Zitat Es ist etwas anderes, das mir an der Corona-Krise Angst macht. Heute habe ich zum ersten Mal in meinem Leben vollkommen leere Regale, in denen sich sonst Packungen an traumweichem, vierlagigem Toilettenpapier stapeln, wahrnehmen müssen. (Schon klar: Ich kenne aus meiner fernen Jugend den Zustand, dass an Effizienz orientiertes Supermarktpersonal kurz vor der jährlichen Inventur den Nachschub an Verkaufsartikeln etwas vernachlässigt hat, was aber nie zu Versorgungsengpässen führte.) Ich hätte nie gedacht, während meiner bescheidenen Existenz ein solches DDR-Reenactment erleben zu dürfen (Vorsicht: Sarkasmus). Christoph Lemmer hat in einem exzellenten Artikel das Nötige zu dieser Resozialisierung des Preppertums (Prepperismus?) gesagt.
Also das mit den Hamsterkäufen (in Hamburg konnte ich die bislang nicht beobachten) ist einfacher erklärt und im akuten Fall weit weniger dramatisch als man denkt:
Durch ein allgemeines minimales Verschieben der Zeitpräferenz vieler Einzelpersonen Richtung Gegenwart, kommt es zu einer kurzfristigen Nachfragespitze, die zudem noch von einem Rückkopplungseffekt verstärkt wird.
Ihre Befürchtungen scheinen mir auch sonst leicht übertrieben, denn ähnliche Massnahmen wurden bei ähnlichen Anlässen bereits in der Vergangenheit in Ostasien exerziert, ohne dass dort die Diktaturen wie Pilze aus dem Boden geschossen wären.
Es geht halt darum, direkt das Leben vieler alter und/oder schwerkranker Menschen zu retten und indirekt - über die Vermeidung medizinischer Versorgungsengpässe - auch das vieler jüngerer Personen.
Ich halte das im Großen und Ganzen für legitim, wenngleich ich beispielsweise überzeugter Nichtorganspender bin, da ich die exorbitanten Kosten im Vergleich zum Nutzen unverhältnismäßig hoch finde und lieber die Beiträge einbehalten würde, als diese Leistung in meinem Versicherungsportfolio zu wissen. Ähnlich denke ich über viele Krankenversicherungsleistungen, insbesondere - aber nicht nur - im hohen Alter.
Zitat Heute habe ich zum ersten Mal in meinem Leben vollkommen leere Regale, in denen sich sonst Packungen an traumweichem, vierlagigem Toilettenpapier stapeln, wahrnehmen müssen.
Ich habe folgende Erklärrung gelesen: Während die Lebensmittel bei dem einen oder anderen Disounter quasi in Echtzeit des Verkaufs nachbestellt ( und nachgeliefert ) werden, läuft der Bestellvorgang bei ToPa anders. Plötzliche Nachfrage führt halt bei zwei Lieferungen pro Woche dann und wann zum Engass. Scheint mir plausibel.
Ich denke, das Problem ist weniger, ob man selbst bei einer Infektion mit Cov19 schwer erkrankt, sondern die Weiterverbreitung und damit die Gefährdung der besonders für schwere Folgeschäden bis zum Tod empfänglicher Bevölkerungsgruppe der über 75jährigen oder ansonsten an schweren Vorerkrankungen leidenden Menschen. Da gibt es durchaus aussagekräftige Statistiken über eine hohe Mortalität. Und der Versuch, die Ausbreitung zu verlangsamen, um die Behandlungskapazitäten in ausreichendem Maße vorhalten zu können wird ja nicht nur in Deutschland, sondern in so ziemlich allen betroffenen Staaten weltweit gemacht. Besonders effektiv dabei war übrigens trotz sehr enger Verbindungen zu Festlandchina Taiwan.
Der kritische Punkt ist die vollständige Überlastung des Gesundheitssystems, daß auf solche Situationen an keiner Stelle eingerichtet ist. Taiwan hatte das Glück, in der letzten Januarwoche, als die Zahlen in Wuhan zu kaskadieren begannen, SOFORT und rigoros die notwendigen Schritte einzuleiten. Das Containment traf also, bei minimaler Maschendichte, auf eine erheblich kleinere Sockelbasis. Und es wurde kein Tag mit Wenn-und-Aber, mit Geschwätz in Talkshows und vor allem nicht mit Kompetenzgezerre, garniert mit vorsätzlichem festen Nichtstun-um-jeden-Preis, das wir hier bis gestern gesehen haben, vergeudet. Man hat das von Anfang an als den Notfall behandelt, den das darstellt. Das kommt, wenn man Feuersbrünste und Epidemien als Naturkräfte betrachtet und nicht als soziale Konstrukte.
Wir bekommen in den nächsten Wochen den kompletten Kollaps unseres Gesundheitssystems, das dann nur noch Triage durchführen und ansonsten mit den immer knapperen Ressourcen eine mehr als linear steigende Zahl von Fällen versorgen kann - und den Rest außen vor lassen muß. Zu den Sekundärfolgen, die gravierend sein werden, wird die Erfahrung von drei vollen Generationen zählen, die durchmachen müssen, was hier nur während und nach der Schlußphase des Zweiten Weltkriegs erlebt worden ist (der letzte Seuchenzug war die Cholera 1831-32): daß hier alles wegbricht, daß es nur das Glück ist, das die Älteren den Überlebenden beisortiert: traumatisch für die, weil es sie trifft und sie hilflos sind; traumatisch für deren Kinder, denen die Eltern von diesem Staat nach Haus zum qualvollen Ersticken geschickt werden; und traumatisch für die Enkel, die sehen, daß dieser Staat nichts in petto hat als das vollständige Versagen angesichts einer ernsten Krise. (Ist ganz ernst gemeint: mehr als Gendersternchen und Co und das Denunzieren aller Gegner als "Na***!" haben die nichts im Köcher.) Das ist unabhängig von der Notversorgung mit dem Lebensnotwendigsten; das WIRD funktionieren. Aber die Erfahrung, daß dieser Staat sich als System entpuppt, für das die Schwächsten im Krisenfall schlicht geopfert werden: das wird nachwirken. Besonders wenn man es in Kontrast setzt mit den erbärmlichen Schwafelanten und Genderlieschen, die genau dafür verantwortlich zeichnen.
Kollektive ("Volk" ist ja ihr-wißt-schon) können damit zurechtkommen. Wenn sie den Eindruck haben, die Verantwortlichen setzten tatsächlich ihr Möglichstes daran, der Notlage Herr zu werden, wenn die letzten Kräfte mobilisiert werden. Was einer Riege blüht, die, über Jahre hinweg, immer wieder demonstriert hat, daß ihr die Ansichten und Bedürfnisse dieses Volks vorsichtig gesagt nicht am Herzen liegt, dürfte interessant werden.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
" An Ort und Stelle kann die Notwendigkeit eines solchen Schritts,(...), besser beurteilt werden als im Raumschiff Berlin. Aber die herrschende Ansicht geht jetzt wohl dahin, den ohnedies lästigen Föderalismus endlich zu kassieren."
Der Föderalismus schützt nicht vor Pappnasen. Die Karnevals-Pappnasen vom Düsseldorfer Gesundheitsamt z.B. sahen keinerlei Gefahr in der Ausrichtung der ProWein-Messe, bei der fröhlich norditalienischer Wein aus Gläsern (1 Glas pro 1000 Besucher?) geschlürft, gegurgelt und in Näpfe gespuckt wird. Erst auf Druck des Krisenstabs im Raumschiff Berlin haben die Düsseldorfer Pappnasen die Messe absagen müssen. Und eine Seuche macht nicht an den Grenzen der Bundesländer halt. Die Folgen grenzenloser Dummheit in örtlichen Gesundheitsämtern sind grenzenlos und müssen dann vom ganzen Land getragen werden. Bei der Bekämpfung einer rasant laufenden Seuche braucht man Sprintschuhe mit Spikes und keinen Hemmschuh Föderalismus. Ich bin grundsätzlich ein Anhänger des Föderalismus, aber hier taugt er nicht.
Zitat von HR2 im Beitrag #6Bei der Bekämpfung einer rasant laufenden Seuche braucht man Sprintschuhe mit Spikes und keinen Hemmschuh Föderalismus. Ich bin grundsätzlich ein Anhänger des Föderalismus, aber hier taugt er nicht.
Das von Ihnen geschilderte Beispiel taugt für mich nicht als Nachweis manglender Verwaltungseffizienz, daher halte ich auch die Frage, ob Föderalismus oder Zentralismus besser wäre, für irrelevant. Das konkrete Problem hier ist ja die Doofheit der Entscheidungsträger. Die kann aber im Zentralismus genauso zum Problem werden, und das dann direkt mit nationalen statt regionalen Auswirkungen. Zentralismus schützt auch nicht vor Pappnasen, und mein Vertrauen in die Entscheidungsträger in Berlin wäre auch nicht gerade grenzenlos, um es mal vorsichtig zu formulieren. Von der EU-Ebene mal ganz zu schweigen...
Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #7Zentralismus schützt auch nicht vor Pappnasen, und mein Vertrauen in die Entscheidungsträger in Berlin wäre auch nicht gerade grenzenlos, um es mal vorsichtig zu formulieren. Von der EU-Ebene mal ganz zu schweigen...
Die EU-Ebene hat schon Ende Januar reagiert. Krisenkommunikation und Informationsaustausch hätten seither funktionieren müssen. Wenn Bund oder Länder sich natürlich entscheiden, Informationen erst gar nicht zu sammeln (z.B. an den Grenzen) oder Kommunikation (z.B. mit Frankreich, als man dort wegen der Hamsterkäufe reagiert hat) gar nicht zu tätigen, ist klar, wer die Pappnase aufhat.
Zitat von HR2 im Beitrag #6 Bei der Bekämpfung einer rasant laufenden Seuche braucht man Sprintschuhe mit Spikes und keinen Hemmschuh Föderalismus. Ich bin grundsätzlich ein Anhänger des Föderalismus, aber hier taugt er nicht.
Ich finde, das bisherige Krisen-Management zeigt sehr schön die Vorteile des Föderalismus. Insbesondere führt Föderalismus nämlich auch zu Wettbewerb um die beste Lösung.
Bayern hat jetzt mehrmals hintereinander eine Vorreiter-Rolle bei der Krisenbekämpfung gespielt. Wenn die bayerischen Maßnahmen sinnvoll erscheinen, werden sie innerhalb weniger Tage vom Rest der Republik kopiert. Sollten sie hingegen nicht sinnvoll erscheinen, dann eben nicht. Im einen Fall kann Söder Pluspunkte als energischer Macher sammeln. Im anderen Fall steht er als aktionistischer Dilettant dar. So oder so: Alle Beteiligten in allen Bundesländern haben einen Anreiz, gute Lösungen zu finden und zu erproben und ggf. zu kopieren. Schlechte Lösungen werden sehr schnell als solche erkannt und dann eliminert.
Erscheint mir deutlich besser als ein zentralistisches System, bei dem man nur hoffen kann, dass die richtigen Lösungen von der Zentralbehörder von Anfang an implementiert werden. Es fehlt hier nämlich das Korrektiv eines Wettbewerb-Föderalismus.
Auch dass z.B. in England zu Beginn eine komplett andere Strategie bevorzugt wurde als in Kontinentaleuropa (nämlich: "öffentliches Leben weiter laufen lassen, aber Isolierung der Risikogruppen") ist m.E. ein Pluspunkt des europäischen Nationen-Wettbewerbs. Falls die Methode funktioniert haben wir alle für die Zukunft was gelernt. Viel besser, als wenn europaweit eine Einheitslösung übergestülpt wird.
Zitat von Florian im Beitrag #9Auch dass z.B. in England zu Beginn eine komplett andere Strategie bevorzugt wurde als in Kontinentaleuropa (nämlich: "öffentliches Leben weiter laufen lassen, aber Isolierung der Risikogruppen") ist m.E. ein Pluspunkt des europäischen Nationen-Wettbewerbs. Falls die Methode funktioniert haben wir alle für die Zukunft was gelernt. Viel besser, als wenn europaweit eine Einheitslösung übergestülpt wird.
Noch viel besser wäre es allerdings gewesen, wenn Europa aus den reichlich vorhandenen Erfahrungen aus der Vergangenheit von anderen Kontinenten gelernt hätte und konsequent und flächendeckend diese Maßnahmen durchgesetzt hätte.
Siehe Taiwan und Südkorea. Es gab hier in Europa doch überhaupt keine Notwendigkeit, erstmal auszuprobieren oder neue Erkenntnisse zu gewinnen. Grenzen dicht, Einreisende unter Quarantäne, Isolation von Hotspots, und testen testen testen. Und zwar ab Januar und nicht erst Mitte oder Ende März.
@ Noricus, zu Ihrem jüngsten Artikel (ich packe das mal hier rein):
Zitat Bin ich wirklich der Einzige, der sieht, dass angeblich liberale Kräfte all die Argumente, die wir in den letzten Jahren bei den Klimahysterikern kritisiert haben, nun mutatis mutandis zur Rechtfertigung des – zeit meines Lebens – größten Angriffs auf unsere Grundrechte verwenden?
Der entscheidende Unterschied ist doch, dass die Einschränkung der Bürgerrechte im aktuellen Fall temporär, im anderen Fall permanent wäre; mit allen gesellschaftlichen und ökonomischen Verwerfungen, die das eben mit sich brächte. Und das von den Befürwortern der Maßnahmen auch genau so kommuniziert wird.
Man darf natürlich gerne den Verdacht hegen, dass viele autoritäre, politische Kräfte versuchen werden die Gunst der Stunde zu nutzen um das Land in ihrem Sinne umzugestalten. Wachsamkeit schadet nie. Und dann, allerdings auch erst dann, wären die liberalen Kräfte gefragt dies zu verhindern. Sollten die Regierenden nach dem Ende der Pandemie allerdings wieder zum Status Quo - der aus liberaler Sicht schon kritikwürdig genug war - zurückkehren, gibt es auch keinen Grund einen Kampf gegen Totalitarismus zu führen. Im Gegenteil, man könnte daraus sogar schließen, dass unser Rechtsstaat auf festem Boden steht.
Im besten Fall könnte die aktuelle Lage sogar dazu führen, dass den Klimaspinnern nachhaltig der Wind aus den Segeln genommen wird, weil große Teile der Bevölkerung jetzt einen Vorgeschmack darauf bekommen werden, was ihnen blüht wenn sie solche Leute wählen. Dass die Mehrheit der Wähler dies als erstrebenswerten Dauerzustand betrachtet, halte ich für relativ unwahrscheinlich. Die Tatsache, dass die Klimahysteriker im Moment reihenweise die Masken fallen lassen und ihren Menschenhass derart offen zur Schau stellen ist dabei übrigens auch ganz hilfreich.
Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #13Im besten Fall könnte die aktuelle Lage sogar dazu führen, dass den Klimaspinnern nachhaltig der Wind aus den Segeln genommen wird, weil große Teile der Bevölkerung jetzt einen Vorgeschmack darauf bekommen werden, was ihnen blüht wenn sie solche Leute wählen. Dass die Mehrheit der Wähler dies als erstrebenswerten Dauerzustand betrachtet, halte ich für relativ unwahrscheinlich. Die Tatsache, dass die Klimahysteriker im Moment reihenweise die Masken fallen lassen und ihren Menschenhass derart offen zur Schau stellen ist dabei übrigens auch ganz hilfreich.
Momentan ist doch einfach zu erkennen, dass gerade diejenigen Politiker, die bisher praktisch nicht existente Risiken als Hebel für massive Maßnahmen (Abschaltung AKW, Kohlekraftwerke, Fahrverbote) mit dem Argument Vorsorgeprinzip verteidigt und überzeichnet haben, jetzt ganz nackt dastehen, wenn in höchsten Regierungsstellen dokumentierte Risikoszenarien Realität werden, und sich die Risikovorsorge in Luft auflöst. In Ravensburg können 2000 Corona-Tests nicht ausgewertet werden, weil Chemikalien fehlen. https://swr-aktuell-app.swr.de/news/7483.../20200322220344 Nur die Spitze des Eisbergs? Und wie viel klinisches Personal arbeitet ohne ausreichenden Schutz?
Es ist jetzt die Zeit, den Menschen klar zu machen, dass Berlin eine medial aufgeplusterte Seifenblase ist. Und man sollte nochmal deutlich machen, dass die elektrische Versorgungssicherheit inzwischen eher am seidenen Faden hängt, ein Ausfall der Stromversorgung noch weit schlimmere Folgen hätte, als die jetzige Lage. Auch, dass das allein auf das Betreiben der deutschen Regierung und Merkels Ethikkommissionen zurückgeht. Es wäre ein mutwillig herbeigeführtes Desaster. Wann, wenn nicht jetzt ist die Chance, ein Umdenken zu erreichen?
Auch an dieser Stelle möchte ich meine Verbundenheit zu deinem Empfinden in dieser Sache ausdrücken.
Wir diskutierten noch über das Schwinden des Mehltaus und erwachen in einer Situation wie dieser. Ein potenzierter Kafka Roman.
Der fehlende Mut zum Zweifel, gegen den ich persönlich schon bei der Klimahysterie bis zu meiner Erschöpfung erfolglos anargumentierte, gebiert die gleichen Ungeheurer, wie der schlafende Verstand. Vielleicht sind fehlender Mut zum Zweifel und schlafender Verstand auch identisch. Heute zumindest scheint dieser fehlende Mut zum Zweifel die letzten Widerstände in unserem Land niedergerannt zu haben.
Ich stehe fassungslos davor.
Dieses Zitat deines verlinkten Artikels drückt vieles aus, was auch mir durch den Kopf geht.
Zitat Und auch diesmal fürchte ich nicht das eigentliche Sujet, sondern den deutschen Umgang damit. Nicht die Corona-Viren finde ich erschreckend, sondern die Reaktion der deutschen Medien, der deutschen Regierung und folgend des deutschen Volkes.
Da man sich selbst immer misstrauen sollte, bleibt die Hoffnung, dass diesmal ich mit meiner Angst zu den Hysterikern gehöre.
Immerhin eine Hoffnung.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Vielleicht kann man mal einen Sammelthread einrichten für die unpassenden Maßnahmen? M.E. ist da schon einiges zusammengekommen. Am Anfang war man komplett sorglos, inzwischen werden rabiate Maßnahmen ergriffen, die immense Kosten verursachen oder das Problem sogar verschlimmern. So ein Thread ist ziemlich wichtig. Eine Opposition trägt das ja nicht zusammen derzeit, und das, obwohl hier sogar demokratische Gepflogenheiten (mal wieder?) außer Kraft gesetzt werden, um nur schnell irgendwelche Gesetze durchzubringen.
Zitat von Florian im Beitrag #9 Ich finde, das bisherige Krisen-Management zeigt sehr schön die Vorteile des Föderalismus. Insbesondere führt Föderalismus nämlich auch zu Wettbewerb um die beste Lösung.
Hintergrund: In den USA ist die Pandemie-Bekämpfung stark zentralisiert in der Bundesbehörde CDC (Center for Disease Control). Die hatte aus bürokratischen Gründen die Freigabe von Corona-Tests lange effektiv verboten. Was zu einer fatalen Verzögerung in den USA geführt hat.
In dem Artikel wird nun ausdrücklich die deutsche föderale Lösung begrüßt, wo jedes Bundesland bei den Tests vor sich hinwurschteln durfte und nicht durch eine Bundesbehörde blockiert werden konnte.
Merke: Zentralismus ist in der Krise toll - FALLS die Zentralbehörde alles richtig macht. Falls dort aber Fehler gemacht werden sind die Folgen dramatisch. Bei dezentralen föderalen Entscheidungen bekommt man zwar nicht überall immer sofort die beste Lösung. Aber zumindest schon einmal in einem Teil des Landes. Und in den restlichen Regionen wird dann erfahrungsgemäß bald nachgezogen. Man lernt dann von den besten/schnellsten.
Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #7Das konkrete Problem hier ist ja die Doofheit der Entscheidungsträger. Die kann aber im Zentralismus genauso zum Problem werden, und das dann direkt mit nationalen statt regionalen Auswirkungen.
So langsam zeigt sich ein weiteres Problem. Suhl, sagt euch das was? Dauerstress in Erstaufnahmeeinrichtung. Jetzt hört man es auch aus diversen anderen Unterbringungen und es stellt sich weiterhin heraus, daß wir Statistiken, Hochrechnungen, Epedemie-Rechner ohne eine "variable Unbekannte" komplett in die Tonne treten können. Wir (als Bio-Bürger) können noch so sehr Abstand und Selbstdisziplin üben, wenn Hundertschaften sich nicht daran halten und Infekte weitergeben. Und die Endscheidungsträger stoppen noch immer nicht ihre uns auferlegten und unter den jetzigen Bedingungen zu massiven Schädigungen der Gesundheit führenden Ideale. Vera Lengsfeld:
Vor zehn Tagen ist von der Regierung verkündet worden, dass die deutschen Grenzen geschlossen werden sollten. In den Medien wurde prompt vor der „großen Abschottung“ gewarnt. Diese Besorgnis war unbegründet. Über etliche Grenzübergänge zu Frankreich und Luxemburg rollte auch Tage nach der Ankündigung der Verkehr munter unkontrolliert weiter, obwohl Frankreich zu den Hotspots der Corona-Krise zählt und lange vor Deutschland viel härtere Maßnahmen zur Ausgangsbeschränkung erlassen hat. Auch die Flüge aus dem Iran und China, weitere Hotspots der Krise, landeten auch noch Tage nachdem Verkehrsminister Scheuer versprochen hat, diese Flüge zu stoppen.
Wie die zurückgeholten Urlauber wurden auch die Passagiere aus China und dem Iran weder in Quarantäne genommen, oder wenigstens getestet. Sie mussten nicht einmal hinterlassen, wo sie sich in Deutschland aufzuhalten gedachten, für den Fall, dass sie als Kontaktperson eines Infizierten infrage kamen. Außerdem gilt nach wie vor der Ministererlass von 2015, dass auch Personen ohne oder mit sichtbar gefälschten Papieren ins Land gelassen werden sollen, (...)
Man steigt ja nicht mehr durch.
Wer hat was genau verfügt, welche zusätzliche Gefährdung manche "Gruppierungen" aber darstellen, die offensichtlich keinen Grund empfinden zum Wohle aller Bürger sich in Krisensituationen an Vorgaben zu halten. Das kann man nicht erwarten, aber in den Griff zu kriegen ist es eben auch nicht. Nur ein paar Monate konsequent "Mir kommt keiner mehr über die Grenze" einhalten, das ist nicht mal jetzt möglich.
Zitat Die IS-Sympathisanten der Erstaufnahmeeinrichtung Suhl, die ins ehemalige Jugendgefängnis Arnstadt verlegt wurden, bereiten dort weiterhin Probleme. Sie simulieren wiederholt medizinische Notfälle, um aus der Quarantäne zu kommen. Die Ilm-Kreis-Landrätin Petra Enders beklagt, dass die Zuständigkeiten der verschiedenen Behörden in Suhl und im Ilm-Kreis nicht geklärt seien. Schreiben an die Zuständigen im Land, dass es so nicht weitergehen könne, seien unbeantwortet geblieben. Während für die Bürger strenge Sanktionen gelten, wenn sie sich den Quarantänebestimmungen widersetzen, bleibt das Verhalten der Schutzsuchenden offenbar straffrei. Jedenfalls trifft die Forderung, die betreffenden Geflüchteten unter Strafrecht zu stellen, auf taube Ohren.
Ein Sprecher des Justiz- und Migrationsministeriums bekundete, es sei richtig gewesen, dass Geflüchtete nach Arnstadt verlegt wurden, weil sie die Quarantänebestimmungen der Erstaufnahmeeinrichtung missachtet hätten.
Da Zuwanderung zumeist bei Nacht und Nebel stattfindet, kriegt der Bürger davon kaum etwas mit. Ich muß gestehen, ich habe auch geglaubt, das das derzeit ausgesetzt wurde. Ich fasses nicht. Das kann alles nicht mehr wahr sein.
Zitat von Nola im Beitrag #18Man steigt ja nicht mehr durch.
Das ist wie beim Tatort. Der findet in der Realität genauso wenig statt, wie Regierungshandeln. Das, was von den Regierungsschauspielern verkündet wird, ist reine Unterhaltung.
Zitat von Nola im Beitrag #18Man steigt ja nicht mehr durch.
Das ist wie beim Tatort. Der findet in der Realität genauso wenig statt, wie Regierungshandeln. Das, was von den Regierungsschauspielern verkündet wird, ist reine Unterhaltung.
Zitat Eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Thüringen steht komplett unter Quarantäne. Wie die Stadtverwaltung am Samstag mitteilte, wurde ein Bewohner der Unterkunft in Suhl am Freitagabend positiv auf das Coronavirus getestet. Derzeit halten sich rund 500 Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung auf. Coronavirus-Fall in Suhl: 533 Bewohner unter Quarantäne
Nach Angaben von Amtsärztin Marion Peterka ist der Mann am Freitag in Suhl angekommen. Er wird in der Unterkunft in der Isolierstation behandelt. Weil er nur leichte Symptome zeigt, gehen die Ärzte von einem harmlosen Krankheitsverlauf aus. Alle 533 Bewohner dürfen sich im Haus frei bewegen, das Gelände aber nicht verlassen.
Also dieser Mann kann ja nicht gleich "gestestet" worden sein bei Eintreffen, sonst hätte man ihn nicht mit 500 weiteren Personen zusammen gelassen. Das ist das eine, das andere ist aber auch, wieso sind in diesen Zeiten 500 Personen in der "Erstaufnahme" ???
Merke: Zentralismus ist in der Krise toll - FALLS die Zentralbehörde alles richtig macht. Falls dort aber Fehler gemacht werden sind die Folgen dramatisch. Bei dezentralen föderalen Entscheidungen bekommt man zwar nicht überall immer sofort die beste Lösung. Aber zumindest schon einmal in einem Teil des Landes. Und in den restlichen Regionen wird dann erfahrungsgemäß bald nachgezogen. Man lernt dann von den besten/schnellsten.
Ja!,und aber, oder und: Die beste Lösung, die sich aus diesem naiven Wettbewerb ergibt, muß dann in Zukunft bei einer grassierenden und tödlichen Seuche zentral und unverzüglich durchgesetzt werden. Alles andere wäre mörderisch.
Zitat Weiters befremdet und entsetzt mich, wie kritiklos Menschen aus dem liberal-konservativen Spektrum plötzlich eine Einschränkung fundamentaler Rechte des Einzelnen vorbehaltlos befürworten. Da wird auf einmal nach dem Leviathan gerufen, der das Individuum ohne jegliche Verhältnismäßigkeitsprüfung an die Kandare nehmen und ihm die Ausübung seiner Freiheiten verbieten kann.
Ihre Angst müsste sich mit dem "Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG)" inzwischen in Panik verwandelt haben. Die Bedienung von Schulden kann ausgesetzt werden infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind. Das in einem System, das auf Schuldverhältnissen aufbaut. Die Sprengkraft dürfte kaum abzuschätzen sein. Vielleicht wirkt in der Regel der Anstand der Menschen, mit Vorreitern wie C&A oder Adidas, die ihre Mietzahlungen reihum eingestellt haben, könnte das aber schnell Schule machen.
Was mich dabei aber wundert: Wie soll ein gesunder Schuldner die COVID-19-Pandemie vorschieben. Müsste das Gesetz nicht lauten "..infolge von Umständen, die auf das Missmanagement der Regierung zurückzuführen sind"? Das wäre einfacher zu begründen. Nicht COVID-19 ist das Problem, das Problem ist eine unfähige und überforderte Regierung. Weder Südkorea, noch Taiwan oder Singapur mussten ihre Wirtschaft und das Kreditsystem zerstören.
Interessant in diesem Zusammenhang wäre aber doch noch noch, wie das deutsche Moratorium im Europäischen oder weltweiten Kontext wirkt: Darf der deutsche Schuldner dem italienischen Gläubiger die Zahlung verweigern, dieser umgekehrt aber nicht? Oder ist es genau anders herum?
Zitat von Noricus im Beitrag #1Mein agnostischer und lästige Freiheitsrechte relevierender Senf zu Corona. Feuer frei.
Manchmal liest man eigene Gedanken, mit denen man schon lange schwanger geht anderswo und ist fasziniert von deren Klarheit. Mir ging es heute so, bei einem Text in der NZZ:
Zitat von Zitat aus der NZZ [Maßnahmen zu Corona]... die ein New Yorker Freund von mir als «wissenschaftsgläubiges Nordkorea» bezeichnet hat. Aus dem biologischen Realismus leiten die Regierungen einen neuen politischen Objektivismus ab. Doch hier ist grösste Skepsis angebracht.
Es ist das, was ich im Zusammenhang mit der Klimadebatte immer wieder einmal etwas ungelenk einen "wissenschaftlichen Gottesbeweis" genannt habe. Es ist das Ersetzen ethischer, politischer und moralischer Fragen durch eine (beliebige) wisssenschaftliche Interpretation. In dieser Hinsicht sind die Corona und Klimafrage nahezu indentisch und die Möglichkeit, dass die Klimafragen in Zukunft mit ähnlicher Rigorosität behandelt werden könnten, stimmt mich unbehaglich.
Interessant dabei ist, dass der Text aus der NZZ im weiteren sogar auf die Klimafrage Bezug nimmt, mit den Worten:
Zitat von Zitat aus der NZZDoch es ist ebenso ein wissenschaftlich gut erhärteter Befund, dass die Klima-Krise – nüchtern betrachtet – gefährlicher einzustufen ist als die Corona-Krise, weil sie den Fortbestand der Menschheit insgesamt bedroht. Und es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage: Warum wird denn kein Notstand ausgerufen, um der Klima-Krise zu begegnen?
Zum einen sieht der Autor - so verstehe ich ihn hier - durchaus auch die Gefahr des "politischen Objektivismus" in der Klimafrage, die auch mich äußerst unbehaglich stimmt. Zum anderen - und das stimmt mich resigniert - erkennt er meiner Ansicht nach nicht, wie er sich selbst in den Versuchen des politschen Objektivismus, wissenschaftliche Fragen als Ersatz für politische Fragen zu formulieren, verfängt. Die "Bedrohung der Menschheit" ist eine politisch Frage, welche allerdings wissenschaftlich formuliert wird.
Umso interessanter scheint mir dieser Umstand im Lichte eines weiteren Zitats des Autors in der weiteren Folge des Textes:
Zitat von Zitat aus der NZZUrplötzlich wird ein naturwissenschaftliches, virologisches Modell als zwingendes Argument für angeblich alternativlose politische Entscheidungen verwendet. Virologische Modelle berechnen verschiedene Szenarien der Ausbreitung des neuen Coronavirus mittels Computersimulationen. Modelle sind keine Kopien der Wirklichkeit, sondern Vereinfachungen von Datensätzen, durch die wir Muster erkennen wollen.
Hier beschreibt er etwas Wesentliches, das in meinen Augen auch essentiell richtig ist. Weiter oben nennt er allerdings die "Bedrohung des Fortbestands der Menschheit" einen "wissenschaftlich gut erhärteten Befund", ohne zu berücksichtigen, dass auch die ganzen Klimaprognosen letztendlich nichts als interpretationsbedürftige Computersimulationen sind, deren Parametrisierung höchstwahrscheinlich noch eine um einige Faktoren höhere Unsicherheit besitzen, als die der Simulationen der Virenausbreitung. Man kann hier in meinen Augen durchaus erkennen, dass die Umformulierung politischer in wissenschaftliche Fragen durchaus Wirkung zeigt, auch bei denen, welche die Gefahr kennen.
Ich unterstelle dabei - ganz nebenbei - nicht einmal böse Absicht bei den Protagonisten des "politischen Objektivismus". Es mag oftmals der Wille zum Guten und Richtigen sein, der sie leiten mag. Sie erliegen dabei aber in meinen Augen der Versuchung der Unfreiheit, die in der Menschheitsgeschichte wohl eine der größten Schrecken war.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Noricus im Beitrag #1Mein agnostischer und lästige Freiheitsrechte relevierender Senf zu Corona. Feuer frei.
Manchmal liest man eigene Gedanken, mit denen man schon lange schwanger geht anderswo und ist fasziniert von deren Klarheit. Mir ging es heute so, bei einem Text in der NZZ:
Für meinen Geschmack baut der Autor zu viele Strohmänner und verwendet einige Begriffe doch sehr grenzwertig:
Zitat von Zitat aus der NZZ Für die Regierungen scheint jedoch der virologische Imperativ alternativlos zu fordern: [...] Für Herumnörgelei sei kein Raum, wir brauchten unbedingte Unterstützung von Regierungsmassnahmen, weil wir angeblich im Krieg seien.
Soweit ich sehe, spricht niemand im deutschspachigen Raum vom Krieg, schon gar keine Regierung. (Ich habe beim googlen nach "Krieg gegen Virus" auf den ersten Seiten Trump (wird dafür kritisiert), Biden, Macron, einen italienischen Virologen, Rihanna und den UN-Generalsekretär gefunden.)
Zitat von Zitat aus der NZZ Doch wir befinden uns nicht in einem Krieg gegen einen unsichtbaren Feind. Denn ein Virus ist nicht unser Feind, sondern eine anonyme biologische Struktur, die uns als Wirt heimsucht, um sich zu vermehren und in unseren Zellen zu gedeihen. Dem Virus ist es völlig egal, wie es uns dabei geht. Wir sind nicht sein Feind, sondern sein Habitat.
Behauptet oder glaubt denn irgendjemand etwas anderes? In Amerika wird auch vom "Krieg gegen Drogen" gesprochen, obwohl mit Sicherheit niemand glaubt, dass die Droge ein intelligentes Wesen wäre, das irgendwelche Interessen verfolgt (außer vielleicht im Drogenrausch).
Zitat von Zitat aus der NZZ Das Virus greift uns nicht an, sondern spult ein Programm ab, das sich virologisch und epidemiologisch erfassen lässt. Es ist also eine leicht zu entlarvende politische Lüge, dass wir uns in einem Krieg befänden.
Hier wird m.E. ein falscher Maßstab an eine metaphorische Äußerung gelegt - man könnte die Begriffsverwendung - wenn es sie denn gäbe, s.o. - als übertrieben, irreführend usw. kritisieren, aber wohl kaum als Lüge. Und so geht es dann weiter, aber vielleicht bin ich da ja auch zu kleinlich.
Dennoch geht es natürlich um ein sehr wichtiges und aktuelles Problem, und ich kann es auch kaum fassen, wie hier in kürzester Zeit Maßnahmen beschlossen werden, die noch vor kurzem undenkbar schienen. Mir sind aber die Ausführungen zum "politischen Objektivismus" noch zu algemein. Sie schreiben:
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #23 Es ist das Ersetzen ethischer, politischer und moralischer Fragen durch eine (beliebige) wisssenschaftliche Interpretation. In dieser Hinsicht sind die Corona und Klimafrage nahezu indentisch [...]
Wie hat sich das in der Coronakrise denn konkret ausgewirkt? Wie hätte der Politische Entscheidungsprozess nach ihrer Ansicht anders laufen können und sollen? Könnten Sie evtl. an einem Beispiel verdeutlichen, wie sich politischer Objektivismus oder auch "nordkoreanische Wissenschaftsgläubigkeit" ausgewirkt haben?
Zitat von UEH im Beitrag #24Für meinen Geschmack baut der Autor zu viele Strohmänner und verwendet einige Begriffe doch sehr grenzwertig:
Lieber UEH,
ich muß zugeben, dass ich die von Ihnen wohl zurecht kritisierten Passagen mit zu wenig Aufmerksamkeit bedacht habe. Das Wort "Krieg" ist mir aus der Berichterstattung zur Macron Rede erinnerlich aber sonst kann ich nicht viel zu dem sagen, was Sie als Strohmannargumente kritisieren. Es fällt mir schwer das zu beurteilen. Sie könnten aber durchaus Recht haben. Darüber, dass das "wissenchaftliche Nordkorea" eine spitze Polemik ist, haben wir Einigkeit. Aber auch maßlos übertriebene Polemiken (oder vielleicht gerade die), können einen Kern sichtbar machen, der es wert ist, betrachtet zu werden.
Mich nahm jedoch fast einzig die Formulierung des "politischen Objektivismus" gefangen, welche mich in politischen Auseinandersetzung im Rahmen der Klimadebatte schon sehr lange beschäftigt, ohne dass ich das jemals so formuliert hätte. In der Klimadebatte wird eine bestimmte wissenschaftliche Interpretation ex Cathedra als politische Handlungsmaxime gesetzt und in der Folge darüber eine Ethik und Moral definiert, gegen die im demokratischen Diskurs nicht mehr debattiert werden kann. Das hat auch damit zu tun, dass diese über die wissenschaft definierte Ethik sich als integraler Bestandteil einer Gesellschaftsordnung darstellt, welche die Unantastbarkeit der Menschenwürde hoch hält.
Das zweite Unglück geschieht in der Klimafrage in der Folge dieser Ethik Definition damit, dass dem "unbestreibaren Befund" auch nur "mit "unbestreibaren Maßnahmen" begegnet werden kann, die sich im Kern auf eine sozialistische und totalitäre Gesellschaftsodnung verdichten.
Während ich beim zweiten Punkt einige kenne, die mir folgen, gibt es die beim ersten Punkt kaum. Trotzdem denke ich, dass genau da das Problem bereits wesentlich anfängt und nun glaube ich, ist mit politischem Objektivismus ein recht guter Begriff dafür gefunden. - Gleichwohl das was Obejektivismus genannt wird, natürlich eine subjektive Interpreation mangelnder Daten ist, die keiner intersubjektiven Überprüfung standhält. Aber dieser Objektivismus geriert sich eben als genau das: Intersubjektiv überprüfbar.
In den Ereignissen um Covid19 scheint mir das sehr analog.
Zitat von UEH im Beitrag #24Wie hat sich das in der Coronakrise denn konkret ausgewirkt? Wie hätte der Politische Entscheidungsprozess nach ihrer Ansicht anders laufen können und sollen?
Das ist eine sehr gute und berechtigte Frage und ich muß leider zugeben, dass ich sie wohl nicht mit einer intersubjektiv überprüfbaren Antwort versehen kann. Ich kann Ihnen die Axiomatik nennen, an der ich das fest mache und die in der Klimadebatte ähnlich existiert: Im Kern geht es vor allem darum wie die Debatte zu den Maßnahmen verläuft, und nicht darum was beschlossen wird - Es könnte ja durchaus sein, dass die drastischen Maßnahmen jetzt richtig sind (was ich nicht beurteilen kann).
Wie also verläuft die Debatte? Sie verläuft letzendlich über eine definierte Ethik, welche nur das Covid19 Opfer als Maß kennt. Wer seine Ethik weiter fasst, denkt damit bereits unethisch. Wer zum Beispiel über Kinder oder allgemein Menschen nachdenkt, die in sozialer Isolation leiden, vielleicht irreparabele Schäden nehmen, wer an Wohlstandverlust denkt - der über indirekte Folgen viel mehr Tote kosten kann als Covid19 -, wer an den Umgang mit den Freiheitsrechten und den Grundpfeilern unserer liberalen Gesellschaft denkt - der den Einstieg in einen verhängnisvollen "slippery slope" sein kann, handelt bereits unethisch und ist in der Debatte nicht satisfaktionsfähig, nicht zugelassen.
"Sollen die Menschen sterben?", "Schau nach Italien!", "Dich möchte ich sehen, wenn deine Eltern betroffen wären!", das ist ein Auschnitt aus meinen persönlichen Erfahrungen, wenn ich versuchte in der Diskussion meine Ethik weiter zu fassen als über Covid19 Opfer. Nun diskutiert die politische Öffentlichtkeit nicht unbedingt in diesem Stil, aber sie hat diese anderen Teile der Ethik (siehe meine Beispiele) nicht im Visier (während sie aber ausschließlich ethisch argumentiert), sondern eben nur diese eine Ethik: Vermeidung von Covid19 Opfer. Letzendlich ist es die Geschichte der Antigone, deren Ethik sie in Ungnade fallen lässt.
Wenn man nun die Maßnahmen betrachtet, gibt es auch hier wieder eine Parallele zur Klimafrage: Die richtigen Maßnahmen - die vor allem Beschneidung von persönlicher Freiheit und totalitäre Attitüde beinhalten - sind eng gesteckt und kaum verhandelbar.
Wenn man sich weiter bertrachtet woher diese dominierende Ethik neuerdings kommt, so findet man sie bei den größten Treibern gesellschaftlichen Handelns in wissenschaftlichen Formulierungen. Siehe Klima, siehe Covid19. Die Geschwindigkeit wie diese Ethik totalitäre Verhaltensmuster generiert, hat mich in der Klimafrage bereits irritiert. Wie fundamentale Freiheitsrechte jetzt debattenlos kassiert werden und dabei sogar mancherorts noch als Sternstunde des (in der Not handlungsfähigen) Parlamentarismus gefeiert werden, lässt mich konsterniert zurück. Die Freiheitsrechte, die integral sind für die unveräußerliche Menschenwürde, scheinen in der politischen Debatte kein Bestandteil mehr der gültigen Ethik zu sein. Oder anders formuliert: Die unveräußerliche Menschenwürde, welche bisher vor allem mit bürgerlicher Freiheit konnotiert war, hat eine "Umdefinition" erfahren. In meinen Augen das Ergebnis des politischen Objektivismus, welches mich gruselt.
Diese "Umdefinition" wird uns natürlich wieder als eine bestimmte Form von Freiheit verkauft, aber es ist ein altbekannter Versuch Identitäts- und Ökolinker (zum Beispiel hier oder hier), die Beschränkung der Freiheit als Freiheit selbst zu verkaufen.
Verzeihen Sie meine möglicherweise holprigen Ausführungen. Aber ich hoffe ich konnte in etwa verständlich machen, was mich bewegt.
Hrezlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
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