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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 17 Antworten
und wurde 908 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.07.2008 02:00
KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Offenbar haben sich führende und in der Sache mit federführende Bundestagsabgeordnete, nämlich die Abgeordneten Gehb und Wielfspütz, nicht die Mühe gemacht, der sich Kallias hier im Forum unterzogen hat: Nachzulesen, mit welcher Begründung die Bundesregierung eigentlich wollte, daß das Verbot der Voraustrauung aus dem Personenstandsgesetz gestrichen wurde.

Mir scheint, da wird in einer Nußschale allerlei von der Art sichtbar, in der unsere Abgeordneten unsere Gesetze machen.

Chripa Offline



Beiträge: 132

10.07.2008 08:45
#2 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Hallo Zettel,
ein Grund dafür wird sicher sein, dass die Ministerialbürokratie
übermächtig ist und die Abgeordneten mit ihren paar Mitarbeitern
da nicht gegen ankommen. Ich glaube nicht, dass die Abgeordneten
im Allgemeinen einfach faul sind. Vielleicht ist es nur so, dass sie
sich zu viel um den Wahlkreis, Nebentätigkeiten,Lobbyisten usw. kümmern
und zu wenig um das eigentliche Kerngeschäft der Gesetzgebung. Ich hab
mal ein Video bei Youtube gesehen,wo Abgeordnete zur EU-Verfassung
gefragt wurden. Keiner hatte einen blassen Schimmer, auch nicht
Wolfgang Gerhardt, der immerhin mal Außenminister werden wollte.
Was die Fachpolitiker angeht, so wird vielleicht den Hauptteil der Zeit
über bestimmte Streitfragen, wohl nicht immmer die richtigen, diskutiert,
ohne dass immer alles gelesen wird. Die Kernfrage ist aber doch, ob das ganze
nicht System hat, ob die nicht wissen, dass sie sich viel zu viel aufhalsen.
Roman Herzog hat mal gesagt, er hätte sich Jahrzehnte mit dem Steuerrecht
befasst, aber er würde es trotzdem nicht verstehen, kein Individuum würde das.
Es ist ein bisschen wie in der Geschichte mit dem Zauberlehrling.
Viele Grüße,
Chripa

Chripa Offline



Beiträge: 132

10.07.2008 08:49
#3 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Ach so,
mir ist gerade noch ein bedenkliches Detail wieder eingefallen.
Eichel wurde im Fernsehen mal zu einer der Jahrhundert-Steuerreformen
von Schröder befragt. Da hat er dann selber gesagt, dass die genauen
Auswirkungen der Reform eh nur von drei Institutionen verstanden würden:
Dem Finanzministerium des Bundes, Bayerns und Nordrhein-Westfalens.
Das Thema Steuern war natürlich nicht Gegenstand Ihres Artikels,
aber das Problem der nicht mehr beherrschbaren Komplexität zeigt sich
mE auch hier.

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

10.07.2008 09:20
#4 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Lieber Zettel,

die Neufassung des PStG diente in erster Linie verwaltungstechnischen Zwecken, z.B. soll ein elektronisches Personenstandsregister eingeführt werden. Wenn Sie sich die Protokolle der Plenardebatten über das Gesetz ansehen, was ich nicht empfehle, dann ging es den Rednern um Fragen wie Datenschutz und den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Womöglich waren diese fünf Redner auch die einzigen Abgeordneten, die den Entwurf gelesen haben. (Wiefelspütz und Gehb gehörten übrigens nicht dazu.) Warum sie alle das staatskirchenrechtliche Detail nicht beachtet haben? Weil es leicht ist, etwas Auffälliges zu finden, wenn etwas schon ein Thema ist, aber nicht so einfach, etwas zum Thema zu machen, indem einem etwas auffällt.


Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.07.2008 11:48
#5 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Lieber Chripa,

Zitat von Chripa
ein Grund dafür wird sicher sein, dass die Ministerialbürokratie
übermächtig ist und die Abgeordneten mit ihren paar Mitarbeitern
da nicht gegen ankommen. Ich glaube nicht, dass die Abgeordneten
im Allgemeinen einfach faul sind. Vielleicht ist es nur so, dass sie
sich zu viel um den Wahlkreis, Nebentätigkeiten,Lobbyisten usw. kümmern
und zu wenig um das eigentliche Kerngeschäft der Gesetzgebung.

Das scheint mir auch so. Ich mußte einmal einige Jahre lang Dekan meiner Fakultät sein und habe dabei kennengelernt, wie so etwas in einer Behörde läuft: Die Verwaltung bereitet alles vor, und man bekommt es am Ende zur Unterschrift, ggf. mit mündlichen Erläuterungen des zuständigen Beamten. Vielleicht fragt man nach, vielleicht nicht. Vielleicht liest man den Text durch und fragt nach, oder auch nicht. Jedenfalls unterschreibt man tagtäglich Dinge, deren Tragweite man nicht überblicken kann.

So ungefähr ist das wohl auch bei unseren Volksvertretern.
Zitat von str1977
Ich hab
mal ein Video bei Youtube gesehen,wo Abgeordnete zur EU-Verfassung
gefragt wurden. Keiner hatte einen blassen Schimmer, auch nicht
Wolfgang Gerhardt, der immerhin mal Außenminister werden wollte.

Daran habe ich mich auch erinnert. Es war deprimierend. Ich wollte darauf eigentlich in dem Artikel hinweisen, habe aber auf die Schnelle den Link nicht gefunden.
Zitat von Chripa
Die Kernfrage ist aber doch, ob das ganze
nicht System hat, ob die nicht wissen, dass sie sich viel zu viel aufhalsen.

Das System, das darin liegt, ist jedenfalls eine Stärkung der Macht der Verwaltung.

In unserem Beispiel: Diese "Gegenäußerung", die Kallias entdeckt hat, dürfte irgendein Ministerialbeamter verfaßt haben; vermutlich im Justizministerium. Sie entsprach seiner persönlichen und/oder juristischen Auffassung. Und keiner hat's offenbar gemerkt. Jedenfalls scheint es ja - siehe den Beitrag von Kallias in diesem Thread - in der Debatte gar nicht thematisiert worden zu sein.

Herzlich, Zettel


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.07.2008 11:51
#6 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Zitat von Kallias
Warum sie alle das staatskirchenrechtliche Detail nicht beachtet haben? Weil es leicht ist, etwas Auffälliges zu finden, wenn etwas schon ein Thema ist, aber nicht so einfach, etwas zum Thema zu machen, indem einem etwas auffällt.

Schön gesagt, lieber Kallias.

Übrigens haben Sie damit a bisserl mein Selbstverständnis beim Aussuchen von Themen für ZR bechrieben.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.07.2008 11:59
#7 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Im Prinzip sind die Einwände von Chripa und Kallias richtig. Generell ist es selten so, daß ein Entscheider alle Details einer von ihm zu verantwortenden Regelung wirklich kennt und versteht - das ist bei Managern genauso wie bei Politikern.

Und dennoch ist das Beispiel symptomatisch für grundlegende Defizite (nicht nur) der deutschen Politik: Die Gesetze und Verordnungen sind viel zu kompliziert geworden, die Details, die internen Widersprüche oder Lücken sind nicht mehr zu überblicken, in vielen Fällen weiß KEINER (auch nicht die Fachbeamten), wie das am Ende in der Praxis wirken wird.

Und das ist nicht Schuld der Verwaltung, sondern politisch gewollt!

Es gibt seit Jahrzehnten den Willen gerade linker Politiker, die Durchsetzung einzelner politischer Ideen mit hoher Priorität zu versehen.
D.h. es ist zwar nicht ihr direkter Wille, Murks zu produzieren, aber die Integrität und Verständlichkeit des Rechtssystems haben bei ihnen so niedrigen Stellenwert, daß sie nicht bereit sind, zu Gunsten dieses Prinzips auf Einzelwünsche zu verzichten.

Siehe Zitate wie von Eichel (ein moderner Staat braucht ein kompliziertes Steuersystem) oder Zypries (der Bürger braucht die Gesetze nicht zu verstehen, er liest sie doch sowieso nicht).

Und als Folge dieser jahrelanger Fehlpriorisierung verstehen eben inzwischen auch die Politiker selber nicht mehr, was sie eigentlich machen.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

10.07.2008 12:30
#8 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Lieber R.A.,

hat sie (Zypries) das wirklich gesagt? Kein Wunder, daß mir Rechtsanwälte wie die neue Priesterkaste vorkommen, ohne deren Vermittlung ich dem staatlichen (göttlichen?) Ratschluß völlig verständnis- und schutzlos gegenüberstehe!

Herzlich, Thomas

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

10.07.2008 12:50
#9 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Zitat von Chripa

ein Grund dafür wird sicher sein, dass die Ministerialbürokratie
übermächtig ist und die Abgeordneten mit ihren paar Mitarbeitern
da nicht gegen ankommen.


Hallo Chripa,
ich hatte das vergnügen, für ein paar Jahre die Arbeitsweise der Ministerialbürokratie mitzuerleben (wichtiges Bundesministerium).
Dort kommen irgendwelche EU-, oder sonstige Initiativen an, die dann bis nach ganz unten auf die Sachbearbeiterebene durchgereicht werden. Diese Sachbearbeiter sind dabei, obwohl im Fachressort zuständig, nicht unbedingt Spezialisten (man muss rotieren, damit man nicht als träge gilt), sondern eher Verwaltungs-"Allrounder".

Die nötigen Informationen, die es zusammen zu stellen gilt, holt man sich aus archivierten Vorgängen und, ganz wichtig, bei den betroffenen Interessenvertretungen, da die ja Ahnung haben müssen.
Wenn der betroffene Sachbearbeiter jetzt noch unter Termindruck steht, oder noch eine Menge andere Vorgänge bearbeiten muss, können die Informationen nicht vollständig sein, der Vorgang nicht von allen Seiten beleuchtet werden.

Wenn die Terminsache dann nach oben, über sämtliche Hierarchieebenen geleitet wird, kommt es darauf an, ob irgendwem etwas auffällt. Sollte niemand daran gesteigertes Interesse haben, oder alle Leiter auch unter Termindruck stehen ... kommt ungeprüfter Murks bis zur Unterschrift durch den Minister durch.

Bei Abgeordneten dürfte es ähnlich gelagert sein. Man kann nicht jeden Vorgang bis ins Detail durchleuchten, der Fraktionszwang bei Abstimmungen erleichtert dann nochmal alles.

Herzlich, Calimero

dirk Offline



Beiträge: 1.538

10.07.2008 13:37
#10 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Das hat Frau Zypries ja tatsächlich gesagt. Hier die Quelle: http://www.echo-online.de/3/template_detail.php3?id=594602

Ein Grund mehr für meine einem anderen Thread aufgestellte Forderung, die Juristenausbildung an die Fachhochschulen zu deligieren. Es darf nicht sein, dass etwas, das eigentlich Allgemeinwissen sein sollte, nämlich die Summe der Rechtsnormen, zu elitärem Wissen gemacht wird. Weg mit dem Bürokratenlatein!

Die Entwicklung, dass das Parlament nur noch grobe Vorgaben macht und die Bürokratie mehr und mehr übernimmt, wurde sie nicht von von Hayek im "Weg zur Knechtschaft" beschrieben?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.07.2008 13:55
#11 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Zitat von dirk
Das hat Frau Zypries ja tatsächlich gesagt. Hier die Quelle: http://www.echo-online.de/3/template_detail.php3?id=594602

Danke für die Recherche, lieber Dirk. Mir ist bei dem Zitat noch etwas aufgefallen:
Zitat von Echo Online
Reinhard Quick wünschte sich "mehr Sorgfalt" bei der Richtlinienformulierung und der nationalen Umsetzung, Kolb verständlichere Gesetze, da man allzu oft den Vorarbeiten der Experten aus den Ministerien vertrauen müsse. Brigitte Zypries lehnte dies ab. "Ich meine nicht, dass jeder Bürger die Gesetze verstehen muss." Die meisten Bürger würden keine Gesetze lesen.

"...verständlichere Gesetze, da man allzu oft den Vorarbeiten der Experten aus den Ministerien vertrauen müsse". Mit "man" konnten vernünftigerweise nur die Abgeordneten gemeint sein. Zypries aber bezog es in ihrer Replik - weil sie es nicht verstanden hatte, oder als absichtlicher Trick - auf die Bürger.
Zitat von dirk
Ein Grund mehr für meine einem anderen Thread aufgestellte Forderung, die Juristenausbildung an die Fachhochschulen zu delegieren. Es darf nicht sein, dass etwas, das eigentlich Allgemeinwissen sein sollte, nämlich die Summe der Rechtsnormen, zu elitärem Wissen gemacht wird. Weg mit dem Bürokratenlatein!

Der Forderung stimme ich zu. Aber ob der Weg richtig ist?

Jede Profession, lieber Dirk, hat nun mal ihre Fachsprache, ihr "Latein". Nicht zuletzt die Fachleute für Sprache, die Linguisten; Califax wird ein Lied davon singen können, vielleicht sogar auf Latein.

Nicht die Ausbildung, nicht die Fachsprache sind das Problem, sondern die Anforderungen an das Produkt.

Der jeweils zuständige Bundestagsausschuß sollte jeden Gesetzestext an die Verwaltung zurückschicken, der unverständlich formuliert ist. So lange, bis man mit der Formulierung zufrieden ist.

Und warum nicht innerhalb des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ein Referat Linguistik einrichten, das den Ministerialen notfalls auf die Sprünge hilft?

Herzlich, Zettel

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

10.07.2008 14:07
#12 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Zitat von Zettel
Jede Profession, lieber Dirk, hat nun mal ihre Fachsprache, ihr "Latein".


Lieber Zettel,

das ist sicher so, und es ist mir herzlich egal, wie die Ekschpedde untereinander schwätzen. Aber, ich glaube es war der große Physiker und Lehrer Richard Feynman, der einmal sinngemäß gesagt hat, daß, wer etwas nicht in einfachen, klaren Worten erklären kann, es nicht verstanden hat.
Jargon, wir hatten das an anderer Stelle, dient auch oft der Verschleierung der eigenen Unkenntnis.
Aber ein Gesetz, das unverständlich formuliert ist, kann eigentlich kein Gesetz sein! Sonst müßte der Spruch "Unkenntnis wird bei der Strafe vorausgesetzt" heißen, oder?

Herzlich, Thomas

dirk Offline



Beiträge: 1.538

10.07.2008 15:40
#13 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Ich stimme Ihnen ja zu, verehrter Zettel, dass jede Profession ihr Latein habe, was an sich nicht weiter schlimm sei, solange das Produkt in Ordnung ist. Bei den Rechtsnormen aber ist (1) der Kauf des Produktes erzwungen und (2) sind Produkt und juristische Ausbildung untrennbar miteinander verquickt. Es gäbe erstere nicht (oder sie sähe völlig anders aus), gäbe es nicht die Vielzahl an unverständlichen Gesetzen. Jurastudenten haben ja kaum die Chance, sich mit Interessantem wie Rechtsphilosophie oder Rechtsgeschichte zu beschäftigen, weil der andere Teil, das Lernen von Gesetzen und deren Auslegungen, einen so großen Teil einnimmt.

Und was mich noch mehr ärgert ist, dass eine andere als die wörtliche Auslegung zugelassen wird. Zum Beispiel bei der Frage, ob ich nach meinem Studium GKV-Pflichtversichert bin, ist der Gesetzestext m.E. eindeutig ("nein") aber die Rechtslage komplett anders ("ja"). Was soll das? Wieso muss man die Auslegung eines Gesetzes zur hohen Kunst erklären, die auf Universitäten gelehrt wird, wenn doch die Fähigkeit zu Lesen ausreichen sollte. Und das ist genau das was gemacht wird. "Pah Ihr gemeines Volk, Ihr könnt nur die deutsche Sprache lesen, wir aber, wir haben an Universitäten studiert und wir, und nur wir, sind daher fähig Gesetze auszulegen!"

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.432

10.07.2008 15:56
#14 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Werter Kallias,

Zitat von Kallias
Weil es leicht ist, etwas Auffälliges zu finden, wenn etwas schon ein Thema ist, aber nicht so einfach, etwas zum Thema zu machen, indem einem etwas auffällt.



in die ökonomische Sprache übersetzt: die persönlichen politischen Kosten einer Wortmeldung sinken, je stärker die mediale Aufmerksamkeit bereits einem Thema zugewandt ist. So weit, so klar. Eine Lösung dieses Problems scheint unmöglich. Deswegen bin ich persönlich ein Verfechter des Volksentscheides auf Bundesebene. Das unsere politisch Erwerbstätigen suboptimale Ergebnisse liefern, lässt sich nicht verhindern. Es sollte aber eine Möglichkeit der Nachbesserung geben.

Die sehe ich in der Bundesrepublik leider nicht.
MfG Frank

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.07.2008 15:59
#15 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Zitat von dirk
Wieso muss man die Auslegung eines Gesetzes zur hohen Kunst erklären, die auf Universitäten gelehrt wird, wenn doch die Fähigkeit zu Lesen ausreichen sollte. Und das ist genau das was gemacht wird. "Pah Ihr gemeines Volk, Ihr könnt nur die deutsche Sprache lesen, wir aber, wir haben an Universitäten studiert und wir, und nur wir, sind daher fähig Gesetze auszulegen!"

Zu Beginn meines Studiums habe ich, lieber Dirk - das ging damals noch - ziemlich wild herumstudiert und meine Nase auch ein ganz kleines bisserl in die Jurisprudenz gesteckt.

Damals hat mich ein Autor namens Ulrich Klug fasziniert, der sich als einer der ersten Juristen für die Möglichkeiten des Computers interessierte.

Er hatte auch Logik studiert und entwickelte die Idee, man könne das Recht in ein System logisch miteinander verknüpfter Aussagen gießen und das Ganze auf einem Rechner implementieren (ein kühner Gedanke 1960!). Wenn man dann einen Fall zu beurteilen hatte, dann würde man einfach die Daten des Falls eingeben - und der Computer rechnet das Urteil aus!

So habe ich das in Erinnerung, nach allerdings fast einem halben Jahrhundert. Kann sein, daß mir das Gedächtnis einen Streich spielt und daß er es sich ganz so radikal nicht vorgestellt hat. Aber so ähnlich war es wohl.

Gefiele Ihnen das, lieber Dirk?

Herzlich, Zettel

dirk Offline



Beiträge: 1.538

10.07.2008 16:08
#16 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

eine Falle! (-:

Jein. Ein Recht, z.B. das Strafrecht, muss Spielräume zulassen. Aber es muss sie explizit zulassen. Es muss sagen bewusst eine Lücke gelassen werden. Bei der Intrepretation der Gesetze sollte es dagegen keine Spielräume geben.

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

10.07.2008 18:23
#17 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten
Zitat von Frank2000
in die ökonomische Sprache übersetzt: die persönlichen politischen Kosten einer Wortmeldung sinken, je stärker die mediale Aufmerksamkeit bereits einem Thema zugewandt ist.

Das kann im Fall von Hinterbänklern durchaus stimmen, daß sie Angst vor einem Fehlalarm haben und lieber schweigen - eine Furcht, die unser Zettel beipielsweise nicht kennt, auch Journalisten nicht, weil deren Fehlalarme "sich versenden". Aber schon dafür, daß einem überhaupt "etwas komisch vorkommt", braucht man eine entsprechende "Sensibilisierung": gehe ich etwa mit einem Motorradfahrer spazieren, ist die Stadt plötzlich voller Motorräder usw. Hinzu kommt das Problem des Tunnelblicks. Wenn man ein Personenstandsregistergesetz kritisch liest, wird man eben an Datenschutz denken, nicht an Staatskirchenrecht: entsprechende Einzelheiten überlesen sich dann leicht.
Zitat von Frank2000
Deswegen bin ich persönlich ein Verfechter des Volksentscheides auf Bundesebene. Das unsere politisch Erwerbstätigen suboptimale Ergebnisse liefern, lässt sich nicht verhindern. Es sollte aber eine Möglichkeit der Nachbesserung geben.
Die sehe ich in der Bundesrepublik leider nicht.

Ohne Zweifel kommt es vor einem Volksentscheid zu einer öffentlichen Debatte über das Gesetz, und dann dürfte es bei jeder heiklen Stelle jemand geben, der darüber stolpert. Deswegen kann man annehmen, daß Gesetze, die dem Volk vorgelegt werden, besonders sorgfältig ausgearbeitet werden; aber vielleicht kennen das die Schweizer Bürger ja anders.

Nun kann man nur verhältnismäßig wenige Gesetze durch das Nadelohr des Volksentscheids ziehen - das kann gut sein oder auch schlecht. Wieviele neue Gesetze brauchen wir eigentlich? In den 50er Jahren erschien das Bundesgesetzblatt pro Jahr ein einem Band, heute sind es vier oder fünf. Wieviel davon ist notwendig, wieviel überflüssig? Entsprechend würde das Verfahren des Volksentscheids entweder eine heilsame Bremse darstellen oder einen fürchterlichen Engpaß, der uns auf einem veralteten und unzulänglichen Recht sitzen läßt.

In der Schweiz werden jedenfalls nur wenige Gesetze dem Volk vorgelegt, das meiste machen die politisch Erwerbstätigen ebenso volksfern wie hier im großen Kanton.

Ein Volksentscheid wäre übrigens nur eine weitere in einer langen Serie von Instanzen: erst mal die Bearbeitungskette im Ministerium, die Calimero so anschaulich geschildert hat, dann ggf. die Stellungnahme des Bundesrates, dann die Bearbeitung im Ausschuß, dann die öffentliche Plenardebatte. Demzufolge wäre der Volksentscheid ein ziemlich teurer letzter Filter, da wäre zu überlegen, ob der Grenznutzen den Aufwand noch rechtfertigt.

Volksentscheide sind gut bei Fragen, für die sich sehr viele Leute halbwegs interessieren, aber weniger gut für technische Spezialfragen und eher gefährlich bei sehr leidenschaftlich diskutierten Problemen.

Eine Idee, die mir sehr gut gefällt, sind die Dienelschen "Planungszellen" (das Wort hätte man ihm aber zu Lebzeiten links und rechts um die Ohren hauen sollen). Dabei diskutieren 25 zufällig ausgewählte Bürger eine Woche lang mit Experten und untereinander über ein Gesetz oder ein anderes öffentliches Vorhaben, und geben dann ein "Bürgergutachten" ab. Der juristisch naive Blick von beruflich vielfältig qualifizierten Laien könnte eine Menge von den Pferdefüßen erkennen.

Sollte übrigens bei einem fertigen Gesetz so ein Pferdefuß zutagetreten, kann man ja auch noch gesetzgeberisch nachbessern. In der ersten Regierung Schröder, als politische Amateure mit Bürokraten zu tun hatten, die noch auf den schwarzgelben Stil geeicht waren, war das an der Tagesordnung: das Wort "Nachbesserung" ist jahrelang ein running gag, geradezu ein Markenzeichen von Rotgrün gewesen.


Gruß,
Kallias
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.07.2008 18:52
#18 RE: KKK: Ein Rätsel. Wo ist der Sinn? Antworten

Zitat von Frank2000
Deswegen bin ich persönlich ein Verfechter des Volksentscheides auf Bundesebene. Das unsere politisch Erwerbstätigen suboptimale Ergebnisse liefern, lässt sich nicht verhindern. Es sollte aber eine Möglichkeit der Nachbesserung geben.

Basisdemokratie also, lieber Frank, um gewissermaßen die Schwarmintelligenz des Volks auszunutzen? Interessanter Gedanke.

Jedenfalls wäre ein Referendum so etwas wie ein Probelauf für ein Gesetz. In Irland gab es, bevor die Diskussion über das Referendum begonnen hatte, eine deutliche Mehrheit für den Vertrag von Lissabon. Je länger diskutiert wurde, umso mehr sank logischerweise die Zahl der Unentschlossenen; und zugleich erhöhte sich unter den Entschlossenen der Anteil der Gegner.

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im "kleinen Zimmer"!

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