Zitat von MartinMan musste schon etwas blind und taub sein, um solche Faktoren gänzlich zu ignorieren.
Naja, es könnte ja auch sein, daß man sie schlicht nicht kennt oder daß man sie anders bewertet als Sie. Wenn jemand etwas anders sieht und anders versteht als man selbst, muß er nicht unbedingt der Seh- und Hörfähigkeit ermangeln.
Ich wundere mich immer a bisserl, wie sicher sich viele Menschen gerade in Deutschland sind, über die Faktoren, über die Fakten zur Vorgeschichte des Irak-Kriegs, ja über die Interna der amerikanischen Regierung bestens informiert zu sein.
Sie haben diese Informationen ja nicht aus eigener Anschauung, sondern sie haben sie aus Quellen. Quellen, denen sie offenbar vertrauen. Fast blind, könnte man sagen.
Aber nehmen wir einmal an, die drei "Faktoren, die Sie nennen, seien so, wie Sie es schreiben. Würde daraus folgen, daß Präsident Bush hinsichtlich der WMDs gelogen hat? Ich kann das nicht sehen.
Zitat von Martin1. Blix hatte seine persönliche Reputation ins Spiel gebracht, und es gab keine objektive Gründe, ihn als naiv oder parteiisch abzustempeln.
Er hat meines Wissens nie behauptet, Saddam hätte keine WMDs. Der letzte Bericht der Inspektoren an die UNO hat im Gegenteil festgestellt, daß das Saddam-Regime auch weiterhin nicht "kooperiere". Blix wollte mehr Zeit für weitere Inspektionen haben, das ist wahr. Aber aus seinen Berichten zu schließen, Bush hätte gelogen, wäre falsch.
Zitat von Martin2. Powells Präsentation vor den UN, deren Inhalt innerhalb kurzer Zeit von der internationalen Internet-Community als stümperhaft aus alten Quellen zusammengestückelt zerrissen wurde.
Und Bush hätte der Internet-Community mehr trauen sollen als seinen Geheimdiensten? Und wenn er sich auf diese verlassen hat und nicht auf irgendwelche Schlaumeier im Web, dann hat er gelogen?
Zitat von Martin3. Auf das Lockangebot an irakische Wissenschaftler mit irgendwelchen Kenntnissen über Massenvernichtungswaffen, mitsamt Clan auswandern zu können (der Irak hatte dem zugestimmt) gab es keine Resonanz.
Was hat das mit der Frage der Existenz von WMDs zu tun? Ob Saddam sie wirklich hätte gehen lassen, ist völlig offen. Wie er jede auch nur leise Distanzierung von ihm zu bestrafen pflegte, das habe ich in diesem Thread gepostet. Aber selbst wenn diese Leute freiwillig im Irak bleiben wollten, aus welchen Gründen auch immer - wie wollen Sie das als Indiz dafür ins Feld führen, daß Bush gelogen habe?
Lieber Martin, ich freue mich über Beiträge wie Ihren und will auch gern auf jeden solchen Beitrag argumentativ eingehen. Mir ist ja klar, wie wir in Deutschland über Jahre mit diesem einseitigen Bild von Präsident Bush, seiner Politik und seiner angeblichen Lüge beliefert worden sind.
Nur bitte ich darum, daß Sie sich fragen, woher Sie eigentlich zu wissen glauben, daß Bush gelogen hat. Und ich bitte Sie darum, diejenigen Indizien vorurteilsfrei zu prüfen, die dafür sprechen, daß er nicht gelogen hat, sondern daß der CIA sich genauso geirrt hat wie andere Geheimdienste.
Zitat von ZettelUnd jetzt stellen Sie sich bitte vor, in Los Angeles hätte es einen Anschlag mit Giftgas gegeben. Die USA hätten Saddam beschuldigt, und Schröder, Chirac und Co hätten erklärt, daß überhaupt nicht bewiesen sei, wo das Giftgas herkam.
Glaube ich nicht. Solange die USA auf einen Angriff reagiert haben, hatten sie die "uneingeschränkte Solidarität" Schröders und des größten Teiles der Welt; erst nachdem sie ihre Vorbeugekrieg-Doktrin aufgestellt haben, gab es den weltweiten antiamerikanischen Aufruhr, wenn ich mich da richtig entsinne.
Diese Doktrin, lieber Kallias, ist weniger von Bush als vom Kongreß formuliert worden. Ich habe damals die Anhörungen nach 9/11 verfolgt. Da ist immer wieder von den Senatoren gefragt worden: Wie konnte es passieren, daß erst die Regierung Clinton und dann die Regierung Bush den Terrorismus als ein polizeiliches Problem behandelten? Also auf Taten reagierten, aber nicht präventiv Krieg führen wollten? Warum hat man nicht erkannt, daß die El Kaida ein militärischer Feind ist und nicht ein Problem für das FBI?
Es wurde Bush damals gerade von Demokraten vorgeworfen, daß er nicht militärisch gegen die El Kaida in Afghanistan vorgegangen sei, bevor diese einen Anschlag vorbereiten und ausführen konnten. Eine Konsequenz aus dieser Kritik war die Vorbereitung des Kriegs gegen Saddam; die Regierung Bush wollte nicht noch einmal denselben Fehler machen.
Das hat man, da haben Sie Recht, in Europa überhaupt nicht verstanden. Aber eben weil man es nicht verstanden hat, kann ich nicht sehen, wie man einem Krieg gegen Saddam nach einem eventuellen neuen Anschlag hätte zustimmen sollen. Da hätte sich doch Fischer wieder hingestellt und gesagt: "I am not convinced".
Zitat von Kallias
Zitat von ZettelDie Wahrscheinlichkeit, daß die USA dann den Irak angegriffen hätten, war jedenfalls nicht größer als die für den Krieg, den sie tatsächlich geführt haben. Jedenfalls in den Augen von Saddam.
Damit stellen Sie die Verhältnisse aber auf den Kopf, lieber Zettel. Unter der Voraussetzung, daß die USA mit der gleichen Wahrscheinlichkeit angreifen, ob Saddam mit El Kaida kooperiert oder nicht, hätte eine Kooperation mit El Kaida für ihn natürlich einen Sinn ergeben. Doch lag es ja an den USA, diesen Eindruck der Gleichwahrscheinlichkeit zu beseitigen. Hätten sie erklärt, sie seien nur hinter El Kaida her, wäre das einleuchtend genug gewesen, und Saddam hätte sich in Sicherheit wiegen können, solange er El Kaida nicht unterstützt hätte.
Sie haben ja genau das erklärt, lieber Kallias.
Natürlich mußte man, um die Zustimmung des Sicherheitsrats zu bekommen (die man zunächst mit der Resolution 1441 erhielt, die dann aber dank des Wirkens von Schröder nicht noch einmal bekräftigt und auf eine Intervention hin konkretisiert wurde), formal argumentieren. Man mußte sich darauf beziehen, daß Saddam gegen die ihm gemachten Auflagen verstoßen hatte. (Was ja zweifelsfrei der Fall war; der letzte Report von Blix hat das ausdrücklich noch einmal bestätigt; es gab eben nicht die von der UNO geforderte "complete compliance").
Aber neben dieser formalen Seite, die völkerrechtlich erforderlich war, gab es immer auch eine politische Argumentation. Wenn es Sie interessiert, lieber Kallias, könnte ich die Belege vermutlich leicht ergoogeln: Die Verantwortlichen (neben Bush damals vor allem Wolfowitz, Rumsfeld, Rice als Sicherheitsberaterin) haben das wiederholt erklärt, daß ein wesentliches Motiv für die Invasion die Gefahr war, daß Saddam WMDs an die El Kaida weitergeben würde.
Nun schreiben Sie "Saddam hätte sich in Sicherheit wiegen können, solange er El Kaida nicht unterstützt hätte". Das ist, seien Sie mir nicht böse, weltfremd. Saddam hätte ja nicht durch seinen UNO-Botschafter mitteilen lassen, er werde jetzt WMDs an die El Kaida weitergeben.
Ein verantwortlicher - ein für das Leben seiner Bürger verantwortlicher - Präsident kann doch gar nicht anders handeln, als ein worst cas scenario anzunehmen und zu überlegen, was man tun kann, damit es nicht eintritt.
Saddam hätte jeden Verdacht ausräumen können, wenn er uneingeschränkte Inspektionen zugelassen hätte. Das hat er nicht getan.
Warum er es nicht getan hatte, obwohl er doch seine WMD-Programme unterbrochen hatte (dafür, daß er sie eingestellt hatte, gibt es keine Anzeichen) - das ist eine der zentralen Fragen dieser Vorgeschichte des Irak-Kriegs.
Wie schon angekündigt, gehe ich darauf in ZR noch ein. Aber solche Artikel sind a bisserl arbeitsaufwendiger als eine Marginalie oder eine Meckerecke, und dshalb bitte ich um Verständnis dafür, daß es manchmal a bisserl dauert.
Zitat von ZettelWenn es Sie interessiert, lieber Kallias, könnte ich die Belege vermutlich leicht ergoogeln: Die Verantwortlichen (neben Bush damals vor allem Wolfowitz, Rumsfeld, Rice als Sicherheitsberaterin) haben das wiederholt erklärt, daß ein wesentliches Motiv für die Invasion die Gefahr war, daß Saddam WMDs an die El Kaida weitergeben würde.
Brauchen Sie nicht, lieber Zettel, ich erinnere mich daran. Ich habe das den Verantwortlichen jedoch nicht abgenommen. Mir fehlte dabei einfach das Motiv, warum Saddam so etwas angesichts der extremen Risiken hätte tun sollen und was er sich davon hätte versprechen können.
Zitat von ZettelNun schreiben Sie "Saddam hätte sich in Sicherheit wiegen können, solange er El Kaida nicht unterstützt hätte". Das ist, seien Sie mir nicht böse, weltfremd.
Deswegen diskutiere ich ja gerne mit weltläufigen Menschen. Ich muß mich nur erst an Ihre überraschende These gewöhnen: die Gefahr, daß Saddam mit El Kaida kooperiert, ist also dadurch entstanden, daß die USA den Irak auf jeden Fall angegriffen hätten, und er deshalb durch einen Verzicht auf diese Kooperation keinen Vorteil erlangt hätte?
Das ist interessant, und es würde auch erklären, warum Saddam die Inspektionen sabbotiert hat: es konnte ihm nicht mehr schaden. Die Würfel waren schon längst gefallen.
Es würde auch erklären, wie die sonst sehr merkwürdige These zustande kam, Schurkenstaaten seien nicht durch Vergeltungsdrohungen zu beeindrucken.
Es erklärt allerdings nicht, weshalb die USA den Irak überhaupt angegriffen haben, aber da haben Sie ja in dem älteren Thread einige weitere Gründe aufgezählt.
Zitat von KalliasMir fehlte dabei einfach das Motiv, warum Saddam so etwas angesichts der extremen Risiken hätte tun sollen und was er sich davon hätte versprechen können.
Lassen wir, lieber Kallias, diesen hypothetischen Fall der Weitergabe von WMDs an die El Kaida einmal einen Augenblick außer Betracht. Wie steht es denn mit der Rationalität des Verhaltens von Saddam in der realen Entwicklung, so wie sie sich vollzogen hat?
Er hatte keine aktiven WMD-Programme, wies aber die Inspektoren aus dem Land und machte ihnen, als er unter dem Druck der UNO wieder Inspektionen zuließ, diese so schwer wie nur möglich. Er erzeugte mutwillig den Eindruck, er habe etwas zu verbergen. Warum?
Er sah zu, wie die Truppen der Koalition aufmarschierten, was ja über Monate ging. Die Resolution 1441 drohte für non-compliance ein militärisches Eingreifen (serious consequences) an. Aber er verweigerte den Blix-Inspektoren die uneingeschränkte Zusammenarbeit.
Die USA boten ihm an, ins Exil zu gehen; es gab sogar Verhandlungen mit Ländern, die ihn ggf. hätten aufnehmen sollen. Er ging darauf nicht ein.
Daß ein Krieg das Ende seines Regimes und seinen eigenen Tod bedeuten mußte, lag auf der Hand. Warum hat er geradezu darauf hingearbeitet, wie es scheint?
Saddam ist offensichtlich kein rational kalkulierender Politiker gewesen. Das wußte man natürlich auch im State Department und im Pentagon.
Zitat von KalliasIch muß mich nur erst an Ihre überraschende These gewöhnen: die Gefahr, daß Saddam mit El Kaida kooperiert, ist also dadurch entstanden, daß die USA den Irak auf jeden Fall angegriffen hätten, und er deshalb durch einen Verzicht auf diese Kooperation keinen Vorteil erlangt hätte?
Nein, das meinte ich nicht, lieber Kallias. Vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt.
Diese Gefahr ist aus meiner Sicht dadurch entstanden, daß Saddam und die El Kaida das gemeinsame Motiv hatten, dem Großen Satan nach Kräften zu schaden. Nun kann man wieder nach Rationalität fragen. Aber Bin Laden handelt nicht rational, Saddam handelte nicht rational. Die USA hatten seine Pläne vom Groß-Irak unter Einschluß Kuweits vernichtet, sie hatten sein einst mächtiges Land machtlos und verarmt gemacht - dafür wollte er sich rächen. So denken sie, diese Diktatoren. So dachte ja auch Hitler, eines der beiden Vorbilder Saddams.
Also, die Gefahr ist dadurch entstanden, daß Saddam ein Rachemotiv hatte. Und daß man nicht unbedingt damit rechnen konnte, daß er es zügeln würde - das begründete sich eben aus der generellen Irrationalität seines Verhaltens. (siehe später meinen Artikel in ZR, den ich ja allmählich ankündige wie Warten auf Godot ).
Zitat von KalliasDas ist interessant, und es würde auch erklären, warum Saddam die Inspektionen sabbotiert hat: es konnte ihm nicht mehr schaden. Die Würfel waren schon längst gefallen.
Das wäre eine Möglichkeit. Ich glaube aber eher, daß er dachte, die Amis würden im letzten Augenblick zurückzucken bzw. von andren zurückgehalten werden.
Zitat von ZettelDaß ein Krieg das Ende seines Regimes und seinen eigenen Tod bedeuten mußte, lag auf der Hand. Warum hat er geradezu darauf hingearbeitet, wie es scheint?
Weil die einzige Alternative klein beigeben gewesen wäre: lieber aufrecht als "Präsident des Irak" sterben als im Exil Karten spielen! Das würde ich einigermaßen rational finden, rationaler jedenfalls als die Idee, um jeden Preis am Leben zu bleiben.
Zitat von ZettelDie USA hatten seine Pläne vom Groß-Irak unter Einschluß Kuweits vernichtet, sie hatten sein einst mächtiges Land machtlos und verarmt gemacht - dafür wollte er sich rächen. So denken sie, diese Diktatoren.
Der "Ruhm" eines von El Kaida verübten Massenmordes wäre El Kaida zugefallen, während Saddam sich über all die Fischers hätte ärgern müssen, die seine maßgebliche Beteiligung bestritten hätten - keine schöne Aussicht für einen eitlen Diktator. Wer feiert schon den Waffenlieferanten?
Zitat von ZettelIch glaube aber eher, daß er dachte, die Amis würden im letzten Augenblick zurückzucken bzw. von andren zurückgehalten werden.
Kann auch sein. WMD sind ja nicht in erster Linie dazu da, im Krieg eingesetzt zu werden, sondern potentielle Angreifer abzuschrecken. Also braucht man sie nicht unbedingt zu haben, es genügt, wenn die anderen glauben, man hätte welche. Mit der Möglichkeit, daß die Amerikaner nur bluffen, konnte Saddam demnach rechnen. Hätte aber Blix nachgewiesen, daß der Irak keine WMD hat, dann hätten die USA leichten Herzens angreifen können, nämlich aus einem der anderen Gründe, die sie dafür hatten.
Nehmen wir einmal an, Saddams Ziel sei es nicht gewesen, Rache zu üben, sondern an der Macht zu bleiben. (In dem Jahrzehnt nach dem Golfkrieg verhielt er sich jedenfalls so - keine Rache, aber Machterhalt.) Unter dieser Voraussetzung scheint mir seine Handlungsweise durchaus verständlich und gar nicht besonders irrational gewesen zu sein. Was genau hätte er tun können, außer mit WMD zu bluffen, um die USA von einem Angriff abzuhalten und dabei an der Macht zu bleiben?
Hinzu kommt, daß Saddam es mit einem unberechenbaren Gegner zu tun hatte. Erst haben ihn die USA gegen den Iran unterstützt, ihm grünes Licht für den Einmarsch in Kuwait gegeben, dann Krieg deswegen gegen ihn geführt, den Krieg angehalten, bevor sie ihn gewonnen haben, die Schiiten und Kurden zum Aufstand ermuntert, dann zugesehen, wie er niedergeschlagen wurde, dann Sanktionen und Flugverbotszonen deswegen verhängt - wie soll man ein solches Land ausrechnen? Wie kann man da rational kalkulieren? Unter dem Strich bleibt allenfalls, daß die USA es letztlich nicht ernst meinen. Und falls doch, straffe Haltung anzunehmen und den Untergang zu akzeptieren.
Nun gut, im Sinne Karl Valentins: Das alles ist vermutlich schon oft gesagt worden, nur noch nicht von mir.
es ist erfreulich, mit Ihnen über dieses Thema zu diskutieren, weil ich bisher selten jemanden getrofffen habe, der das nicht nur intelligent, sondern auch sine ira et studio kann und will.
Nein, das ist keine Einleitung dazu, daß ich jetzt mit einer Breitseite loslege. Im Gegenteil.
Zitat von Kallias
Zitat von ZettelDaß ein Krieg das Ende seines Regimes und seinen eigenen Tod bedeuten mußte, lag auf der Hand. Warum hat er geradezu darauf hingearbeitet, wie es scheint?
Weil die einzige Alternative klein beigeben gewesen wäre: lieber aufrecht als "Präsident des Irak" sterben als im Exil Karten spielen! Das würde ich einigermaßen rational finden, rationaler jedenfalls als die Idee, um jeden Preis am Leben zu bleiben.
Das habe ich damals, 2003, auch gedacht. Aber ich denke es nicht mehr, seit ich die Bilder von dieser Jammergestalt gesehen habe, mit einem Bart à la Archimède le Clochard, der sich in ein Erdloch gelegt hatte und der sich ohne Gegenwehr von den Amis fangen ließ.
Saddam war ein sadistisch-narzißtischer Psychopath (das wäre jedenfalls meine Ferndiagnose). Diese Leute hängen ungemein an ihrem werten Leben.
Zitat von Kallias
Zitat von ZettelDie USA hatten seine Pläne vom Groß-Irak unter Einschluß Kuweits vernichtet, sie hatten sein einst mächtiges Land machtlos und verarmt gemacht - dafür wollte er sich rächen. So denken sie, diese Diktatoren.
Der "Ruhm" eines von El Kaida verübten Massenmordes wäre El Kaida zugefallen, während Saddam sich über all die Fischers hätte ärgern müssen, die seine maßgebliche Beteiligung bestritten hätten - keine schöne Aussicht für einen eitlen Diktator. Wer feiert schon den Waffenlieferanten?
Jetzt, lieber Kallias, müßten wir wirklich in die Tiefen der schwarzen Seele Saddams hineinklettern. Man kann es auch so sehen: Es gibt keine vollkommnere Machtphantasie als diejenige, etwas zu zrestören und sich heimlich darüber freuen zu dürfen. Der Pyromane, der beim Löschen hilft. Der Typ des sadistischen Rumpelstilzchens. Aber ich will das nicht vertiefen. Wir diskutieren ja über die Gefahrenbewertung durch die USA. Was hätte man wohl einem Präsidenten Bush vorgeworfen, der ein zweites 9/11 zu verantworten gehabt hätte und der sich so gerechtfertigt hätte: "Die CIA-Psychologen haben aber gesagt, Saddam würde der El Kaida nur dann Waffen geben, wenn er auch am Ruhm teilhaben darf"?
Zitat von KalliasWMD sind ja nicht in erster Linie dazu da, im Krieg eingesetzt zu werden, sondern potentielle Angreifer abzuschrecken. Also braucht man sie nicht unbedingt zu haben, es genügt, wenn die anderen glauben, man hätte welche.
Das könnte gut eine Rolle gespielt haben. Vor allem dachte Saddam aber, Frankreich, der alte Freund, würde ihn vor einer Invasion bewahren. Und dazu gab ihm Chirac, der Schröder einen Gefallen tun und damit Deutschland aus der Allianz mit den USA lösen und an Frankreich binden wollte, ja jeden Grund.
Zitat von Kallias Hätte aber Blix nachgewiesen, daß der Irak keine WMD hat, dann hätten die USA leichten Herzens angreifen können, nämlich aus einem der anderen Gründe, die sie dafür hatten.
Wir versuchen uns jetzt halt in die Gedankenwelt eines Psychopathen mit überwertigen Ideen zu versetzen. Der könnte in der Tat so gedacht haben.
Zitat von KalliasNehmen wir einmal an, Saddams Ziel sei es nicht gewesen, Rache zu üben, sondern an der Macht zu bleiben. (In dem Jahrzehnt nach dem Golfkrieg verhielt er sich jedenfalls so - keine Rache, aber Machterhalt.) Unter dieser Voraussetzung scheint mir seine Handlungsweise durchaus verständlich und gar nicht besonders irrational gewesen zu sein. Was genau hätte er tun können, außer mit WMD zu bluffen, um die USA von einem Angriff abzuhalten und dabei an der Macht zu bleiben?
Sie machen, lieber Kallias, die Voraussetzung, daß diese fiktiven MWDs die USA hätten von einem Angriff abschrecken können. Objektiv war das natürlich nicht der Fall, aber es fällt mir auch schwer, zu glauben, daß Saddam das dachte. Er hat ja im Golfkrieg von 1990/91 massiv Giftgas eingesetzt, und die USA haben ihn dennoch innerhalb kürzester Zeit gewonnen. Aber wenn wir davon ausgehen, daß er sich irrational verhielt, dann wird ein Schuh draus.
Zitat von KalliasHinzu kommt, daß Saddam es mit einem unberechenbaren Gegner zu tun hatte. Erst haben ihn die USA gegen den Iran unterstützt, ihm grünes Licht für den Einmarsch in Kuwait gegeben, dann Krieg deswegen gegen ihn geführt, den Krieg angehalten, bevor sie ihn gewonnen haben, die Schiiten und Kurden zum Aufstand ermuntert, dann zugesehen, wie er niedergeschlagen wurde, dann Sanktionen und Flugverbotszonen deswegen verhängt - wie soll man ein solches Land ausrechnen? Wie kann man da rational kalkulieren?
Das ist ein guter Punkt. Daran hatte ich noch nicht gedacht.
Zitat von KalliasNun gut, im Sinne Karl Valentins: Das alles ist vermutlich schon oft gesagt worden, nur noch nicht von mir.
Nun, für Sie scheint die Frage von Lüge oder nicht eine unglaubliche Relevanz zu besitzen. Als ob das Mittel, mit dem eine Regierung ihre aus letztendlich anderen Motiven geführte Intervention im Irak nun vor der Öffentlichkeit begründet, so wahnsinnig relevant wäre. Ob es nun Öl oder andere Gründe waren, im Irak einzumarschieren - in jedem Fall spielt es für das Ergebnis keine große Rolle, wie es propagandistisch begründet wurde.
In Antwort auf: Nein, das ist keine Haarspalterei, sondern es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man sich irrt oder ob man bewußt lügt.
Für mich liegt dann Haarspalterei vor, wenn die Intention des Verantwortlichen gleich ist, die Methode vergleichsweise fragwürdig ist und wenn das Ergebnis das gleiche ist. Die Intention ist für mich klar: Die Bush-Administration brauchte propagandistische Nahrung, um den Irakkrieg zu begründen. Und dann ist es eben meines Erachtens nach sehr wohl Haarspalterei, ob sie diese Nahrung nun dadurch bekommt, dass sie den Geheimdienst auffordert Indizien für Verbindungen Irak <-> WMD oder Irak <-> Terrorismus aufzutischen ohne Rücksicht auf Erhärtbarkeit (z.Bsp. indem man auf bewusst die Aussagen Oppositioneller verwendet, die ja ein dediziertes Interesse an einer amerikanischen Intervention haben) und unter Ignorieren von gegenteiligen Indizien oder ob sie den Geheimdienst anweist, die Indizien selber ein bischen mit erlogenen Informationen auszuschmücken. Beides ist für mich ein äußerst fragwürdiges Verhalten. Deshalb ist es Haarspalterei, wodurch genau die angeblichen Beweise für Saddam Husseins WMDs herbeigeschafft wurden.
In Antwort auf: Das mag sein; ich kann das nicht beurteilen. Nur beweist das ja jedenfalls nicht, daß der CIA es in diesem Fall tat. Ein Schüler kann bei einer Klausur mogeln. Aber das ist kein Argument für einen Lehrer, den Schüler X des Mogelns zu beschuldigen. Dafür muß es schon massive Indizien geben.
Klar, wenn man überkorrekt sein will, muss man sich bei allem und jedem immer auf die Unschuldsvermutung versteigen. Für jeden Vorwurf, den Sie in einem ihrer Beiträge äußern, müssten Sie "massive Indizien" haben. Bei einer völlig intransparenten Organisation wie der wird CIA sowieso niemals die Wahrheit ans Licht kommen.
In Antwort auf: Das hat ein Kongreßausschuß in monatelangen Verhandlungen untersucht. Das Ergebnis steht in dem Artikel, den ich in ZR verlinkt habe
In Antwort auf: On August 26, 2002, in an address to the national convention of the Veteran of Foreign Wars, Cheney flatly declared: "Simply stated, there is no doubt that Saddam Hussein now has weapons of mass destruction. There is no doubt he is amassing them to use against our friends, against our allies, and against us." In fact, former CIA Director George Tenet later recalled, Cheney's assertions went well beyond his agency's assessments at the time. Another CIA official, referring to the same speech, told journalist Ron Suskind, "Our reaction was, 'Where is he getting this stuff from?' "
Hört sich das für Sie vielleicht so an, als ob Vizepräsident Cheney nach bestem Wissen und Gewissen sich auf die Geheimdienstinformationen verlassen hätte? Also das passt definitiv nicht zu Ihrer Darstellung der Lage...
Zitat von OmniNun, für Sie scheint die Frage von Lüge oder nicht eine unglaubliche Relevanz zu besitzen. Als ob das Mittel, mit dem eine Regierung ihre aus letztendlich anderen Motiven geführte Intervention im Irak nun vor der Öffentlichkeit begründet, so wahnsinnig relevant wäre.
Nicht für mich bestitzt diese Frage eine große Relevanz, sondern für die antiamerikanische Propaganda, die diese Behauptung, Bush habe gelogen, ja ständig wiederholt.
Zitat von OmniOb es nun Öl oder andere Gründe waren, im Irak einzumarschieren - in jedem Fall spielt es für das Ergebnis keine große Rolle, wie es propagandistisch begründet wurde.
Das stimmt. Für das Ergebnis, was den Irak angeht, spielt das keine Rolle. Für das Ansehen, für den Einfluß der USA spielt es aber eine große Rolle, ob deren Regierung gelogen hat oder nicht.
Zitat von Omni
In Antwort auf: Nein, das ist keine Haarspalterei, sondern es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man sich irrt oder ob man bewußt lügt.
Für mich liegt dann Haarspalterei vor, wenn die Intention des Verantwortlichen gleich ist, die Methode vergleichsweise fragwürdig ist und wenn das Ergebnis das gleiche ist. Die Intention ist für mich klar: Die Bush-Administration brauchte propagandistische Nahrung, um den Irakkrieg zu begründen.
Das ist für Sie klar, lieber Omni. Aber ich kann nicht erkennen, woher Sie Ihre Sicherheit nehmen. Warum glauben Sie der Regierung nicht, daß sie wirklich die Sorge hatte, Saddam könne MWDs an die El Kaida weitergeben, die diese für Anschläge in den USA verwenden könnte?
Das ist keine rhetorische Frage. Mich interessiert das wirklich, woher viele Menschen, so wie Sie, diese Sicherheit nehmen, daß die WMDs und die sich an sie knüpfenden Sorgen kein echtes Motiv für die Invasion waren (daß es auch noch andere gab, ist unbestritten; ich habe das ja in dem vor dem Krieg geschriebenen Text, den Sie vielleicht gelesen habe, selbst zu analysieren versucht).
Zitat von OmniKlar, wenn man überkorrekt sein will, muss man sich bei allem und jedem immer auf die Unschuldsvermutung versteigen. Für jeden Vorwurf, den Sie in einem ihrer Beiträge äußern, müssten Sie "massive Indizien" haben. Bei einer völlig intransparenten Organisation wie der wird CIA sowieso niemals die Wahrheit ans Licht kommen.
Wenn Sie ZR längere Zeit lesen, lieber Omni, dann werden Sie wissen, daß ich mir ziemlich große Mühe geben, keine Tatsachenbehauptungen aufzustellen, die ich nicht belegen kann. Wenn ich mich einmal irren sollte, bin ich für Korrekturen immer dankbar. (Bei Meinungen ist es natürlich anders; die spitze ich bewußt manchmal zu).
Was die "Intrasparenz" angeht - die liegt nun einmal im Wesen eines Geheimdienstes. Der CIA dürfte aber der transparenteste unter den großen Geheimdiensten sein; einschließlich BND, dem französischen Geheimdienst, dem Mossad. Vom KGB oder wie er sich momentan nennt und dem chinesischen Geheimdienst ganz zu schweigen. Der Kongreß hat ihn ja nach Strich und Faden durchleuchtet, und zwar überwiegend öffentlich.
Zitat von Omni
In Antwort auf:Das hat ein Kongreßausschuß in monatelangen Verhandlungen untersucht. Das Ergebnis steht in dem Artikel, den ich in ZR verlinkt habe
Es gibt auch andere von diesem Ausschussbericht abweichende Darstellungen. z.Bsp. http://www.publicintegrity.org/WarCard/D...overview&id=945 Zitat Zitat:On August 26, 2002, in an address to the national convention of the Veteran of Foreign Wars, Cheney flatly declared: "Simply stated, there is no doubt that Saddam Hussein now has weapons of mass destruction. There is no doubt he is amassing them to use against our friends, against our allies, and against us." In fact, former CIA Director George Tenet later recalled, Cheney's assertions went well beyond his agency's assessments at the time. Another CIA official, referring to the same speech, told journalist Ron Suskind, "Our reaction was, 'Where is he getting this stuff from?' "
Ich kann darin keine Abweichung von dem Ausschußbericht sehen. Dieser hatte festgestellt, daß die Regierung keinen Druck auf den CIA ausgeübt hatte, eine bestimmte Einschätzung zu den WMDs vorzunehmen.
Daß ein Politiker, wie in diesem Fall Cheney, Fakten zugespitzt darstellt, soll vorkommen. Hätte Cheney statt "there is no doubt" gesagt "there is clear evidence", dann wäre das richtiger gewesen. So war es eine Übertreibung.
Cheney hat immer zu solchen Zuspitzungen geneigt. Bush nicht. Und was Cheney gesagt hat, rechtfertigt ja ohnehin nicht die Behauptung, Bush habe gelogen.
In Antwort auf: Das ist für Sie klar, lieber Omni. Aber ich kann nicht erkennen, woher Sie Ihre Sicherheit nehmen. Warum glauben Sie der Regierung nicht, daß sie wirklich die Sorge hatte, Saddam könne MWDs an die El Kaida weitergeben, die diese für Anschläge in den USA verwenden könnte?
Das ist keine rhetorische Frage. Mich interessiert das wirklich, woher viele Menschen, so wie Sie, diese Sicherheit nehmen, daß die WMDs und die sich an sie knüpfenden Sorgen kein echtes Motiv für die Invasion waren (daß es auch noch andere gab, ist unbestritten; ich habe das ja in dem vor dem Krieg geschriebenen Text, den Sie vielleicht gelesen habe, selbst zu analysieren versucht).
Ich habe Ihnen eine Quelle genannt. Wenn Angehörige der Bushregierung, Bush inklusive, Geheimdiensterkenntnisse gezielt überbewerten, Gegenmeinungen bewusst verschweigen um einen Krieg zu rechtfertigen, dann stellt das eine ehrliche Besorgnis sehr in Frage. Dieses Argument war aber sowieso niemals ein besonders starkes Argument. Wenn man danach ginge, welche Staaten womöglich Massenvernichtungswaffen an irgendwen abgeben könnten, um den USA zu schaden, dann hätten die USA im Iran, in Nordkorea, in Syrien, in Kuba... einmarschieren müssen. Und ich verstehe auch nicht wie manche Menschen, so wie Sie, scheinbar so naiv in die völlige Redlichkeit der Regierung der größten Militärmacht der Erde vertrauen können, obwohl diese nun wirklich alles getan hat um diesen Glauben zu erschüttern: Guantanamo, Abu Ghraib, Patriot Act, die Halliburtongeschichte, und und und... Davon abgesehen war dieses ganze Schauspiel, wie die Bush-Regierung 2002 angefangen hat plötzlich diverse Vorwürfe gegen den Irak zu erheben, einfach durchschaubar. Es gab wirklich schon überzeugendere Propagandakampagnen gegen ein Land.
In Antwort auf: Ich kann darin keine Abweichung von dem Ausschußbericht sehen. Dieser hatte festgestellt, daß die Regierung keinen Druck auf den CIA ausgeübt hatte, eine bestimmte Einschätzung zu den WMDs vorzunehmen.
ja und damit ist das Problem jetzt gelöst, oder wie? Die Regierung braucht keinen Druck auf einen Geheimdienst auszuüben - es reicht dass sie einseitig auf seine Erkenntnisse zurückgreift, solange es ihre Propaganda stützt, egal ob fundiert oder nicht. Das macht dieses Verhalten aber nicht weniger unmoralisch!
Zitat von OmniWenn Angehörige der Bushregierung, Bush inklusive, Geheimdiensterkenntnisse gezielt überbewerten, Gegenmeinungen bewusst verschweigen um einen Krieg zu rechtfertigen, dann stellt das eine ehrliche Besorgnis sehr in Frage.
Alternative: Sie waren von der Existenz der WMDs überzeugt, waren deshalb ehrlich in Sorge vor einem Anschlag, hielten den Krieg deshalb für erforderlich und haben die Gründe dafür so dargestellt, wie man das als Politiker macht, um die Öffentlichkeit für etwas zu gewinnen.
Exakt so hat es damals der stellvertretende Verteidigungsminister Wolfowitz gesagt: Man habe verschieden Gründe für den Krieg gehabt, aber diejenigen in den Vordergrund gestellt, von denen man angenommen habe, daß sie am besten zu vermitteln gewesen seien.
Das, lieber Omni, machen doch alle Politiker, oder nicht?
So machen es die Ökos ständig, wenn sie die Gefahren einer globalen Erwärmung in den schwärzesten Farben malen. So machen es diejenigen ständig, die behaupten, die Armut wachse bei uns. So gut wie jeder Politiker wird, wenn er von einer Sache überzeugt ist, die Gründe für seine Überzeugung so eindringlich darstellen, wie er es für vertretbar hält, um andere zu überzeugen.
Zitat von OmniDieses Argument war aber sowieso niemals ein besonders starkes Argument. Wenn man danach ginge, welche Staaten womöglich Massenvernichtungswaffen an irgendwen abgeben könnten, um den USA zu schaden, dann hätten die USA im Iran, in Nordkorea, in Syrien, in Kuba... einmarschieren müssen.
Cuba hatte nie WMDs. Sogar die Raketen, die die Sowjets dort zu stationieren versucht hatten, unterstanden ausschließlich deren Befehlsgewalt. Syrien hatte meines Wissens ebenfalls nie WMDs; es sei denn, Saddam hat die seinigen - wie aus israelischen Geheimdienstkreisen durchsickerte; vielleicht war das ja aber auch Desinformation - ins syrische Bekaatal verbracht. Was den Iran und Nordkorea angeht, haben Sie Recht.
Nur war und ist bei Nordkorea das Problem, daß es unter dem Schutz der Nuklearmacht China steht. Ein Angriff auf Nordkorea hätte einen schweren Konflikt mit China, vielleicht dessen Angriff auf Taiwan als Vergeltung auslösen können. Mit unkalkulierbaren Folgen. Deshalb haben die USA ja mit einer riesigen Geduld diese Dreiergespräche geführt.
Iran: Anders als der Irak hat der Iran bisher noch keine WMDs besessen. Inzwischen scheint er vor dem Besitz der Atombombe zu stehen. Das werden die USA und Israel nicht zulassen. Sie haben ja wahrscheinlich gestern auch die Meldungen von dem israelischen Luftwaffenmanöver gehört oder gelesen.
Zitat von OmniUnd ich verstehe auch nicht wie manche Menschen, so wie Sie, scheinbar so naiv in die völlige Redlichkeit der Regierung der größten Militärmacht der Erde vertrauen können, obwohl diese nun wirklich alles getan hat um diesen Glauben zu erschüttern: Guantanamo, Abu Ghraib, Patriot Act, die Halliburtongeschichte, und und und...
Mein Vertrauen in die Regierung Bush ist, lieber Omni, sehr begrenzt; so begrenzt, wie mein Vertrauen in jede demokratische Regierung. (Bei nichtdemokratischen Regierungen tendiert es gegen Null, mein Vertrauen).
Nur scheint es mir naiv zu sein, der Regierung der USA grundsätzlich erst einmal zu mißtrauen. Dafür sehe ich keinen vernünftigen Grund. Sie ist so gut und schlecht wie andere Regierungen auch; im Schnitt jedenfalls. Manchmal mag sie besser sein, manchmal schlechter.
Was den Patriot Act angeht: Dieses Gesetz hat, was im Herbst 2001 niemand für möglich gehalten hätte, weitere Anschläge der El Kaida in den USA verhindert; eine außerordentliche Leistung der Regierung Bush.
Guantánamo - ich sehe nicht, welche Alternative es zur Einrichtung eines derartigen Internierungslagers gegeben hätte. Was hätte man nach Ihrer Ansicht mit El-Kaida-Kämpfern machen sollen? Sie vor ein ordentliches Gericht stellen? Dann hätte jeder, der einen US-Soldaten oder einen afghanischen Soldaten im Kampf getötet hat, als Mörder verurteilt werden müssen.
Diese Leute genießen nach dem Völkerrecht keinen Kombattantenstatus, sondern sie sind als Freischärler zu behandeln. Das Völkerrecht ist dazu heute unbestimmt und fließend; jedenfalls wurde es noch im Zweiten Weltkrieg von allen kriegführenden Mächten als rechtens angesehen, nicht nur Freischärler standrechtlich zu erschießen, sondern auch zur Vergeltung für ihre Anschläge Repressionen gegen die Zivilbevölkerung vorzunehmen. Das enstprach dem klassischen Kriegsrecht, nach dem Gefangene nur dann ein Recht auf Schonung ihres Lebens hatten, wenn sie ihrerseits nach Kriegsrecht, also in Uniform, gekämpft hatten.
Ob die Verhältnisse in Guantánamo immer so waren oder sind, wie das rechtsstaatlich erforderlich ist, das ist eine ganz andere Frage.
Ich habe da auch meine Zweifel, aber eben nicht mehr als Zweifel, denn die meisten Berichte dazu stammen aus parteilichen Quellen. Meines Erachtens hätten die USA gut daran getan, von vornherein die Verhältnisse in dem Lager durch internationale Beobachter überprüfen zu lassen.
Ich habe vor vielleicht zwei Jahren den Bericht eines unabhängigen Arztes gelesen, der freie Bewegungsfreiheit in dem Lager hatte. Er berichtete, daß beispielsweise auf Wunsch der Gefangenen eigens Trinkwasser in Flaschen für sie eingeflogen werde, während die Wachmannschaften Leitungswasser trinken. In jeder Zelle gebe es eine Markierung, damit die Gefangenen in Richtung Mekka beten können. Die Gefangenen würden ausgewogen ernährt, sie hätten eine ausgezeichnete medizinische Versorgung. Viele würden zum ersten Mal in ihrem Leben zahnärztlich behandelt usw.
Ich kann diesen Bericht so wenig beurteilen wie die Horror-Stories; nur sehe ich keinen Grund, den einen zu glauben und den anderen nicht.
Zitat von OmniDavon abgesehen war dieses ganze Schauspiel, wie die Bush-Regierung 2002 angefangen hat plötzlich diverse Vorwürfe gegen den Irak zu erheben, einfach durchschaubar. Es gab wirklich schon überzeugendere Propagandakampagnen gegen ein Land.
Das kann ich überhaupt nicht sehen. Der Vorwurf, weiter WMDs zu besitzen, bestand seit dem Golfkrieg. Die inneren Zustände in dieser Dikatur, neben der nordkoreanischen der vermutlich damals barbarischsten, waren auch bekannt und wurden immer wieder verurteilt. Ich habe vielleicht 2000 oder 2001 im linken französischen "Nouvel Observateur" darüber einen ausführlichen Bericht gelesen; mit allen Einzelheiten, wie zB den privaten Folterkellern, die Saddams Söhne betrieben.
Zitat von Omni
In Antwort auf: Ich kann darin keine Abweichung von dem Ausschußbericht sehen. Dieser hatte festgestellt, daß die Regierung keinen Druck auf den CIA ausgeübt hatte, eine bestimmte Einschätzung zu den WMDs vorzunehmen.
ja und damit ist das Problem jetzt gelöst, oder wie? Die Regierung braucht keinen Druck auf einen Geheimdienst auszuüben - es reicht dass sie einseitig auf seine Erkenntnisse zurückgreift, solange es ihre Propaganda stützt, egal ob fundiert oder nicht. Das macht dieses Verhalten aber nicht weniger unmoralisch!
Das hatten wir oben schon. Es ist das, was so gut wie jede Regierung, was so gut wie jede Partei zu allen Zeiten gemacht hat oder macht.
Schauen Sie, lieber Omni, das ist genau das, was ich nicht verstehe: Menschen, die sonst die Politik realistisch sehen, die vielleicht auch selbst politisch tätig sind und die also wissen, wie das Geschäft läuft - die messen auf einmal die US-Regierung an völlig phantastischen Maßstäben.
Sie erwarten, daß allein diese Regierung alle ihre Ziele und Erwägungen offenlegt, daß sie nicht übertreibt, daß sie keine egoistischen Interessen verfolgt.
Nein, das meinen sie (ich schreibe das "sie" jetzt mal klein ) natürlich nicht. Diese Kritiker der Bush-Regierung wissen ja ganz genau, daß es in der Politik anders zugeht als im Nonnenkloster (wobei ich nicht weiß, wie es da zugeht ).
Sie (klein geschrieben) greifen in Wahrheit ja auch die USA gar nicht an, weil sie über deren Verhalten moralisch empört wären. Sondern weil sie die Vormacht des freien, des kapitalistischen Westens ist.
Das jedenfalls, lieber Omni, ist mein Eindruck nach einigen Jahrzehnten politischen Erfahrungen, davon ziemlich viele Jahre in der SPD. Es ist nicht dahergeredet, sondern es ist das, was ich immer wieder festgestellt habe.
Zitat von Kallias... lieber aufrecht als "Präsident des Irak" sterben als im Exil Karten spielen! Das würde ich einigermaßen rational finden, rationaler jedenfalls als die Idee, um jeden Preis am Leben zu bleiben.
Das habe ich damals, 2003, auch gedacht. Aber ich denke es nicht mehr, seit ich die Bilder von dieser Jammergestalt gesehen habe, mit einem Bart à la Archimède le Clochard, der sich in ein Erdloch gelegt hatte und der sich ohne Gegenwehr von den Amis fangen ließ.
Wir müssten ja von der vor dem Krieg möglichen Einschätzung Saddams ausgehen. Außerdem hatte er ja den Krieg verloren, da sieht die Welt dann anders aus. Solange er noch in einem Palast saß, lässig Todesurteile unterzeichnend, mußte ihm die Vorstellung, einfach die Koffer zu packen und auf Geheiß der verhassten Yankees ins Exil zu gehen, ungemein demütigend vorkommen. Der Machtverlust mag ihm dann zugesetzt haben.
Zitat von ZettelSaddam war ein sadistisch-narzißtischer Psychopath (das wäre jedenfalls meine Ferndiagnose). Diese Leute hängen ungemein an ihrem werten Leben.
Dann wäre er doch auf das Exilangebot eingegangen. Denn Chirac hin, Schröder her, sicher konnte er ja nicht sein, daß sich der Krieg verhindern ließe. Nur das Exil hätte ihn aus der Gefahr gebracht.
Diese Aussage passt zudem nicht so richtig gut zu Ihrer früheren, wonach Saddam anscheinend auf sein eigenes Ende hingearbeitet habe.
Aber nehmen wir einmal an, Ihre Ferndiagnose sei zutreffend. Schließt das von Ihnen genannte psychische Leiden die Fähigkeit zu rationalem Handeln denn aus? Schließlich war Saddam mehr als 30 Jahre lang Machthaber im Irak, und schaffte es, zwei katastrophale Kriegsabenteuer zu überstehen, was doch sicherlich für seine Fähigkeit zu rationalem Handeln gesprochen hat. Außerdem macht ja immer auch das Amt den Mann. Und das Amt des Staatschefs erheischt nun einmal das Streben nach Machterhalt: das Überleben des Regimes aufs Spiel zu setzen, nur um ein privates Bedürfnis wie etwa eine Rachefantasie zu befriedigen, widerspricht auf jeden Fall der Staatsräson. Sadismus und Narzißmus lassen sich schließlich auch durch Ministerzerstückeln und Palästebauen beschwichtigen, und zwar ohne Gefährdung des Regimes.
Folgendes Zitat eines Jeffrey Record ("former professional staff member of the Senate Armed Services Committee and senior fellow at the Institute for Foreign Policy Analysis") habe ich auch noch ausgebuddelt:
In Antwort auf:Saddam “is a rational and political calculator who can reverse himself on a dime if his regime is threatened,” says Jerrold Post, former CIA profiler of Saddam Hussein. “But he can become extremely dangerous when he is backed into a corner.”
J. Record selbst brachte in diesem Text folgenden Punkt vor:
In Antwort auf:How likely is it, therefore, that Saddam, a Stalin-like paranoid and megalomaniac who has a long record of repressing radical Islamists in his own country, would transfer his own hard-earned WMD to an Islamist terrorist group beyond his control?
Beides klingt so weit recht einleuchtend für mich, da es zeigt, wie beide Seiten, der Psychopath und der kompetente Diktator, zusammenpassten.
Zitat von ZettelWas hätte man wohl einem Präsidenten Bush vorgeworfen, der ein zweites 9/11 zu verantworten gehabt hätte...
Dann wäre er in jedem Fall schlecht dagestanden. Gefahrenbewertungen sind nie absolut zuverlässig; das spricht jedoch nicht gegen den Versuch einer realistischen Einschätzung unter Einschluß psychologischer Betrachtungen, auch wenn die üblicherweise verlacht werden, wenn sie sich als falsch herausstellen. Es ist nämlich nicht rational, eine Gefahrenbewertung danach vorzunehmen, ob man im Falle eines Irrtums in der Öffentlichkeit gut aussieht.
Ein worst case scenario hinsichtlich der Person Saddams wäre zudem nicht sinnvoll gewesen, da dieses auf eine Unterschätzung anderer Risiken hinausgelaufen wäre; auch das spricht dafür, realistisch zu bewerten.
Was hätte man Bush vorgeworfen, wenn 2003 ein zweiter Anschlag erfolgt wäre, mit Hinweisen auf einen pakistanischen Ursprung der Waffen oder einen zentralasiatischen?
Zitat von ZettelEr hat ja im Golfkrieg von 1990/91 massiv Giftgas eingesetzt, ...
Zitat von KalliasSolange er noch in einem Palast saß, lässig Todesurteile unterzeichnend, mußte ihm die Vorstellung, einfach die Koffer zu packen und auf Geheiß der verhassten Yankees ins Exil zu gehen, ungemein demütigend vorkommen.
Gewiß. Meine Frage ist nur: Warum hat er das nicht dennoch getan, wo doch überhaupt keine Zweifel daran bestehen konnten, daß die USA den Irak besiegen, ihn vertreiben und wahrscheinlich töten würden?
Zitat von Kallias
Zitat von ZettelSaddam war ein sadistisch-narzißtischer Psychopath (das wäre jedenfalls meine Ferndiagnose). Diese Leute hängen ungemein an ihrem werten Leben.
Dann wäre er doch auf das Exilangebot eingegangen. Denn Chirac hin, Schröder her, sicher konnte er ja nicht sein, daß sich der Krieg verhindern ließe.
Sicher ist man nie, lieber Kallias. Alle Entscheidungen von Politikern (na gut, fast alle) basieren auf Abschätzungen und Bewertungen. Nach meiner Vermutung war er hinreichend überzeugt, es würde nicht zur Invasion kommen. Aber ganz sicher bin ich nicht.
Zitat von KalliasDiese Aussage passt zudem nicht so richtig gut zu Ihrer früheren, wonach Saddam anscheinend auf sein eigenes Ende hingearbeitet habe.
Habe ich das mal behauptet? Kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen. Wenn doch - forget it.
Nein, ich glaube, daß er unbedingt überleben wollte. Er lebte nur in einer Traumwelt, wie viele Diktatoren, denen niemand die Wahrheit sagt.
Zitat von KalliasAber nehmen wir einmal an, Ihre Ferndiagnose sei zutreffend. Schließt das von Ihnen genannte psychische Leiden die Fähigkeit zu rationalem Handeln denn aus?
Gewiß nicht. Das unterscheidet ja Psychopathen von Psychotikern, daß sie rational handeln können. Meines Erachtens hat Saddam rational geurteilt, Chirac, Putin und Schröder seien so einflußreich, daß sie die Invasion verhindern würden. (Sie haben ja tatsächlich die Resolution verhindert, die dieser Invasion ihre einwandfreie völkerrechtliche Grundlage geben sollt; so ganz Unrecht hatte Saddam also nicht).
Zitat von KalliasSchließlich war Saddam mehr als 30 Jahre lang Machthaber im Irak, und schaffte es, zwei katastrophale Kriegsabenteuer zu überstehen, was doch sicherlich für seine Fähigkeit zu rationalem Handeln gesprochen hat. Außerdem macht ja immer auch das Amt den Mann. Und das Amt des Staatschefs erheischt nun einmal das Streben nach Machterhalt: das Überleben des Regimes aufs Spiel zu setzen, nur um ein privates Bedürfnis wie etwa eine Rachefantasie zu befriedigen, widerspricht auf jeden Fall der Staatsräson.
Staatsräson? Ich glaube nicht, daß Saddam das Wort kannte oder mit dem Sachverhalt etwas hätte anfangen können. Er war ein Usurpator; einer, den ausschließlich die eigene Macht und Herrlichkeit interessierte. Ein klassischer grausamer orientalischer Herrscher; der die Grausamkeit nicht nur aus sadistischen Motiven, sondern auch zum Machterhalt einsetzte. So einen interessiert das Wohl des Staats und der Bürger nicht; allenfalls das Wohl seines Stamms in Tikrit, dem - wenn überhaupt - seine Loyalität galt. Und in seiner Jugend vielleicht der Baath-Partei.
Zitat von KalliasFolgendes Zitat eines Jeffrey Record ("former professional staff member of the Senate Armed Services Committee and senior fellow at the Institute for Foreign Policy Analysis") habe ich auch noch ausgebuddelt:
In Antwort auf:Saddam “is a rational and political calculator who can reverse himself on a dime if his regime is threatened,” says Jerrold Post, former CIA profiler of Saddam Hussein. “But he can become extremely dangerous when he is backed into a corner.”
(http://www.carlisle.army.mil/usawc/param...ring/record.pdf) (Das Zitat im Zitat steht nach J. Record bei Kevin Whitelaw und Mark Mazzetti, “Why War?” U.S. News and World Report, 14. Oktober 2002, S. 5.) J. Record selbst brachte in diesem Text folgenden Punkt vor:
In Antwort auf:How likely is it, therefore, that Saddam, a Stalin-like paranoid and megalomaniac who has a long record of repressing radical Islamists in his own country, would transfer his own hard-earned WMD to an Islamist terrorist group beyond his control?
Beides klingt so weit recht einleuchtend für mich, da es zeigt, wie beide Seiten, der Psychopath und der kompetente Diktator, zusammenpassten.
Das Letztere ist auch meine Meinung. Zum "how likely" möchte ich nur noch einmal, lieber Kallias, an die Situation nach 9/11 erinnern.
Wenn ich im Sommer 2002 US-Präsident gewesen wäre, hätte ich gesagt: Eine Wahrscheinlichkeit von einem Prozent, daß Saddam die El Kaida mit nuklearem Material (es hätte ja keine Bombe sein müssen) ausstattet, genügt, um dieses Risiko als unakzeptabel zu bewerten. - So denken übrigens gegenwärtig auch die Israelis in Bezug auf den Iran.
Zitat von Kallias
Zitat von ZettelEr hat ja im Golfkrieg von 1990/91 massiv Giftgas eingesetzt, ...
In 1997, the US Government released an unclassified report that stated, "The US Intelligence Community (IC) has assessed that Iraq did not use chemical weapons during the Gulf war. However, based on a comprehensive review of intelligence information and relevant information made available by the United Nations Special Commission (UNSCOM), we conclude that chemical warfare (CW) agent was released as a result of US postwar demolition of rockets with chemical warheads in a bunker (called Bunker 73 by Iraq) and a pit in an area known as Khamisiyah."
____________________________________________________ ..., people ignored the fact that democracy cannot be permanently maintained when free enterprise, free trade, and economic freedom do not exist. Ludwig von Mises
Die moralische Beurteilung hinter uns lassen...gerne. Aber was, wenn nicht moralisch, ist der Vorwurf der arme Präsident der vereinigten Staaten ist das bemitleidenswerte Opfer einer "linken" Lügenkampagne? So funktioniert Politik nunmal, man überzieht den Gegner mit Schmutz. Wie kann man einen ganzen Artikel darüber aufziehen?
Sie zählen mir hier auf, welche Staaten Ihrer Meinung nach keine Massenvernichtungswaffen besitzen. Aber warten Sie doch erstmal ab, was der CIA für Indizien zutage fördern könnte, dass diese Staaten sehr wohl welche besitzen. Bestimmt finden sich zwei Exil-Syrer, die unter Eid schwören, dass Syrien WMDs besitzt. Und dann stellt sich Frau Rice eben vor die Presse und sagt Worte wie "There's no doubt that Syria has weapons of mass destruction. Every nation in the world with an intelligence agency knows that Syria owns weapons of mass destruction." Und die US-Medien nehmen das alles begehrlich auf, FOX News sendet Reportagen über die syrischen Massenvernichtungswaffen und hops, zeigt jemand vor dem UN-Sicherheitsausschuss eine Powerpointpräsentation über die syrischen Waffen. Und nach dem Syrienkrieg würden Sie vielleicht argumentieren, dass man das vorher ja nicht genau wissen konnte und das es deshalb richtig war dort einzumarschieren.
In Antwort auf: Nur scheint es mir naiv zu sein, der Regierung der USA grundsätzlich erst einmal zu mißtrauen.
Naiv scheint es mir ihr prinzipiell zu vertrauen.
In Antwort auf: Was den Patriot Act angeht: Dieses Gesetz hat, was im Herbst 2001 niemand für möglich gehalten hätte, weitere Anschläge der El Kaida in den USA verhindert; eine außerordentliche Leistung der Regierung Bush.
Na klar, dafür dass Sicherheitsgesetze Anschläge verhindern gibts höchstens Belege von den Leuten, die von dem Gesetz profitieren. Unser Innenminister haut auch ab und zu gerne mal so eine diffuse Terrorwarnung raus, um die Angst ein bischen am Leben zu halten. Denn nur wer Angst vor Anschlägen hat, trägt den Abbau des Rechtsstaates wie beim Patriot Act mit. "El Kaida" ist keine Organisation sondern war eine Liste von Kämpfern im Afghanistankrieg. Ich weiß nicht wie diese Liste weitere Anschläge begehen könnte.
In Antwort auf: Guantánamo - ich sehe nicht, welche Alternative es zur Einrichtung eines derartigen Internierungslagers gegeben hätte. Was hätte man nach Ihrer Ansicht mit El-Kaida-Kämpfern machen sollen? Sie vor ein ordentliches Gericht stellen? Dann hätte jeder, der einen US-Soldaten oder einen afghanischen Soldaten im Kampf getötet hat, als Mörder verurteilt werden müssen.
Diese Leute genießen nach dem Völkerrecht keinen Kombattantenstatus, sondern sie sind als Freischärler zu behandeln.
Klar, wir fangen unter intransparenten Umständen ein paar Leute in Afganistan ein, verschleppen ein Dutzend aus anderen Staaten und stecken sie jahrelang in ein Internierungslager ohne Gerichtsverfahren. Und um dieses unrechtsstaatliche Verhalten zu rechtfertigen erfinden wir einfach einen neuen völkerrechtlichen Status: Nicht-Kombattanten. Die verdienen keine rechtsstaatliche Behandlung, weil sie nicht in das Raster des Völkerrechts passen. Wir haben garkeine andere Wahl, nicht wahr? Ein verurteilter Massenmörder hat in den USA mehr Rechte als ein Mensch, der das Pech hatte in die Hände der Amerikaner zu geraten. Kurnaz war ein Terrorist klar. Al-Masri auch.
Ich finde es schon erstaunlich mit welcher Selbstverständlichkeit die unmenschliche Behandlung (und dabei rede ich nichtmal von möglichen Folterungen auf Guantanamo) von Menschen durch einen seine Rechtsstaatlichkeit stets hochhaltenden Staat wie die USA hingenommen wird. Wieso werfen Sie Bush nichtmal vor, dass er seine CIA Verdächtige in Folterknäste verschleppen lässt?
In Antwort auf: Sie (klein geschrieben) greifen in Wahrheit ja auch die USA gar nicht an, weil sie über deren Verhalten moralisch empört wären. Sondern weil sie die Vormacht des freien, des kapitalistischen Westens ist.
Selbst wenn man sich nicht moralisch empört, kann man sich über bei der amerikanischen Politik ganz besonders groß ausgeprägte Diskrepanz zwischen der Rethorik und der realen Handlung aufregen. Sie schreiben einen Beitrag darüber, dass Bush ja garnicht gelogen habe. Für mich ist das der Versuch, jemand mit viel Blut und Schuld an den Händen moralisch in Schutz zu nehmen. Das ist das, worauf ich allergisch reagiere. Der Unterschied zwischen der amerikanischen Regierung und anderen demokratischen Regierungen ist, dass der Präsident in den USA und seine Mitarbeiter viel viel mehr Schaden anrichten können wegen der größeren Machtbefugnisse in einer Präsidialdemokratie und wegen der ungleich größeren Macht der Vereinigten Staaten (verglichen z.Bsp. mit Deutschland). Eine Regierung kann hierzulande einen Überwachungsstaat initiieren. Eine amerikanische Regierung kann gleich die ganze Welt überwachen. In Deutschland drehen sich Kriegsfragen um NATO-Einsätze und UNO-Mandate. Der aktuelle amerikanische Präsident wurde vom Kongress mit der Vollmacht ausgestattet, einfach so Kriege nach Gutdünken zu beginnen und er braucht dafür weder NATO noch UNO.
Zitat von OmniAber was, wenn nicht moralisch, ist der Vorwurf der arme Präsident der vereinigten Staaten ist das bemitleidenswerte Opfer einer "linken" Lügenkampagne? So funktioniert Politik nunmal, man überzieht den Gegner mit Schmutz. Wie kann man einen ganzen Artikel darüber aufziehen?
Wer bezeichnet denn Bush als armes Opfer?
Ansonsten, lieber Omni, ist ihr Beitrag so unsachlich, daß ich nicht die Zeit dafür aufbringen will, ihn zu kommentieren.
Zitat von OmniNa klar, dafür dass Sicherheitsgesetze Anschläge verhindern gibts höchstens Belege von den Leuten, die von dem Gesetz profitieren.
Seit 2001 hat es in den USA keine Anschläge mehr gegeben, jedoch in anderen Ländern. Das spricht direkt dafür, daß die Gefahr fortbestanden hat, und ist ein indirekter Beleg dafür, daß die Maßnahmen der USA insgesamt effektiv gewesen sind.
Zitat von OmniUnser Innenminister haut auch ab und zu gerne mal so eine diffuse Terrorwarnung raus, um die Angst ein bischen am Leben zu halten.
Falls er selber diese Angst hat, tut er auch ganz recht daran, finden Sie nicht? Oder glauben Sie, er hat gar keine Angst?
Zitat von OmniDenn nur wer Angst vor Anschlägen hat, trägt den Abbau des Rechtsstaates wie beim Patriot Act mit.
Selbstverständlich. Ohne Gefahr kein Bedarf an Gegenmaßnahmen. Oder glauben Sie, daß gar keine Gefahr besteht?
Zitat von Omni"El Kaida" ist keine Organisation sondern war eine Liste von Kämpfern im Afghanistankrieg. Ich weiß nicht wie diese Liste weitere Anschläge begehen könnte.
Was genau wollen Sie damit sagen? Daß man die international organisierte islamistische Terrororganisation anders nennen sollte als "El Kaida"? Oder daß es gar keine solche Organisation gegeben hat? Oder daß zwischen den Gruppen, welche jeweils die Anschläge verübt haben, keinerlei Vernetzung bestanden hat?
Zitat von OmniDie verdienen keine rechtsstaatliche Behandlung, weil sie nicht in das Raster des Völkerrechts passen.
Der Anschlag vom 11. September ist meiner Ansicht nach ein neuartiges Phänomen gewesen. Wie soll man dergleichen verhindern? Mit der Kriminalität, wie sie von Einzeltätern verübt wird, gibt es Erfahrungswerte, die besagen, welche Rechte etwa Verdächtigen genommen werden müssen, welche man ihnen belassen kann, um die Straftaten effektiv zu bekämpfen und zugleich die Bürgerrechte so weit wie möglich zu bewahren. Vergleichbares kann man zur Kriegführung der Staaten und den Regeln des Kriegsvölkerrechts sagen. Aber nach welchen Regeln soll man diese neue Art von Terrorismus bekämpfen? Welche Rechte kann man weiterhin achten, welche muß man einschränken, um zum Ziel zu kommen? Das ist nach 9/11 eine offene Frage gewesen, und alle, die sagten, dieses dürfen die USA aber nicht tun und jenes dürfen sie auch nicht, hätten in Besitz eines Terrorbekämpfungswissens sein müssen, das damals niemand haben konnte. Was nun bei dem war on terror Exzeß ist und was unzulänglich, kann sich erst im Laufe des Krieges herausstellen, und dann erst wird man auch die Raster des Völkerrechts entsprechend anpassen können.
In Antwort auf: Seit 2001 hat es in den USA keine Anschläge mehr gegeben, jedoch in anderen Ländern. Das spricht direkt dafür, daß die Gefahr fortbestanden hat, und ist ein indirekter Beleg dafür, daß die Maßnahmen der USA insgesamt effektiv gewesen sind.
Nein, denn dafür müsste man aufzeigen dass die alte Gesetzeslage nicht ausreichte. Effektivität von Sicherheitsgesetzen kann sich nicht allein an der Verhinderung von Anschlägen messen lassen. Sie muss sich ebenso an den damit begangenen Missbräuchen, dem Missbrauchspotential und an der Auswirkung auf die Gesellschaft messen lassen. Ich bin außerstande so etwas hier für ein Monstergesetzespaket wie den Patriot Act zu tun, aber ich bin mir sicher dass die US-Regierungen auf Bundes- und Bundesstaatsebene sich gegen ihre politischen Feinde, Journalisten die zu neugierig sind und dergleichen dank solchen Gesetzen zu wehren wissen. Wir kennen das ja von hiesigen Geheimdiensten (z.Bsp. Cicero-Affäre).
In Antwort auf: Falls er selber diese Angst hat, tut er auch ganz recht daran, finden Sie nicht? Oder glauben Sie, er hat gar keine Angst? Selbstverständlich. Ohne Gefahr kein Bedarf an Gegenmaßnahmen. Oder glauben Sie, daß gar keine Gefahr besteht?
Angst ist kein guter Ratgeber. Vor allem: Wovor? Wie hoch ist die Chance in Deutschland Opfer eines Terroranschlages zu werden? Auch ohne BKA-Gesetz, Vorratsdatenspeicherung und Lauschangriff lächerlich gering. Terroristen können uns nichts anhaben, soweit sie nicht grade eine Atombombe zünden in der Kölner Innenstadt (was denkbar unwahrscheinlich ist). Deshalb muss man auch keine Angst vor ihnen haben.
In Antwort auf: Was genau wollen Sie damit sagen? Daß man die international organisierte islamistische Terrororganisation anders nennen sollte als "El Kaida"? Oder daß es gar keine solche Organisation gegeben hat? Oder daß zwischen den Gruppen, welche jeweils die Anschläge verübt haben, keinerlei Vernetzung bestanden hat?
Dass zwischen den Gruppen eine Verbindung konstruiert wird, die fragwürdig ist. Die Medien wollten 2001 einen Feind präsentieren und haben sich "El Kaida" ausgedacht. Und irgendwann haben die Islamisten wahrscheinlich auch angefangen, diese Bezeichnung zu übernehmen.
In Antwort auf: Der Anschlag vom 11. September ist meiner Ansicht nach ein neuartiges Phänomen gewesen. Wie soll man dergleichen verhindern? Mit der Kriminalität, wie sie von Einzeltätern verübt wird, gibt es Erfahrungswerte, die besagen, welche Rechte etwa Verdächtigen genommen werden müssen, welche man ihnen belassen kann, um die Straftaten effektiv zu bekämpfen und zugleich die Bürgerrechte so weit wie möglich zu bewahren. Vergleichbares kann man zur Kriegführung der Staaten und den Regeln des Kriegsvölkerrechts sagen. Aber nach welchen Regeln soll man diese neue Art von Terrorismus bekämpfen? Welche Rechte kann man weiterhin achten, welche muß man einschränken, um zum Ziel zu kommen? Das ist nach 9/11 eine offene Frage gewesen, und alle, die sagten, dieses dürfen die USA aber nicht tun und jenes dürfen sie auch nicht, hätten in Besitz eines Terrorbekämpfungswissens sein müssen, das damals niemand haben konnte. Was nun bei dem war on terror Exzeß ist und was unzulänglich, kann sich erst im Laufe des Krieges herausstellen, und dann erst wird man auch die Raster des Völkerrechts entsprechend anpassen können.
Es gibt seit 500 Jahren das Prinzip des Habeas Corpus. Der Schutz vor staatlicher Willkür wird als Menschenrecht angesehen. Nur Sie scheinen Verständnis dafür zu haben, dass die Amerikaner mit ihrem Military Commisions Act dieses Prinzip abschaffen und die willkürliche Verhaftung und Geiselnahme von Menschen ermöglichen. Warum? Weil es ja plötzlich eine ganz neue Situation war. Sollen wir den Rechtsstaat jetzt bei jeder neuen Situation neu diskutieren? Nein, tut mir leid, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, wieso ein Rechtsstaat keinen rechtsstaatlichen Umgang mit Terroristen finden sollte.
Zitat von Omni(...) ich bin mir sicher dass die US-Regierungen auf Bundes- und Bundesstaatsebene sich gegen ihre politischen Feinde, Journalisten die zu neugierig sind und dergleichen dank solchen Gesetzen zu wehren wissen. Wir kennen das ja von hiesigen Geheimdiensten (z.Bsp. Cicero-Affäre).
Ja, die Gesetze haben geholfen, Anschläge solcher politischen Feinde zu verhindern.
Die USA sind meines Wissens heute noch ein besserer Platz für neugierige Journalisten, als es die hiesige Bundesrepublik je gewesen ist.
Zitat von OmniWie hoch ist die Chance in Deutschland Opfer eines Terroranschlages zu werden?
Gewiß, bei dem Anschlag vom 11.9.2001 ist ein Amerikaner von hunderttausend gestorben; die Chance zu überleben war also ganz gut.
Es geht bei der Terrorabwehr jedoch um die Gefahr, daß ein Anschlag erfolgt, nicht um das Risiko des Einzelnen, dabei zu Schaden zu kommen. Bei der Reaktion auf unmoralische Handlungen spielt generell nicht die Schadensvermeidung die Hauptrolle, sondern der Umstand, daß man sich solche Handlungen nicht bieten lassen will.
Zitat von OmniDie Medien wollten 2001 einen Feind präsentieren und haben sich "El Kaida" ausgedacht. Und irgendwann haben die Islamisten wahrscheinlich auch angefangen, diese Bezeichnung zu übernehmen.
Zitat von OmniEs gibt seit 500 Jahren das Prinzip des Habeas Corpus. (...) Sollen wir den Rechtsstaat jetzt bei jeder neuen Situation neu diskutieren?
Man sollte grundsätzlich ältere Konzepte und Verfahrensweisen überprüfen, wenn neuartige Situationen auftauchen. Viele 500 Jahre alten Ideen wurden inzwischen modifiziert oder sogar verworfen, daran sehe ich nichts Schlimmes.
Zitat von OmniEs gibt keinen vernünftigen Grund, wieso ein Rechtsstaat keinen rechtsstaatlichen Umgang mit Terroristen finden sollte.
Dem stimme ich zu. Allerdings mag dem Finden ein Suchen vorausgehen. Ich bin überzeugt, daß viele Maßnahmen der US-Exekutive überzogen, ineffektiv und ungerechtfertigt sind. Ebenso überzeugt bin ich aber von der Fähigkeit des politischen Systems der USA, solche Exzesse zu erkennen und zu korrigieren.
In Antwort auf: Ja, die Gesetze haben geholfen, Anschläge solcher politischen Feinde zu verhindern.
Setzen Sie jetzt politische Feinde mit Terroristen gleich? Der politische Feind jeder Regierung ist der, der ihr schaden kann, der ihren Interessen entgegenarbeitet. Gewerkschaften, NGOs, Journalisten. Sie sollten unterscheiden zwischen Regierungsfeinden und Staatsfeinden. Eine Demokratie braucht keine Staatsfeinde, aber sie braucht Regierungsfeinde. Wer der Exekutive weitreichende Rechte zur unbemerkten Überwachung und Kontrolle dieser Regierungsfeinde liefert, der läuft deshalb Gefahr das Gleichgewicht zwischen Regierung und Regierungsfeinden zu beschädigen.
In Antwort auf: Die USA sind meines Wissens heute noch ein besserer Platz für neugierige Journalisten, als es die hiesige Bundesrepublik je gewesen ist.
Glauben Sie tatsächlich dass etwas wie Watergate heute noch möglich wäre? Wie sollte heute noch ein Informant unbemerkt der Presse Dinge zuspielen? Sie sehen ja an der Telekom-Affäre wie weit sogar in der Privatwirtschaft gegangen wird um das Heraussickern von Informationen zu verhindern. Was die US-Regierung von Whistleblower-Schutzgesetzen hält, zeigt George W. Bush, der mit Verweis auf die "Nationale Sicherheit" (die gute alte nationale Sicherheit) ein Veto angekündigt hat für den Whistleblower Protection Act.
In Antwort auf: Gewiß, bei dem Anschlag vom 11.9.2001 ist ein Amerikaner von hunderttausend gestorben; die Chance zu überleben war also ganz gut.
Es geht bei der Terrorabwehr jedoch um die Gefahr, daß ein Anschlag erfolgt, nicht um das Risiko des Einzelnen, dabei zu Schaden zu kommen. Bei der Reaktion auf unmoralische Handlungen spielt generell nicht die Schadensvermeidung die Hauptrolle, sondern der Umstand, daß man sich solche Handlungen nicht bieten lassen will.
Das ergibt keinen Sinn. Natürlich spielt der Schaden eine Rolle. Man nennt das "Verhältnismäßigkeit". Sie werden sicher nicht zur Vermeidung von Vandalismus, was häufig eine unmoralische Handlung ist, die man sich eigentlich nicht bieten lassen sollte, jede denkbare Maßnahme zu seiner Verhinderung begrüßen. Klar, Sie haben alles Recht der Welt sich auf den Standpunkt zu stellen dass der Trade-Off bei der Terrorabwehr verhältnismäßig wäre, d.h. dass ihnen die Verhinderung einiger vereinzelter Anschläge wichtiger ist als Datenschutz und seine Vorteile. Aber dann würde mich Ihre Position zu Rauchverbot, Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen, Besitz von Leitern (die Dinger sind gefährlich! Viele Deutsche fallen von der Leiter und verletzen sich schwer!), Betrieb von Grillen, Laserdruckern und Kaminen (Feinstaub!) interessieren. Denn wenn man die durch Terroranschläge wirklich sehr geringe Menge an Toten unbedingt verhindern will, dann muss man nun wirklich in allen Lebensbereichen strikte Sicherheitsvorschriften zur Verhinderung von Todesfällen initiieren - ansonsten ist man inkonsequent.
In Antwort auf: Indes gilt die ursprüngliche Namensgebung (unabhängig von der Schreibweise) als umstritten. Verschiedene Indizien sprechen dafür, dass der Begriff al-Qaida als Bezeichnung für das Terrornetzwerk um Osama Bin Laden erst nach den Anschlägen vom 11. September von der westlichen Gesellschaft eingeführt wurde. Stichhaltigstes Indiz dafür ist eine Aussage von Sa'ad al-Faqih, einem Arzt, der Bin Ladens Anhänger, darunter angeblich auch die Piloten der Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA, in afghanischen Camps gepflegt haben soll:
„Ich muss wirklich lachen, wenn ich das FBI über Al-Qaida als Organisation von Bin Ladin reden höre. Es ist eine ganz simple Geschichte: Wenn Bin Ladin Leute aus Saudi-Arabien oder Kuwait empfing, tat er dies im Gästehaus in Peschawar. Von dort zogen sie auf die Schlachtfelder und kehrten zurück, ohne Dokumentation. Es gab nur einen freundlichen Empfang, und dann gehst du dahin, und nimmst am Krieg teil – eine sehr einfache Organisation. Dann wurde er bedrängt von besorgten Familien, die nach ihren Söhnen fragten – und er wusste es nicht, weil es keine Aufzeichnungen gab. Also ließ er seine Leute in Peschawar Listen über jeden Araber führen, der unter seine Schirmherrschaft kam. Es wurde der Ankunftstag aufgezeichnet und wie lange sie blieben – manche nur für zwei oder drei Wochen, um dann wieder zu verschwinden. Diese Aufzeichnung, diese Dokumentation, wurde Al-Qaida genannt. Das ist Al-Qaida, überhaupt nichts Geheimnisvolles, keine Organisation wie eine Terroristenorganisation oder eine Untergrundgruppe. Für seine eigene Gruppe hat er meines Wissens nie diesen Namen benutzt. Wenn man sie benennen sollte, würde man „Bin-Ladin-Gruppe“ sagen – Al-Qaida ist nur die Liste all der Leute, die irgendwann in das Gästehaus in Peschawar kamen. Insgesamt bestimmt 20-30.000 Leute, die man unmöglich verfolgen kann.“
– Sa'ad al-Faqih: Interview mit Frontline[13][14].
Neben Telepolis und Frontline berichtete auch Spiegel-TV im Jahre 2002 von diesem Gästehaus. Ein weiteres Indiz ist die Tatsache, dass sich al-Qaida auch als Datenbank übersetzen lässt (s. o.), was einer solchen Liste mit zigtausend Einträgen entsprechen könnte. Es ist aber zu beachten, dass Verfechter dieser Theorie damit nicht die Existenz eines von Osama Bin Laden organisiertes Terrornetzwerk bestreiten wollen, sondern lediglich den Namen einer solchen Organisation anzweifeln.
In Antwort auf: Man sollte grundsätzlich ältere Konzepte und Verfahrensweisen überprüfen, wenn neuartige Situationen auftauchen. Viele 500 Jahre alten Ideen wurden inzwischen modifiziert oder sogar verworfen, daran sehe ich nichts Schlimmes.
Ich schon. Wenn jemand kommt und uns auffordert Gewaltenteilung, Demokratie und andere von der Verfassung festgeschriebene Prinzipien zu überdenken, dann ist er für mich ein potentieller Verfassungsfeind. Und im Extremfall gibt mir das Grundgesetz die Möglichkeit Widerstand zu leisten gegen jene, die beabsichtigen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen.
In Antwort auf: Dem stimme ich zu. Allerdings mag dem Finden ein Suchen vorausgehen. Ich bin überzeugt, daß viele Maßnahmen der US-Exekutive überzogen, ineffektiv und ungerechtfertigt sind. Ebenso überzeugt bin ich aber von der Fähigkeit des politischen Systems der USA, solche Exzesse zu erkennen und zu korrigieren.
Nein, ein Rechtsstaat hat sich kein "Ausprobieren von Diktatur" zu leisten. Was ist das für eine Logik? Der Rechtsstaat heißt Rechtsstaat weil er sich stets an Recht und Gesetz hält und nicht weil er das tut, wenn es ihm Spaß macht. Die Verantwortlichen werden nur sicher dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, dass sie die Geiselnahme von Menschen angeordnet haben, dass sie wahrscheinlich die Verschleppung in Folterknäste fremder Regime angeordnet haben und dass sie womöglich (da hier so ein Wert auf dieses "womöglich" gelegt wurde) Folterung angeordnet haben.
Zitat von Wikipedia (deutsch)Verschiedene Indizien sprechen dafür, dass der Begriff al-Qaida als Bezeichnung für das Terrornetzwerk um Osama Bin Laden erst nach den Anschlägen vom 11. September von der westlichen Gesellschaft eingeführt wurde. Stichhaltigstes Indiz dafür ist eine Aussage von Sa'ad al-Faqih...
... die zu der Frage, wann und wer die Bezeichnung in der westlichen Gesellschaft eingeführt hat, nichts hergibt. Das Interview mit ihm in Frontline beweist zudem das Gegenteil, da es bereits Ende 1998/Anfang 1999 nach den Anschlägen in Ostafrika geführt wurde.
Zitat von Omni
In Antwort auf: Man sollte grundsätzlich ältere Konzepte und Verfahrensweisen überprüfen, wenn neuartige Situationen auftauchen. Viele 500 Jahre alten Ideen wurden inzwischen modifiziert oder sogar verworfen, daran sehe ich nichts Schlimmes.
Ich schon. Wenn jemand kommt und uns auffordert Gewaltenteilung, Demokratie und andere von der Verfassung festgeschriebene Prinzipien zu überdenken, dann ist er für mich ein potentieller Verfassungsfeind.
Gewaltenteilung, Demokratie und diese anderen Verfassungsprinzipien sind doch erst zustandegekommen, indem ältere Ideen überdacht und verworfen wurden. Und es handelt sich doch um sehr gute Prinzipien! Die Methode des Überdenkens und Veränderns hat sich demnach bestens bewährt: wieso sollte sie jetzt aufgegeben werden?
In Antwort auf: Gewaltenteilung, Demokratie und diese anderen Verfassungsprinzipien sind doch erst zustandegekommen, indem ältere Ideen überdacht und verworfen wurden. Und es handelt sich doch um sehr gute Prinzipien! Die Methode des Überdenkens und Veränderns hat sich demnach bestens bewährt: wieso sollte sie jetzt aufgegeben werden?
Ich finde es ziemlich zynisch, die Abkehr vom Rechtsstaatprinzip als "Überdenken und Verändern" zu stilisieren. Was Sie hier propagieren ist, um es in einer pointierten Analogie zu verdeutlichen: Ein Polizist erschießt ihren Freund, der gerade im Halteverbot geparkt hat. Als Sie ihn daraufhin zur Rede stellen, erzählt er Ihnen etwas vom "Überdenken der Verhältnismäßigkeit". Wieso sollte man Verhältnismäßigkeit nicht mal überdenken? Der Polizist geht natürlich straffrei davon, weil sein Handeln zwar zugegebenermaßen einen Exzess der Exekutive darstellte, aber andererseits der Staat hier lediglich ein altes Prinzip überdacht hat. Das ist doch völlig normal.
So etwa argumentieren Sie meines Erachtens nach. Es gibt schlicht und ergreifend Prinzipien, die hat der Staat nicht zu "überdenken" (interessant ist ja auch, dass Sie mit "überdenken" aktive Handlungen des amerikanischen Staates beschreiben). Ich werde auch keine Diskussion darüber anfangen, ob es nicht vielleicht sinnvoll wäre die Sklaverei wieder einzuführen und ich erwarte, dass auch der Staat darüber keine Diskussion beginnt.
Zitat von OmniIch finde es ziemlich zynisch, die Abkehr vom Rechtsstaatprinzip als "Überdenken und Verändern" zu stilisieren.
Ich sehe das Verhalten der US-Regierung im Krieg gegen den Terror als eine Serie von Einzelmaßnahmen unterschiedlicher Art, die von geltendem US- oder internationalem Recht mehr oder weniger gedeckt waren. Wie sehr oder auch nicht, das war und ist erfreulicherweise umstritten. Meine generelle Meinung dazu, also ohne in die Einzelheiten jeder dieser Maßnahmen hineinzugehen, ist die, daß hier mit einem neuartigen Phänomen umgegangen werden musste, und daher manche informelle Frage des Rechtssystems, wie etwa die nach der Verhältnismäßigkeit, vorläufig nicht klar zu beantworten war.
Also hat man so einiges angestellt, was dann durch Parlament und Gerichte überprüft und teils gebilligt, teils verworfen wurde, wie es eben zugeht in einem Rechtsstaat. Wenn ich von "Überprüfen und Modifizieren" gesprochen habe, dann meinte ich genau dies und nicht etwa "Ausprobieren von Diktatur", "Abkehr vom Rechtsstaatsprinzip" oder dergleichen.
Der Rechtsstaat, die Gewaltenteilung oder die Demokratie standen, so weit ich sehe, als solche niemals zur Disposition.
In Antwort auf: Meine generelle Meinung dazu, also ohne in die Einzelheiten jeder dieser Maßnahmen hineinzugehen, ist die, daß hier mit einem neuartigen Phänomen umgegangen werden musste, und daher manche informelle Frage des Rechtssystems, wie etwa die nach der Verhältnismäßigkeit, vorläufig nicht klar zu beantworten war.
Mag sein dass Angehörige der amerikanischen Exekutive nicht rechtlich belangbar sind. Das macht ihr Handeln nicht rechtstaatlicher nach meinem europäischen Verständnis von Rechtsstaat. Verhältnismäßigkeit ist etwas, was sich auf Gesetze bezieht die sich im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit bewegen. Ein Gesetz, was die willkürliche Verhaftung und Gefangenhaltung von Menschen ermöglicht, ist kein rechtsstaatliches Gesetz, kann daher auch nicht unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit betrachtet werden. Wieso es kein rechtsstaatliches Gesetz ist? Weil "Rechtsstaat" ja gerade besagt, dass der Staat nach Gesetzen handelt und nicht nach Willkür. Ich kann nicht verstehen dass Sie darin keinerlei Disposition des Rechtsstaates sehen...
Zitat von OmniEin Gesetz, was die willkürliche Verhaftung und Gefangenhaltung von Menschen ermöglicht, ist kein rechtsstaatliches Gesetz, kann daher auch nicht unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit betrachtet werden. Wieso es kein rechtsstaatliches Gesetz ist? Weil "Rechtsstaat" ja gerade besagt, dass der Staat nach Gesetzen handelt und nicht nach Willkür.
Wo sehen Sie hier Willkür am Werke?
• Die Verhaftung erfolgt nicht willkürlich, sondern im Rahmen militärischer Operationen gegen Terrororganisationen und deren Unterstützer. Diese Operationen fußen auf der Ermächtigung des Präsidenten durch den Kongress vom 18.9.2001, als Folge des Massenmordes vom 11.9.2001. Es ist im Krieg nicht willkürlich, sondern ebenso zweckmäßig wie rechtmäßig, feindliche Kämpfer aus dem Verkehr zu ziehen. Der Status eines feindlichen Kämpfers ist klar definiert, siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Military_Co...enemy_combatant
• Ebensowenig willkürlich ist (inzwischen) die Gefangenhaltung: es gibt seit 2004 ein Verfahren zur Überprüfung des Kombattantenstatus - seit 2006 mit Revisionsinstanz - und nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 12.6.2008 das Habeas-Corpus-Privileg für die Gefangenen. Der ganze Ablauf, der zu diesen Ergebnissen führte, zeigt ein Hin und Her von Aktionen der Regierung, Gerichtsverfahren und Gesetzgebung, das sehr gut die Funktionsweise des gewaltenteiligen Rechtsstaats in den USA illustriert (Etwa http://en.wikipedia.org/wiki/Unlawful_combatant etc.).
Vielen Dank übrigens für Ihre hartnäckige Kritik, die mich dazu gebracht hat, doch ein wenig die Einzelheiten anzusehen. Nun bin ich von der Fähigkeit des politischen Systems der USA, Exzesse zu erkennen und zu korrigieren, noch mehr überzeugt als zuvor.
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