Wie Sie mittlerweile wissen, lieber Zettel, leide ich stets erheblich mit, wenn jemand die deutschen Sprache misshandelt. Als ich den Ausspruch des Herrn Klaus Ernst das erste Mal vernahm, war daher mein Ärger über den Begriff als solchen zunächst wesentlich intensiver als über die mit ihm verbundene Kritik an Helmut Schmidt. Ich vermute, dass das Adjektiv "senil" eine Kurzform der Diagnose "senile Demenz", zu Deutsch etwa "altersgedingte Abnahme der Verstandesleistung" darstellt; wörtlich bedeutet "senil" (abgeleitet von senex - der Greis) lediglich "alt". "Alterssenil" ist demnach so etwas wie "altersalt" und ähnelt damit Begriffen wie "Volksdemokratie" ("Volks-Volksmacht") , "ABM-Maßnahme" (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme - Maßnahme) "bedeutungsrelevant" oder "beziehungsrelativ". Somit ist Herr Ernst ein schönes Beispiel für die Gültigkeit der alten Volksweisheit, dass dann, wenn jemand mit dem Finger auf andere zeigt, drei Finger auf den Kritikus selbst gerichtet sind.
Zitat von janaIch meine, man kann, auch als Nicht-Linker, einen Andersdenkenden für bescheuert halten, ódäärr? *bettel* ;-)
Natürlich kann man das, liebe Jana. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Edmund Stoibers Autoaufkleber während seines Stusdiums, der ganz charmant "Mir stinken die Linken" verkündete
Ich beantworte die Frage mal für mich: Was mich von den Linken unterscheidet, ist, dass ich versuche, mich in der Regel auf Aussagen und weniger auf Personen zu konzentrieren. Ich finde das, was einer sagt, bescheuert, konzediere aber, dass es seine Meinung ist und unterstelle ihm zunächst, dass er sie aus eigenem Entschluss getroffen hat. Das ist Grundlage für eine redliche Diskussion.
Der Linke dagegen spricht demjenigen, der anderer Meinung die Vernunft ab (im Sinne der eigenen Meinungsbildung) und sucht nach der Ursache, warum derjenige die Meinung hat. Meistens ist er dabei nicht kreativ, es läuft ungefähr nach dem Muster: Ist derjenige ein Intellektueller, wird er vom Kapital für seine Meinung bezahlt; ist er keiner, so hat er seine Meinung aus der Bildzeitung. Tertium non datur.
Andererseits habe ich, als ich mit vielleicht acht oder neun Jahren mit meinem Opa Modelleisenbahn gespielt habe und er eine Weiche falsch gestellt habe, erst gesagt: Du Esel! Und dann: Du bist senil!
Dafür habe ich von meinem Vater die einzige Ohrfeige meines Lebens bekommen. Und seither glaube ich, daß "senil" wirklich eine herabsetzende Bezeichnung ist.
Übrigens war man in Rom, wie ich zu wissen vermeine, ab dem Alter von 50 Jahren ein Senex. Also cave!
Ich sehe es so wie Zettel. Nicht jede gemeinsame Erwähnung ist ein Vergleich. Die Argumentation, es müsse aber bei ungebildeten Leuten als Vergleich ankommen, wenn das Wort H vom Wort L weniger als 10 Worte entfernt gebraucht werde, und müsse deswegen von vorneherein als Vergleich gemeint sein, überzeugt mich nicht.
Ich finde dieses ständige überinterpretieren von Gesagtem auch nicht gut. Man sagt das, was man sagt. Da sollte man nicht mehr hineindeuten. Und man sollte den Leuten schon zutrauen einen Vergleich zu erkennen.
Es muss auch möglich sein, durch Extrembeispiele eine These zu widerlegen und oder dessen Falschheit in Erinnerung zu rufen. Die These "gute Rhetoriker sind immer gute Politiker" kann man eben durch ein einfaches Extrembeispiel widerlegen und das sollte auch möglich sein.
Zitat von janaIch meine, man kann, auch als Nicht-Linker, einen Andersdenkenden für bescheuert halten, ódäärr? *bettel* ;-)
So ist es, liebe Jana. Nobody is perfect.
Ähem, lieber Zettel, ... wen meinen Sie nun mit "Nobody"?!
Liebe Jana, die On-Topic-Antwort: Sie hatten ja mit Ihrem Einwand recht:
Es gibt auch außerhalb der Linken diese Herabwürdigung Andersdenkender. Aber heute dominiert das bei den Linken. Und es ist auch bei Marx angelegt, wie ich zu zeigen versucht habe, insofern paßt es zu linkem Denken, aber nicht zu liberalem oder konservativem.
Nur daß dieses liberale und konservative Denken eben nicht perfekt funktioniert. Das wollte ich, leicht ironisierend, mit "Nobody is perfect" sagen.
Und jetzt das Off Topic. Zu "Nobody" fällt mir immer "Nobodaddy" ein. Auch wieder so ein Wort wie "Klimagnostiker" und "Obamania", dem beim Zusammensetzen Buchstaben verlorengegangen sind.
"Nobodaddy's Kinder" heißt ein Buch von Arno Schmidt, das eigentlich gar keins ist, sondern eine Trilogie, aber eigentlich auch gar keine Trilogie, sondern eine Erfindung, als AS mal wieder den Weg über die Brücke mit dem grüngestrichenen Geländer in Richtung Schauerfeld ging.
Damals hatte sich nämlich der Rowohlt-Verlag beschwert, daß AS immer dasselbe schreiben würde - Brand's Haide, Schwarze Spiegel. Und jetzt Aus dem Leben eines Fauns. Und da hatte er - Alice hat es berichtet - auf dem Spaziergang die Idee, aus der Not eine Tugend zu machen: Ja, genau, es ist ähnlich, weil es eine Trilogie ist. Vorkriegszeit - Nachkriegszeit - Zukunft. Mit denselben Grundthemen.
Das hatte er zwar nie so geplant, aber so konnte er es Rowohlt verkaufen, und dazu noch diesen schönen Titel "Nobodaddys Kinder". "Nobodaddy" als Namen für GOtt hatte AS von Joyce, und der hatte es von Blake.
Interessant, oder? Mir jedenfalls gefallen solche Geschichten.
Zitat von Meister PetzDer Linke dagegen spricht demjenigen, der anderer Meinung die Vernunft ab (im Sinne der eigenen Meinungsbildung) und sucht nach der Ursache, warum derjenige die Meinung hat. Meistens ist er dabei nicht kreativ, es läuft ungefähr nach dem Muster: Ist derjenige ein Intellektueller, wird er vom Kapital für seine Meinung bezahlt; ist er keiner, so hat er seine Meinung aus der Bildzeitung. Tertium non datur.
eindrucksvoll und sogar fast im Wortsinne bestätigt: Auf der Achse des Guten ist ein Interview des Muslimmarktes mit dem Junge Welt (oder wie Broder liebevoll sagt: "Kinderstürmer aus Kreuzberg") Redakteur Jürgen Elsässer, der auf die Frage, warum Bush ein Kriegstreinber ist und möglicherweise an 9/11 mitschuld ist, sagt:
Zitat von ElsässerAch, das muss ich Ihren Lesern doch nicht erklären, das weiß doch jedes Kind. Wer heutzutage keine antiamerikanischen Reflexe hat, ist entweder hirntot oder gekauft.
Und ja, liebe Jana, bei diesem Zeitgenossen will ich meine konservative Kinderstube bezüglich der Wertschätzung des politischen Gegners auch gerne einmal beiseite lassen .
mit "Kinderstürmer aus Kreuzberg" meint Broder die taz (im speziellen Daniel Bax und Robert Misik), was soweit auch seine Richtigkeit hat, die junge Welt kommt vom Prenzlauer Berg, da reicht die Bezeichnung Stürmers Kinder.
Davon abgesehen ist das ein sehr schönes Beispiel, dass leider nicht eine Ausnahme bildet und es ist bezeichnend, dass Elsässer dafür bei dem Muslim-Markt dankbare Abnehmer findet (und nicht nur dort). Es wächst zusammen, was zusammengehört.
Lieber C., natürlich haben Sie recht. Aber als Münchner kennt man sich in Berlin halt ned so gut aus .
Aber zumindest gibt es ja von ihm eine gleichlautende Aussage über die jw, so dass mein Zitat nicht sinnentstellt war.
Was die Diffamierung politischer Gegner betrifft, stehen sich natürlich alle Extremisten in nichts nach. Ich habe nur den Eindruck, dass speziell bei der Linken diese Angewohnheit viel weiter in die Mitte vordringt, und dass auch in der Gesinnung weniger Extreme sie bevorzugt anwenden.
hab jetzt gerade keine Zeit, näher auf unsere Diskussion einzugehen, wollte nur zu "Tertium non datur" (Meister Petz) sagen: Ja, aber doch ... ähem hier aber doch lieber das ganze Zitat:
"Der Linke dagegen spricht demjenigen, der anderer Meinung die Vernunft ab (im Sinne der eigenen Meinungsbildung) und sucht nach der Ursache, warum derjenige die Meinung hat. Meistens ist er dabei nicht kreativ, es läuft ungefähr nach dem Muster: Ist derjenige ein Intellektueller, wird er vom Kapital für seine Meinung bezahlt; ist er keiner, so hat er seine Meinung aus der Bildzeitung. Tertium non datur."
Und ich: Ja, aber doch "datur" - nämlich, die zionistische Verschwörung. So, dazu gäb's gánz viel zu ságn, nur muß ich jetzt wieder was anderes thún, wie gesacht. Falls ich damit aber dem Einen oder der Anderen ne Anrégung (für das Péče* Tertium) gegébm hábm sollte, dann is ja óch jút, nich? * Na, wer is dat woll?
Zitat von Meister PetzDer Linke dagegen spricht demjenigen, der anderer Meinung die Vernunft ab (im Sinne der eigenen Meinungsbildung) und sucht nach der Ursache, warum derjenige die Meinung hat.
Gerade habe ich, lieber Petz, hierfür ein schönes Beispiel gefunden.
Eigentlich geht es ja um etwas, was ich behauptet hatte. Aber dafür interessierte sich kaum einer der Diskutanten. Alle dagegen brennend dafür, was ich denn für einer bin, in welche Schublade ich gehöre usw.
Niemand der Kommentatoren, die meinen Artikel kritisieren, geht auch nur mit einem Wort überhaupt auf diesen Artikel ein. Alle reden nur über dessen Verfasser.
vielen Dank 4 die weiteren Anregungen. Das klingt schon nach Wiederholung, aber dann denken Sie sich einfach, daß es sich um eine (Dankes)Trilogie handelt - wie bei der Schmidt'schen, siehe Zettels Off Topic Beitrag (in diesem Thread) über Nobodaddy's Kinder. Bei mir sind das eben Eure Anregungen, fertig. ;-) Trotzdem muß ich zugébm, lieber Zettel, daß ich in das Schmidt'sche (oder, wie sich's jenseits dem Meister Petz seine Grenze schriebe: das šmiče) Universum nicht hinabtauchen kann; es wollte mir einfach nie gelingen. ... Obwohl ich andererseits zugeben muß, daß ich das auch nicht só intensiv versuch hab. Vielleicht wirz also noch mal was.? Meister Petz: Daß Sie das mit der Grenze aber auch verraten mußten, macht Ihrem Namen alle "Ehre", allerdinx hábm Sie das "E" am Ende Ihres Namens vergessen, peng. ;-)
die Reaktion des DGB auf die neueste DIW-Studie, die, anders als Linke und Gewerkschaften behaupteten, besagt, daß der Aufschwung auch den unteren Einkommensschichten zugute kommet, spricht ja auch wieder Bände:
In Antwort auf:„Das DIW versucht offensichtlich, das Armutsproblem in Deutschland kleinzureden, um Stimmung gegen Mindestlöhne zu machen“, kommentierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Erkenntnisse.
Was hätte das DIW denn nach Ansicht des DGB tun sollen? Zu einem anderen Ergebnis kommen? Das Ergebnis wenigstens nicht veröffentlichen? Zugeben, daß die Wirklichkeit von der Ansicht des DGB abweicht und dem DGB rechtgeben? Fest steht für den DGB, daß das DIW ein Motiv hat, solche Erkenntnisse zu veröffentlichen. Und da dieses Motiv der eigenen Zielsetzung entgegensteht, kann man die Zahlen getrost ignorieren. QED.
Zitat von Thomas Paulidie Reaktion des DGB auf die neueste DIW-Studie, die, anders als Linke und Gewerkschaften behaupteten, besagt, daß der Aufschwung auch den unteren Einkommensschichten zugute kommet, spricht ja auch wieder Bände:
In Antwort auf:„Das DIW versucht offensichtlich, das Armutsproblem in Deutschland kleinzureden, um Stimmung gegen Mindestlöhne zu machen“, kommentierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Erkenntnisse.
Ein schönes Beispiel, lieber Thomas.
Eine faire Antwort wäre gewesen: "Nach unseren Zahlen stimmt das nicht. In der Studie des DIW sind folgende Irrtümer enthalten: ...". Oder, falls man solche Irrtümer nicht nennen kann, dann eben einzuräumen, daß das DIW recht hat.
Stattdessen wird gar nicht auf der objekstprachlichen Ebene, sondern auf der Metaebene argumentiert. Man "widerlegt" eine Sachbehauptung, indem man demjenigen, der sie äußert, bestimmte negative Motive unterstellt.
Das ist dasselbe wie das argumentum ad hominem in Diskussionen. Und es ist die marxistische Denkweise, die ja grundsätzlich dazu tendiert, hinter Sachaussagen immer nur Interessen zu wittern.
Zitat von janaDaß Sie das mit der Grenze aber auch verraten mußten, macht Ihrem Namen alle "Ehre", allerdinx hábm Sie das "E" am Ende Ihres Namens vergessen, peng. ;-)
Liebe jana,
ich dachte, dass das e am Ende des Petz nur gilt, wenn man andere denunziert, ich dagegen habe mich lediglich in Selbstdenunziation geübt :-)
Zitat von ZettelEigentlich geht es ja um etwas, was ich behauptet hatte. Aber dafür interessierte sich kaum einer der Diskutanten. Alle dagegen brennend dafür, was ich denn für einer bin, in welche Schublade ich gehöre usw. Niemand der Kommentatoren, die meinen Artikel kritisieren, geht auch nur mit einem Wort überhaupt auf diesen Artikel ein. Alle reden nur über dessen Verfasser.
Ja, die Kommentare bestätigen das Phänomen, lieber Zettel. Und noch etwas fällt mir auf, nämlich die Tendenz, sich selber von der Pauschalisierung loszusprechen. Da kann man dann auch einen Volker Pispers zitieren
Zitat von Kommentator BjörnUnd, hey, wie Volker Pispers mal festhielt: Mit einem klaren Feindbild hat der Tag Struktur.
Gerade Volker Pispers, der seine Beliebtheit dadurch erlangt hat, dass er gegen alles holzt, was irgendwie konservativ anmutet, vor allem USA und Katholische Kirche. Feindbilder haben nämlich immer nur die anderen, selbst hat man eine durchgängig reflektierte Position.
In Antwort auf:Zitat Meister Petz Gerade Volker Pispers, der seine Beliebtheit dadurch erlangt hat, dass er gegen alles holzt, was irgendwie konservativ anmutet, vor allem USA und Katholische Kirche. Feindbilder haben nämlich immer nur die anderen, selbst hat man eine durchgängig reflektierte Position.
Und auch Volker Pispers ist ein begnadeter Rhetoriker, lieber Meister Petz, und er hat Charisma irgendwie.
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