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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 86 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.07.2008 03:09
Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Obama tritt in Deutschland auf, als sei er schon Präsident, und will die Welt neu erschaffen. Derweil hat es sich McCain bei Schmidt's in Columbus, Ohio schmecken lassen.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

25.07.2008 11:33
#2 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Ich verstehe seine Rede so: Zur Zeit der Luftbrücke haben wir euch geholfen und nun müsst ihr uns helfen, denn der Terrorismus ist keine geringere Gefahr als die Möglichkeit eines dritten Weltkrieges mit den Soviets damals war:

In Antwort auf:
Look at Berlin, where the determination of a people met the generosity of the Marshall Plan and created a German miracle; where a victory over tyranny gave rise to NATO, the greatest alliance ever formed to defend our common security.


Das ist der Vertrag und nun ist die andere Seite dran ihre Verpflichtungen einzuhalten. Und die Leute, 200.000 an der Zahl, rennen ihm wie bekloppt hinterher, obwohl die meisten - das war gestern in den Interviews zu erkennen - keinen blassen Schimmer haben wer der Herr überhaupt ist und was er will. Das erstaunliche daran: Die meisten von denen halten sich für besonders "kritisch" und glauben "nie wieder" einem Populisten hinterzulaufen.

Erstaunlich wie begeisterungsfähig die Masse, vor allem die Linke, mit simplen Tricks ist.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

25.07.2008 12:23
#3 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Und wahrscheinlich denken die meisten der 200.000 nicht im Traume daran, das deutsche Engagement in Afghanistan zu verstärken.

Etwas absurd finde ich, daß Obama's Webseite die Rede als "Remarks", also Bemerkungen verbucht. Für mich würde das eher auf eine paar Sätze als auf eine lange Rede passen.

Daß sich McCain ins pseudodeutsche Absurdistan begeben hat (was ist eigentlich Knockwurst?) finde ich nicht schön (aber vom Kampagnenstandpunkt her verständlich), aber daß Obama in dieser Stadt der Selbstüberschätzung reden muß, macht ihn mir noch unsympathischer.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

Rainer Offline



Beiträge: 69

25.07.2008 12:24
#4 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

@ dirk
Die bösen Populisten sind halt immer die anderen.

Hier übrigens ein wunderbares Beispiel einer politischen Plattform, die auch noch heftigen Zuspruch erfährt, obwohl ihr "Wahlprogramm" so ziemlich das übelste ist, das mir je in Zusammenhang mit Demokratie untergekommen ist. Achtung: Stahlharte Nerven werden vorausgesetzt!
http://rainerinnreiter.blog.de/2008/07/2...ei-aquo-4492921

http://rainer.over-blog.de/

califax Offline




Beiträge: 1.502

25.07.2008 13:17
#5 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten
Zitat von str1977
was ist eigentlich Knockwurst?


Knackwurst, in Sachsen und anderswo auch Knacker genannt. Je nach Region ist das eine Bockwurst oder eine geräucherte Bratwurst (ähnlich den Mettwürsten in Westfalen oder den Kaminwurzen aus dem Alpenraum). Dunkles Sauerteigbrot mit frischer Zwiebel und sächsischer Knoblauchknacker ist zum Beispiel eine echte Delikatesse.

Update: Die beste Verlobte aller Zeiten hat als Kind in Westfalen gern gesungen:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen
Den schickt er in die Wurstfabrik
Und läßt ihn von der Knackwurst beißen
Und schenkt ihm von dem Speck ein Stück

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Kallias Offline




Beiträge: 2.297

25.07.2008 13:56
#6 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten
Zitat von Dirk
Und die Leute, 200.000 an der Zahl, rennen ihm wie bekloppt hinterher

Das taten sie ja gar nicht. Bei den Stellen, wo er von der Luftbrücke, dem Kommunismus usw. sprach, gab es einfach keinen Beifall. Man wurde auch nicht gleich unruhig - nur als Obama auf Aghanistan kam, entfuhr einer Frau in meiner Nähe ein kritisch-resigniertes "Tja!"

Obama hat überhaupt mit kaltem Wasser nicht gespart: "in the Balkans, where our Atlantic alliance ended wars", wo doch klar ist, daß es sich um völkerrechtswidrige Angriffskriege der USA und NATO gehandelt hatte. "If we could win a battle of ideas against the communists, we can stand with the vast majority of Muslims who reject the extremism that leads to hate instead of hope", wo doch klar ist, daß Antikommunismus eine längst überwundene Dummheit ist und wir den Dialog mit dem gemäßigten Flügel der Extremisten suchen müssen. Man hörte es sich an.

Was an den linken Massen heute auffällt, ist ihre freundliche Bravheit. Enthusiasmus, Verschrobenheit oder Aggressivität findet man dort kaum noch. Gorbi weckte mehr Emotionen als Obama.

Bis auf wenige Stellen hätte die Rede wohl auch von einem Republikaner gehalten werden können, eine Beobachtung, die mich über Obama etwas beruhigt hat: es besteht Hoffnung, daß ihn die Apparate zähmen würden.

Gruß,
Kallias
Kallias Offline




Beiträge: 2.297

25.07.2008 14:23
#7 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von str1977
Stadt der Selbstüberschätzung

Das wird er nicht gewußt haben.

Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.07.2008 14:27
#8 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von dirk
Ich verstehe seine Rede so: Zur Zeit der Luftbrücke haben wir euch geholfen und nun müsst ihr uns helfen, denn der Terrorismus ist keine geringere Gefahr als die Möglichkeit eines dritten Weltkrieges mit den Soviets damals war:
In Antwort auf:
Look at Berlin, where the determination of a people met the generosity of the Marshall Plan and created a German miracle; where a victory over tyranny gave rise to NATO, the greatest alliance ever formed to defend our common security.

Das ist der Vertrag und nun ist die andere Seite dran ihre Verpflichtungen einzuhalten.

Stimmt, lieber Dirk. Ich hatte eher gesehen, daß Obama damit bei den Berlinern und den Deutschen Sympathien sammeln, dh diejenigen, die man für diese Hilfe der USA hat, auf seine eigenen Mühlen lenken wollte.

Aber ich glaube, Sie haben Recht: Man kann das auch als Vorgeschmack auf das lesen, was ein Präsident Obama für Europa bedeuten wird - weit mehr Ausspielen der Macht der USA, als Bush das jemals versucht hat.

Bush hat im Sommer 2002 bei den europäischen Alliierten sondieren lassen, wie sie sich im Fall einer Invasion des Irak verhalten würden. Die Regierung Schröder hat damals erklärt, Deutschland könne sich nicht beteiligen, werde aber einem solchen Krieg auch keinen Stein in den Weg legen. Das hat Bush akzeptiert. Auch später hat wiederholt gesagt, er respektiere die besondere historische Situation Deutschlands und dränge deshalb nicht auf mehr, als Deutschland militärisch geben wolle und könne.

Das wird bei Obama vorbei sein. Sein Irak ist Afghanistan. Er will dort das erreichen, was Bush im Irak erreichen wollte - einen den USA wohlgesonnenen, einigermaßen stabilen demokratischen Staat. Er wird uns zu zwingen versuchen, dafür mit in den Kampf zu ziehen.
Zitat von dirk
Und die Leute, 200.000 an der Zahl, rennen ihm wie bekloppt hinterher, obwohl die meisten - das war gestern in den Interviews zu erkennen - keinen blassen Schimmer haben wer der Herr überhaupt ist und was er will.

Tja, lieber Dirk. Das ist ja dann wohl das Werk unserer Medien.

Wäre mal ein schönes Thema für eine Dissertation: Die Darstellung von Obama und von McCain in, sagen wir, dem öffentlich-rechtlichen deutschen TV. (Von mir aus auch den Privaten, da ist es ja nicht anders).

Ich habe ja mal versucht, ein wenig den Hintergrund des deutschen Verhältnisses zu Kennedy einerseits und G.W. Bush andererseits zu beleuchten. Diese lächerliche Verehrung Obamas scheint mir in diesen Kontext zu gehören: Gegen Bush, den Bösen, konnten wir Deutschen uns moralisch erheben. Und von Obama, dem Guten, wollen wir jetzt geliebt werden.

"Ihr Deutsche wollt immer geliebt werden" hat mir mal ein französischer Bekannter gesagt. Dahinter steckt, denke ich, immer noch das Trauma der Nazizeit und der Beschädigung, die das deutsche Nationalgefühl durch sie erfahren hat.
Zitat von dirk
Das erstaunliche daran: Die meisten von denen halten sich für besonders "kritisch" und glauben "nie wieder" einem Populisten hinterzulaufen.

Ja, das ist mir besonders bei Liberalen unerklärlich.

Viele Linke sind ja ausgesprochen autoritär gestrickt. Nicht nur Stalin haben sie verehrt, bis hin zu "kritischen Intellektuellen". Auch Castro, Che Guevara, ja selbst die Massenmörder Mao und Ho Tschi Minh.

Ich habe, lieber Dirk, immer wieder die Erfahrung gemacht, daß die meisten Linken mit "kritisch" etwas ganz Anderes meinen als wir Liberalen (oder als zB Wissenschaftler, wenn sie von einer kritischen Diskussion reden): Sie meinen damit eigentlich entlarvend, polemisch.

Sie meinen vor allem, daß sie etwas auf seine "gesellschaftlichen Ursachen" zurückführen wollen. Das geht auf Marx selbst zurück, der das mit seiner "Kritik der kritischen Kritik" vorgemacht hat. ("Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Kunsorten", zusammen mit Engels geschrieben).

In diesem Sinn lassen sich viele Linke von niemand an "Kritk" überbieten. Aber wenn es um Skepis geht, um Distanz gegenüber Führern - da kommt von ihnen nicht viel.

Ich bin gespannt, wann die ersten Bilder auftauchen, die Obama Seit an Seit mit Che Guevara zeigen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.07.2008 14:36
#9 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von str1977
Etwas absurd finde ich, daß Obama's Webseite die Rede als "Remarks", also Bemerkungen verbucht. Für mich würde das eher auf eine paar Sätze als auf eine lange Rede passen.

Das Wort "Remarks" hat, lieber str1977, im Englischen eine etwas andere Konnotation als das deutsche "Bemerkungen". Man kann es in bestimmten Kontexten - wie hier - auch mit "Äußerungen" übersetzen.
Zitat von str1977
Daß sich McCain ins pseudodeutsche Absurdistan begeben hat (was ist eigentlich Knockwurst?) finde ich nicht schön (aber vom Kampagnenstandpunkt her verständlich), aber daß Obama in dieser Stadt der Selbstüberschätzung reden muß, macht ihn mir noch unsympathischer.

Zur Knockwurst hat ja Califax schon Sachkundiges beigetragen, unter kulinarischem Aspekt.

Unter sprachlichem Aspekt interessant ist, daß es auf dieser Speisekarte nur so von Fehlern wimmelt. So, wie auch die Gerichte, nach der Beschreibung zu urteilen, der deutschen Küche ungefähr so ähnlich sind wie Chop Suey der chinesischen.

Das Restaurant wird in der soundsovielten Generation - seit 120 Jahren - von den Schmidts geführt. Aber offenbar kann man dort kein Wort Deutsch mehr. So funktioniert Assimilation!

Was die Selbstüberschätzung angeht - nein, die Berliner überschätzen sich nicht. Sie haben eine naßforsche, herausfordernde Art; wie auch die Pariser, wahrscheinlich Hauptstadtbewohner weltweit.

Wenn man sich davon ins Bockshorn jagen läßt, ist man selber schuld. Wenn man contra gibt, wird "der Berliner" nie übelnehmen.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

25.07.2008 14:44
#10 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

In Antwort auf:
"Ihr Deutsche wollt immer geliebt werden" hat mir mal ein französischer Bekannter gesagt.

Da hat er recht.
Und wenn ein Deutscher etwas will, dann hält er das auch gleich für einen Rechtsanspruch. Und ist empört, wenn das nicht klappt.

In Antwort auf:
Dahinter steckt, denke ich, immer noch das Trauma der Nazizeit und der Beschädigung, die das deutsche Nationalgefühl durch sie erfahren hat.

Das hat das noch einmal verstärkt - aber grundsätzlich ist das eine uralte Sache, die Deutschen hatten schon immer Probleme mit ihrer nationalen Befindlichkeit.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

25.07.2008 14:48
#11 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Ganz offensichtlich wird Obama hierzulande wesentlich mehr verehrt als in den USA (wo ich immer noch eher bereit wäre, auf seine Niederlage zu wetten).

Offensichtlich gibt es eben doch bei vielen Deutschen noch das Bedürfnis, unkritisch einer Führerfigur zuzujubeln.

Aber die Lösung wäre so einfach: Obama wird Regierender Bürgermeister von Berlin (da kann er eigentlich nur eine Verbesserung sein), und McCain Präsident der USA.
Damit wäre eigentlich allen gedient.

Rainer Offline



Beiträge: 69

25.07.2008 18:05
#12 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von R.A.
Ganz offensichtlich wird Obama hierzulande wesentlich mehr verehrt als in den USA (wo ich immer noch eher bereit wäre, auf seine Niederlage zu wetten).

Offensichtlich gibt es eben doch bei vielen Deutschen noch das Bedürfnis, unkritisch einer Führerfigur zuzujubeln.



Dies beruht wohl auf einem grundsätzlichen Irrtum: Demokrats = links und kreuzbrav, Republicans = rechtsradikale Wahnsinnige.
Dass sich beide Parteien voneinander kaum unterscheiden und beispielsweise ein Ronald Reagan Demokrat war, bevor er das Lager wechselte und Präsident wurde, wird geflissentlich übersehen.
Dieses Phänomen beobachte ich eigentlich seit meiner Jugend. Jeder Kandidat der Republikaner wurde quasi zu Darth Vader aufgebaut, während bei den Demokraten eine Reinkarnation des Messias nach der anderen antrat.
Dass der unkritisch bejubelte Demokrat Bill Clinton beispielsweise ohne jegliche UNO-Resolution oder irgendeinen feindlichen Kriegsakt Libyen bombardieren ließ - man stelle sich vor, Bush würde aus heiterem Himmel Teheran oder Syrien bombardieren lassen! -, hat weder damals, noch heute seine Reputation gefährdet.

Aber so hat eben jeder seinen Rucksack mit Vorurteilen zu tragen: Wir halten die Amis für vertrottelte Waffenfetischisten, die halten uns für verweichlichte linke Ökospinner. Wobei ich befürchte, dass letzteres nicht von der Hand zu weisen ist ...

http://rainer.over-blog.de/

dirk Offline



Beiträge: 1.538

25.07.2008 18:15
#13 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

In Antwort auf:
Wäre mal ein schönes Thema für eine Dissertation: Die Darstellung von Obama und von McCain in, sagen wir, dem öffentlich-rechtlichen deutschen TV. (Von mir aus auch den Privaten, da ist es ja nicht anders).
ICh bin auch gerade auf der Suche nach möglichen Themen. Fällt nur leider nicht in meinen Themenkreis -oder wäre das bei Ihnen mäglcih ?

In Antwort auf:
Ich habe, lieber Dirk, immer wieder die Erfahrung gemacht, daß die meisten Linken mit "kritisch" etwas ganz Anderes meinen als wir Liberalen


Oh, in der Tat. Mir ist es bisher nicht aufgefallen, aber nun schlug ich den Begriff "kritische Theorie" in der Wikipedia nach. Dort heisst es:

In Antwort auf:
Die Kritische Theorie versucht demgegenüber einen Vernunftbegriff zu erarbeiten, der nicht losgelöst von seinen Zwecken existiert, also nicht in der Zweck-Mittel-Rationalität aufgeht. [????] Sie zielt nach Vorstellung ihrer Begründer darauf ab, die vorgefundene gesellschaftliche Totalität und ihre Rahmenbedingungen zu überprüfen, aufgrund derer die Wissenschaft mitsamt ihren Trägern [...] der gesellschaftlichen Ordnung gar nicht (oder zumindest noch nicht) [...] objektiv sein könne.


Auf deutsch: Wenn ein Wissenschaftler sich gegen die Hypothese vom anthropogenen Treibhauseffekt wendet, ist er von der Ölindustrie gekauft. Da scheint "Kritik" (wie das "Unbewusste") eher ein Werkzeug zu sein mit dem man kognitive Dissonanzen auflöst. Das genaue Gegenteil von Kritik im ursprünglichen Sinne.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2008 19:50
#14 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von califax
Zitat von str1977
was ist eigentlich Knockwurst?


Knackwurst, in Sachsen und anderswo auch Knacker genannt.


Aha, also mal wieder so eine seltsame Schreibweise.

In Antwort auf:
Update: Die beste Verlobte aller Zeiten hat als Kind in Westfalen gern gesungen:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen
Den schickt er in die Wurstfabrik
Und läßt ihn von der Knackwurst beißen
Und schenkt ihm von dem Speck ein Stück



Nicht nur in Westfalen wird das gesungen - im Rhein-Main-Gebiet gibt es folgende Version:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen
Den schickt er in die Wurstfabrik
Und läßt ihn von der Fleischwurst beißen
Und gibt ihm noch ein Stückchen mit


(Ich hab mal alles hochdeutsch geschrieben - es heißt natprlich "Worscht", "beiße" und "Stücksche".

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2008 19:57
#15 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von str1977
Etwas absurd finde ich, daß Obama\'s Webseite die Rede als "Remarks", also Bemerkungen verbucht. Für mich würde das eher auf eine paar Sätze als auf eine lange Rede passen.

Das Wort "Remarks" hat, lieber str1977, im Englischen eine etwas andere Konnotation als das deutsche "Bemerkungen". Man kann es in bestimmten Kontexten - wie hier - auch mit "Äußerungen" übersetzen.


Was aber nichts am Problem ändert. Es geht hier nicht um "Äußerungen" (z.B. in einem Interview würde ich das gelten lassen) sondern um eine lange, in sich geschlossene, komponierte Rede.

Zitat von Zettel
Unter sprachlichem Aspekt interessant ist, daß es auf dieser Speisekarte nur so von Fehlern wimmelt. So, wie auch die Gerichte, nach der Beschreibung zu urteilen, der deutschen Küche ungefähr so ähnlich sind wie Chop Suey der chinesischen.

Das Restaurant wird in der soundsovielten Generation - seit 120 Jahren - von den Schmidts geführt. Aber offenbar kann man dort kein Wort Deutsch mehr. So funktioniert Assimilation!


Eine solche Assimilation ist aber nicht wirklich positiv.

Zitat von Zettel
Was die Selbstüberschätzung angeht - nein, die Berliner überschätzen sich nicht. Sie haben eine naßforsche, herausfordernde Art; wie auch die Pariser, wahrscheinlich Hauptstadtbewohner weltweit.


Das ist ja grade das Übel, das diese Stadt wieder Hauptstadt geworden ist. Aber dennoch ist es Selbstüberschätzung, denn Deutschland als Bundesstaat braucht keine Überzentrale wie Frankreich und Großbritannien sie haben.

Nur leider weiß ich kein wirksames Mittel dagegen, daß auch akzeptable wäre.

Gruß,
str1977

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Aber beide sind aus Stein gemacht.

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str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2008 20:04
#16 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von Rainer
Zitat von R.A.
Ganz offensichtlich wird Obama hierzulande wesentlich mehr verehrt als in den USA (wo ich immer noch eher bereit wäre, auf seine Niederlage zu wetten).

Offensichtlich gibt es eben doch bei vielen Deutschen noch das Bedürfnis, unkritisch einer Führerfigur zuzujubeln.



Dies beruht wohl auf einem grundsätzlichen Irrtum: Demokrats = links und kreuzbrav, Republicans = rechtsradikale Wahnsinnige.


Stimmt. Es war auch sehr passend, daß Frau Gaus, die heute im Presseclub sich als Obamaniac bewiesen hat, eine einzige kritische Stimme zitiert hat, nämlich einen Zuhörer, der über Obama meinte: "Der ist ja gar nicht so links!"

Die Zuordnung von "links" und "rechts" zu den beiden Parteien paßt aber überwiegend: sicher sind nicht alle Demokraten Linke, aber die Partei wird von gemäßigten Linken beherrscht. Und die Republikaner nicht alles Rechte, aber mit deutschen Standards gemessen, kommt das schon hin.

In Antwort auf:
Dass sich beide Parteien voneinander kaum unterscheiden


Das kann man so nicht gerade sagen. Beide Parteien sind nur sehr flexibel und unterscheiden sich meist in ihrer Geschichte mehr von sich selbst als vom Gegner.

In Antwort auf:
...und beispielsweise ein Ronald Reagan Demokrat war, bevor er das Lager wechselte und Präsident wurde, wird geflissentlich übersehen.


Nur ist das schon Jahrzehnte her, bevor die Demokraten sich im Jahre 1972 ins Abseits gestellt haben und die Republikaner (eben durch Reagan, teilweise auch schon durch Nixon, und später unter GWB) für gemäßigte bzw. konservativere Demokraten geöffnet haben.

In Antwort auf:
Dieses Phänomen beobachte ich eigentlich seit meiner Jugend. Jeder Kandidat der Republikaner wurde quasi zu Darth Vader aufgebaut, während bei den Demokraten eine Reinkarnation des Messias nach der anderen antrat.


Ja, das stimmt. Der Republikaner ist immer der Böse.

In Antwort auf:
Dass der unkritisch bejubelte Demokrat Bill Clinton beispielsweise ohne jegliche UNO-Resolution oder irgendeinen feindlichen Kriegsakt Libyen bombardieren ließ - man stelle sich vor, Bush würde aus heiterem Himmel Teheran oder Syrien bombardieren lassen! -, hat weder damals, noch heute seine Reputation gefährdet.


Das frage ich mich auch schon lange. Warum wird Bush so gehaßt, wenn seine Außenpolitik doch der Clinton 's so sehr ähnelt?

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

27.07.2008 23:13
#17 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von Zettel

Ich bin gespannt, wann die ersten Bilder auftauchen, die Obama Seit an Seit mit Che Guevara zeigen.


Gibts schon, gottlob bisher nur als Satire auf einem republikanisch gesinnten Fanshop

http://patriotshop.us/popup_image.php?pID=731

Gruß Petz

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.07.2008 01:02
#18 RE: Der 44. Präsident der USA (6): Zweimal deutsch Antworten

Zitat von str1977
Nicht nur in Westfalen wird das gesungen - im Rhein-Main-Gebiet gibt es folgende Version:
Wem Gott will rechte Gunst erweisen
Den schickt er in die Wurstfabrik
Und läßt ihn von der Fleischwurst beißen
Und gibt ihm noch ein Stückchen mit

(Ich hab mal alles hochdeutsch geschrieben - es heißt natprlich "Worscht", "beiße" und "Stücksche".

In richtigem Hessisch, also Frangfodderisch, heißt die Schlußzeile: "... un gibd em noch en Zibbel mit".

Ich habe es als Kind gesungen, lieber str1977, und zwar inbrünstig. Denn für uns Nachkriegskinder wäre es absolut ein Gottesgeschenk gewesen, in die Woschdfabrigg geschickt zu werden.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.07.2008 02:08
#19 Hauptstadt Berlin Antworten

Zitat von str1977
Das ist ja grade das Übel, das diese Stadt wieder Hauptstadt geworden ist.

Sie ist es, streng genommen, ja nicht wieder geworden, lieber str1977. Bonn war formal niemals deutsche Hauptstadt, sondern nur die provisorische Hauptstadt des Provisoriums Bundesrepublik Deutschland.

Es war bis 1989 völlig klar, daß Berlin die Hauptstadt geblieben war und auch wieder diese Funktion übernehmen würde, sobald Deutschland wiedervereinigt sein würde.

Erst als das dann tatsächlich passiert war, erhoben sich Stimmen, die sagten: April, April! Jetzt wollen wir Bonn zur Hauptstadt machen. So ungefähr, wie man eine jahrzehntelange Liaison irgendwann als Ehe legimitieren möchte.

Zum Glück ist es dazu nicht gekommen. Das war gut für Bonn (das sich seither prächtig entwickelt hat), es war gut für Berlin (das langfristig auch wirtschaftlich erfolgreich sein wird, wenn es erst einmal mit Brandenburg zu Preußen wiedervereinigt sein wird), es war gut für die Neuen Länder.

Es war gut für Deutschland. Denn von einem Berliner Zentralismus kann ja keine Rede sein. Die Bundesstaaten sind stark wie eh und je.

Das heutige Problem ist nicht ein Berliner Zentralismus, den es nicht gibt, sondern es ist der Brüsseler Zentralismus, der sich in einem atemberaubenden Tempo entwickelt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.07.2008 04:31
#20 Obama und die deutsche Befindlichkeit Antworten

Zitat von R.A.
Das hat das noch einmal verstärkt - aber grundsätzlich ist das eine uralte Sache, die Deutschen hatten schon immer Probleme mit ihrer nationalen Befindlichkeit.

Ich bin da inzwischen nicht mehr so sicher, lieber R.A. Es hat halt a bisserl länger gedauert, bis aus der Kulturnation auch eine politische Nation geworden war, und lange Zeit war nicht so ganz klar, wer denn nun eigentlich dazugehört - aber ab 1871 war doch eigentlich alles ganz normal. (Ich glaube, darüber haben wir schon einmal diskutiert - ich sehe diese Pathologie des Kaiserreichs nicht).

Aber das Trauma der Nazizeit, das hat uns Deutsche wirklich aus der Bahn geworfen. Wenn ich überlege, warum dies und jenes im Deutschland des vergangenen halben Jahrhunderts anders war als anderswo - am Ende bin ich mit meinen Erklärungsversuchen immer wieder bei diesem Trauma.

Bis hin zu eben jetzt dieser Obama-Vergötterung, die es so weder in Frankreich noch im UK gibt. Da versucht wieder einmal ein Gefühl der nationalen Begeisterung, dem sein natürlicher Gegenstand immer noch mehr oder weniger verbaut ist, sich mit einem anderen Gegenstand schadlos zu halten. Verschiebung hat Freud das genannt.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 6.905

28.07.2008 15:36
#21 RE: Obama und die deutsche Befindlichkeit Antworten

In Antwort auf:
Zum Glück ist es dazu nicht gekommen. Das war gut für Bonn (das sich seither prächtig entwickelt hat), es war gut für Berlin (das langfristig auch wirtschaftlich erfolgreich sein wird, wenn es erst einmal mit Brandenburg zu Preußen wiedervereinigt sein wird), es war gut für die Neuen Länder.

Das ist vermutlich eine Generationsfrage, lieber Zettel, aber ich find das nicht allzu glücklich. Für Bonn war der Regierungsumzug erstmal kein Glücksfall, auch wenn man mit den Ausgleichsmilliarden sicher einiges abfedern konnte. Auch die Ansiedlung von Telekom und Post waren sicher glückliche Umstände. Abgesehen davon kann ich das gute nicht sehen (okay, es gibt weniger Riesendemos, die die Stadt verstopfen).
Für Berlin war es sicher ganz vorteilhaft, denn man hat damit wieder eine gute Begründung gefunden, warum man am Tropf der Nation hängen kann. Wo man zuerst als Fanal der Freiheit in der DDR subventioniert werden musste (ist einzusehen), so konnte man damit nahtlos dahin übergehen, dass eine Hauptstadt eben ja auch den Service "Hauptstadt" anbieten muss und daher von der restlichen Republik gefördert werden muss.

Das wichtigste haben Sie meines Erachtens aber aussen vor gelassen: Ob es gut für die BRD ist. Und mal ab von der fragwürdigen politischen Aussage, die man mit der Idee eines Regierungssitzes in Berlin verbinden kann, so bleibt was viel handfesteres übrig und das sind Kosten. Was der ganze Umzug gekostet hat geht auf keine Kuhhaut. Und wofür ? Der Nutzen ist (mal ab von dem direkten Nutzen für Berlin, wie gerade geschrieben) allenfalls von rein gefühlstechnischer Natur, während die Kosten ganz konkret Dutzende von Milliarden betragen haben (genaue Zahlen gibts aus gutem Grunde nicht). So ein Wahnsinn, und wofür ? Für das Gefühl eine bestimmte Hauptstadt zu haben, na danke. Ein ziemlich hoher Preis, finde ich.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.07.2008 16:36
#22 RE: Obama und die deutsche Befindlichkeit Antworten

Zitat von Llarian
Für Bonn war der Regierungsumzug erstmal kein Glücksfall, auch wenn man mit den Ausgleichsmilliarden sicher einiges abfedern konnte. Auch die Ansiedlung von Telekom und Post waren sicher glückliche Umstände. Abgesehen davon kann ich das gute nicht sehen (okay, es gibt weniger Riesendemos, die die Stadt verstopfen).

Es sind zahlreiche internationale Organisationen nach Bonn gekommen. Vor ein paar Jahren hat mir mal ein Taxifahrer in Bonn gesagt, der Stadt sei es noch nie so gut gegangen wie jetzt. Und Taxifahrer müssen es ja wissen.
Zitat von Llarian
Für Berlin war es sicher ganz vorteilhaft, denn man hat damit wieder eine gute Begründung gefunden, warum man am Tropf der Nation hängen kann. Wo man zuerst als Fanal der Freiheit in der DDR subventioniert werden musste (ist einzusehen), so konnte man damit nahtlos dahin übergehen, dass eine Hauptstadt eben ja auch den Service "Hauptstadt" anbieten muss und daher von der restlichen Republik gefördert werden muss.

Die Berliner sind selbst schuld, daß sie eine Volksfront-Regierung nicht nur durch ihr Wahlverhalten numerisch möglich gemacht haben, sondern sie offenbar gar nicht schlecht finden.

Ostberlin wurde von den DDR-Oberen gemästet, das stimmt. Man hatte offenbar in der DDR eine riesige Wut auf die "Hauptstadt", die alles das bekam, was anderswo nicht zu haben war.

Bei Westberlin lagen die Dinge anders. Es ist erstaunlich, daß diese Stadt mit einer unmöglichen geographischen Lage einigermaßen über die Runden gekommen ist. Das ging nun einmal nur mit der Berlinhilfe.

Die übrigens manche kuriosen Züge hatte. Philatelisten wissen das noch: Das "Notopfer Berlin" in Gestalt einer kleinen, schmalen blauen Briefmarke im Wert von 2 Pfennigen, die man neben die eigentliche Frankierung kleben mußte. Genannt "der Floh".
Zitat von Llarian
Was der ganze Umzug gekostet hat geht auf keine Kuhhaut. Und wofür ? Der Nutzen ist (mal ab von dem direkten Nutzen für Berlin, wie gerade geschrieben) allenfalls von rein gefühlstechnischer Natur, während die Kosten ganz konkret Dutzende von Milliarden betragen haben (genaue Zahlen gibts aus gutem Grunde nicht). So ein Wahnsinn, und wofür ? Für das Gefühl eine bestimmte Hauptstadt zu haben, na danke. Ein ziemlich hoher Preis, finde ich.

Man kann solche "Kosten", lieber Llarian, nahezu beliebig beziffern. (Das ist wie bei der CO2-"Fußspur" ).

Das meiste Geld wurde ja nicht dafür ausgegeben, die Möbel der Bediensteten in Möbelwagen zu packen und nach Berlin zu fahren. Das sind die einzigen wirklichen "Umzugskosten". Ansonsten wurden Gebäude in Berlin renoviert oder neu gebaut, um die Ministerien aufzunehmen. Das diente der Entwicklung Berlins, und die Gebäude in Bonn stehen ja nun nicht leer.

Was alles auf der Positiv-Seite zu verzeichnen ist - bis hin zu den Kneipen, in denen sich jetzt die Politiker und Journalisten treffen -, das ist kaum zu beziffern.

Ich halte, lieber Llarian, von solchen Kostenberechnungen generell wenig. Daran ist ja zB auch die Olympia-Bewerbung von Berlin gescheitert. Die Anti-Gruppen haben "ausgerechnet", was das alles kostet und wieviele Schulen usw. man dafür bauen könnte. Was alles an Geld durch Olympische Spiele in die Stadt gekommen wäre, was alles an Geld durch Olympische Spiele nach Deutschland gekommen wäre, das hat man nicht berücksichtigt.

Oder denken Sie an die Fußball-WM. Sogar die Besserung der allgemeinen Stimmung dürfte sich in einige Zehntel Prozent mehr Wirtschaftswachstum umgesetzt haben.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 6.905

28.07.2008 18:04
#23 RE: Obama und die deutsche Befindlichkeit Antworten

In Antwort auf:
Vor ein paar Jahren hat mir mal ein Taxifahrer in Bonn gesagt, der Stadt sei es noch nie so gut gegangen wie jetzt.

Wie schon gesagt, Post und Telekom waren ganz glückliche Fügungen. Und die Ausgleichszahlungen haben viel gefedert. Bis jetzt, denn jetzt sind sie alle. Es wird sich finden, ob Bonn es jetzt wirklich schafft die UNO Stadt zu werden, die es sein möchte. So oder so würde es der Stadt nicht schlechter gehen, wenn die Ministerien noch alle da wären, sondern deutlich besser.
In Antwort auf:
Bei Westberlin lagen die Dinge anders. Es ist erstaunlich, daß diese Stadt mit einer unmöglichen geographischen Lage einigermaßen über die Runden gekommen ist. Das ging nun einmal nur mit der Berlinhilfe.

Bestreite ich ja auch nicht. Nur ist das eben mit Subventionen eine traurige Sache, man gewöhnt sich daran. Und Berlin hat sich daran gewöhnt, sowohl im Westen wie im Osten. Und da wo diese Begründung jetzt weggefallen ist, weckt der Begriff Hauptstadt wieder die Rechtfertigung weiterhin am Tropf zu hängen. Das sind dann so berühmte Fragen wie, braucht Berlin eine Oper ? Oder eine Philharmonie ? Liberal würde man sagen, ja, wenn die das selbst bezahlen. Aber ich habe schon von mehreren unterschiedlichen Berlinern die These vernommen, natürlich brauche Berlin das alles und der Bund solle dafür gerade stehen. Denn Berlin ist ja Hauptstadt und eine Hauptstadt hält diesen kulturellen Schatz ja für alle Bewohner des Landes bereit. Das ist diese Form von Begehrlichkeiten, die ich sehe: "Wir sind Berlin und weil wir die Hauptstadt sind, brauchen wir auch mehr Geld."
In Antwort auf:
Was alles an Geld durch Olympische Spiele in die Stadt gekommen wäre, was alles an Geld durch Olympische Spiele nach Deutschland gekommen wäre, das hat man nicht berücksichtigt.

Das ist richtig, aber ein gänzlich anderer Fall. Olympia bewirkt einen Geldfluss nach Deutschland (in der Nettobilanz), es entsteht also wirklich ein Gewinn, den sonst ein anderer machen würde. Ein Regierungsumzug erzeugt zwar in der Stadt, wo es hingeht, eine Baunachfrage, diese Nachfrage fällt aber wo anders dafür weg (und zwar innerhalb von Deutschland). Wenn in Berlin neue Kneipen für Ministeriale entstehen, dann schliessen die in Bonn dafür. Damit haben wir uns Geld von der rechten in die linke Tasche gesteckt und das zum Gewinn erklärt. Umgekehrt ist das Geld, dass man für die neuen Paläste und Ministerien ausgegeben hat, verbraucht. Und es wurde in meinen Augen einzig zu dem Zweck verbraucht, damit Berlin jetzt Hauptstadt ist.

Ein Zweck dessen Sinn ich nicht sehe, einige große Nationen (und so manche kleine) haben ganz bewusst als Hauptstadt eine Stadt gewählt, die nicht dem größten Siedlungsgebiet entspricht.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

28.07.2008 20:20
#24 RE: Hauptstadt Berlin Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von str1977
Das ist ja grade das Übel, das diese Stadt wieder Hauptstadt geworden ist.

Sie ist es, streng genommen, ja nicht wieder geworden, lieber str1977. Bonn war formal niemals deutsche Hauptstadt, sondern nur die provisorische Hauptstadt des Provisoriums Bundesrepublik Deutschland.


Eben. Damit war Bonn eben doch die Hauptstadt eines der deutschen Staaten. Berlin als solches war vor 1990 Hauptstadt von gar nichts. Ost-Berlin die Hauptstadt der DDR (wenn auch nur illegalerweise, via einen Verstoß gegen den Viermächtestatus, den gerade die DDR in Richtung Westen immer sehr betont hat. Da fällt mir ein - Berlin war noch nicht mal Teil der BRD).

Insodern ist Berlin eben nicht "(die) Hauptstadt geblieben". Und tatsächlich hat ja zumindest in den 20 Jahren vor 1989 niemand mit eienr baldigen Wiedervereinigung gerechnet.

In Antwort auf:
Zum Glück ist es dazu nicht gekommen. Das war gut für Bonn


Leider, leider, leider.

Gut für Bonn interessiert mich eigentlich nur sekundär. Klar, habe ich da eine gewisse Sympathie, denn Bonn hat 40 Jahre gezeigt wie man eine unprätentiöse Hauptstadt sein kann. Aber ob es wirklich gut für Bonn war, darüber haben schon andere geschrieben.

Gut für Deutschland ist es sicherlich nicht, jetzt wieder seine Regierung in einer sich allen überlegen und als Weltmetropole dünkende Stadt zu haben.

Überhaupt nichts spricht für Berlin als Hauptstadt, weder die Geschichte (so toll war das nicht, seit Preußen den Rest Deutschland geknechtet hat - außerdem liegt das Herz Deutschlands eben nicht an seiner Ostgrenze - wenn man unbedingt ostwärsts gehen wollte, gäbe es ein halbes Dutzend bessere Kandidaten), noch die Kultur (die ich für die 20er Jahre zugeben will - aber das ist lange vorbei), noch die Menschen dort, noch der Status Quo 1990 (das sieht natürlich inzwischen anders aus, aber ist auch das schwächste Argument). Genau genommen ist Berlin noch nicht mal die größte Stadt in Deutschland, denn es ist nur ein zusammengeschlossener Landkreis. Nähme man das Ruhrgebiet zusammen, wäre diese Stadt größer.

Und gut für Berlin interessiert mich am allerwenigsten: die sollen ihr Zeugs selbst bezahlen.

In Antwort auf:
Denn von einem Berliner Zentralismus kann ja keine Rede sein. Die Bundesstaaten sind stark wie eh und je.


Sind sie das? Nein, an jeder Ecke steht jemand der etwas bundeseinheitlich regeln will (was zugegeben nichts mit Berlin zu tun). Minister Schily wäre in Bonn sicher nicht auf so dumme Zentralisierungsideen gekommen.

Im übrigen, den meisten "Bundestaaten" sind ihre Rechte völlig schnuppe. Der Föderalismus ist doch völlig ausgehöhlt, was nur sehr marginal in der Föderalismusreform angegangen war.

In Antwort auf:
Das heutige Problem ist nicht ein Berliner Zentralismus, den es nicht gibt, sondern es ist der Brüsseler Zentralismus, der sich in einem atemberaubenden Tempo entwickelt.


Nun, da sind wir nun mal anderer Meinung. Zentralistische Gefahren aus Europa gäbe es ohne den Willen der Bundesregierung(en) gar nicht - die innerdeutschen Gefahren sind da viel größer, wenn es eine Kanzlerdarstellerin nicht lassen kann, über Schulen zu reden. Da kann man nur sagen: Wenn man keine Kompetenz hat, einfach mal ...

Aber der Zentralismus ist nicht so sehr die Sache der Berliner, wenn auch die Stadt so etwas nahelegen mag. Was aber nicht akzeptabel ist, das eine Stadt unter anderen meint, der Bund solle ihr alles bezahlen.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

28.07.2008 20:31
#25 RE: Obama und die deutsche Befindlichkeit Antworten

Zitat von Zettel
Und Taxifahrer müssen es ja wissen.


Ja genau. Die müssen es ja wissen.

In Antwort auf:
Die Berliner sind selbst schuld, daß sie eine Volksfront-Regierung nicht nur durch ihr Wahlverhalten numerisch möglich gemacht haben, sondern sie offenbar gar nicht schlecht finden.


Fällt das nun unter die Gründe, warum eine Hauptstadt Berlin toll ist?

In Antwort auf:
Bei Westberlin lagen die Dinge anders. Es ist erstaunlich, daß diese Stadt mit einer unmöglichen geographischen Lage einigermaßen über die Runden gekommen ist. Das ging nun einmal nur mit der Berlinhilfe.


Damals hatte das ja auch seine Berechtigung, denn auch wenn es ein Unglück war, daß man Berlin in vier Sektoren geteilt hat (und dafür Thüringen, halb Mecklenberg und Teile Sachsen den Sowjets ausgeliefert hatte), und die Lage dieser Insel eingentlich untragbar war, mußte man die Freiheit dort verteidigen, wo die Grenzlinie nunmal (unglücklicherweise) hingefallen war.


In Antwort auf:
Man kann solche "Kosten", lieber Llarian, nahezu beliebig beziffern.


Fest steht, es waren mindestens unnötige Kosten - ich würde sogar sagen, Kosten um einen Schaden zu erreichen.

In Antwort auf:
Das meiste Geld wurde ja nicht dafür ausgegeben, die Möbel der Bediensteten in Möbelwagen zu packen und nach Berlin zu fahren. Das sind die einzigen wirklichen "Umzugskosten". Ansonsten wurden Gebäude in Berlin renoviert oder neu gebaut, um die Ministerien aufzunehmen. Das diente der Entwicklung Berlins, und die Gebäude in Bonn stehen ja nun nicht leer.


Das ist ja schön für die Berliner, daß sie neue Gebäude gekriegt haben (alle so häßlich wie das Kanzleramt?) - nur sollten sie das nicht selbst bezahlen? Und warum muß man den alten schlechten Zustand dafür wieder herstellen.

In Antwort auf:
Was alles auf der Positiv-Seite zu verzeichnen ist - bis hin zu den Kneipen, in denen sich jetzt die Politiker und Journalisten treffen -, das ist kaum zu beziffern.


Positiv? Ich sehe das als Negativpunkt! Die politische Kultur hat sich seither sicher nicht zum Besseren verändert. Jornalisten haben sowieso viel zu viel Macht.

In Antwort auf:
Daran ist ja zB auch die Olympia-Bewerbung von Berlin gescheitert.


Ich hatte diese Idee schon wieder vergessen. Das war so typisch Berlin. Grad eben die Teilung überwunden und gleich nach Olympia schreien. Aber irgendwie hätte beides ja zueinander gepaßt. Leider kann ich nur Olympia boykottieren.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

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