. Meine Erklärungsversuche, dass so etwas im totalen Widerspruch zu dem steht, was die Bibel (sowohl Altes als auch Neues Testament) aussagt, wurden zurückgewisen.
Oder ich hörte mal einen katholischen Pfarrer erzählen, der damals noch nicht so lange in der Gemeinde war, aus welchem Grund er sich entschieden hat, Geistlicher zu werden. Nämlich „weil es doch irgendetwas jenseits der Welt geben muss, es muss einfach was dran sein“, auch wenn er sich nicht erklären konnte, was es sein soll. Er hörte sich mehr wie ein Agnostiker an.
Die Erlösung im christlichen Glauben ist etwas, was man sich nicht selber verdient, sondern sie ist ein Gnadengeschenk Gottes durch Jesus Christus. Vielleicht empfinden heutzutage immer mehr Christen dies als "Demütigung" und sie wenden sich lieber esoterischen Bereichen zu, die ihnen versprechen, die Erlösung aus eigener Kraft erlangen zu können? Oder andere versuchen zumindest an was zu glauben, was auch immer es ist, blenden aber die Kernlehre des Christentums aus.
Bei der Frage, wie die tote Kirche wieder zum Leben kommen kann, musste ich an eine Stelle der Bibel, Johannes 6, 60-68, denken, als viele Jünger von Jesus ihn verärgert verließen und er die übrigen zwölf fragte, ob sie auch gehen wollen. Ich weiß, dass das nicht ermutigend ist.
"Das heißt: Christen können in der Pandemie ein Zeichen sehen, so wie die jüdischen Propheten mit Zeichenhandlungen und Jesus mit Gleichnissen Erfordernisse der Stunde verdeutlicht haben. Hier ist nicht der Ort, das weiter auszuführen."
Die Frage ist, was das heißt: "Hier ist nicht der Ort, das weiter auszuführen."?! MaW: Ist das in Erinnerung gebrachte Motto von "Zettels Raum" - was Kallias "besonders freut" - so weit degeneriert, die Plattform zum Segelschiffchen geworden, die große Perspektive - vom Orbit, vom Raumschiff, aus auf die eigentlichen Nöte der Menschen-Welt zu blicken - verlorengegangen?
Zitat von Kallias im Beitrag #1Ludwig Weimer schreibt über die Coronokrise aus theologischer Perspektive. Dazwischen erinnert er an das Motto von "Zettels Raum" - was mich besonders freut.
Eindeutig fällig, eine theologische Perspektive. Manche Kirchen haben ja derzeit für das Einzelgebet geöffnet, und dort werden auch Meditationszettel von den Pfarrern ausgelegt, die sich mit solchen Gedanken befassen. Aber Diskussionen wie sonst manchmal über die gerade gehörte Predigt kommen so nicht in Gang.
Zitat Wir stimmen überein: Keine Strafe Gottes. Aber?
Laut Merkel eine Prüfung. Man höre sich ihre letzte Ansprache an:
Zitat von Bandeskunzler MerkelWir können und werden alles einsetzen, was es braucht, um unseren Unternehmen und Arbeitnehmern durch diese schwere Prüfung zu helfen.
Das fand ich sehr bemerkenswert, weil die Deutung von Leidensereignissen als Prüfungen (vgl. Hiob 2,10), wenn ich recht beobachte, etwas aus der Mode gekommen ist. Sie ist besser als die Deutung als Strafe, aber auch nicht wirklich in der Bibel motiviert.
Zu Recht, finde ich! Wenn Gott uns Prüfungen auferlegen würde, in denen wir scheitern können (sonst wären es keine Prüfungen), dann stellt er uns ja damit Fallen oder Versuchungen. So sehe ich nicht den Gott der Bibel.
Ein anderer Aspekt: Wer Leid als Prüfung betrachtet, der richtet damit stets auch einen Appell an die Leidgeplagten, "weiterzufunktionieren", ihr Leid nicht in Trauer zu betrachten, sondern sich ihrer Prüfungssituation zu stellen. "Hab dich nicht so!" Das war in einer Epoche der Johanna Haller sicher üblich, heute aber ist man sich bewußt, wie unbarmherzig, beziehungsgestört und materialistisch es ist, von den Menschen einen solchen Umgang mit dem eigenen Leid und den eigenen Gefühlen zu fordern.
Da ist mir die marktwirtschaftliche Ansicht viel sozialer: Arbeitnehmer und Unternehmer werden nicht geprüft, sie sind OK. Geprüft wird aber ihr Produkt, nämlich vom Kunden. Die Tragik ist, daß die nötigen Geschäftsabschlüsse und -ausführungen derzeit oft nicht möglich oder nicht erlaubt sind.
Insgesamt kam mir Merkel mit dieser Ansprache als seltsam aus der Zeit gefallen vor. Aber ich wäre interessiert, ob anderen in ZkZ dies auch aufgefallen ist oder ob es andere Meinungen zum "Prüfungs-Theologem" gibt.
"An dieser politischen Sicht fehlt etwas. Was (er) gar nicht erwähnt (wird), sind die selbstverständlichen Heldentaten derer, die ihr Leben für andere opfern."
Es sind die, die an den Kassen der Supermärkte sitzen, die die Regale auffüllen, die für Nachschub sorgen; die den medizinischen Dienst aufrechterhalten; die den Toten noch die letzte Ehre erweisen.
Ob sich Frau Merkel mit ihrer Aussage nicht täuscht, dass bei genauer Einhaltung der politischen Auflagen "selbstverständlich" alles so weitergehen wird?!
Am vergangenen Markttag fiel mir auf, dass ein Gemüsestand schon nicht mehr anwesend war. Auf der "Achse des Guten" schildert ein Jurist, wie sehr die Rechtsprechung an einem seidenen Faden hängt. ...
Die Bibel weiß, dass die Welt erst auf einen grünen Zweig kommt, wenn es einen wie Noach gibt, der die Arche gebaut hat, als eine Flut weit und breit noch nicht in Sicht war.
Zitat von Emulgator im Beitrag #4Insgesamt kam mir Merkel mit dieser Ansprache als seltsam aus der Zeit gefallen vor. Aber ich wäre interessiert, ob anderen in ZkZ dies auch aufgefallen ist oder ob es andere Meinungen zum "Prüfungs-Theologem" gibt.
Hmmm. Ich glaube, ich würde das Wort von der "Prüfung" nicht auf die theologische Goldwaage legen. Denn: Ich betrachte das Wort an dieser Stelle als rhetorische Figur, nicht als theologische Aussage. - Zeitgemäßer wäre sicherlich gewesen, sie hätte gesagt: "Wir werden uns aufs Engste connecten, damit unsere Unternehmen und Arbeitnehmer diese heavy challenge auch wirklich meistern. Dazu brauchen wir ein echtes commitment von jedem Einzelnen und Ihnen allen."
Und: Immerhin sagt sie auch: "Wir sind nicht verdammt, die Ausbreitung des Virus passiv hinzunehmen." Das empfinde ich nicht als unzeitgemäß.
Hier würde ich lieber genau hinschauen:
Zitat von Emulgator im Beitrag #4 Das fand ich sehr bemerkenswert, weil die Deutung von Leidensereignissen als Prüfungen (vgl. Hiob 2,10), wenn ich recht beobachte, etwas aus der Mode gekommen ist. Sie ist besser als die Deutung als Strafe, aber auch nicht wirklich in der Bibel motiviert.
Zu Recht, finde ich! Wenn Gott uns Prüfungen auferlegen würde, in denen wir scheitern können (sonst wären es keine Prüfungen), dann stellt er uns ja damit Fallen oder Versuchungen. So sehe ich nicht den Gott der Bibel.
Das Buch Hiob mag aus der Mode gekommen sein, in der Bibel ist es allemal. Insofern würde ich dessen Deutung ungern als "nicht wirklich in der Bibel motiviert" apostrophieren. Inwiefern freilich eine fachexegetische Diskussion gerade das ist, was "die Seele nährt" steht für mich auf einem anderen Blatt, so gerne es mir leid tät.
Zitat von Bodu im Beitrag #7Hmmm. Ich glaube, ich würde das Wort von der "Prüfung" nicht auf die theologische Goldwaage legen.
Sie wissen schon, was der "Rote Kasner" für einen Job hatte, oder?
Zitat von Bodu im Beitrag #7Denn: Ich betrachte das Wort an dieser Stelle als rhetorische Figur, nicht als theologische Aussage.
Tja, eine ganze Menge rhetorischer Figuren speisen sich eben aus dem biblischen Sprachgebrauch, gerade im Deutschen, dessen Standardisierung durch eine Bibelübersetzung überhaupt begann. Teils bleibt die ursprüngliche Bedeutung am Leben, teils wird sie verkehrt, teils war sie zur Übersetzungszeit schon nicht mehr unstrittig.
Zitat von Bodu im Beitrag #7Das Buch Hiob mag aus der Mode gekommen sein, in der Bibel ist es allemal. Insofern würde ich dessen Deutung ungern als "nicht wirklich in der Bibel motiviert" apostrophieren.
Der Witz beim Buch Hiob ist, daß am Ende der Herr all die fromm klingenden Sprüche gründlich abräumt: "Was bildet ihr Menschen euch ein, zu wissen?"
Zitat von Bodu im Beitrag #7Hmmm. Ich glaube, ich würde das Wort von der "Prüfung" nicht auf die theologische Goldwaage legen.
Sie wissen schon, was der "Rote Kasner" für einen Job hatte, oder?
Einen anderen jedenfalls als Eva Christiansen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #8Teils bleibt die ursprüngliche Bedeutung am Leben, teils wird sie verkehrt, teils war sie zur Übersetzungszeit schon nicht mehr unstrittig.
Und was spricht noch dafür, hier die ursprüngliche Bedeutung anzunehmen? Macrons Vater war auch kein General.
"Wenn in den meisten Menschen – als der Geburtsstätte der Sehnsucht nach einer persönlichen Anders(All)macht - die Gottesidee ausstirbt, wird auch die Vorgabe der jüdisch-christlichen Bibel für das Denken entfallen und dieses Buch im Regal neben den Kindermärchen stehen. Dann fehlt der Zivilisation die jüdische Vorgabe der Religionskritik, die eine Götzen- und Ersatzreligions-Kritik von Mose und den Propheten her war, und es bliebe uns nur noch die philosophische, psychologische und politische Religionskritik, die vermutlich zu therapeutischen Zwecken zitiert würde.
Verloren ginge in einer Postchristlichkeit auch die in den Evangelien und in der frühen Kirchengeschichte beschriebene Erfahrung, dass wenige genügen, um eine ganze Gesellschaft zu retten." (Weimer in: Ein Wald voller Fragezeichen)
Zitat von Simon im Beitrag #5 Die Bibel weiß, dass die Welt erst auf einen grünen Zweig kommt, wenn es einen wie Noach gibt, der die Arche gebaut hat, als eine Flut weit und breit noch nicht in Sicht war.
Wollen wir auf diese E r f a h r u n g als Gotteserfahrung, indem wir sie unterstützen und so zeigen, dass wir daran glauben, verzichten? - Hieße das nicht: Gott in Versuchung zu führen?
"Ein Drittel der Deutschen betet seit Beginn der Corona-Krise mehr um Schutz für sich selbst, die eigene Familie oder die eigenen Freunde. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des in Erfurt ansässigen Meinungsforschungsinstituts „INSA Consulere“, die im Auftrag der Zeitung „Die Tagespost“ (DT) durchgeführt wurde. Demnach trifft dies gleichzeitig auf die Hälfte der Befragten nicht zu." Was ist dazu zu sagen?
Zitat von Emulgator im Beitrag #8Sie wissen schon, was der "Rote Kasner" für einen Job hatte, oder?
Einen anderen jedenfalls als Eva Christiansen.
Gut, einigen wir uns darauf, daß wir ebensogut wissen, wer die Kindersprache dieser Rede zu verantworten hat, wie diese Person sich über den Inhalt im Klaren ist?
Zitat von Bodu im Beitrag #9Und was spricht noch dafür, hier die ursprüngliche Bedeutung anzunehmen? Macrons Vater war auch kein General.
Ach, wissen Sie, auf der Ebene ist mir egal, was Sie schreiben oder denken.
Zitat von Emulgator im Beitrag #12Zitat von Bodu im Beitrag #9Und was spricht noch dafür, hier die ursprüngliche Bedeutung anzunehmen? Macrons Vater war auch kein General. Ach, wissen Sie, auf der Ebene ist mir egal, was Sie schreiben oder denken.
Einverstanden. Ihr Resumée zu Hiob hat mich jedenfalls sehr angesprochen. In einem Satz eines der bekanntesten Bücher der Bibel souverän relativieren: Da versteht jemand sein Handwerk.
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