SF-Paperback sind unverkäuflich geworden. Aber wegschmeissen will ich die eigentlich auch nicht... wenn mir jemand die Transportkosten bezahlt, würde ich mich von einem Teil meiner Sammlung trennen. Zum Beispiel "Söhne der Erde". Ein Teil der Bände von Möwig SF. So was.
Was ich dann genau weggebe, entscheide ich, wenn jemand Interesse hat. gruß Frank
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig. “Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt”, Georg Cristof Lichtenberg
Da ich hier ja der halbwegs belesene SF-Spezialist bin, eine Antwort aus meiner Perspektive.
Besten Dank für die Offerte. Nur habe ich bei meinem letzten Umzug vor zwei Jahren aus Platzgründen selber 4 Fünftel meiner (deutschen) SF-Kollektion ausgemustert. Und ja: das war auch unverkäuflich. Der noch verfügbare Raum will mit Voraussicht bewirtet und vollgeräumt werden; und das sind dann in aller Regel neue (oder neuaufgelegte) englische Titel, 20-30 pro Jahr, wenn es hochkommt. Mitunter Antiquarisches, aufgrund von "jahrelang gesucht & aufgetrieben". Gerade aktuell der dicke Band mit dem Gesamtwerk von Carl Grunert, den Dieter v. Reeken vor 4 Jahren zusammengestellt hat. Nicht, daß es lohnt: Grunert war ein hoffnungsloser Epigone von Laßwitz & Wells, aber einer der ersten Vollblut-SF-Autoren in Deutschland, der nichts anderes verfaßt hat. Aber das Buch ist von keiner Bibliothek beschafft worden (folglich nicht per Fernleihe zu bekommen); wenn ich nicht eins der wenigen Restexemplare selber im Regal habe, ist die Chance groß, daß es gänzlich von der Furie des Verschwindens schnabuliert wird. Zudem läuft das in Konkurrenz mit den anderen Interessensgebieten, die auch ihr Recht fordern.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Und sie haben die Bücher dann tatsächlich weggeschmissen? Ich bin auch ganz kurz davor (spätestens tun´s dann meine Erben ;-) ) - aber ich gebe zu, dass es weh tut. Zum einen aus Prinzip: Bücher wegschmeissen ist so unkultiviert.... zum anderen weil vieles davon digital nicht existiert. Und das bedeutet: sollten die Papierexemplare irgendwann weitgehend entsorgt sein, dann kann das niemand mehr lesen...
Ich finde das schon krass. In meiner Jugend hat das so ziemlich jeder Junge gelesen (wie überhaupt Bücher lesen Standard war). Heute ist das unverkäuflich, kein Mensch unter 40 interessiert sich überhaupt dafür, all diese Autoren und Geschichten verschwinden praktisch über Nacht aus dem kulturellen Gedächtnis. Meine Großeltern sind im Erzgebirge aufgewachsen bzw in Ostpreußen. Grade mal zwei Generationen her. Und zu deren Zeit war die Gesellschaft D R A M A T I S C H langsamer. Da hat sich über Jahrzehnte, ach was, Jahrhunderte so gut wie nichts geändert. Die gleichen bäuerlichen Traditionen, die gleiche Gesellschaftsstruktur, die gleichen Erfahrungen, die gleichen Lieder, Bücher, Freizeitaktivitäten.
Jetzt vergehen 30 Jahre und es ist, als ob zwischen jeder Generation eine Gehirnwäsche stattfindet.
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #3 Jetzt vergehen 30 Jahre und es ist, als ob zwischen jeder Generation eine Gehirnwäsche stattfindet.
Das mit der "dramatischen Klammer" stimmt. Am prägnantesten hat das übrigens Enzensberger vor 20, 25 Jahren formuliert. Das fehlt dann ein gemeinsames Fundament, das als Orientierung dienen kann, das alle Teilnehmer an einer Kultur - oder auch nur eines Subsets, einer Nischenkultur - prägt und allgemeiner Fundus ist. Das kann auch in der Form sein, daß eine neue Generation, oder zumindest die "Jeunesse dorée", die den Ton angibt sich ganz ostentativ dagegen wendet, das als knastrig, altbacken, furchtbar abtut. Das ist zwischen 1900 und 1930 dem gesamten 19. Jht. passiert, der Gründerzeit, die als unerträglich empfunden wurde. Das geht dann bis in die 60er/70er, wo "Gelsenkirchener Barock" & Nierentischchen dran waren. (*)
Auf der anderen Seite steht, daß im Fall von "Genre" (egal ob Film oder Buch) immer 90% alles Hervorgebrachten der Nachwelt lähmend erscheint, gerade wenn es sich um "richtiges" Genre handelt: um den Western, auch um SF, um Krimis. Das geht am exemplarischsten mit den gotischen Schauerromanen um 1800 los, nicht nur in England, von denen es ja aberhunderte gab, nicht die paar Klassiker, die zumeist auch nicht mehr gelesen werden ("Frankenstein" ist DIE große Ausnahme), sondern auch bei uns wie etwa Christian Heinrich Spieß oder Carl Grosse.
* So etwas ist übrigens kulturübergreifend & mitnichten auf den Bereich "tote weiße Männer" beschränkt, die von Jungspunden & Rebellen abgeräumt werden, die ihrerseits sehrsehr schnell uralt aussehen. Im chinesischen Bereich etwa gab es das, exemplarisch, am Beispiel des Hongloumeng, dem "Traum der Roten Kammer", der im Lauf der 19. Jhdt.s seinen Ruf als größter Klassiker der chinesischen Romankunst erlangt hat. Im Umfeld der Wortführer der "Neuen Kulturbewegung" so rund um die 4.-Mai-Bewegung, kam dann die rigorose Forderung, das alles abzuräumen und durch Europäisches zu ersetzen, hier ganz vorne Ibsen und Strindberg, weil die so "modern" waren und rein nichts mit all der Tradition am Hut hatten, die man restlos loswerden wollte. Ibsens "Nora" ist in dem zwanziger Jahren zum innig beschworenen Symbol für diese Haltung geworden. Am radikalsten wollte Hu Shi das entsorgen, als er Herausgeber der Zeitschrift 新靑年/Neue Jugend geworden war. UNS hingegen erscheint eher Ibsen als Krampf & gezwungen. Und Strindberg erst...
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PS. Apropos 新靑年/Neue Jugend. Ich faß' es nicht. Ich schaue gerade in mein Email-Fach, und bekomme just diese Werbung als Spam:
Ich finde es ja sehr schön, daß man mir einen kostenlosen Test als App zum Herunterladen anbietet, um zu überprüfen, wie gut die Chinesisch-Kenntnisse meiner Kinder sind. Der kleine Schönheitsfehler ist nur, daß ich gar keine Kinder habe, & schon gar keine, die des Mandarin mächtig wären.
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