Tom Daschle meinte es anders, aber Obama a clean slate (ein unbeschriebenes Blatt; wörtlich: eine leere Schiefertafel) zu nennen, charakterisiert diesen Mann perfekt.
Nur, daß dieses leere Blatt in einen Goldrahmen eingefaßt ist und in den schönsten Farben schillert.
Zitat von ZettelTom Daschle meinte es anders, aber Obama a clean slate (ein unbeschriebenes Blatt; wörtlich: eine leere Schiefertafel) zu nennen, charakterisiert diesen Mann perfekt. Nur, daß dieses leere Blatt in einen Goldrahmen eingefaßt ist und in den schönsten Farben schillert.
"Leeres Blatt" plus "in einen Goldrahmen eingefaßt" plus "in den schönsten Farben schillernd": Einen Mann von immerhin fast fünfzig Jahren, der bisher nicht untätig war, derart zu verniedlichen, erstaunt mich.
Vielleicht läßt sich in seiner Vergangenheit doch noch irgendetwas finden, das ihn weniger clean/unerfahren erscheinen läßt. Zum Drüberstreuen vielleicht eine möglichst öffentliche Wiedergeburt?
Zitat von Reader"Leeres Blatt" plus "in einen Goldrahmen eingefaßt" plus "in den schönsten Farben schillernd": Einen Mann von immerhin fast fünfzig Jahren, der bisher nicht untätig war, derart zu verniedlichen, erstaunt mich.
Es ist, dear Reader, mein Eindruck von seinem Wahlkampf.
Es ist gewiß ein unvollständiger Eindruck. Er basiert darauf, wie ich seine Auftritte, die ich sehen konnte, wahrgenommen habe. Er basiert auf dem, was ich von Kommentatoren wie Jonah Goldberg gelesen habe, deren Urteil ich aufgrund früherer Lektüre traue.
Mein Eindruck von dem Wahlkämpfer Obama ist, daß sein Programm lautet: Obama.
Er will nicht wegen seines Programms gewählt werden - das so unklar ist, daß niemand weiß, welchem Flügel der Demokratischen Partei er eigentlich zuzurechnen ist; oder weißt du es?
Sondern er will gewählt werden, weil er Barack Obama ist, der Hoffnungsträger, der Heilsbringer, der Erlöser.
Hast du seine Rede nach dem Primary in NH gesehen, als er dieses "Yes, we can" skandierte und seine Zuhörer, fast hätte ich geschrieben: seine Gemeinde skandieren ließ?
Das war keine politische Rede, das war der Auftritt eines Predigers; Billy Graham, als Politiker wieder auferstanden.
Zitat von ReaderVielleicht läßt sich in seiner Vergangenheit doch noch irgendetwas finden, das ihn weniger clean/unerfahren erscheinen läßt.
Dieses "leer", dieses clean würde ich gar nicht mal so sehr auf mangelnde Erfahrung beziehen (obwohl sicherlich schwer ein Kandidat zu finden sein dürfte, der mit so wenig Erfahrung Präsident werden wollte).
Sondern es ist - bei seinen Auftritten!; er mag ja persönlich ganz anders sein - diese Art, nicht an die Vernunft der Menschen zu appellieren, wie es Clinton tut. Auch nicht an ihre Interessen, wie John Edwards.
Sondern er appelliert an das, was man auf Neudeutsch "Bauchgefühl" nennt.
Versuch mal, das zusammenzufassen, was er in einer Rede sagt. Es geht in einen Satz: Wählt mich, denn ich bin eure Hoffnung.
Dear Reader, ich habe soviel Respekt vor dem amerikanischen Volk, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß es einem solchen Charismatiker nachläuft.
Beschämend finde ich, wie sehr auch Intellektuelle, die es besser wissen, diesen Champion des Irrationalen fördern. Er hat laut Analysen die beste Presse aller Kandidaten.
Ist es wieder der alte Komplex der Intellektuellen, die so gern den jeweils angeblich Benachteiligten unterstützen? Anfangs Clinton, weil sie eine Frau ist? Und jetzt Obama, weil er als Schwarzer gilt?
Wieso er als Schwarzer und nicht als Weißer gilt, das gehört für mich zu den größten Seltsamkeiten dieses Wahlkampfs. Ich habe darüber schon einmal geschrieben.
Aus meiner Sicht ist es eine Diskriminierung, wenn jemand, der zur Hälfte schwarzer und zur Hälfte weißer Herkunft ist, als Schwarzer behandelt wird. So, als sei der schwarze Vater ein Makel, der auch nicht durch die weiße Mutter ausgeglichen werden kann.
Oder ist es so zu verstehen, daß der schwarze Vater ein Vorzug ist, der auch nicht durch die weiße Mutter gemindert werden kann?
Jedenfalls ist mir dieses ganze Rassendenken zuwider; und ich wundere mich sehr, daß es in den USA eine so große Rolle spielt.
Was mich bei Barack Obama auch wundert: Er hat zwar die ersten 10 Jahre seines Lebens in Indonesien verbracht. Seine Mutter hat nach ihrer Trennung von ihrem kenyanischen Mann einen Indonesier geheiratet. Aber danach hat er den Rest einer Kindheit und Jugend bei seinen weissen Grosseltern in Hawaii verbracht, die ihm auch eine gute Ausbildung haben zukommen lassen. Das heisst er hat mindestens 10 Jahre in einer weissen Umgebung verbracht, die ihn wohl gut behandelt hat, um dann zu entdecken, dass er ein Schwarzer ist. Das ist meinen Augen sehr erstaunlich.
Sondern es ist - bei seinen Auftritten!; er mag ja persönlich ganz anders sein - diese Art, nicht an die Vernunft der Menschen zu appellieren, wie es Clinton tut. Auch nicht an ihre Interessen, wie John Edwards.
Sondern er appelliert an das, was man auf Neudeutsch "Bauchgefühl" nennt.
Diese Taktik, an das Bauchgefühl zu appelieren ist durchaus eine sehr gute Taktik, von vielen erprobt.
An die Vernunft zu appelieren ist politisch eher die schlechteste Taktik, es gibt zu viele Dumme die das nicht anspricht.
An den Bauch zu appelieren klappt gut, jeder hat einen-.
Und lieber Zettel, wir wissen es doch selber gut, alle Demagogen hatten ihren Erfolg nicht durch Fakten-Appelle sondern durch reine Appelle an Emotionen, sprich Bauchgefühl.
Zitat von M.SchneiderUnd lieber Zettel, wir wissen es doch selber gut, alle Demagogen hatten ihren Erfolg nicht durch Fakten-Appelle sondern durch reine Appelle an Emotionen, sprich Bauchgefühl.
Stimmt. Nur sind nicht alle Politiker Demagogen.
Und gerade in den USA hatte, lieber M. Schneider, der Typ des Demagogen bisher selten Erfolg. Demagogen gibt es zwar auch dort reichlich, von ganz rechts (Pat Buchanan zum Beispiel) bis ganz links (Ralph Nader zum Beispiel). Aber warum auch immer - die Amerikaner haben eine Neigung, solche Demagogen abblitzen zu lassen und seriöse Leute zum Präsidenten zu wählen (wie auch in den Kongreß).
Ich denke, das wird auch so bleiben. Obama kann ein Buschfeuer entfachen. Daß er Präsident wird, glaube ich nicht.
Oder sagen wir: Es würde mein Bild von den USA einschneidend verändern.
Das ist übrigens ein interessantere Punkt, habe gerade noch mal nachgesehen.
Demagogie ist heute im abwertenden Sinn ideologische Hetze besonders im politischen Bereich.
Ursprünglich war der Begriff in der Regel positiv gefüllt. Der antike Demagoge war ein angesehener Redner und Führer des Volkes bei politischen Entscheidungen. Für Perikles war es ein Ehrentitel.
So ändern sich die Zeiten.
Wie aber auch immer, Obama ist natürlich in dem Sinne kein Demagoge, aber wir werden sehen, ob die Amerikaner sich tatsächlich als resistent erweisen werden gegen reine Bauchgefühlstrategie.
Und ein seriöser Mann wird Obama wohl durchaus sein, er ist eben nur ein „Rotarsch“ wie man beim Militär sagt.
Erst mal vielen Dank für die ausführlichen Informationen zum amerikanischen Präsidentschafts(vor)wahlkampf. Ich vermute, dass das mal alles viel einfacher ist, wie es scheint, zumindest weiß ich, warum Herr Obama Medienliebling ist.
Er hat einfach die größeren Chancen gegen einen der Kandidaten der Republikaner. Wer will schon eine gehörnte Ehefrau zur Präsidentin? Gegen Frau Clinton hätte sogar Putin als Kandidat der Republikaner eine Chance. Wenn der Demokratischen Partei nicht schnell noch was besseres einfällt, kann sie es knicken, denn schwarz zu sein oder Frau ist heutzutage nicht mehr abendfüllend. Condi ist beides, ohne das da so ein großes Gewese drumrum gemacht wird, ich glaube sogar es fällt niemandem weiter auf.
Mich verwundert allerdings, dass nach diesen Wahlmarathons jemand tätsächlich noch fähig sein solll, das Amt des amerikanischen Präsidenten auszuüben. Ich zumindest wäre reif für die Klappse.
Damit wären wir beim Bauch. Wahlen sind nun mal Massenveranstaltungen und Showbusiness und Herr Obama legt unbestritten eine gute Show hin, nur ist diese, wenn sie in die zehnte Wiederholung geht auch etwas langweilig, nach der zwanzigsten nur noch nervig und es folgen ja noch einige hundert. Wenn das letzte Manna vom Himmel gefallen ist und der Colorado zu Wein gewandelt ist, ist dieses Repertoire auch ausgeschöpft und die Fangemeinde schrumpft auf Sektengröße.
Das Warten auf den Heiland scheint mir sowieso mehr eine deutsche Eigenschaft zu sein, Du erinnerst ja auch immer wieder gerne an die Erlösung, die durch das deutsche Volk ging, als es sich nicht mehr mit Kirchhofs trockene Zahlen herumschlagen musste. Mindestlohn(gut),Ausländer(raus), Kernkraft(abschalten), Krieg(Truppenabzug), Klima(Sonnenbrand) kapiert aber jeder sofort.
Zitat von C.Mich verwundert allerdings, dass nach diesen Wahlmarathons jemand tätsächlich noch fähig sein solll, das Amt des amerikanischen Präsidenten auszuüben. Ich zumindest wäre reif für die Klappse.
Auch da, dear C., ist man in den USA ja sehr weise: Die Wahlen sind traditionell im November, aber die Amtsübergabe ist ebenso traditionell erst im Januar. Da kann sich der Sieger also erholen und nebenher seine neue Mannschaft zusammenstellen.
Zitat von C.Damit wären wir beim Bauch. Wahlen sind nun mal Massenveranstaltungen und Showbusiness und Herr Obama legt unbestritten eine gute Show hin, nur ist diese, wenn sie in die zehnte Wiederholung geht auch etwas langweilig, nach der zwanzigsten nur noch nervig und es folgen ja noch einige hundert.
Hoffen wir's. Nur bietet er ja nicht nur einfach eine Show, sondern so eine Art Weihefeier. Das dürfte für alle Anwesenden immer wieder ein Erlebnis sein.
Meines Erachtens ist das auch ein Teil des Geheimnisses seines Erfolgs in Iowa: Seine Wähler dort sind dieselbe Sorte gewesen wie die Huckabee-Wähler, nur halt auf der Seite der Demokraten.
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