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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 47 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2008 02:15
#26 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Zitat von Kaa
Und wenn ich mir den typischen Polygamiefall irgendwo auf der Welt ansehe, da ist Polygamie bei weitem besser, als mit dem Pascha alleine zu hausen. Es hängt vom Mann ab, ob man sich in der Polygamie als Frau wohl fühlt. Wenn er so richtig scheußlich ist, ist eine andere Frau die nicht die Mutter des Monsters ist doch Balsam für die Seele.

Mir sind gelegentlich ähnliche Gedanken gekommen, liebe Kaa, obwohl das aus männlichem Blickwinkel vermutlich alles anders aussieht.

Was mir in der Uni immer wieder aufgefallen ist, das ist, daß Frauen selten allein etwas unternehmen. (Es gibt natürlich Ausnahmen). Ich sehe Studentinnen meist in Gruppen, oft auch zu zweit. Selbst wenn sie in die Sprechstunde kommen, tun sie das gern zu zweit. Sie arbeiten zusammen, sie besprechen vermutlich auch das meiste zusammen.

Auch aus meinem privaten Umfeld kenne ich das, daß Frauen sich in Frauengruppen wohlfühlen, daß sie dann - erzählt man mir - viel entspannter sind als in Gruppen gemeinsam mit Männern.

Diese "Schwesterlichkeit" bei den Sister Wives kommt mir deshalb plausibel vor. Man findet das ja auch in den meisten Kulturen, in denen es keine Polgygamie gibt - daß die meiste Zeit des Tages die Frauen nicht "in Familie" sind, sondern mit anderen Frauen zusammen. Weil sie gemeinsam Kochen, waschen, Kinder hüten. Aber auch weil es Frauenhäuser gibt, Rituale nur für Frauen usw.

Ob nun (was mir plausibel vorkommt) biologisch verankert oder nicht - jedenfalls scheint mir das etwas "Natürliches" zu sein.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2008 02:27
#27 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Zitat von Kaa
Daran ist gar nichts falsch. Ich wollte darauf hinaus, daß wenn hierzulande ein Mann zwei oder mehr Frauen und ihre Kinder finanziell versorgen kann, so daß die Frauen zu Hause bleiben, ein Machtgefälle da ist. Die Gefahr ist groß, daß die Frauen unfrei sind.

Meinst du ein Machtgefälle allein dadurch, daß der Mann das Geld verdient?

Das entspricht nicht dem, was ich aus dem RL so kenne. In den Ehen meiner beider Großmütter hat die Frau das Geld verwaltet. Ich kenne auch unter Akademikern viele, bei denen das so ist. In manchen Ehen steht dem Mann nur ein Taschengeld für seine persönlichen Ausgaben zu.

Also, mir scheint, es geht weniger darum, wer das Geld verdient, als wer die Verfügungsgewalt darüber hat. Das ist wie mit den Produktionsmitteln.

Ich habe, liebe Kaa, anfangs ja auch diese feministische Sicht geglaubt, daß Frauen sozusagen seit Adam und Eva "unterdrückt" worden seien.

Inzwischen denke ich, daß das eine ganz falsche Verallgemeinerung ist. Richtig ist, daß die Frauen, die das so sehen, selbst oft Nachteile davon hatten und zum Teil haben, Frauen zu sein. Weil eben aus vielen Gründen seit ungefähr Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die traditionelle Frauenrolle im Bürgertum immer weniger attraktiv geworden ist als die traditionelle Männerrolle.

Zuvor war das nicht so, und außerhalb des (gebildeten, akademischen) Bürgertums ist es bis heute nicht so. Aber Frauen, die gern Professorin oder Managerin oder Flugkapitänin werden wollten, die hatten eben Nachteile. Und haben daraus auf eine generelle, jahrtausendealte "Unterdrückung der Frau" geschlossen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2008 03:06
#28 Brauchen wir noch die Ehe? Brauchen wir noch die Verwandtschaft? Antworten

Liebe Ex-Blond,

Zitat von ex-blond
Zitat von Zettel
Nur frage ich mich, ob der Staat ein Recht hat, diese Lebensform denjenigen zu verbieten, die sie wollen.

Das tut er doch eigentlich nicht. Eine freien Lebensgemeinschaft von einem Mann mit mehreren Frauen kann der Staat nicht verbieten.

Das stimmt schon. Aber das ist ja eben keine Polygamie. Diejenigen, die in den USA Polygamie praktizieren, also vor allem Mormonen, legen nun einmal Wert darauf, daß es sich um Ehen handelt, und schließen sie vor einem Geistlichen. Und der Staat sieht es auch so, denn er belegt das mit Strafe.

Mag sein, daß ich, als ich das geschrieben habe, etwas zu sehr diese amerikanische Situation vor Augen hatte.

Eine andere Frage ist natürlich die gesellschaftliche Behandlung solcher Lebensformen.

Daß man in "wilder Ehe" oder "Onkel-Ehe" lebt (so hieß das ja mal), stört heute niemanden mehr. In den fünfziger Jahren war es noch absolut verpönt.

Und auch heute dürfte es noch manches Stirnrunzeln selbst bei "Progressiven" geben, wenn jemand fröhlich berichtet, er lebe mit zwei oder drei Frauen zusammen.
Zitat von ex-blond
Lebt nicht der Alt-68ger Rainer Langhans in so einer Lebensgemeinschaft?

Ja, das habe ich auch mal gelesen. Aber daß das eine Reportage wert war, zeigt ja eben, wie außerhalb der Norm es ist.
Zitat von ex-blond
Es geht bei der Ehe PRIMÄR um eine Lebensgemeinschaft, in der Kinder aufwachsen sollen, sozusagen der Nachwuchs der Gesellschaft. Deshalb ist diese besonders geschützt. Wer die Ehe in erster Linie als eine Treuebeweis, Liebesbeweis etc. versteht, oder in erster Linie als eine Form der Altersabsicherung, der missversteht diese Institution.

Historisch ist das sicher richtig; so war es zu allen Zeiten und in allen Kulturen, weil man Kinder brauchte, um sein Alter zu sichern.

Daß Kinder auch dem Fortbestand der Gesellschaft dienen, stimmt natürlich, aber dürfte bei der Institution der Ehe weniger eine Rolle gespielt haben; auch eine promiske Gesellschaft produziert ja Kinder.

Aber für das eigene Alter konnte man eben nur vorsorgen, wenn man eine Familie gründete und Kinder großzog. Von den Reichen abgesehen; aber die hatten dann oft das andere Motiv der Erhaltung der Dynastie.
Zitat von ex-blond
Zusammengefasst: die Diskussion müsste eigentlich lauten: was ist eigentlich die Bedeutung einer Ehe und wird das bei uns überhaupt von der Mehrheit (noch) verstanden?

In traditionellen Gesellschaften ist ja die Ehe sozusagen eingebettet in den Familienclan, die "Verwandtschaft".

Und diese Einbettung war für den Einzelnen unabdingbar, weil buchstäblich sein Leben davon abhing: Menschen zu haben, die ihm helfen würden, wenn er Hilfe braucht; so wie er ihnen helfen würde. Und auch eine Gemeinschaft, in der sich eben dieses Urbedürfnis nach Gemeinschaft befriedigen ließ.

Ich habe das, liebe Ex-Blond, noch in den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern aus der Kriegs- und Nachkriegszeit kennengelernt. Meine Großeltern auf beiden Seiten waren "ausgebombt" worden, hatten also durch Bombardements allen Besitz verloren. So ging es ja Millionen; bei anderen war es die Vertreibung oder die Flucht vor den Russen, die sie zu wohnungs- und besitzlosen Flüchtlingen machte.

Da war "Verwandtschaft" wirklich lebenswichtig. Wir "kamen unter" auf dem Land, weil es da entfernte Verwandte gab, die uns zwar nicht "aufnahmen", durch deren Vermittlung aber meine Eltern einen Raum in einer stillgelegten Schule zum Wohnen bekamen. Meine Großeltern wohnten später bei entfernten Verwandten "zur Untermiete"; dh sie bekamen einen Raum in der Wohnung, und meine Großmutter durfte zu bestimmten Zeiten in die Küche, um dort zu kochen.

Mag sein, liebe Ex-Blond, daß wir das heute alles nicht mehr brauchen. Aber ich denke, auch bei der Beurteilung der Lebensform von türkischen Einwanderern ist dieser Aspekt wichtig. Der Einzelne wird nicht primär als Individuum gesehen, sondern als Mitglied eines Clans, dem er alles zu verdanken hat und dem er ergo alles schuldet.

Herzlich, Zettel


Zettel Offline




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16.04.2008 03:24
#29 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Zitat von str1977
"Der Natur nicht ins Handwerk pfuschen" ist doch kein Argument. Es geht hier darum, was Menschen (legitimerweise) tun dürfen oder nicht. Deshalb ist auch der Verweis auf nichteinnistende Embryonen vefehlt. Stellen sie sich vor, es sterben täglich Menschen. Aber das gibt niemandem das Recht sie zu töten. Und das genau lassen besagte Wissenschaftler tun, weshalb ich ihnen nur Verachtung entgegenbringen kann.

Es sind befruchtete Eizellen, die absterben, bevor sie sich einnisten; also noch keine Embryonen.

Doch, lieber str1977, das ist schon ein Argument. Vielleicht ein falsches, aber doch ein Argument.

Es wurde ja vor allem im Zusammenhang mit der "Pille danach" verwendet, deren Einsatz für manche Fundamentalisten ja schon Mord ist.

Es geschieht beim Einsatz dieser "Pille danach" aber nichts anderes als das, was im Körper einer Frau ständig geschieht, nur eben in diesem Fall künstlich herbeigeführt.

Ich weiß, lieber str1977, aus langer Erfahrung, daß Diskussionen mit Abtreibungsgegnern sehr schwierig sind, weil sie eine Voraussetzung machen, die man teilen kann, aber nicht muß: Daß eine befruchtete Eizelle ein Mensch sei.

Ich behaupte, daß das nicht der Fall ist, sondern daß sie eben nur eine menschliche Zelle ist. Eine durch die Befruchtung modifizierte, ja. Aber eben doch kein Mensch, sondern eine Zelle.

Sie werden das besteiten. Aber ich werde Ihrer Argumentation nicht folgen können, fürchte ich. Weil es ja um Definitionen geht, und die sind bekanntlich nicht beweisbar oder widerlegbar.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




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16.04.2008 03:28
#30 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Zitat von Gansguoter
Zur Schädlichkeit des Inzests: Ich habe Zweifel daran, dass Inzest (sofort) schädlich ist, wenn man in die Geschichte schaut: Bei den Ptolemäern war der Inzest absolut üblich. Nehmen wir Kleopatra VII. ("die" Kleopatra, die mit Antonius und Caesar): Von ihren vier Großeltern waren drei Geschwister (nämlich ihr Großvater väterlicherseits, die Großmutter väterlicherseits, der Großvater väterlicherseits), und die Großmutter mütterlicherseits war wiederum die Halbschwester ihres Vaters. Unter Kleopatras Vorfahren finden sich mehrere weitere Geschwister- oder Onkel-Nichten-Verbindungen. Geschadet hat es, wie's scheint, den Ptolemäern nicht.

Nein, es muß nicht schaden, lieber Gansguoter. Es kann sogar nützen, wenn sich gemeinsame positive Erbanlagen dadurch mit größerer Wahrscheinlichkeit auswirken.

Nur ist eben das Risiko vorhanden, daß das auch in Bezug auf negative Erbanlagen, zB zu bestimmten Erbkrankheiten, geschieht. Es ist sozusagen russisches Roulette, ob es gut geht.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




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16.04.2008 03:49
#31 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Lieber str1977,

Zitat von str1977
In Antwort auf:
Keine christliche Gruppe?

Sie wissen doch selber um die Problematik der Wikipedia. Die hat ihren neutralen Standpunkt der dann tw. zu solchen Aussagen führt (es sind ja auch Mormonen unterwegs, die auf dieser Charakterisierung sehr bestehen).

Es scheint mir die übliche zu sein; nicht nur in der Wikipedia. Aber natürlich können Sie von Ihrem Standpunkt aus sagen: Das sind ja gar keine richtigen Christen. So wie die Schiiten sagen können, die Aleviten seien gar keine richtigen Moslems. Wer will da den Oberschiedsrichter spielen?
Zitat von str1977
Zitat von Zettel
Zitat von str1977
Noch ein Punkt: es kann keinesfalls Privatsache sein, was der Staat als Lebensformen anerkennen und fördern will - es ist Staatssache und der Staat hat qua Verfassung "Ehe und Familie" unter Schutz gestellt weil er sie als Grundlage der Gesellschaft hält.

Das, lieber str1977, ist eben eine Auffassung, der ich mich nicht anschließen kann (und die in Europa eine konservative Auffassung ist; in den USA gilt eher das Gegenteil als konservativ).

Wer ist "der Staat"? Das sind im günstigsten Fall Vertreter derer, die gerade eine Regierungsmehrheit haben. Es sind überwiegend aber Bürokraten.

Wie wärs mit der Verfassung? Die regelt das.

Nein, die regelt nicht, ob polygame oder homosexuelle oder inzestuöse Ehen unter den Begriff der geschützten Ehe fallen.
Zitat von str1977
Zitat von Zettel
Wenn durch einfaches Gesetz z.B. die Homosexuellen-Ehe anerkannt ist, dann steht auch sie unter diesem Schutz. Ebenso wäre es bei polygamen Ehen.

Sie definiert es nicht, weil es bisher klar war, was das heißt, nämlich Mann + Frau + evt. Kinder.

Das ist juristisch belanglos. Und Sie hatten sich ja auf die Verfassung zurückziehen wollen. Die läßt eben offen, was eine Ehe ist.
Zitat von str1977
Eine Homosexuellen-Ehe konnte sich daher auch nicht durchsetzen. Ich würde es auch wohl für Verfassungsbruch halten.

Wie wollen Sie denn diesen Vorwurf des Verfassungsbruchs begründen?
Zitat von str1977
Naja, eine Anything-goes-Mentalität will ja de facto keiner. Selbst die größten Überliberalen kommen an den Punkt wo sie dann ans Verbieten gehen. Die Frage wäre wo ist die Grenze. Und es ist nicht nur eine Grenze, siehe die Förderungsfrage oben.

Dem stimme ich zu. Ich als zwar nicht Überliberaler, aber Liberalkonservativer bin zB dafür, daß Mord und Diebstahl auch weiter verboten bleiben.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2008 03:59
#32 Totalitärer Liberalismus? Antworten

Zitat von str
In Antwort auf:
Eigentlich müßte man das Umgekehrte machen: ALLE Ehe-Privilegien streichen. Es geht den Staat schlicht nichts an, was sich Privatleute gegenseitig versprechen oder welche Art gegenseitige Fürsorge sie aufbringen.

Es geht den Staat sehr wohl etwas an, was er fördern will. Ich fürde eher sagen: es geht den R.A. nichts an (von seiner Wählerstimme mal abgesehen).

Jeder für sich und Gott gegen alle. Mal wieder ein "schöner" Fall von totalitärem Liberalismus, der alles vernichten will, was ihm nicht in den Kram paßt.

Vielleicht wird, lieber str1977, R.A. darauf ja selbst noch antworten. Aber gegen den Begriff "totalitärer Liberalismus" möchte ich doch protestieren, und zwar heftig.

Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn man der Meinung wie R.A. ist, daß es den Staat nichts angeht, wie Menschen miteinander leben. Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn wir Liberale der Meinung sind, daß jeder Mensch das Recht hat, sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen frei zu gestalten.

Es ist mir, lieber str1977, schon in früheren Diskussionen mit Ihnen aufgefallen, daß Sie einen aus meiner Sicht seltsamen Begriff von Aufklärung und Liberalismus haben.

Die Totalitären auf der Linken berufen sich zwar auf die Aufklärung; jedenfalls hat das Marx getan. Aber sie sind Anti-Aufklärer.

Sie sind im direkten Gegensatz zur Aufklärung nicht bereit zur Kritik, es fehlt ihnen die Skepsis aller Aufklärer, sie sind intolerant.

Sie vertrauen nicht auf die Kraft des Arguments, sondern auf Gewalt ("die Waffe der Kritik durch die Kritik der Waffen ersetzen" hat das Marx genannt; und er meinte mit "Kritik der Waffen" nicht etwa Pazifismus, sondern Waffengewalt).

Kurz, Totalitarismus und Liberalismus sind wie Feuer und Wasser. Ich kann deshalb Ihre Vorstellungen in diesem Punkt nicht nur nicht teilen, sondern ich kann sie noch nicht einmal nachvollziehen.

Herzlich, Zettel

ex-blond Offline




Beiträge: 155

16.04.2008 08:16
#33 RE: Totalitärer Liberalismus? Antworten

Zitat von Zettel

Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn man der Meinung wie R.A. ist, daß es den Staat nichts angeht, wie Menschen miteinander leben. Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn wir Liberale der Meinung sind, ...


Hier möchte ich widersprechen, denn dabei übersiehst Du, dass es sich nicht um eine "Öffnung" der Ehe für Polygamie oder gleichgeschlechtliche Partner handelt, sondern - durch die sog. "Öffnung" - um eine Neudefinition der Ehe und damit um ein Kaputtmachen der bisherigen Definition. Das heißt, die Besonderheit der Ehe als Mann+Frau=>Kinder wird nicht mehr toleriert, sondern toleriert wird nur ein äußerliches alles-ist-gleich, ohne zu hinterfragen, ob dies auch der Wirklichkeit entspricht. Und ohne zu Fragen, welche Folgen eine event. Diskrepanz zur Wirklichkeit für die Gesellschaft haben könnte. Ich halte auch Fr. von der Leyens Krippenausbaupläne für ein fatal falsches Signal. Obwohl und WEIL ich selbst - über lange Zeit überzeugte - Alleinerziehende bin.

Ein anderes Beispiel dazu ist das "Gender Mainstreaming", also die Theorie, Mann und Frau seien im Wesen gleich und es sei nur eine Frage der Sozialisation, die den Mann in die Rolle des Mannes und die Frau in die Rolle der Frau drängt. Weil das nicht sein darf, spielen heute Jungs im Kindergarten mit Puppen und Mädchen wühlen im Matsch. Theoretisch. Praktisch gesehen dürfen sie das zwar (Gott sei Dank), aber die meisten Jungs wühlen im Matsch und die meisten Mädchen spielen mit Puppen, ob es nun in den Ideologie-Kram passt oder nicht.

Andere Lebensformen sollten auch erlaubt sein und rechtlich abgesichert werden, ich sehe jedoch keine Notwendigkeit, sie der Ehe rechtlich 1:1 gleichzustellen. Die Ehe ist als Institution für die Konstellation 1Frau+1Mann=>Kinder schützens- und fördernswert. Für andere Modelle können und müssen neue Wege gefunden werden.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2008 12:30
#34 RE: Totalitärer Liberalismus? Antworten

Zitat von ex-blond
Zitat von Zettel
Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn man der Meinung wie R.A. ist, daß es den Staat nichts angeht, wie Menschen miteinander leben. Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn wir Liberale der Meinung sind, ...

Hier möchte ich widersprechen, denn dabei übersiehst Du, dass es sich nicht um eine "Öffnung" der Ehe für Polygamie oder gleichgeschlechtliche Partner handelt, sondern - durch die sog. "Öffnung" - um eine Neudefinition der Ehe und damit um ein Kaputtmachen der bisherigen Definition.

Aber jeder, liebe Ex-Blond, der die bisherige Definition für richtig hält, ist doch frei darin, sie weiter zu verwenden. Nur würde sie, wenn ich R.A. richtig verstanden habe, eben nicht mehr für alle verbindlich sein.

Das führt zu der sehr schwierigen Frage, was "die Gesellschaft" und in ihrem Auftrag "der Staat" für alle Mitglieder dieser Gesellschaft verbindlich machen sollte.

In traditionellen Gesellschaften ist das sehr viel - die Religion selbstverständlich, die Form der Ehe, die Erziehung der Kinder. In vielen traditionellen Gesellschaften war und ist sogar verbindlich, wie sich ein Mensch eines bestimmten Standes zu kleiden hat (wir haben davon noch zB die verschiedenfarbigen Bommelhauben für verheiratete und ledige Frauen in der Tracht der Schwarzwälderinnen), wo er wohnen darf (nicht nur Ghettos, sondern auch getrennte Wohnviertel für die Angehörigen verschiedener Zünfte usw.), welchen Beruf er ergreifen darf etc. etc. Oder auch, wen eine junge Frau oder ein junger Mann zu heiraten hat.

Vieles davon erscheint uns heute menschenunwürdig. Die Konflikte mit türkischen Einwanderern aus dem zurückgebliebenen Anatolien entstehen häufig daraus, daß dergleichen für sie aber noch verbindlich ist.

(Das wird oft "dem Islam" zugeschrieben; was aber ganz falsch ist. Bei Sizilianern war es vor einem halben Jahrhundert nicht anders).

Wo ist die Grenze? Ab wann soll der Staat Verbindliches anordnen? Du sagst, bei der Ehe, wenn ich dich richtig verstehe. Aber warum gerade da, und nicht zB beim Beruf?
Zitat von ex-blond
Das heißt, die Besonderheit der Ehe als Mann+Frau=>Kinder wird nicht mehr toleriert, sondern toleriert wird nur ein äußerliches alles-ist-gleich, ohne zu hinterfragen, ob dies auch der Wirklichkeit entspricht.

Doch, toleriert soll natürlich werden, Nur eben nicht zur Verbindlichkeit erhoben. Wobei ich nochmal sagen möchte, daß ich selbst da keine abgeschlossene Meinung habe. Ich wehre mich ja nur entschieden daggen, daß diese liberale Position, wie R.A. sie vertritt, in die Nähe des Totalitarismus gerückt wird, mit dem sie nichts zu tun hat.
Zitat von ex-blond
Ein anderes Beispiel dazu ist das "Gender Mainstreaming", also die Theorie, Mann und Frau seien im Wesen gleich und es sei nur eine Frage der Sozialisation, die den Mann in die Rolle des Mannes und die Frau in die Rolle der Frau drängt. Weil das nicht sein darf, spielen heute Jungs im Kindergarten mit Puppen und Mädchen wühlen im Matsch. Theoretisch. Praktisch gesehen dürfen sie das zwar (Gott sei Dank), aber die meisten Jungs wühlen im Matsch und die meisten Mädchen spielen mit Puppen, ob es nun in den Ideologie-Kram passt oder nicht.

Da sind wir uns völlig einig.

Und in dem Versuch, diese Ideologie durchzusetzen, sehe ich in der Tat eine totalitäre Tendenz, und zwar eine kräftige.

Wie ja überhaupt der Feminismus ganz überwiegend durch eine ausgesprochen intolerante, rechthaberische Haltung gekennzeichnet ist. Alice Schwarzer ist vermutlich keine bedeutende Feministin, aber repräsentativ erscheint sie mir schon - was dieses egozentrische, gegenüber anderen Meinungen unduldsame, auch immer einen Tick zu laute und ganz uncharmante Auftreten angeht.

Zum Glück haben die Feministinnen nur begrenzte Möglichkeiten, ihre Ideologie durchzusetzen. Aber viele würde sie bedenkenlos anderen oktroyieren, da bin ich ziemlich sicher. Siehe die empörende Art wie, man Eva Herman behandelt hat.
Zitat von ex-blond
Andere Lebensformen sollten auch erlaubt sein und rechtlich abgesichert werden, ich sehe jedoch keine Notwendigkeit, sie der Ehe rechtlich 1:1 gleichzustellen. Die Ehe ist als Institution für die Konstellation 1Frau+1Mann=>Kinder schützens- und fördernswert. Für andere Modelle können und müssen neue Wege gefunden werden.

Zu dieser Auffassung tendiere auch ich, ohne, wie gesagt, schon zu einer abschließenden Meinung gekommen zu sein (ich habe mir, ehrlich gesagt, bisher darüber auch kaum Gedanken gemacht).

Aber nochmal, liebe Ex-Blond: Das alles hat aus meiner Sicht nix damit zu tun, Liberalismus und Totalitarismus miteinander in Verbindung zu bringen. Diese genannten Feministinnen sind ungefähr so liberal, wie der Papst ein Heide ist.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2008 21:47
#35 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Liebe Nola,

Zitat von Nola
Würde eine Krankenkasse (wie es eigentlich immer war) nur und ausschließlich nur die eine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder mitversichern, wäre das Thema wahrscheinlich vom Tisch. Wer hier aus eigener Tasche weitere 3 Frauen und ebenso dann auch weitere eventuell 9 Kinder mitbezahlen müsste, würde sich die Polygamie überlegen.

Das sehe ich auch so.

Es ist halt ein Dilemma: Behandelt man alle Frauen rechtlich als Ehefrauen, dann haben Sie auch das Recht, mitversichert zu sein. (Übrigens ist dieses Thema eines, wo sich Zivil- und Strafrecht überschneiden. Obwohl Polygamie strafbar ist, gelten alle Frauen zivilrechtlich als Ehefrauen, solange die betreffende Ehe nicht annulliert oder geschieden ist).

Behandelt man sie andererseits, wie in den USA, nicht als Ehefrauen, dann sind sie ledige Mütter, meist ohne eigenes Einkommen, und haben ergo Recht auf Sozialhilfe. Die Folge habe ich ja schon erwähnt - fünf- oder sechsmal der volle Sozialhilfesatz für Alleinerziehende in einer Familie, da kommt ganz schön was zusammen.
Zitat von Nola
Die eigentliche Wahl ist doch gar nicht gegeben, wie sonst wäre zu erklären, dass alle andersgearteten Lebensformen (meist in der Gruppe als religiöse Vereinigung oder ähnlich - und nur so wäre es dann auch finanziell tragbar) sich weitweg ins meist (an unseren Ansprüchen gemessen) kulturell „unterentwickelte“ bzw. anders entwickelte Ausland niedergelassen haben.

Meines Wissens ist ja auch in islamischen Ländern die Polygamie nicht die Regel (sonst müßte es ja massenhaft unverheiratet bleibende Männer geben). Aus just dem Grund, daß nur Reiche sie sich leisten können.

Man kann sich a bisserl überlegen, wie sich das auf eine Gesellschaft auswirkt; Beispiel Saudi-Arabien, wo fast alle Angehörige der Oberschicht miteinander verwandt sind:

Einerseits ergibt das eine genetische Homogenität; auch vermutlich psychisch. Wie auch beim europäischen Adel und der europäischen Oberschicht entstehen eigene Genpools; ich hatte das kürzlich in Bezug auf die britische Oberschicht erwähnt.

Andererseits macht es die Gesellschaft immobil. Die Herrschenden halten zusammen; sie sind ja miteinander verwandt. Da kommt so leicht kein anderer hinein. Daß Saudi-Arabien trotz des Eindringens der Coca-Cola-Kultur noch so konservativ ist, dürfte damit zusammenhängen (natürlich im Sinn einer Wechselwirkung).
Zitat von Nola
Wie weit aber eine vom Gesetz bestimmte Gesellschaftsform reicht, ist erkennbar an WG’s. Schließe ich eine Wohnungsgemeinschaft aus Kostengründen mit einem Mann, so bin ich ein Jahr später schon in der Erklärungsnot, keine eheliche Gemeinschaft zu leben. Ansonsten wird hier jegliche Versorgung und Solidarverpflichtung dem Mitbewohner aufgedrückt. Von Gesetzeswegen, wird zunächst einmal ein eheähnliches Verhältnis vorausgesetzt. Dieses Abschieben einer Verantwortung – aus Kostengründen natürlich – innerhalb unserer Solidargemeinschaft finde ich ganz unglaublich und hinsichtlich einer o.e. Krankenversicherung auch mit zweierlei Maß gemessen.

Das habe ich auch nie verstanden. Man hat den Eindruck, daß solche Gemeinschaften dort, wo es für den Staat billiger ist, wie Ehen behandelt werden, und dort, wo das für den Staat billiger ist, wie Nichtehen.

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

18.04.2008 10:40
#36 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Hallo Zettel,

Zitat von Zettel
[quote="str1977"]"Der Natur nicht ins Handwerk pfuschen" ist doch kein Argument. Es geht hier darum, was Menschen (legitimerweise) tun dürfen oder nicht. Deshalb ist auch der Verweis auf nichteinnistende Embryonen vefehlt. Stellen sie sich vor, es sterben täglich Menschen. Aber das gibt niemandem das Recht sie zu töten. Und das genau lassen besagte Wissenschaftler tun, weshalb ich ihnen nur Verachtung entgegenbringen kann.


In Antwort auf:
Es sind befruchtete Eizellen, die absterben, bevor sie sich einnisten; also noch keine Embryonen.


Bitte hier keine Haarspaltereien betreiben. Mensch ist Mensch. Im übrigen, wenn Sie es genau nehmen wollen, sind es doch Zygoten, oder? Befruchtete Eizellen ist doch, biologisch-fachsprachlich gesehen, ein Quatsch, nicht?

In Antwort auf:
Doch, lieber str1977, das ist schon ein Argument. Vielleicht ein falsches, aber doch ein Argument.


Nun gut, ich schenke es Ihnen, daß jemand so argumentieren mag (wenn auch eher naturalistische Fundamentalisten). Sollte so jemand hier auftauchen, wäre ihre Replik auch gerechtfertigt. Nur war das hier nicht der Fall. Niemand hat das behauptet bevor Sie es aufbrachten.

In Antwort auf:
Es geschieht beim Einsatz dieser "Pille danach" aber nichts anderes als das, was im Körper einer Frau ständig geschieht, nur eben in diesem Fall künstlich herbeigeführt.


Sie machen es sich sehr leicht, Herr Zettel. Es ist sehr wohl ein Unterschied, ob etwas ohne Menscheneinwirkung passiert oder ob es ein Mensch bewußt herbeiführt. Täglich kommt es in Deutschland (under anderswo auch) zum Herzstillstand - das erlaubt aber weder mir noch Ihnen, jemandem ein Mittel zu geben, daß zum Herzstillstand führt.

Ich weiß, Herr Zettel, aus einiger Erfahrung, daß Diskussionen mit Befürwortern von Abtreibungs etc. sehr schwierig sind, weil sie sich meist über unliebsame, die eigene Freiheit in Frage stellende Fakten verdrängen, negieren oder als bloße Meinungen deklarieren. Zu guter letzt wird dann meist noch die "Fundamentalisten"-Karte gespielt. Ich für meinen Teil wäre dann lieber Fundamentalist als Anhänger dieser kalten, ungehemmten Aufgeklärtheit.

Es geht mir auch gar nicht darum, Sie zu überzeugen. Ich weiß daß das zwecklos ist. Nur sollten Sie wenigstens den Mitdiskutanten soviel Respekt entgegenbringen, daß Sie diesem nicht Albernheiten (wie eben "Der Natur ins Handwerk pfuschen") unterstellen, um sie dann besser widerlegen zu können.

Gruß,
str1977

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

18.04.2008 10:52
#37 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

Hallo Zettel,

In Antwort auf:
Es scheint mir die übliche zu sein; nicht nur in der Wikipedia. Aber natürlich können Sie von Ihrem Standpunkt aus sagen: Das sind ja gar keine richtigen Christen. So wie die Schiiten sagen können, die Aleviten seien gar keine richtigen Moslems. Wer will da den Oberschiedsrichter spielen?


Der <s>gute</s> alte Relativismus. Nur sind Ihre Beispiele die falschen. Sie müßten schon zu den Drusen greifen, die ja auch den Kalifen al-Hakim (um das Jahr 1000 herum) als Gott verehren. Was ja nun den islamischen Grundsätzen nicht gerade entspricht. Ebenso ist es mit dem Polytheismus der Mormonen - paßt nicht ganz zum "Credo in unum Deum".

Unwissenheit wird nicht dadurch besser, daß sie allerorten gespiegelt wird.

In Antwort auf:
Nein, die regelt nicht, ob polygame oder homosexuelle oder inzestuöse Ehen unter den Begriff der geschützten Ehe fallen.


Die regelt aber, daß "Ehe und Familie" unter dem "besonderen Schutz" des GG stehen. Und das wurde ja hier schon in Frage gestellt.

Ja, da könnten auch polygame Ehen und inzestuöse Ehen und auch Ehen von Minderjährigen (nicht jedoch "homosexuelle 'Ehen'") mitgemeint sein, die jedoch von weiteren Gesetzen aus guten oder weniger guten Gründen mit mehr oder weniger Berechtigung verboten sind.

Und hier greift mein obiger Punkt: der Staat entscheidet (bzw. hat entschieden) was er für fördernswert betrachtet.

In Antwort auf:
Das ist juristisch belanglos. Und Sie hatten sich ja auf die Verfassung zurückziehen wollen. Die läßt eben offen, was eine Ehe ist.


Aber kommen Sie bitte nicht zu mir, wenn die PDS/KPD/Linke sich im Demokratische Partei oder Volkspartei oder am besten "das Volk" umbenannt hat und erklärt, Demokratie bedeutet die Herrschaft von "das Volk". Dann bitte keine Beschwerden sondern gefälligst Jubel über den Sieg der Demokratie. Ich für meinen Teil würde solche Wortmanipulationen für Verfassungsbruch halten. Aber wer bin ich, daß ich mich mit meiner, ja nur relativen Meinung gegen solche Aktionen stelle?

In Antwort auf:
Dem stimme ich zu. Ich als zwar nicht Überliberaler, aber Liberalkonservativer bin zB dafür, daß Mord und Diebstahl auch weiter verboten bleiben.


Dann bin ich ja beruhigt (wenn da die Ausnahmen nicht wären, gell?)

Gruß,
str1977

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

18.04.2008 11:18
#38 RE: Totalitärer Liberalismus? Antworten
In Antwort auf:
Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn man der Meinung wie R.A. ist, daß es den Staat nichts angeht, wie Menschen miteinander leben. Es ist das Gegenteil von totalitär, wenn wir Liberale der Meinung sind, daß jeder Mensch das Recht hat, sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen frei zu gestalten.


Ja, das alles ist das Gegenteil von totalitär.

Aber darum ging es mir ja eben nicht - und so habe ich R.A. ja auch nicht verstanden (auch wenn es eine leider allzubekannte Argumentationsweise ist).

Es ging mir darum, daß hier (was aber nur ein Beispiel unter vielen war) aufgrund einer ideologischen Position, die ich salopp als "liberal" bezeichen würde, da sie gerne auch Freiheit als Höchstwert im Munde führt, einer Gemeinschaft (hier dem Gemeinwesen) verboten werden sollte, zu fördern was es für fördernswert betrachtet.

Sicher, hier geschieht das nicht mit Hilfe von Gewalt sondern nur durch eine einzelne Meinungsäußerung - und diese mittels Wählerstimme in den Gesetzgebungsprozeß einzubringen habe ich ja ausdrücklich anerkannt. Und sollte besagte Meinung 2/3 von Bundestag und Bundesrat einnehmen können, dann wäre das zumindest legal.

Wir haben das Thema "Aufklärung" (welches ich hier nicht aufgebracht habe) schon andernorts besprochen und werden es wohl (siehe anderer Thread) auch weiter tun, daher fasse ich mich hier kurz:

Aufklärung, wenn sie damit die Bewegung aus dem 18. Jahrhundert meinen (und nicht die immerzuleistende geistige Anstrengung), ist nicht das gleiche wie "gut" oder "kritisch" oder "kritikfähig" oder gar "tolerant". Aus dieser Aufklärungsbewegung enstanden auch die Strömungen der Französichen Revolution, die den Terreuer verantalteten - man kann also nicht sagen solche Terroristen wären gegen die Aufklärungsbewegung (und schon gar nicht wenn sie wie andernorts den Schwur auf den nichtvorhandenen "Oberschiedsrichter" geleistet haben.) (Übrigens hätte ein Saint Just ja auch gesagt, er setzte die Wahrheit der Vernuft nur mit Waffengewalt durch - um das Ersetzen ging es da nicht wirklich.) Ich mache den Liberalismus ja nicht für die Terreur verantwortlich, weil sich der Liberalismus ja grade in Reaktionen auf diese Erfahrung konstituierte.

Aber, wie gesagt. Ich sprach nicht von Aufklärung sondern von Liberalismus (der wiederum nicht identisch ist mit der einen ODER der anderen Bedeutung des Wortes Aufklärung - will sagen der Liberalismus hat kein Monopol auf Aufklärung). Liberalismus ist für mich eine der aus der Französischen Revolution geborenen Ideologien (den Begriff mal ganz wertneutral gebraucht), welche den Wert der "Freiheit" als den Höchstwert erachtet, evt. sogar absolut setzt und von allem anderen ablöst - je nachdem wie radikal er sich definiert.

Sie, Zettel, halte ich für recht gemäßigt, aber der Anspruch in R.A.'s Forderung kam mir doch schon radikal vor. (Sollte ich das mißverstanden haben, bitte ich um Entschuldigung.)

PS. Dem Beitrag von ex-blond, der direkt auf den Ihren folgte, kann ich nur voll und ganz unterschreiben. Das ist die konkrete Entsprechung zu meinen abstrakten Ausführungen.

Gruß,
str1977

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

18.04.2008 11:50
#39 RE: Totalitärer Liberalismus? Antworten

In Antwort auf:
Aber jeder, liebe Ex-Blond, der die bisherige Definition für richtig hält, ist doch frei darin, sie weiter zu verwenden. Nur würde sie, wenn ich R.A. richtig verstanden habe, eben nicht mehr für alle verbindlich sein.


Nein, das stimmt eben nicht, Zettel.

Wenn Sie einen Begriff umdefinieren, beanspruchen Sie Verbindlichkeit, denn Sie sagen: "Ehe ist ..." Diese Definition wird notwendigerweise entweder gar nicht angenommen werden oder die alte, gebene Defintion verdrängen (oder sogar beides: sie könnte sich soweit durchsetzen, daß die alte Bedeutung nicht mehr brauchbar ist - ich verweise nur auf das englische Wort "gay"). Eine Neuefinition ist auf jeden Fall auf Verdrängung der alten angelegt.

Sie lassen es eben nicht zu, daß jemand die alte Definition aufrechterhält - was sie ihm huldvollerweise zugestehen ist sich in die Neudefintion einzufügen. Dies ist der Zweck der angeblichen Öffnung.

Und wenn es dann noch gegen den Willen des Verfassungs- und Gesetzgeber geschieht (wie es ja in den USA zeitweise gang und gebe war), dann wird

In Antwort auf:
Das führt zu der sehr schwierigen Frage, was "die Gesellschaft" und in ihrem Auftrag "der Staat" für alle Mitglieder dieser Gesellschaft verbindlich machen sollte.


Nichts leichter als das:

"Die Gesellschaft" existiert ja eigentlich gar nicht (das stimme ich ausnahmsweise mal mit Frau Thatcher überein) außer als die Ansammlung von Individuen und Gruppen auf einem Raum. Die Gesellschaft hat ja auch keine Mittel physischer Gewalt zu Hand sondern nur das der Mißbilligung. Effektiv heißt das: sie können wenn sie etwas nicht gut finden, das sagen. Und wenn das viele machen, dann findet "die Gesellschaft" etwas nicht gut und sagt das auch. Und weiter nichts. (Und gegen einzelne, die dann Gewalt gebrauchen, um "das Übel abzustellen", ginge dann der Gewaltträger Staat vor.)

Der Staat bzw. das Gemeinwesen ist der Zusammenschluß all seiner Angehörigen (Staatsbürger), in unserem Fall, des "deutschen Volks in seinen Ländern". Diese haben sich eine Verfassung gegeben mit bestimmten Grundwerten und Institutionen, die dann in ihrem Auftrag handeln.

In Antwort auf:
In vielen traditionellen Gesellschaften war und ist sogar verbindlich, wie sich ein Mensch eines bestimmten Standes zu kleiden hat ..., wo er wohnen darf ...


Wo das zu nicht unbeträchtlichen Teil schon "staatliche" Verordnung war. In traditionellen Gesellschaften zieht man an was die Eltern und Großeltern anzogen, wohnte da, wo die Eltern und Großeltern wohnte etc. Der frühabsolutistische Staat seit dem 16. Jahrhundert machte sich dann freudig daran alles zu regeln.

In Antwort auf:
Wo ist die Grenze? Ab wann soll der Staat Verbindliches anordnen? Du sagst, bei der Ehe, wenn ich dich richtig verstehe. Aber warum gerade da, und nicht zB beim Beruf?


Sie vermischen immer noch die beiden Sphären, in dem Sie Verbindlichkeit für alle unterstellen. Nein, die Ehe ist ein Institut, die der Staat als förderungswürdig erkannt hat.

Und wo ist die Grenze? Ganz klar, was der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung beschließt. Da steht was von Berufsfreiheit, oder?

Aber Sie würden doch nicht fordern, daß gefälligst jeder Heilpraktiker sich Medizinprofessor nennen darf und etwaigen Einwänden entgegenhalten, Professoren seien doch immer noch miteinbezogen.

Und es ist diese Weigerung, Bestehendes als solches anzuerkennen, die ich anprangerte.

In Antwort auf:
Doch, toleriert soll natürlich werden, Nur eben nicht zur Verbindlichkeit erhoben.


Ja, Neusprech und Doppeldenk. Wo ist denn irgendjemand gezwungen in einer staatlich sanktionierten Ehe zu leben? Es war schon immer ein Zeichen totalitärer Ideologien, gegen nicht existente Unterdrückung zu rebellieren.

Wenn Sie die Gefahren beim Gender Mainstreaming sehen, warum dann nicht auch bei anderen Uminterpretationsprojekten.

In Antwort auf:
Aber nochmal, liebe Ex-Blond: Das alles hat aus meiner Sicht nix damit zu tun, Liberalismus und Totalitarismus miteinander in Verbindung zu bringen. Diese genannten Feministinnen sind ungefähr so liberal, wie der Papst ein Heide ist.


Es geht ja nicht um Feministinnen. Sie haben diese ins Spiel (bzw. in ein Spiel auf dem Fußballplatz nebenan) gebracht. Oder fordern die Feministinnen die Uminterpretation der Ehe? Oder halten Sie diese Forderung nun doch nicht mehr für liberal?

Gruß,
str1977

ex-blond Offline




Beiträge: 155

18.04.2008 21:12
#40 RE: Totalitärer Liberalismus? Antworten

Ich möchte zu all dem noch den praktischen Aspekt hinzufügen bzw. ihn ein wenig ausführen.

Es ist kein Zufall, dass in Deutschland im Schnitt 1,33 Kinder pro Frau geboren werden, während es z.B. in den USA 2,1 Kinder pro Frau sind. Das liegt nicht daran, dass es zu wenig Krippenplätze gibt, sondern das ist eine Frage von Werten und von Weltanschauung. Und zwar: was ist die eigentliche Bedeutung einer Ehe, die ja in ihrer Bedeutung ursprünglich nicht in erster Linie eine staatlich geregelte Ansammlung von Rechten und Pflichten, sondern ein Sakrament war, also etwas Heiliges, etwas, das das profane Menschsein bereits irgendwie überstieg. Damit war es mehr als ein Liebesbeweis oder ein Treueschwur, verbunden mit diversen Erb- und Versorgungsregelungen.

Die Reduktion der Ehe auf einen Treuebund, den zu füllen in jedweder Konstellation jedem freisteht, ist deshalb durchaus ein Zerstören der eigentlichen Bedeutung der Ehe. Für den ‚Treuebund’ müssen neue Institutionen erfunden werden, anstatt alte kaputt zu machen, das verstehe ich auch unter Fortentwicklung der Kultur.

Es ist auch kein Zufall, dass es bei uns keine lautstarke „pro-life“ Bewegung gibt, wie in den USA. „Abtreibung“ ist bei uns kein Thema mehr. Ich kenne kaum Frauen, die nicht irgendwann einmal abgetrieben haben. Auch das hängt mit Werten und mit Weltanschauung zusammen. Eine Freundin sagte mir letztens, ihr abgetriebenes Kind würde sich eben irgendwann woanders „neu inkarnieren“.

Es ist kein Zufall, dass ich letztens in einer amerikanischen politischen Radiosendung (Michael Medved, ca. 3,7 Millionen Hörer in ganz USA) völlig verblüfft über den Gedanken war „jedes (!) Kind ist ein Geschenk (!) Gottes“. Auch wenn es nicht gewollt war natürlich. Sowas hatte ich vorher noch nie außerhalb des Religionsunterrichts gehört. So etwas sagt bei uns einfach niemand im Deutschlandfunk außerhalb des „Wortes zum Sonntag“. Sowas gilt bei uns einfach nicht.
Ich erinnere mich aber an einen Buchtitel „Der Mühlstein“, in dem es um die Mühsal der Kindererziehung einer alleinstehenden Frau ging. Nicht dass es solche Bücher in den USA nicht gäbe. Aber es gibt dort eben auch Radiomoderatoren, die davon reden, dass jedes Kind ein Geschenk Gottes ist und trotzdem oder gerade deshalb 3,7 Millionen Zuhörer haben.

Es ist kein Zufall, dass bei uns niemand wirklich laut sagen darf, dass Kinder am besten in einer Konstellation mit Vater und Mutter aufwachsen, ohne als mindestens Alleinerziehend-feindlich, ignorant, intolerant, homophob oder gar braun (s. Eva Herman) beschimpft zu werden.

Verschiedene ideologisch motivierte Gruppen unterminieren das traditionelle Familienbild aus jeweils verschiedenen Interessenlagen heraus. Jeder, der sich in den Weg stellt, wird damit konfrontiert, er sei mindestens extrem intolerant. Und wer will schon als extrem intolerant gelten? Riecht das nicht irgendwie schon nach „Nazi“? Lieber ändert man sein Weltbild.

Und genau mit diesem geänderten Weltbild und diesen geänderten Werten geht die Geburtenrate zurück. Dafür gibt es mehr Alleinerziehende. Und schlechte „PISA“ Ergebnisse. Und Jugendkriminalität- und Gewalt. Das ist der Preis.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.04.2008 11:35
#41 Eine metakommunikative Anmerkung Antworten

Zitat von str1977
Ich weiß, Herr Zettel, aus einiger Erfahrung, daß Diskussionen mit Befürwortern von Abtreibungs etc. sehr schwierig sind, weil sie sich meist über unliebsame, die eigene Freiheit in Frage stellende Fakten verdrängen, negieren oder als bloße Meinungen deklarieren.

Können Sie sich, lieber str1977, gar nicht vorstellen, daß auch Andersdenkende für ihre Auffassung ihre Gründe haben? Daß dies nichts mit Verdrängung oder Negieren zu tun hat sondern damit, daß man bestimmte Sachverhalte anders bewertet?

Ich billige Ihnen ja zu, daß sie eine befruchtet Eizelle als einen Menschen verstehen (oder als "menschliches Leben", was nun ein sehr schillernder Begriff ist). Warum bringen Sie nicht die Toleranz auf, Ihreseits mir zuzubilligen, daß ich das nicht so sehe? (Übrigens bin ich nicht sicher, daß Sie es ganz ernst meinen, denn wäre der Embryo ein Mensch, dann brauchte man keinen Abtreibungsparagraphen - dann hätte man ja die Tatbestände Totschlag oder Mord; je nach Motiv).

Aber wie dem auch sei, ich kann nicht erkennen, daß Sie meine Meinung als gleichrangig mit der Ihrigen akzeptieren; daß Sie einräumen, daß jeder von uns sich irren könnte.

Das macht in der Tat das Diskutieren schwer. Denn welchen Sinn hat eine Diskussion, wenn Sie von vornherein dem Partner nicht zubilligen wollen, daß er für seine Meinung gute und wohlüberlegte Gründe hat?

Herzlich, Zettel

Turbofee Offline



Beiträge: 329

20.04.2008 12:18
#42 RE: Antworten

Nach langer Zeit schaue ich in dieses Forum herein und habe mir den Luxus geleistet (Zeit!), diesen Diskussionsverlauf durchzulesen. Aber das war es wert

Eines Kommentars kann ich mich auch nicht enthalten:

Wenn mein Mann mehrere Frauen hätte - dann hätte ich ja zuhause dauernd ein oder mehrere Weibsbilder um mich herum.
Ein Grund, sofort das Weite zu suchen ...

Und wenn ich mehrere Männer hätte - auch das wäre ein Grund, sofort das Weite zu suchen. Wo doch einer allein schon oft stressig und anstrengend genug ist.

Aber ihn nicht zu haben - das wäre die noch schlimmere Alternative.

Also lassen wir doch alles so, wie es ist.

Über die verschiedenen Für und Wider zu sprechen erspare ich mir. Aller Logik und Vernunft nach und aus allen guten Gründen kann man nur zu dem Entschluß kommen, daß die Monogamie (die eine, die vom Staat mit dem staatlichen Institut "Ehe" gefördert wird) das einzig mögliche ist - und zwar nur die Ehe zwischen Mann und Frau, also einfach die Ehe. Alles andere ist keine Ehe, sondern ein beliebiges Zusammenleben beliebiger Menschen - was ja mitunter recht reizvoll sein kann, aber eben gesellschaftspolitisch entweder nicht relevant oder sogar gesellschaftspolitischer Unsinn wäre, wenn der Staat hier etwas verordnen oder verfügen würde.

Letzten Freitag stand ich am Heumarkt in Köln an einer Verkehrsampel. Mir gegenüber ein junges Paar, bestehend aus Mann und Frau. Es war allzu offenkundig, daß sie eben vom Standesamt kamen. Also blieb ich, als die Verkehrsampel auf Grün schaltete, stehen, wartete bis die beiden kamen und sagte zu ihnen (fragend): "Sie haben soeben geheiratet?" Und sie strahlten beide: "Ja", und sie strahlten soviel Glück aus, daß mir die ganze Stadt davon erhellt schien.

Und dann schlenderten sie, beide festlich gekleidet, sie einen kleinen Blumenstrauß in der einen Hand, er einen Arm um ihre Schulter gelegt und sie einen Arm um seine Hüfte gelegt, über die Deutzer Brücke.

Mag da noch jemand von Polygamie sprechen?


Wamba Offline



Beiträge: 295

20.04.2008 12:39
#43 Welcome back! Antworten

Liebe Turbofee,

ich freue mich, dich hier wieder einmal zu sehen.

Du wirst feststellen, daß deine früheren Beiträge hier verschwunden sind, dh ein Teufelchen hat sie durch jeweils ein X ersetzt. Wie das passieren konnte, ist mir immer noch ein Rätsel.

Sperren wir das Teufelchen ein, indem wir es zwischen zwei Engelchen nehmen: .

Die werden es schon an dummen Streichen hindern.

Ich habe jetzt die Editierfunktion so eingestellt, daß nur noch innerhalb von zwei Stunden Texte editiert werden können. Das sollte diesem und anderen Teufelchen das Handwerk legen.

Herzlich, Wamba

Turbofee Offline



Beiträge: 329

26.04.2008 01:15
#44 RE: Welcome back! Antworten
Zitat von Wamba
Liebe Turbofee,

ich freue mich, dich hier wieder einmal zu sehen.
Ich habe jetzt die Editierfunktion so eingestellt, daß nur noch innerhalb von zwei Stunden Texte editiert werden können. Das sollte diesem und anderen Teufelchen das Handwerk legen.

Herzlich, Wamba


Daß die Diebe vor nichts mehr halt machen, was nicht niet- und nagelfest ist, ist inzwischen wohl hinreichend bekannt. Aber daß jetzt selbst Beiträge aus Foren gestohlen werden - das ist doch etwas Unerhörtes, allerdings kein absolutes Novum. Es gibt Personen, bei denen das in der Familie liegt, wie man verschiedentlich in Erfahrung bringen kann! Was mag der Dieb mit den gestohlenen Beiträgen angestellt haben? ? ?

Zum Glück hat Wamba dieser Ordnungswidrigkeit weitgehend den Riegel vorgeschoben, wir haben ein Problem weniger.

Allerdings habe ich nicht erfahren, was wohl Zettel dazu sagen würde, wenn er in der Praxis mit Bigamie konfrontiert würde, zum Beispiel indem Frau Zettel Gefallen daran finden würde, ein oder zwei weitere Ehemänner in den Eheverbund aufzunehmen - falls das erlaubt würde. Das war ja wohl das Thema hier, glaube ich.

Nun ja, ich muß ja nicht alles wissen

Gruß von der Turbofee

PS: editiert - innerhalb der möglichen Frist. Ich korrigiere mich und verwende statt "Bigamie" den Begriff "Polygamie". Ersteres bezeichnet wohl den Tatbestand, wenn er gesetzlich nicht erlaubt ist und letzteres den gleichen Tatbestand, wenn er üblich ist. Polygamie bezeichnet die "Vielehe", in erster Linie aber die Vielweiberei, wie es mein Online-Lexikon erklärt. Falls mit "Polygamie" ausschließlich die Variante der Vielweiberei gemeint ist, so dürfte sie nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar sein, das die Gleichberechtigung von Mann und Frau festschreibt.
Damit dürfte das Thema erledigt sein.
Nola ( gelöscht )
Beiträge:

26.04.2008 11:13
#45 Polygamie Antworten

Unser Grundgesetz und die Verfassung ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite dieser Medaille finden wir dann alle möglichen „Ausnahmen“ in vielerlei Bereichen.

_____________________________________________________________________________________________

Zitat Turbofee:

Zitat von Turbofee

PS: editiert - innerhalb der möglichen Frist. Ich korrigiere mich und verwende statt "Bigamie" den Begriff "Polygamie". Ersteres bezeichnet wohl den Tatbestand, wenn er gesetzlich nicht erlaubt ist und letzteres den gleichen Tatbestand, wenn er üblich ist. Polygamie bezeichnet die "Vielehe", in erster Linie aber die Vielweiberei, wie es mein Online-Lexikon erklärt. Falls mit "Polygamie" ausschließlich die Variante der Vielweiberei gemeint ist, so dürfte sie nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar sein, das die Gleichberechtigung von Mann und Frau festschreibt.


Nun, die Gleichberechtigung ist in manchen Bereichen oft genug von Richtern der BRD nicht berücksichtigt worden. Gerade wenn es um Bürger geht, deren Gesetzmäßigkeit nicht mit unserer übereinstimmt aufgrund ihrer Konfession.

Im Oktober 2004 kam aus dem Gesundheitsministerium, unserer Frau Schmidt, folgende Aussage:

„ Von der Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkassen profitieren auch die Zweit- und Drittfrauen eines Versicherten. Beitragsfrei mitversichert seien etwa Frauen, die mit einem Muslim nach ausländischem Recht wirksam in polygamer Ehe verheiratet seien“ so das Gesundheitsministerium in einer Stellungnahme für den Petitionsausschuss des Bundestags. „Diese hätten ja auch einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehemann. Es sei daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese Frauen beitragsfrei familienversichert seien.“
Und der FDP-Politiker Volker Wissing antwortete: „Die Ehe mit mehreren Frauen sei mit dem westlichen Werteverständnis unvereinbar. Deshalb müsse die Bundesregierung darauf achten, diese nicht über den Umweg der Sozialversicherung zu unterstützen“.


Soviel zur eindeutigen Gesetzeslage!

Denn:
Wenn z.B. ein politischer Flüchtling nach dem Recht seines Heimatlandes gültig mit zwei Ehefrauen verheiratet ist, von denen die erste bereits über eine Aufenthaltsbefugnis verfügt und die zweite aufgrund von Duldungen seit mehreren Jahren an der Lebensgemeinschaft teilhat, so kann die Ausländerbehörde gehalten sein, auch der Zweitfrau (trotz Sozialhilfebezug) eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
OVG Koblenz, Urt. v. 12.03.3004 - 10 A 11717/03; InfAuslR 2004, 294
Zitat von Turbofee


Damit dürfte das Thema erledigt sein.



Also gibt es eindeutig noch weitere Gründe diese Möglichkeit der Polygamie zu nutzen.

Und damit ist, wie ich finde. liebe Turbofee, dass Thema noch lange nicht erledigt, nur daß wir hierüber wohl nur spärlich mit Informationen versorgt werden.

♥liche Grüße Nola

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

26.04.2008 23:47
#46 RE: Eine metakommunikative Anmerkung Antworten

In Antwort auf:
Zitat von str1977Ich weiß, Herr Zettel, aus einiger Erfahrung, daß Diskussionen mit Befürwortern von Abtreibungs etc. sehr schwierig sind, weil sie sich meist über unliebsame, die eigene Freiheit in Frage stellende Fakten verdrängen, negieren oder als bloße Meinungen deklarieren.

Können Sie sich, lieber str1977, gar nicht vorstellen, daß auch Andersdenkende für ihre Auffassung ihre Gründe haben? Daß dies nichts mit Verdrängung oder Negieren zu tun hat sondern damit, daß man bestimmte Sachverhalte anders bewertet?


Doch das kann ich sehr gut.

Nur frage ich mich, warum Sie so reagieren. Der oben zitierte Abschnitt spiegelt geradezu was Sie zuvor in die andere Richtung geschrieben haben. Jeden Vorwurf, den Sie mir machen könnten, fällt somit auf Sie zurück. Wie ist es nun, erachten Sie meine Meinung als formal gleichrangig? Oder nicht? Ich für meinen Teil erachte Ihre Meinung als formal gleichranging (wenn auch nicht als moralisch gleichrangig. Aber dazu bin ich auch nicht verpflichtet.)

Und ja, zu jeder meiner Meinungsäußerungen gehört immer der mitgedachte Zusatz: "Dies ist meine Meinung, ich halte sie für richtig, könnte mich aber irren." Was ich aber nicht glaube, denn sonst würde ich erstmal meine Meinung überprüfen und dann schreiben.

Ich will ja auch gar keine Diskussion über dieses Thema starten, weil es (siehe Threadtitel) hier nicht das Thema ist. Und ich habe es auch nicht gestartet.

Gruß,
str1977

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

27.04.2008 00:02
#47 RE: Muß Polygamie eigentlich verboten sein? Antworten

In Antwort auf:
Es ist halt ein Dilemma: Behandelt man alle Frauen rechtlich als Ehefrauen, dann haben Sie auch das Recht, mitversichert zu sein. (Übrigens ist dieses Thema eines, wo sich Zivil- und Strafrecht überschneiden. Obwohl Polygamie strafbar ist, gelten alle Frauen zivilrechtlich als Ehefrauen, solange die betreffende Ehe nicht annulliert oder geschieden ist).


Naja, das ist dann halt die Frage, wie es mit Ehen aussieht, die außerhalb Deutschlands geschlossen wurden und die evt. eben nach deutschem Recht nicht zulässig wären. Aber das ist ein weites Feld, denn

-wie soll das bei Polygamie denn geregelt sein? Immer die erste Eheschließung gilt?
-was ist mit Eheschließungen, die nicht den deutschen Mindestaltern entsprochen haben?
-was mit den sog. homosexuellen Ehen aus jenen Ländern, die hier nicht unterscheiden?

Und es geht hier ja nicht nur um Mitversicherung etc. sondern auch um Ansprüche die sich aus der Eheschließung ergeben. Soll der deutsche Staat hier für eine Frau optieren?

Ich habe da auch keine Antwort drauf, aber so leicht ist Frage nicht.

In Antwort auf:
Zitat von NolaWie weit aber eine vom Gesetz bestimmte Gesellschaftsform reicht, ist erkennbar an WG’s. Schließe ich eine Wohnungsgemeinschaft aus Kostengründen mit einem Mann, so bin ich ein Jahr später schon in der Erklärungsnot, keine eheliche Gemeinschaft zu leben. Ansonsten wird hier jegliche Versorgung und Solidarverpflichtung dem Mitbewohner aufgedrückt. Von Gesetzeswegen, wird zunächst einmal ein eheähnliches Verhältnis vorausgesetzt. Dieses Abschieben einer Verantwortung – aus Kostengründen natürlich – innerhalb unserer Solidargemeinschaft finde ich ganz unglaublich und hinsichtlich einer o.e. Krankenversicherung auch mit zweierlei Maß gemessen.


In Antwort auf:
Das habe ich auch nie verstanden. Man hat den Eindruck, daß solche Gemeinschaften dort, wo es für den Staat billiger ist, wie Ehen behandelt werden, und dort, wo das für den Staat billiger ist, wie Nichtehen.


Das ergibt sich aber einfach daraus, das viele nicht mehr heiraten oder zunächst unverheiratet zusammenleben. Das der Staat bei etwaigen Ansprüchen dort prüft ist ja nicht überraschend. Die Crux liegt für mich eher in der Frage der Beweislast bzw. wie einfach oder schwer eine Beweisführung hier ist.

Gruß,
str1977

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.04.2008 19:08
#48 RE: Eine metakommunikative Anmerkung Antworten

Zitat von str1977
Wie ist es nun, erachten Sie meine Meinung als formal gleichrangig? Oder nicht? Ich für meinen Teil erachte Ihre Meinung als formal gleichranging (wenn auch nicht als moralisch gleichrangig. Aber dazu bin ich auch nicht verpflichtet.)

Verpflichtet, lieber str1977, sind wir in einer solchen Diskussion zu nichts; außer zur der Höflichkeit, die die Forumsregeln erheischen.

Was ich mir nur wünsche, das ist eine Haltung aller an einer Diskussion Beteiligter, die dem anderen zubilligt, zu seiner Überzeugung aufgrund guter Gründe gekommen zu sein.

Was nun das "moralisch" angeht, so kann ich mit dem Begriff "gleichrangig" nichts anfangen.

Ich bin der Meinung, daß man jedem, der ein solches Thema ernsthaft durchdacht hat und zu einer verantwortlichen Entscheidung gekommen ist, zubilligen muß, sich moralisch zu verhalten. Ich billige Ihnen das zu und erwarte, daß Sie es auch mir zubilligen.

Aber natürlich haben Sie das Recht, zu sagen: "Was Zettel schreibt, ist aus der Sicht meiner Moral nicht vertretbar". So, wie ich das Recht habe, zu sagen: Ich halte ein striktes Abtreibungsverbot für unmenschlich und - nach meiner Moral - für unmoralisch angesichts des Leides, das es bei ungewollten Kindern, das es bei überforderten Eltern bewirkt.

Herzlich, Zettel


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