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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 4 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.01.2008 00:55
Zitat des Tages: Die Angst der Hamas vor der Modernität Antworten

Ein Zitat aus einem Gespräch mit Shimon Perez; eigentlich zwei Zitate aus verschiedenen Teilen des Gesprächs, die aber thematisch zusammengehören.

Mir scheint, daß Perez damit den Kern des Problems getroffen hat. Der islamische Terrorismus, davon bin ich seit langem überzeugt, ist ein Übergangsphänomen auf dem Weg von traditionellen Gesellschaften in die Moderne.

Das rechtfertigt ihn natürlich nicht. Aber es führt zu der Folgerung, daß man - natürlich neben der militärischen Bekämpfung des Terrorismus - helfen muß, daß die Länder, aus denen er sich speist, den Übergang in die Moderne schaffen.

Und hier besteht nach meiner Auffassung ein Zusammenhang mit dem Irak-Krieg. Präsident Bush hat das in seiner State of the Union Adress 2007 ganz klar gesagt:

This war is more than a clash of arms -- it is a decisive ideological struggle, and the security of our nation is in the balance. To prevail, we must remove the conditions that inspire blind hatred, and drove 19 men to get onto airplanes and to come and kill us.

What every terrorist fears most is human freedom - societies where men and women make their own choices, answer to their own conscience, and live by their hopes instead of their resentments. Free people are not drawn to violent and malignant ideologies - and most will choose a better way when they're given a chance. So we advance our own security interests by helping moderates and reformers and brave voices for democracy.

Diese Analyse - daß nur Freiheit und wirtschaftlicher Fortschritt den Terrorismus erfolgreich bekämpfen können - ist, so scheint mir, auch die von Shimon Perez. Auch wenn Bush in dieser Rede die Freiheit und Perez in dem Interview den wirtschaftlichen Fortschritt in den Vordergrund stellt.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

02.01.2008 14:11
#2 RE: Zitat des Tages: Die Angst der Hamas vor der Modernität Antworten
Und genau da haben wir das Problem:

- "der Westen" kann die Länder, aus denen der Islamismus sich speist oder die ihn gar unterstützen, weder wirtschftlich noch demokratisch helfen. Das liegt daran, daß islamistische Länder den Westen hassen und sich vom "bösen Teufel" gar nicht helfen lassen wollen. In anderen Ländern ist der Islamismus, auch wenn er nicht in der Regierung / an der Macht ist, zu stark, als daß die jeweilige Regierung es sich leisten könnte, Hilfe vom "bösen Teufel" anzunehmen oder sich dem Westen anzunähern, wenn ihr ihr leben lieb ist. Wenn doch jemand mal eher pro-westlich auftritt, ist er sich in dem betreffenden Land seines Lebens nicht mehr sicher, siehe Frau Bhutto in Pakistan. Musharraf hat sich bislang nur deshalb halten können, weil er täglich einen Drahtseilakt vollführt, um den ich ihn nicht beneide: einerseits nicht zu pro-westlich, um nicht al-Qaida an der Gurgel zu haben, andererseits ncht zu pro-islamistisch, um nicht die GIs im Land zu haben, die ihn dann von seiner Herrschaft "befreien" - wobei das, angesichts pakistanischer Atomwaffen, ein höchst... delikates Szenario werden könnte.

- die Islamisten sind gar nicht daran interessiert, in freiheitlicher Hinsicht Fortschritte zu machen, denn wie in jeder totalitäten Ideologie wäre dies das Ende ihrer Macht. Es gibt eben keine "freiheitliche Diktatur" oder "freiheitliche Repression." Das hat man ja im Ostblock gesehen; die UdSSR wußte schon, warum sie anno ´68 in Prag den dortigen Frühling niederschlug - anno 1989 ff. führte der Moskauer Frühling nämlich weitestgehend zum Zusammenbruch des Kommunismus und des Ostblocks. Das hätte sich Gorbatschow nicht träumen lassen.
Analog dazu kann man beispielsweise den Iran betrachten: würde diese religiös verbrämte faschistische Diktatur dort anfangen "menschlich" oder "freiheitlich" zu werden, können die Mullahs mit der Zeit ihre Sachen packen und auswandern... oder würden vielleicht doch in einem letzten Fanal großes Unheil stiften; ich tippe eher auf letzteres. Am liebsten aber möchten sie an der Macht bleiben, also werden sie hinsichtlich liberaler, menschlicher, demokratischer Reformen den Teufel tun.


Mit anderen Worten: in Sachen Wohlstand und Freiheit müssen diese Staaten sich selbst helfen; die Revolution muss von innen heraus kommen - dann wird sie im Lande nämlich auch wirklich akzeptiert - und bis dahin wrd es noch lange dauern.
C. Offline




Beiträge: 2.639

02.01.2008 17:49
#3 RE: Zitat des Tages: Die Angst der Hamas vor der Modernität Antworten
Nach jahrelanger Beobachtung des Geschehens habe ich jeden Optimismus aufgegeben. Wenn das Elend gottgewollt ist, was sollen sich die Menschen dagegen wehren. Ein Paradies auf Erden verringert die Lust und das Streben auf ein himmliches Paradies, deswegen werden alle Angebote in dieser Richtung ihr Ziel verfehlen.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.01.2008 21:10
#4 RE: Zitat des Tages: Die Angst der Hamas vor der Modernität Antworten

Zitat von C.
Nach jahrelanger Beobachtung des Geschehens habe ich jeden Optimismus aufgegeben. Wenn das Elend gottgewollt ist, was sollen sich die Menschen dagegen wehren.

Es ist nicht gottgewollt, dear C. Es ist ja auch nicht von den Beteiligten gewollt. Ich sehe diesen elenden Konflikt zwischen Israelis und Arabern ("Palästinenser" gibt es ja nicht) als so etwas wie einen Tsunami, der entsteht, wenn sich Erdplatten gegeneinander verschieben. Hier prallen zwei historisch ungleichzeitige Zivilisationen aufeinander.

Arabien - ich habe es ja einmal zu beschreiben versucht - hat Jahrhunderte der Herrschaft des rückständigen Osmanischen Reichs auf dem Buckel. Also besondere Schwierigkeiten beim Eintritt in die Moderne; viel größere als Indien zB oder die Länder Ostasiens.

Und das traf nun nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen mit der Gründung eines Staats von Einwanderern, die nicht nur überwiegend aus den fortgeschrittensten Ländern der Welt kamen, sondern die auch innerhalb dieser Länder noch überwiegend zur Elite gehört hatten.

Dadurch wurde Israel zum Stachel im Fleisch der Araber; zu der ständigen lebendigen Demonstration ihrer Inferiorität. Der Haß auf Israel ist, wie der Antizionismus überhaupt, wie der Antisemitismus überhaupt, ein Haß aus Neid.

Also muß Israel, so schwer es fällt, den Arabern helfen. Ihnen dabei helfen, Schulen und Unis aufzubauen, High Tech zu produzieren, kurz den Sprung in die Gegenwart zu schaffen.

Das war der Grundgedanke des Prozesses von Oslo. Er ist gescheitert, die Roadmap ist so gut wie gescheitert. Aber irgendwann wird es klappen. Denn die Araber können sich ja nicht auf Dauer aus der Moderne verabschieden wie Hippies auf Gomera.
Zitat von C.
Ein Paradies auf Erden verringert die Lust und das Streben auf ein himmliches Paradies, deswegen werden alle Angebote in dieser Richtung ihr Ziel verfehlen.

Ich denke, es ist genau umgekehrt, dear C.: Das Elend auf Erden erzeugt die Fixierung auf das Paradies.

In einer Gesellschaft, in der die jungen Männer eine Lebensperspektive haben, die für sie attraktiv ist, vergeht ihnen diese Fixierung auf das Jenseits sehr schnell. Und statt sich mit Sprengstoff zu umgürten, freuen sie sich aufs Familienleben, auf die Karriere, auf den Konsum-

So optimistisch bin ich, dear C. So bin ich nun mal.

Herzlich, Zettel

PS: Dear C., deine Beiträge gehören immer zu denen, die ich als erste lese. Stets ein intellektuelles, ein sprachliches Vergnügen. Ich wünsche dir und uns, daß es auch dir im Jahr 2008 Spaß macht, uns dieses Vergnügen zu bereiten.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

02.01.2008 21:34
#5 RE: Zitat des Tages: Die Angst der Hamas vor der Modernität Antworten

Weiter oben sagte ich noch, "der Westen" kann besagten Staaten nicht helfen, schließlich ist er, aus Sicht der islamistischen Ideologie das Böse, und von dem lässt man sich nicht helfen.

Und nun lese ich dies hier:
"Also muß Israel, so schwer es fällt, den Arabern helfen. Ihnen dabei helfen, Schulen und Unis aufzubauen, High Tech zu produzieren, kurz den Sprung in die Gegenwart zu schaffen."

Also, da habe ich ebensowenig Hoffnung, schließlich ist Israel für die Islamisten ein mindestens ebenso rotes Tuch wie der Westen.

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