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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 10 Antworten
und wurde 1.192 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

20.04.2020 00:07
G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Zur Abwechslung einmal nichts von Corona.

https://zettelsraum.blogspot.com/2020/04...argel-1914.html



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

20.04.2020 16:59
#2 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Es Ist Abschnitt 169, nicht 161: Asparagus quo modo seratur

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

20.04.2020 17:07
#3 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Es ist Abschnitt 169 auf Seite 161 von De agri cultura.

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

20.04.2020 17:30
#4 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Hallo, Herr Elkmann,

endlich mal wieder ein schöner Text von Ihnen.

Gruß, PC Zeller

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

20.04.2020 19:40
#5 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Lieber Herr Zeller,

zu normalen Zeiten zitiere ich dergleichen nach dem Text der Loeb Classical Library. Momentan kann ich aber weder auf die gedruckten Exemplare in unserem Institut oder der Universitätsbibliothek zugreifen noch hier vom Heimoffiz auf die elektrischen Fassungen, auf die die Uni lizensiert ist. Ich habe mich deswegen frivolerweise auf Wikisource verlassen (die freilich keine Quellenangabe ausweist). Und die listen das als Absatz 161. Es kann durchaus sein, daß es unterschiedliche Textrezensionen gibt.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

21.04.2020 08:23
#6 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Meine Angaben entstammen dem zweisprachigen Reclam-Band.

Gruß vom burgundischen Pferdestall ins münsteranische Homeoffiz.

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

22.04.2020 09:50
#7 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Hallo, Herr Elkmann,

natürlich haben Sie recht. Es gibt verschiedene Ausgaben und entsprechend verschiedene Zählungen. Was ich für die Angabe einer Seitenzahl gehalten hatte, war bloß eine andere Zählung.

Fazit: Es reicht nicht, wenn man ein Buch im Schrank hat, man sollte wenigstens die editorische Notiz und das Nachwort lesen.

Ich gehe in Sack und Asche.

Gruß aus Burgund
PCZ

Simon Offline



Beiträge: 334

22.04.2020 15:09
#8 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Zitat
Zur Kultivierung dieses Gemüses findet sich, um auf den römischen Prokonsul zurückzukommen, hilfreiches im ältesten erhaltenen längeren Prosatext in lateinischer Sprache, in De agri cultura von Cato Maior, dem Älteren, abgefaßt um das Jahr 175 v.Chr., in dem es im Abschnitt 161 heißt:
Asparagus quo modo seratur. Locum subigere oportet bene qui habeat humorem aut loco crasso; ubi erit subactus, areas facito, uti possis dextra sinistraque sarire, runcare, ne calcetur; cum areas deformabis, intervallum facito inter areas semipedem latum in omnes partes; deinde serito ad lineam palo, grana bina aut terna demittito et eodem palo cavum terrae operito; deinde supra areas stercus spargito bene; serito secundum aequinoctium vernum. Ubi erit natum, herbas crebro purgato cavetoque ne asparagus una cum herba vellatur; quo anno severis, sum stramentis per hiemem operito, ne praeuratur; deinde primo vere aperito, sarito runcatoque. Post annum tertium quam severis, incendito vere primo; deinde ne ante sarueris quam asparagus natus erit, ne in sariendo radices laedas. Tertio aut quarto anno asparagum vellito ab radice. Nam si defringes, stirpes fient et intermorientur. Usque licebit vellas, donicum in semen videbis ire. Semen maturum fit ad autumnum. Ita, cum sumpseris semen, incendito, et cum coeperit asparagus nasci, sarito et stercorato. Post annos VIII aut novem, cum iam est vetus, digerito et in quo loco posturus eris terram bene subigito et stercorato. Deinde fossulas facito, quo radices asparagi demittas. Intervallum sit ne minus pedes singulos inter radices asparagi. Evellito, sed circumfodito, ut facile vellere possis; caveto ne frangatur. Stercus ovillum quam plurimum fac ingeras; id est optimum ad eam rem; aliud stercus herbas creat.
(Da ich den Lesern dieses Netztagebuches flüssige Kenntnisse des Lateinischen zutraue, erspare ich mir die Übersetzung; daß Spargel früh gesetzt werden muß, daß es darauf ankommt, daß der Boden trocken ist und auf keinen Fall nass sein darf; daß ein Pflanzloch mit einem Pflock in den Boden gebohrt wird und dies um die Zeit der Frühlings-Tagsundnachtgleiche erfolgen muß, das zum Ernten der Korpus von der Wurzel gerupft werden muß, es also gilt, die Erde darumso aufzugraben, daß die Stange nicht abbricht, dürfte dem Text spielend zu entnehmen sein.

Zitat



Da in dieser "Corona"-gekrönten Zeit, parallel zu der des Spargel, so ein Text zum Stöbern verleitet, stößt man u.U. auf einen römischen Herrn zu Zeiten Caesars*, dessen umfangreiches 70-bändiges Werk meist verlorengegangen, aber ein 3-bändiges über Landwirtschaft vollständig überliefert ist. Er heißt Marcus Terrentius Varro (* 116 v. Chr. in Reate im Sabinerland, heute Rieti; † 27 v. Chr.). Er war der bedeutendste römische Polyhistor. Ich will aber nicht wegen des Ackerbaus auf ihn zu sprechen kommen. Denn das würde ein wenig viel Landwirtschaft und Spargel, "Spatzengras", bedeuten, und die Zeit, sich in Ruhe vielseitig(er) zu bilden ist auch nicht unbegrenzt.

In dem berühmt gewordenen Vortrag Ende des 2. Jahrtausends an der Pariser Sorbonne anlässlich eines Kolloquiums der Pariser Sorbonne zum Thema: »2000 ans après quoi?«, gehalten am 27. November 1999 und herausgegeben von Vinzenz Pfnür unter den Stichworten: ´Die Christenheit, die Entmythologisierung und der Sieg der Wahrheit über die Religionen´, stützt sich Kardinal Joseph Ratzinger einleitend auf die systematische Unterscheidung dieses Varro in Sachen zeitgenössischer "Theologie", um daran aufzuzeigen, dass die Krise, in der sich das Christentum am Ende des 2. christlichen Jahrtausends gerade im Raum seiner urspr. Ausdehnung, in Europa, befindet (ergänze: und in die Gegenwart reicht!) "auf der Krise seines Wahrheitsanspruches beruht, ... die eigentliche Wahrheit über Gott ... zu erkennen".

Varro unterscheidet drei Arten von „Theologie“, wobei er unter Theologie die ratio versteht, quae de diis explicatur – das Verstehen und Erklären des Göttlichen. Es sind dies die theologia mythica, die theologia civilis und die theologia naturalis.
Ratzinger referiert und erläutert Varros´ Beschreibung der "Theologie(en)" folgendermaßen:
"Mit vier Bestimmungen klärt er dann näher, was unter diesen „Theologien“ zu verstehen sei. Die erste Bestimmung bezieht sich auf die den drei Theologien zugeordneten Theologen: Die Theologen der mythischen Theologie sind die Dichter, weil sie Gesänge über die Götter verfasst haben und so Gottessänger sind. Die Theologen der physischen (natürlichen) Theologie sind die Philosophen, das heißt die Gelehrten, die Denker, die über die Gewohnheit hinaus nach der Wirklichkeit, der Wahrheit fragen; die Theologen der Ziviltheologie sind die „Völker“, die sich bei ihrer Wahl nicht den Philosophen (nicht der Wahrheit), sondern den Dichtern angeschlossen hatten, ihren poetischen Visionen, ihren Bildern und Gestalten.
Die zweite Bestimmung gilt dem Ort in der Wirklichkeit, dem die betreffende Theologie zugeordnet ist. Da entspricht der mythischen Theologie das Theater, das durchaus einen religiösen, kultischen Rang hatte; die Schauspiele sind nach der herrschenden Meinung auf Weisung der Götter in Rom eingerichtet worden. Der politischen Theologie entspricht die urbs, der Raum der natürlichen Theologie aber sei der Kosmos. Die dritte Bestimmung nennt den Inhalt der drei Theologien: Die mythische Theologie habe als Inhalt die von den Poeten geschaffenen Götterfabeln; die staatliche Theologie den Kult; die natürliche Theologie antworte auf die Frage, wer die Götter seien. Hier lohnt es sich, genauer zuzuhören: »Ob sie – mit Heraklit – aus Feuer sind oder – mit Pythagoras – aus Zahlen oder – mit Epikur – aus Atomen, und so noch anderes, was die Ohren leichter innerhalb der Schulwände ertragen können als draußen auf dem Marktplatz.«
Hier wird ganz deutlich sichtbar, dass diese natürliche Theologie Entmythologisierung, oder besser gesagt: Aufklärung ist, die kritisch hinter den mythischen Schein blickt und ihn naturwissenschaftlich aufgeschlossen löst. Kult und Erkenntnis fallen auseinander. Der Kult bleibt als Sache der politischen Zweckmäßigkeit notwendig; die Erkenntnis wirkt religionszerstörend und sollte daher nicht auf den Marktplatz getragen werden.

Schließlich ist da noch die vierte Bestimmung: Welche Art von Wirklichkeit ist Inhalt der einzelnen Theologien? Varros Antwort lautet: Die natürliche Theologie hat es mit der »Natur der Götter« zu tun (die es gar nicht gibt), die beiden anderen Theologien handeln von den divina instituta hominum – von den göttlichen Einrichtungen der Menschen. Damit aber ist letztlich der ganze Unterschied reduziert auf den von Physik im antiken Sinn und von Kultreligion andererseits. »Die civilische Theologie hat letztlich keinen Gott, nur ,Religion‘; die ,natürliche Theologie‘ hat keine Religion, sondern nur eine Gottheit.« Ja, sie kann gar keine Religion haben, denn ihr Gott ist religiös nicht ansprechbar: Feuer, Zahlen, Atome. So stehen religio (womit wesentlich Kult gemeint ist) und Wirklichkeit, die rationale Erkenntnis der Realität, als zwei getrennte Sphären nebeneinander. Die religio empfängt ihre Rechtfertigung nicht aus der Realität des Göttlichen, sondern aus ihrer politischen Funktion. Sie ist eine Einrichtung, deren der Staat für seine Existenz bedarf. (Zweifellos stehen wir hier vor einer Spätphase von Religion, in der die Naivität des Religiösen zerbrochen und damit seine Auflösung eingeleitet ist.)"

"Aber", so kommentiert Ratzinger weiter, um dann - klar unterscheidend - auf die Ansiedlung des Christentums im Denken des Christ gewordenen Augustinus (354-430) in der varronischen Trias der Religionen zu sprechen zu kommen.

"Während Varro in seiner Zeit, in der der politische Zweck der Religion noch stark genug war, um sie als solche zu rechtfertigen, noch eine eher krude Auffassung von Aufklärung und von Wahrheitslosigkeit des politisch motivierten Kultes vertreten konnte, wird recht bald der Neuplatonismus einen anderen Ausweg aus der Krise suchen, auf den dann Kaiser Julian bei seinem Versuch der Wiederherstellung der römischen Staatsreligion aufbaute: Was die Dichter sagen, sind Bilder, die man nicht physikalisch fassen darf; aber es sind doch Bilder, die das Unaussprechliche für alle jene Menschen ausdrücken, denen der Königsweg der mystischen Einung versagt ist. Obwohl die Bilder als solche nicht wahr sind, werden sie nun doch gerechtfertigt als Annäherungen an das, was immer unaussprechlich bleiben muss." ...

"Das Erstaunliche ist, dass ... Augustinus ohne jedes Zögern dem Christentum seinen Platz im Bereich der „physischen Theologie“, im Bereich der philosophischen Aufklärung zuweist. Er steht damit in vollkommener Kontinuität mit den frühesten Theologen des Christentums, den Apologeten des zweiten Jahrhunderts, ja, mit der Ortsbestimmung des Christlichen durch Paulus im ersten Kapitel des Römerbriefs, die ihrerseits auf der alttestamentlichen Weisheitstheologie beruht und über sie zurückreicht bis in die Verspottung der Götter in den Psalmen. ...

Das Christentum beruht nach Augustinus und nach der für ihn maßgebenden biblischen Tradition nicht auf mythischen Bildern und Ahnungen, deren Rechtfertigung schließlich in ihrer politischen Nützlichkeit liegt, sondern es bezieht sich auf jenes Göttliche, das die vernünftige Analyse der Wirklichkeit wahrnehmen kann. ... Augustinus identifiziert den biblischen Monotheismus mit den philosophischen Einsichten über den Grund der Welt, die sich in verschiedenen Variationen in der antiken Philosophie herausgebildet haben. ... Der christliche Glaube beruht nicht auf Poesie und Politik, diesen beiden großen Quellen der Religion; er beruht auf Erkenntnis (und einer spezifischen, geschichtlich ausgeprägten Lebensform - sollte man dabei mithören!). Er verehrt jenes Sein, das allem Existierenden zugrunde liegt, den ´wirklichen Gott´. Im Christentum ist Aufklärung Religion geworden und nicht mehr ihr Gegenspieler."

Auf diesen bedeutenden Satz im Sprachgefüge Ratzingers, der im Jahre 2005 an die Spitze der Katholischen Kirche gewählt worden war, der 2013 aus redlichen Gründen zurücktrat, aber sich immer noch zu Wort meldet, wenn es grundsätzlich um die Wahrheit des im Judentum verankerten Christentums geht, kommt es an!

Ich kann hier nicht den Inhalt und die Argumentation des gesamten Vortrags wiedergeben. Aber es sei noch darauf hingewiesen, dass R. betont, dass das Christentum sich deshalb seit ihren Anfängen als "universal" ansehen musste, das zu allen Völkern gebracht werden musste; nicht als "religiöser Imperialismus", sondern aufgrund seines Wahrheitsanspruches, der in der weiträumigen Toleranz der Polytheismen "religionsfeindlich" war und in dieser Hinsicht in der Umwelt auch als "Atheismus" ... und staatsgefährdend wahrgenommen wurde.

"Schon vor dem Auftreten der christlichen Mission hatten gebildete Kreise der Antike in der Figur der „Gottesfürchtigen“ den Anschluss an den jüdischen Glauben gesucht, der ihnen als religiöse Gestalt des philosophischen Monotheismus erschien und so zugleich den Forderungen der Vernunft wie dem religiösen Bedürfnis des Menschen entsprach, auf das die Philosophie allein nicht antworten konnte: Zu einem bloß gedachten Gott betet man nicht. Wenn aber der Gott, den das Denken findet, nun im Innern einer Religion als sprechender und handelnder Gott begegnet, dann sind Denken und Glauben versöhnt."

Als symptomatische Figur für den Zugang zum Christentum, seit in der Gestalt Christi - nach Auslegung des Paulus in Übereinstimmung mit Petrus und dem Apostelkonzil (vgl. Apg 15) - der religiöse Monotheismus universal, "die Einheit von Denken und Glauben, die religio vera, allen (auch Nichtjuden) zugänglich geworden war", nennt Ratzinger den Philosophen und Märtyrer Justin (+ 167). Nach eigener Überzeugung hatte er auch nach Annahme des Christentums (nach einem 3-jährigen Katechumenat zur Einübung dessen, was man in der Taufe versprach und durch Untertauchen symbolisiert sah) seine philosophische Überzeugung nicht abgelegt. "Es deckt sich (vgl. Paulus an die Haus-Gemeinden in Rom, Röm 2,14f) mit dem, was ´von Natur gut ist´".

Wenn in der Neuzeit, nach der Europ. philosophischen "Aufklärung", der Erforschung der Natur nach ihrer exakten Methode, dem spezifischen Geschichtsdenken, der Evolutionslehre der Welt und des Menschen ... das Christentum spätestens jetzt in eine Krise geraten scheint, dann liegt es nicht an seiner Grundstruktur, sondern wie Lessing es seinerzeit ausdrückte, an den ´fehlenden Beweisen des Geistes und der Kraft´, dem Mangel an einsichtiger ´Ortopraxie und Orthodoxie´, Übereinstimmung von ´Liebe (caritas) und Vernunft (ratio) als die eigentlichen Pfeiler des Wirklichen´ (Ratzinger). -
(Die Christenheit, die Entmythologisierung und der Sieg der ...
document.kathtube.com/1243.pdf)
Simon

*Ciceros!

Simon Offline



Beiträge: 334

25.04.2020 13:10
#9 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Ob der Baron von Münchhausen auf seinem Gut

Zitat
Der Freihof des Baron von Münchhausen erinnert an den weltberühmten „Lügenbaron“. Das Fachwerkgebäude befindet sich im Familienbesitz eines Nachfahren des Freiherren von Münchhausen aus Bodenwerder.(Wiki)

,
auf das er nach einem erfahrungsreichen Soldatenleben im Zarenreich mit 30 Jahren wieder zurückkehrte, auch Spargel stechen ließ, dafür eigens Personal aus dem Osten kommen ließ oder das gar nicht für nötig befand, weil die Stengel, wie sie sprießen, ja auch von selbst - aufs Wort - den Weg in den Korb ... und in den Mund finden können, konnte ich nicht herausfinden.
Aber köstlich amüsiert und z.T. überrascht hat mich, was eine späte Namensträgerin des gleichen Namens - von "Nachfahrin" dürfe man nicht sprechen, weil der auf Ehre bedachte Baron kinderlos starb - in der neuen Ausgabe der ZEIT auf Seite 17 zu erzählen weiß. - Ich überlege, ob ich mir das Buch der langjährigen Textchefin der ZEIT, deren Buch "Der Lügenbaron. Mein phantastischer Vorfahr und ich" soeben erschienen ist, nicht doch kommen lassen soll, um nach der Spargel-Frage zu forschen.
Simon

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

25.04.2020 17:20
#10 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Zitat von Simon im Beitrag #9
um nach der Spargel-Frage zu forschen.


Ich gehe davon, aus, daß der Herr Freiherr diese, nach dem Vorbild des weiland Schiffschirurgus und hernach Kapitän mehrerer Schiffe, Lemuel Gulliver, der Kühe und Schafe von seinem Besuch im Lande Lilliput mit heimbrachte, von seiner Visite auf dem Erdtrabanten importiert hat.

Zitat von Gottfried August Bürger, Des Freyherrn von Münchhausen Wunderbare Reisen, 1786
Alles ist in dieser Welt außerordentlich groß; eine gewöhnliche Fliege z.B. ist nicht viel kleiner als eines unserer Schafe. Die vorzüglichsten Wafffen, deren sich die Einwohner des Mondes im Kriege bedienen, sind Rettiche, die wie Wurfspieße gebraucht werden, und den, der damit verwundet wird, augenblicklich töten. Ihre Schilde sind aus Pilzen gemacht, und wenn die Zeit der Rettiche vorbei ist, so vertreten Spargelstangen ihre Stelle.

Ich sah auch einige von den Eingeborenen des Hundssterns, die der Handlungsgeist zu dergleichen Streitereien verleitet. Diese haben ein Gesicht wie große Bullenbeißer. Ihre Augen stehen zu beiden Seiten der Spitze oder vielmedhr des untern Endes ihrer Nase. Sie haben keine Augenlider, sondern bedecken ihre Augen, wenn sie schlafen gehen, mit ihrer Zunge. Gewöhnlich sind sie zwanzig Fuß hoch; von den Einwohnern des Mondes aber ist keiner unter sechsunddreißig Fuß.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

27.04.2020 11:19
#11 RE: G. K. Chesterton, "Spargel" (1914) Antworten

Zitat von Chesterton
Aus dem gleichen Grund, weil solche gesellschaftlichen Gebräuche einen Rangunterschied kennzeichnen, müssen solche Gebräuche (zumindest, was ihre Funktion angeht), künstlich, unnatürlich sein. Man darf sie nur aus demselben Grund kennen, aus dem ein Soldat seine Parole kennt: weil sie ihm mitgeteilt worden ist.

Das bekannteste Beispiel für uns, die wir die Mittelklasse ausmachen, ist die alte, ganz willkürliche Art, die festlegt, wie man Spargel zu essen hat.



21 Jahre nach diesem Text fand, als hätten ihn die Beteiligten gekannt, das "Heidelberger Spargelessen" statt: In einem Heidelberger Gasthaus amüsierten sich Studenten des Corps Saxo-Borussia Heidelberg beim Spargelessen über die Frage, ob Hitler seinen Spargel mit Händen, Besteck oder Pfoten esse. Als dieses bekannt wurde, gab es in nationalsozialistischen Kreisen einen #Aufschrei.

Wenn man dem Zeitgeist nachspürt, scheint hinter diesem Spaß der Corpsstudenten durchaus auch der Anstoß gestanden haben, den der Nationalsozialismus bei konservativen und monarchistischen Kreisen dadurch erregt hat, daß Stände- und Klassendenken in seinen Reihen offiziell verpönt war und nationalsozialistische Großkopferte selten sich mit "feudalen" Zeitvertreib in der Öffentlichkeit profilierten.

Das ist so ähnlich auch heute wieder so. Welcher führende Politiker ist etwa als leidenschaftlicher Jäger bekannt, so wie F.-J. Strauß? Wenn jemand Jäger ist, pflegt er (oder sie) diese Nebenbeschäftigung eher so wie der bekannte Generalsekretär und Vorsitzende des Staatsrates oder so wie der Reichsmarschall und Reichsluftwaffenminister, nämlich leicht verschämt abseits der Öffentlichkeit.

Zurück zum Spargelessen: Dieses Ereignis kostete die in dem Spaß involvierten Spargelesser zwei volle Semester. Alle anderen Studentenverbindungen, auch solche, die keine Corps sind, wurden danach durch die nationalsozialistische Führung insofern geächtet, daß HJ-, Partei- und NSDStB-Mitgliedschaft fortan als unvereinbar mit der Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung galt.

Für die christlichen Studentenverbindungen hätten die Folgen des Heidelberger Spargelessens von 1935 allerdings keinen Unterschied gemacht. Daß der Nationalsozialismus das Christentum insgeheim bekämpft, ist dort aufgefallen. Eine Eingliederung in den totalen Staat konnte man daher nicht mitgehen. 1936 entschied der NSDStB sich sogar für das Mensurenfechten, jetzt in Konkurrenz zu Corps und schlagenden Burschen-, Turner- und Sängerschaften.


Zitat
Gewissenhafte historische Quellenforschung hat uns mittlerweile sogar das einzige Konterfei dieses verdienstvollen Mannes im Korpus des antiken Schrifttums zugänglich gemacht:

Danke dafür, auch in Gedenken an den jüngst verstorbenen Zeichner Underzo. Qualis artifex pereavit! (Im Original "qualis artifex pereo" Kaiser Nero zugeschrieben, der sich selbst als Musenjünger sah, was für einen Kaiser damals unerhört war. Anschließend wieder zitiert von Troubadix im Band Asterix und Maestria.)

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