Da kennt Jean Daniel die Deutschen schlecht. Im Denkmälerbauen waren wir schon immer großartig, allerdings haben wir versäumt eines der wichtigsten Denkmäler der Nachkriegsgeschichte stehen zu lassen, den Schutzwall gegen den Imperialismus inklusive Todesstreifen, dafür hat ersatzweise die alles andere als demütige Lea Rosh ihr Mahnmal spendiert bekommen.
Viel nützen tun die ganzen Dinger wenig, sie dienen lediglich der Eitelkeit. Wenn der Kranz abgeworfen ist, ist kollektive Amnesie angesagt.
es geht nicht darum, daß nur wir Deutschen Denkmäler bauten. Aber nur wir Deutschen bauen die Denkmäler nicht unseren (vermeintlichen oder tatsächlichen) Heldentaten und Großleistungen sondern unserer schlimmsten Missetat.
Wie es mit der Wirkung aussieht, darüber wage ich nicht zu spekulieren. Sicher ist oftmals weniger mehr.
Den Todesstreifen zu erhalten das würde ich allerdings für grotesk und gradezu unmöglich halten.
Zitat von C.Viel nützen tun die ganzen Dinger wenig, sie dienen lediglich der Eitelkeit. Wenn der Kranz abgeworfen ist, ist kollektive Amnesie angesagt.
Das glaube ich nicht, dear C.
Es ist meines Erachtens eines der hartnäckigsten Klischees, daß sich "die Deutschen" nicht mit dem Holocaust auseinandergesetzt hätten, es nicht täten.
Es ist ein Klischee, das bis 1989 von der kommunistischen Propaganda und ihren Mitläufern gepflegt wurde, im Rahmen des generellen Bemühens, die Bundesrepublik als einen "Hort des Faschismus" darzustellen.
Heute sind die Kommunisten ja immer noch eifrig dabei, an diesem Klischee zu stricken; sie haben allerdings seltsame Helfer gefunden, die sich - noch seltsamer - "antideutsch" nennen. Was ich zuerst für einen Pennäler-Witz gehalten hatte, aber es scheint ja ernstgemeint zu sein. (Viele von denen, die sich so nennen, schreiben übrigens sehr Vernünftiges über die USA, den Nahen Osten, Israel. Was das mit "antideutsch" zu tun hat, hat mir noch niemand begreiflich machen können. Wieso muß man gegen Deutschland sein, wenn man pro Israel und USA ist?).
Nein, dear C., Jean Daniel und der ehemalige Botschafter Israels, den er zitiert, haben schon Recht: Es ist eine erstaunliche Leistung, daß wir Deutsche uns in unserer sehr großen Mehrheit mit den Verbrechen der Nazis auseinandergesetzt haben, nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert lang.
Es ist etwas, worauf wir stolz sein können und stolz sein sollten. Weder wir noch unsere Eltern und Großeltern waren in ihrer überwältigenden Mehrheit schuld an diesen Verbrechen; so wenig, wie die große Mehrheit der Russen schuld an den Verbrechen der Kommunisten waren und die Chinesen an den Verbrechen der Maoisten.
Aber sie sind nun einmal hier passiert, sie sind Teil unserer Geschichte. Wir haben etwas geleistet, wovon die Russen (und übrigens auch die Japaner, die in ihrer Mehrheit die Kriegsverbrechen ihrer Armee schlicht ignorieren) weit entfernt sind: Diese Verbrechen sind immer wieder thematisiert, sie sind wirklich "aufgearbeitet" worden.
Im Ausland wird das gesehen. Es wird jedenfalls von denjenigen gesehen, die das Thema offen und objektiv angehen. Wieso ausgerechnet in Deutschland selbst so viele Leute die Auffassung haben, sie jedenfalls verbreiten, die Deutschen setzten sich zu wenig mit dem Holocaust auseinander, ist mir wirklich ein Rätsel.
Herzlich, Zettel
PS: Falls du ihn nicht schon gelesen hast, dear C., empfehle ich sehr den Briefwechsel zwischen Martin Walser und Martin Doerry im aktuellen "Spiegel". Die völlig unverdienten Aggressionen gegen Martin Walser, der sich ehrlich und intensiv wie kaum ein deutscher Schriftsteller mit dem Holocaust auseinandergesetzt hat, gehören für mich zu diesem Rätsel.
Ich habe mich mit Auschwitz zu befassen begonnen, als ich Martin Walsers intensive Berichte über den Auschwitz-Prozeß gelesen habe. Das war 1965. Seitdem schlägt sich dieser Mann mit dieser Schuld herum - und dann kommen irgendwelche junge Leute und glauben, ihn über den Holocaust belehren zu müssen.
Zitat von str1977Den Todesstreifen zu erhalten das würde ich allerdings für grotesk und gradezu unmöglich halten.
Nein, natürlich hätte man nicht die ganze Mauer oder auch nur den ganzen Todesstreifen erhalten können; niemand wäre auf diese Idee gekommen. Da haben Sie Recht.
Aber was hätte denn dagegen gesprochen, Teile zu erhalten? So, wie man nicht alle KZs der Nazis erhalten hat, aber zum Beispiel die in Dachau und in Bergen-Belsen. "Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung", wie man etwas pathetisch zu sagen pflegt.
Was uns Deutschen mit der Aufarbeitung der Nazi-Diktatur - wenn auch erst ungefähr vom Auschwitz-Prozeß an, also mit zwei Jahrzehnten Verspätung - gelungen ist, das gibt es in Bezug auf die SED-Diktatur noch nicht in Ansätzen.
Die Aufarbeitung dieser Diktatur ist weit davon entfernt, eine Sache aller Anständiger, eine Sache des Staats zu sein, wie das in Bezug auf das "Dritte Reich" von den sechziger Jahren an der Fall war und weiter ist.
Sondern es sind einzelne Privatinitiativen, Einrichtungen, Dienststellen - die Birthler-Behörde, das "Haus am Checkpoint Charlie", die Gedenkstätten wie die in Hohenschönhausen -, die diese Aufarbeitung zu leisten versuchen.
Vielleicht sollte man, da nun schon in einem Akt unglaublicher Geschichtslosigkeit die Mauer fast komplett abgerissen ist, als ersten Schritt zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur ein Stück Mauer mitten in Berlin wieder aufbauen.
Außerdem: eine Gedenkminute im Bundestag am 17.Juni in memoriam der Opfer des Arbeiter- und Bauernstaats sowie dessen verbrecherischer Organisationen und Handlanger.
Mal sehen, was die SED-PDS-Linke dazu sagen würde.
Nein, dear C., Jean Daniel und der ehemalige Botschafter Israels, den er zitiert, haben schon Recht: Es ist eine erstaunliche Leistung, daß wir Deutsche uns in unserer sehr großen Mehrheit mit den Verbrechen der Nazis auseinandergesetzt haben, nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert lang.
Da stimme ich Ihnen zwar zu, allerdings ist Deutschland in diesem Zuge auch in einen regelrechten Schuldkomplex geraten und das ist äußerst schädlich.
Wieso ausgerechnet in Deutschland selbst so viele Leute die Auffassung haben, sie jedenfalls verbreiten, die Deutschen setzten sich zu wenig mit dem Holocaust auseinander, ist mir wirklich ein Rätsel.
Genau aus diesem Grund, Selbstkasteiung kann man es nennen, auch Selbstverleugnung, wenn man auf Deutschland schimpft, kann man doch selber ganz sicher kein Rechter sein, so etwas in der Art.
In Antwort auf:Es ist meines Erachtens eines der hartnäckigsten Klischees, daß sich "die Deutschen" nicht mit dem Holocaust auseinandergesetzt hätten, es nicht täten.
Lieber Zettel,
das ist kein Widerspruch. zu dem was ich geschrieben habe. Die Auseinandersetzung fand und findet statt - auf gewohnt akademisch hohem Niveau.
Es gab auch eine zentrale Gedenkveranstaltung im Deutschen Bundestag:
In Antwort auf:Lammert kritisierte in seiner Rede die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF wegen des Verzichts auf die Live-Übertragung der Gedenkstunde. Er hätte es für "angemessen" gehalten, wenn die beiden Sender diese zentrale staatliche Veranstaltung im Parlament auch ausgestrahlt hätten, sagte Lammert abweichend von seinem Redemanuskript. Die Veranstaltung war lediglich im Dokumentationskanal Phoenix zu sehen.
Weiter Heiteres trägt Alan Posener dazu bei:
In Antwort auf:Der Deutsche Bundestag zum Beispiel hat seine Gedenkstunde auf den heutigen Freitag vorverlegt. Holocaust-Gedenken ist ja schön und gut, aber bitte nicht an meinem freien Sonntag.
Es dürfte sich ja bereits herumgesprochen haben, dass ich immun bin gegen kommunistische Propaganda bin und auch intellektuell in der Lage bin die Instrumentalisierung des Nationalsozialismus aus ideologischen Gründen zu erkennen. Und da sind nicht nur die Kommunisten kräftig am agieren, sondern auch noch ganz andere Gruppierungen springen beherzt auf das Trittbritt.
Trotz aller Bemühungen der Aufklärung ist es in Deutschland nicht möglich, Synagogen ohne Polizeischutz zu lassen, aber es geht darüber hinaus:
Es mag Dir entgangen sein, dass sich "Jude" sich zu einem Modeschimpfwort entwickelt hat (nicht neuerdings, das geht schon eine geraume Zeit):
In Antwort auf:Rechtsextreme Jugendliche und junge Muslime kultivieren einen Hass, der in Deutschland jahrzehntelang für undenkbar gehalten wurde: Sie machen Jagd auf jüdische Mitschüler. Politische Appelle verhallen an vielen Schulen ungehört. "Jude" wird zum Mode-Schimpfwort.
In Antwort auf:Es ist etwas, worauf wir stolz sein können und stolz sein sollten. Weder wir noch unsere Eltern und Großeltern waren in ihrer überwältigenden Mehrheit schuld an diesen Verbrechen; so wenig, wie die große Mehrheit der Russen schuld an den Verbrechen der Kommunisten waren und die Chinesen an den Verbrechen der Maoisten.
Der Gedanke, dass die Machtergreifung wie ein schwerer Schicksalsschlag über das deutsche Volk gekommen ist hat etwas versöhnliches, aber entspricht nicht den Fakten, die Nationalsozialisten hatten niemals versucht ihre Vorhaben zu verheimlichen, es hat lediglich die wenigstens daran geglaubt und ich bin davon überzeugt solange Deutschland eingebunden in Europa in enger Freundschaft mit den USA ist ein Wiederholung ausgeschlossen, allerdings verläuft die derzeitige Form des lernenden Gedenkens im Sande, das Alarmsystem wird von Generation zu Generation schwächer und das nicht nur in Deutschland:
In Antwort auf:Die Zahlen sind erschreckend: Einer neuen Studie zufolge macht der Unterricht über Nationalsozialismus Schüler nicht mehr betroffen. Und ihr Wissen um die Verbrechen im Zweiten Weltkrieg ist erschreckend schlecht. Geschichtslehrer werden oft sogar als "Israelfreunde" beschimpft.
...
In Antwort auf:Laut Robert Sigel von der Bayerischen Landeszentrale führt der wachsende Anteil muslimischer Schüler in England, Frankreich und den Niederlanden dazu, dass sich Lehrer scheuten, die Zeit des Nationalsozialismus zu unterrichten. Sie würden dann als "Israelfreunde" bedroht oder beschimpft.
Ich streite nicht ab, dass die Auseinandersetzung mit den Verbrechen im dritten Reich stattfindet, allerdings wird der aus meiner Sicht entscheidendere Aspekt vernachlässigt: wie konnte es dazu kommen. Und hier sind wir mitten im ideologischen Minenfeld, zu der ernsthaften Aufarbeitung hat sich ein Alarmismus gesellt, der den Terror des Naziherrschaft beliebig macht, weil ihm alles Holocaust ist und ist zum Selbstbedienungsladen zum Erreichen von politischen Zielen und Fördergeldern geworden.
Für mich war es ein Schlüsselereignis, wie all die Sonntagsreden verstummten und ein Aufatmen durch Politik und Medien ging, als es sich herausstellte, dass die Anschlagsurheber auf die Synagoge von Düsseldorf "nichtdeutscher" Herkunft waren.
In Antwort auf:Es ist meines Erachtens eines der hartnäckigsten Klischees, daß sich "die Deutschen" nicht mit dem Holocaust auseinandergesetzt hätten, es nicht täten.
Lieber Zettel, das ist kein Widerspruch. zu dem was ich geschrieben habe.
Nein, das ist es nicht und sollte es auch nicht sein. Aber ein Widerspruch zu vielem, was zu diesem Thema gesagt und geschrieben wird.
Zitat von C.Die Auseinandersetzung fand und findet statt - auf gewohnt akademisch hohem Niveau. Da ich ja ein gründlicher Mensch bin habe ich versucht, Zeit und Ort des Zitats herauszufinden, was sich als gar nicht so einfach erwies,
Das hatte ich befürchtet und es deshalb gar nicht erst versucht, denn meine Übersetzung war ja eine Rückübersetzung ins Deutsche. Dank für die Recherche!
Zitat von C.Es gab auch eine zentrale Gedenkveranstaltung im Deutschen Bundestag:
In Antwort auf:Lammert kritisierte in seiner Rede die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF wegen des Verzichts auf die Live-Übertragung der Gedenkstunde. (...)
Die Kritik ist meines Erachtens unberechtigt, denn zunehmend werden ja Bundestagssitzungen, die früher von ARD oder ZDF übertragen wurden, jetzt nur noch von Phoenix übertragen. Was auch vernünftig ist, denn inzwischen dürften die meisten Zuschauer über Satellit, Kabel oder DVB-T den Sender Phoenix empfangen können.
Zitat von C.Weiter Heiteres trägt Alan Posener dazu bei:
In Antwort auf:Der Deutsche Bundestag zum Beispiel hat seine Gedenkstunde auf den heutigen Freitag vorverlegt. Holocaust-Gedenken ist ja schön und gut, aber bitte nicht an meinem freien Sonntag.
Naja. Auch andere Gedenkstunden finden nicht immer Sonntags statt. Ich schätze Posener, aber wenn es um den Verdacht des Antisemitismus oder mangelnden Gedenkens des Holocaust geht, dann hört er manchmal das Gras wachsen.
Zitat von C.Es dürfte sich ja bereits herumgesprochen haben, dass ich immun bin gegen kommunistische Propaganda bin und auch intellektuell in der Lage bin die Instrumentalisierung des Nationalsozialismus aus ideologischen Gründen zu erkennen. Und da sind nicht nur die Kommunisten kräftig am agieren, sondern auch noch ganz andere Gruppierungen springen beherzt auf das Trittbritt.
Es gab ja auch schon Tierschützer, die von "Hühner-KZs" gesprochen haben. Wie will man verhindern, daß ein Thema, das nun mal sehr zu Recht immer wieder diskutiert wird, auch von, wie du sagst, Trittbrettfahrern mißbraucht wird?
Zitat von C.Trotz aller Bemühungen der Aufklärung ist es in Deutschland nicht möglich, Synagogen ohne Polizeischutz zu lassen,
Aufklärung? Wo hat jemals Aufklärung gegen Politverbrecher geholfen? Nur sehe ich keinen Zusammenhang zwischen solchen Verbrechern und unserem jetzigen Thema, der Aufarbeitung des Holocaust.
Zitat von C.Es mag Dir entgangen sein, dass sich "Jude" sich zu einem Modeschimpfwort entwickelt hat (nicht neuerdings, das geht schon eine geraume Zeit):
In Antwort auf:Rechtsextreme Jugendliche und junge Muslime kultivieren einen Hass, der in Deutschland jahrzehntelang für undenkbar gehalten wurde: Sie machen Jagd auf jüdische Mitschüler. Politische Appelle verhallen an vielen Schulen ungehört. "Jude" wird zum Mode-Schimpfwort.
Das, dear C., ist nicht nur in Deutschland so. Auch in Frankreich gibt es an den Schulen eine Welle des Antisemitismus, an der islamistisch indoktrinierte Jugendliche einen größeren Anteil haben als die klassischen rechtsextremen Antisemiten.
Überhaupt ist ja der Antisemtismus kein "rechtes" Phänomen; er ist es nie gewesen. Der Antisemitismus speist sich wesentlich aus Neid, aus einem Gefühl der Unterlegenheit, aus dem Ressentiment der Zukurzgekommenen. Das gibt es links wie bei den Rechtsextremen. Bei Rechten, also Konservativen, gibt es diesen Antisemtismus viel seltener. (Es gab allerdings einen anderen, den christlichen, der im 19. Jahrhundert eine große Rolle spielte, heute kaum noch).
Und, dear C.: Das alles, so traurig und bedenklich es ist und so sehr ich der Meinung bin, daß man mit aller Härte dagegen vorgehen muß - das alles hat ja auch wieder nichts mit unserem Thema zu tun, der Aufarbeitung des Holocaust.
Diese wäre gescheitert, wenn die Mehrheit oder eine große Minderheit der Deutschen so antisemtisch wäre wie zum Beispiel viele Russen unter dem Kommunismus (die Folgen sind noch jetzt in Rußland zu besichtigen, wo Putin ungehemmt und erfolgreich auf der Klaviatur des Antisemitismus spielen kann).
In Deutschland ist das, glücklicherweise, nicht so. Deutschland dürfte eines der Länder Europas mit dem geringsten Antisemitismus sein.
Zitat von C.
In Antwort auf:Es ist etwas, worauf wir stolz sein können und stolz sein sollten. Weder wir noch unsere Eltern und Großeltern waren in ihrer überwältigenden Mehrheit schuld an diesen Verbrechen; so wenig, wie die große Mehrheit der Russen schuld an den Verbrechen der Kommunisten waren und die Chinesen an den Verbrechen der Maoisten.
Der Gedanke, dass die Machtergreifung wie ein schwerer Schicksalsschlag über das deutsche Volk gekommen ist hat etwas versöhnliches, aber entspricht nicht den Fakten,
Nein, das tut er nicht. Und weil ich die Fakten achte, dear C., habe ich ihn auch nicht geäußert.
Zitat von C.die Nationalsozialisten hatten niemals versucht ihre Vorhaben zu verheimlichen,
Welches "Vorhaben"? Den Holocaust haben sie nicht nur als Vorhaben verheimlicht, sondern auch in seiner Ausführung. Sie haben ihn verheimlicht, weil ihnen klar war, wie die Deutschen reagieren würden, wenn sie von diesen Massenmorden erfahren hätten.
Sie haben nicht verheimlicht, daß sie Antisemiten sind. Es ist eine Schande, daß sie trotzdem gewählt wurden. Aber sie wurden trotz ihres Antisemitismus gewählt, nicht seinetwegen.
Es ist den Nazis niemals gelungen, über die Schandtaten ihrer eigenen SA-Leute hinaus Pogrome zu entfesseln, wie es sie in Osteuropa immer wieder gegeben hat. Die Boykottaktion "Deutsche, kauft nicht bei Juden" fand geringen Widerhall in der Bevölkerung; die Verbrechen der "Reichskristallnacht" lösten bei den meisten Deutschen Entsetzen aus, statt sie zum Mittun und Nachahmen zu veranlassen.
Zitat von C.und ich bin davon überzeugt solange Deutschland eingebunden in Europa in enger Freundschaft mit den USA ist ein Wiederholung ausgeschlossen,
Das glaube ich auch. Und zwar nicht wegen dieser Freundschaft und dieser Einbindung.
Zitat von C.allerdings verläuft die derzeitige Form des lernenden Gedenkens im Sande, das Alarmsystem wird von Generation zu Generation schwächer
Zum Teil liegt das in der Natur der Sache. Etwas, das zur Zeit der Urgroßeltern oder Ur-Urgroßeltern geschah, kann nun einmal nicht so viel Interesse und Betroffenheit auslösen wie etwas, das zur Zeit der Eltern oder Großeltern geschah.
Zum Teil liegt es an dem generell schlechten Geschichtsunterricht. Ich bin immer wieder entsetzt darüber, wie wenige Geschichtskenntnisse die heutige junge Generation hat.
Und dann liegt es eben an dem, was wir schon diskutiert haben: Der Allianz zwischen deutschen Rechtsextremen und türkischstämmigen Islamisten.
Zitat von C.Ich streite nicht ab, dass die Auseinandersetzung mit den Verbrechen im dritten Reich stattfindet, allerdings wird der aus meiner Sicht entscheidendere Aspekt vernachlässigt: wie konnte es dazu kommen.
Dear C., mit dieser Frage schlage ich mich mein Leben lang herum, und ich glaube zunehmend, daß es keine einfache Antwort gibt. Für historische Katastrophen gibt es nie eine einfache Erklärung; vielleicht manchmal gar keine.
Zitat von C.Und hier sind wir mitten im ideologischen Minenfeld, zu der ernsthaften Aufarbeitung hat sich ein Alarmismus gesellt, der den Terror des Naziherrschaft beliebig macht, weil ihm alles Holocaust ist und ist zum Selbstbedienungsladen zum Erreichen von politischen Zielen und Fördergeldern geworden.
Das ist es ja, was Walser in seiner Paulskirchen-Rede gesagt hatte. Was er zu sagen versucht hatte. Ich fand den Briefwechsel mit Doerry sehr erhellend, weil er deutlich machte, daß Walser - jeder, der seine Werke kennt, weiß das - ein zutiefst subjektiver Denker ist, der weder verallgemeinern noch gar belehren oder Vorbild sein will. Er wurde aber so verstanden, als wolle er genau das. Seine Nachdenklichkeit, seine Selbstbeobachtung wurden als der Versuch mißdeutet, gegen die Aufarbeitung des Holocaust zu agitieren.
Zitat von C.Für mich war es ein Schlüsselereignis, wie all die Sonntagsreden verstummten und ein Aufatmen durch Politik und Medien ging, als es sich herausstellte, dass die Anschlagsurheber auf die Synagoge von Düsseldorf "nichtdeutscher" Herkunft waren.
Hat es dieses Aufatmen gegeben? Ich habe es nicht so in Erinnerung; sondern eher Kommentare des Sinns, daß es deutsche Antisemiten in keiner Weise entschuldige, wenn auch andere solche Schandtaten begehen.
Wahrscheinlich stimmt deine und meine Erinnerung; es dürfte eben unterschiedliche Kommentare gegeben haben.
Sie haben nicht verheimlicht, daß sie Antisemiten sind. Es ist eine Schande, daß sie trotzdem gewählt wurden. Aber sie wurden trotz ihres Antisemitismus gewählt, nicht seinetwegen.
Heute glauben viele Bürger, die Selbständigen, die Firmenchefs, die Topmanager seien daran schuld, dass sie selber nicht genügend verdienen oder ihren Arbeitsplatz verlieren.
Genau die gleichen wirren Überlegungen impften die Braunen dem normalen Bürger damals ein, nur waren damals die Sündenböcke die Juden.
In Antwort auf:Zitat von C. Trotz aller Bemühungen der Aufklärung ist es in Deutschland nicht möglich, Synagogen ohne Polizeischutz zu lassen,
Aufklärung? Wo hat jemals Aufklärung gegen Politverbrecher geholfen? Nur sehe ich keinen Zusammenhang zwischen solchen Verbrechern und unserem jetzigen Thema, der Aufarbeitung des Holocaust.
Dem kann ich nur zustimmen, Zettel. Außerdem wäre zu fragen, woher man denn weiß, das Synagogen ohne Polizeischutz in Deutschland nicht möglich wären? Klar, die Gefahr eines Anschlags ist real (aber so ist es auch bei anderem) und man will nicht das Risiko eingehen, daher läßt man das Experiment vorerst lieber, aber: für obige Aussage kann es daher keine Grundlage geben.
In Antwort auf:
In Antwort auf:Zitat von C. allerdings verläuft die derzeitige Form des lernenden Gedenkens im Sande, das Alarmsystem wird von Generation zu Generation schwächer
Zum Teil liegt das in der Natur der Sache. Etwas, das zur Zeit der Urgroßeltern oder Ur-Urgroßeltern geschah, kann nun einmal nicht so viel Interesse und Betroffenheit auslösen wie etwas, das zur Zeit der Eltern oder Großeltern geschah.
Zum Teil liegt es an dem generell schlechten Geschichtsunterricht. Ich bin immer wieder entsetzt darüber, wie wenige Geschichtskenntnisse die heutige junge Generation hat.
Und dann liegt es eben an dem, was wir schon diskutiert haben: Der Allianz zwischen deutschen Rechtsextremen und türkischstämmigen Islamisten.
Wiederum stimme ich zu, möchte aber hinzufügen: das Alarmsystem leidet letztlich auch darunter, daß es häufig ohne wirklichen Grund losgetreten wird. Wenn die Alarmglocke allezeit bimmelt, ist es klar, daß irgendwann niemand mehr hinhört.
In Antwort auf:
In Antwort auf:Zitat von C. Für mich war es ein Schlüsselereignis, wie all die Sonntagsreden verstummten und ein Aufatmen durch Politik und Medien ging, als es sich herausstellte, dass die Anschlagsurheber auf die Synagoge von Düsseldorf "nichtdeutscher" Herkunft waren.
Hat es dieses Aufatmen gegeben? Ich habe es nicht so in Erinnerung; sondern eher Kommentare des Sinns, daß es deutsche Antisemiten in keiner Weise entschuldige, wenn auch andere solche Schandtaten begehen.
Wahrscheinlich stimmt deine und meine Erinnerung; es dürfte eben unterschiedliche Kommentare gegeben haben.
Woran ich mich erinnere ist ein Aufatmen dergestallt, daß man absurderweise verkündete, die Tat habe zum Glück "keinen antisemitischen Hintergrund" weil ja die Täter blah blah blah. Das ist in zweierlei Hinsicht bezeichnend:
1. können wohl "Nichtdeutsche" keine Antisemiten sein. 2. ist man total auf Antisemitismus fixiert. Angenommen Punkt 1 stimmte, wo wäre denn das Glück, wenn das Motiv nicht Antisemitismus wäre? Hilft das etwaigen Opfern? Könnten Juden wirklich froh sein, wenn man sie nicht "als Juden" sondern aus anderen Motiven angegriffen würden?
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