Es gibt noch einen wichtigen Aspekt, den Grafe übersieht bei: "Mir hat gerade erst ein Sportschütze erzählt, dass in der DDR, zumindest in den Amateurvereinen, keine tödlichen Sportpistolen erlaubt waren."
Die Frage ist doch, warum die DDR-Führung den Sportvereinen keine "echten" Waffen gestattete, bei der GST die Munition abzählte und privaten Waffenbesitz komplett verbot. Sie tat es bestimmt nicht, um Amokläufe zu verhindern - das war doch damals überhaupt kein Thema.
Sondern es ging den Diktatoren natürlich darum, ihre Untertanen wehrlos zu machen, ihnen keinerlei Widerstandsmöglichkeit zu ermöglichen.
Und manchmal frage ich mich, ob nicht auch bei den Politikern heute ähnliche Gedanken mitschwingen ...
Der "Druck des Volkes" wird aber auch in den Diskussionen auf praktisch allen liberalen Blogs sichtbar. Dabei gibt es eigentlich wenig bis nichts zu diskutieren über das Thema "Amoklauf", da schlicht jede statistische Relevanz fehlt, die eine gesamtgesellschaftliche Diskussion rechtfertigen würde.
Dies ist aber mittlerweile eine Lieblingsbeschäftigung der Deutschen (natürlich nicht exklusiv) geworden, die aufgeregte Diskussion über mögliche Gefahren ohne jeden statistisch relevanten Hintergrund. Hat z.B. schon irgendjemand einen an Mobilfunkstrahlung erkrankten Menschen (keine Phobien bitte) gesehen? Ich kenne jedenfalls keinen einzigen Fall und man kann davon ausgehen, dass ein solcher ein riesiger Aufhänger in den Medien gewesen wäre. Trotzdem gibt es jede Menge Bürgerinitiativen gegen den Mobilfunk bzw. die Errichtung der dazugehörigen Sendemasten und das Netz quillt praktisch über mit entsprechenden Homepages ("Mobilfunk Gesundheit" liefert bei Google 275.000 Treffer). Aber obwohl es keinen wissentschaftlichen Nachweis von Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunk gibt, müssen Mobilfunkbetreiber bundesweit Restriktionen bei der Errichtung von Sendestationen hinnehmen, da sich kommunale Politiker immer wieder von den (hysterischen) BI beeinflussen lassen.
Es nervt und ängstigt mich, dass wir immer stärker in unserer persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit eingeschränkt werden, weil wir aus statistischen Mücken mediale Elefanten machen, die dann wiederum von Politikern als Vorwand für entsprechende freiheitsfeindliche Gesetze genutzt werden. Sei es nun der angeblich vom Menschen gemachte Klimawandel, die terroristische Bedrohung, die Kinderpornografie (§184c StGB), die Mobilfunkstrahlung oder eben jetzt aktuell der Amoklauf.
Und an alle diejenigen, die Waffen in Privathand ablehnen und diese nur beim Staat sehen wollen, eine kleine Quizfrage: Wer verursachte in den letzten 100 Jahren mehr unschuldige Opfer von Waffengewalt, vom Deutschen Staat bewaffnete Soldaten und Polizisten oder "private" Waffenbesitzer?
Zitat von R.A.Die Frage ist doch, warum die DDR-Führung den Sportvereinen keine "echten" Waffen gestattete, bei der GST die Munition abzählte und privaten Waffenbesitz komplett verbot. Sie tat es bestimmt nicht, um Amokläufe zu verhindern - das war doch damals überhaupt kein Thema. Sondern es ging den Diktatoren natürlich darum, ihre Untertanen wehrlos zu machen, ihnen keinerlei Widerstandsmöglichkeit zu ermöglichen.
Das stimmt, lieber R.A.
Mich wundert es überhaupt, daß es in der DDR so etwas wie private Schützenvereine gab. Vielleicht kann dazu jemand, der in der DDR aufgewachsen ist, etwas sagen.
Ich bin ziemlich sicher: Wenn man die Staaten der Welt danach einteilen würde, ob Privatleuten jeder Zugang zu Waffen untersagt ist oder nicht, würde man eine hohe Korrelation mit der Einteilung nach diktatorisch regierten und freien Ländern bekommen.
Zitat von Capitalism and Freedom Dies ist aber mittlerweile eine Lieblingsbeschäftigung der Deutschen (natürlich nicht exklusiv) geworden, die aufgeregte Diskussion über mögliche Gefahren ohne jeden statistisch relevanten Hintergrund.
Waldsterben, Atomarer Winter, Klimaerwaermung, Neues Eiszeit (gabs mal in den 70ern), Ozonloch, Mobilfunkverstrahlung, Ende des Genpools (die Menschheit degeneriert, weil der Genpool aufgebraucht ist), ......
Nachdem die Deustchen ja immer Recht haben wollen (Preussische Oberlehrer, 'Fuehrungsrolle beim Klimaschutz) und das militaerisch nicht mehr koennen / wollen / duerfen muss die moralische Ueberlegenheit eben anders deutlich gemacht werden. (Wo kommt dieses Minderwertigkeitsgefuehl eigentlich her, historisch gesehen?)
In den USA ist dies übrigens eine Hautargumentationslinie gegen die Beschränkung von Waffenbesitz: "wir wollen uns doch nicht wehrlos der Obrigkeit aussetzen". Das Argument (und der dazugehörige Verfassungsartikel) stammt aus der Frühzeit der USA, als der Eindruck der Unterdrückung durch Großbritannien noch frisch war und man diese Unterdrückung nur abschütteln konnte, weil man selbst Waffen hatte. Heutzutage hört man in einschlägigen Kreisen z.T. auch die Befürchtung, die UNO hätte finstere Pläne, den USA ihren Willen aufzudrücken.
Mir persönlich ist dieses Argument zwar etwas zu paranoid. Aber es IST ein Argument. Und es ist natürlich auch bezeichnend für die Geisteshaltung in Deutschland, dass ein solches Argument in Deutschland praktisch nie auftaucht. Hierzulande herrscht ja immer noch das Weltbild vor, dass der Staat für uns nur das Gute will und der einzelne Bürger ggf. vom Staat zur Raison gebracht werden muss.
Zitat von Capitalism and FreedomEs nervt und ängstigt mich, dass wir immer stärker in unserer persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit eingeschränkt werden, weil wir aus statistischen Mücken mediale Elefanten machen, die dann wiederum von Politikern als Vorwand für entsprechende freiheitsfeindliche Gesetze genutzt werden. Sei es nun der angeblich vom Menschen gemachte Klimawandel, die terroristische Bedrohung, die Kinderpornografie (§184c StGB), die Mobilfunkstrahlung oder eben jetzt aktuell der Amoklauf.
So ist es, lieber David, und Sie haben das sehr schön zusammengefaßt.
Ich fürchte, es gibt so etwas wie ein Band, das das alles zusammenhält: Ein Menschenbild, das es dem Einzelnen grundsätzlich nicht zutraut, in Eigenverantwortung sein Leben zu gestalten.
Oder sagen wir: Daß es nur Einzelnen zutraut, veranwortlich zu entscheiden: Nämlich Grünen, Sozialisten und Kommunisten. Deren Wortführern jedenfalls. Noch ist man nicht Nomenklatura, aber man fühlt sich schon so.
Zitat von Dagny(Wo kommt dieses Minderwertigkeitsgefuehl eigentlich her, historisch gesehen?)
Ich denke, aus dem 17. Jahrhundert.
Bis ins 16. Jahrhundert gehörte Deutschland zu den kulturell und auch politisch führenden Nationen Europas. Da war nichts von Minderwertigkeitsgefühl, sieht man von dem im 15. und 16. Jahrhundert weit verbreiteten Gefühl ab, von Rom kujoniert zu werden.
Im Dreißigjährigen Krieg ging dieses Selbstbewußtsein unter. Politisch, weil Deutschland ein Schlachtfeld fremder und eigener Heere wurde und darunter zerfiel. Kulturell entstand damals die Dominanz Frankreich; man kann das an der Sprache des Barock sehen, die immer mehr von französischen Vokabeln durchsetzt wurde. Danach sprachen dann die Gebildeten überhaupt eher französisch; erst mit Gottsched, Klopstock, Lessing begann sich das wieder zu ändern.
Kulturell gab es danach eine Blüte, aber politisch blieb Deutschland so schwach, daß es sich mit geringen Ausnahmen an der kolonialen Aufteilung der Welt nicht beteiligen konnte. Das Wilhelminische Reich versuchte das dann fast schon verzweifelt nachzuholen und wurde dafür als Störenfried wahrgenommen.
Ich glaube, liebe Dagny, daß diese Diskrepanz zwischen der kulturellen (und wissenschaftlichen) Bedeutung Deutschlands und seiner politischen Bedeutung zu dieser Seite unseres Nationalcharakters geführt hat: Selbstunsicherheit, Unterlegenheitsgefühle, die dann - in der Endphase des Wilhelminischen Reichs, bei den Nazis, auch in der DDR - in Größenwahn und Überheblichkeit umschlagen.
Zitat von FlorianIn den USA ist dies übrigens eine Hauptargumentationslinie gegen die Beschränkung von Waffenbesitz: "wir wollen uns doch nicht wehrlos der Obrigkeit aussetzen". Das Argument (und der dazugehörige Verfassungsartikel) stammt aus der Frühzeit der USA, als der Eindruck der Unterdrückung durch Großbritannien noch frisch war und man diese Unterdrückung nur abschütteln konnte, weil man selbst Waffen hatte.
Genau das wollte ich schreiben, lieber Florian, bevor ich sah, daß Sie es schon geschrieben haben.
Und dazu noch auf das "Gewehr im Schrank" des Schweizers verweisen, das wohl auch diesen symbolischen Wert hat, wie in einem anderen Beitrag vermutet.
Es gibt in Deutschland eine (wachsende) Tendenz, den Bürger nicht als frei und selbstverantwortlich wahrzunhmen, sondern als potentiellen Verbrecher. Der Begriff des Umwelt-"Sünders" ist ja entlarvend genug.
"Das Wilhelminische Reich versuchte das dann fast schon verzweifelt nachzuholen und wurde dafür als Störenfried wahrgenommen." Das Wilhelminische Reich hat den WELTKRIEG losgetreten! Ich finde unter "verzweifelt nachholen" kann man das nur mit einigem "guten Willen" zusammenfassen...
Zitat von vielleichteinlinker"Das Wilhelminische Reich versuchte das dann fast schon verzweifelt nachzuholen und wurde dafür als Störenfried wahrgenommen." Das Wilhelminische Reich hat den WELTKRIEG losgetreten! Ich finde unter "verzweifelt nachholen" kann man das nur mit einigem "guten Willen" zusammenfassen...
Das Nachholen, lieber Vielleichteinlinker, bezog sich auf den Erwarb der Kolonien, nicht den Weltkrieg. Vielleicht lesen Sie etwas genauer, bevor Sie antworten?
Die Frage der Kriegsschuld am Ersten Weltkrieg ist keineswegs so einfach zu beantworten wie die nach der Schuld am Zweiten Weltkrieg. "Losgetreten" hat ihn bekanntlich die Kriegserklärung Österreich-Ungarna an Serbien. Es folgte erst die Teil- und dann die Generalmobilmachung in Rußland. Erst daraufhin begann Deutschland mit der Mobilmachung. Auf ein entsprechendes Angebot von Seiten Großbritanniens hin war der Kaiser sogar bereit, die Mobilmachung auf die Truppen an der Ostgrenze zu beschränken; das scheiterte aber daran, daß der Generalstab das für logistisch undurchführbar erklärte.
Es gibt - trotz Fritz Fischer - keine überzeugenden Belege dafür, daß Deutschland diesen Krieg gewollt hätte.
Mit der Möglichkeit eines Kriegs wurde seit der Jahrhundertwende überall in Europa gerechnet. Überall gab es Pläne für diesen Fall; vor allem Mobilmachungspläne, die überall, wenn der Vorgang erst einmal begonnen hatte, ihre Automatik entfalteten. Das geschah Anfang August.
Aber niemand war so wahnsinnig gewesen, diesen Weltkrieg zu wollen.
Was das Wilhelminische Deutschland wollte, das war der berühmte "Platz an der Sonne". Man hatte seit der Reichsgründung einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung genommen (die "Gründerjahre") und wollte einen politischen Rang erlangen, der dieser Wirtschaftskraft und auch der Bevölkerungszahl entsprach. Hinzu kam die Flottenrüstung als die persönliche Marotte des Kaisers, der es nie verwunden hatte, daß er als junger Kronprinz nicht zu einer britischen Flottenakademie zugelassen worden war.
Der Täter war ein "Schweizer irakischer Abstammung". Irgendwo in diesem oder einem anderen Thread hat das jemand, glaube ich, auch schon geschrieben: Zu einer solchen Regelung gehört auch die entsprechende Tradition.
Die Vorstellung, eingebürgerte junge Türken mit einer Dienstwaffe zu Hause samt "Taschenmunition" auszustatten, nachdem sie ihren Wehrdienst abgeleistet haben, würde mich auch erschrecken.
"Hinzu kam die Flottenrüstung als die persönliche Marotte des Kaisers"
Die Frage, warum Deutschland sein Flottenprogramm betrieb, ist tatsächlich sehr spannend. Denn als dann der Krieg ausbrach, war diese Flotte ja vollkommen wirkungslos. (Selbst der völlig unerwartete "relative" Sieg am Skagerrak änderte nichts daran, dass die Flotte sich im Weltkrieg faktisch nur verstecken konnte).
Die Gründe für den Flottenbau sind daher auch eher verworren. Dass mit der Flottenakademie wusste ich nicht. Dafür ein anderes Argument:
Vor dem Weltkrieg gab es kein "deutsches Heer", sondern lediglich ein preußisches, ein bayrisches, ein badisches Heer mit jeweils eigener Kommandostruktur und z.T. sogar unterschiedlichen Uniformen. Es bestand aber nun nach der Reichsgründung ein Bedürfnis nach "nationaler Einheit" auch im militärischen. Da dies beim Herr nicht möglich war, bei der (Reichs!-)Flotte aber schon, gab es hier also einen zusätzlichen Anreiz, diese Teilstreitkraft zu forcieren.
daß "Flottenakademie" genau die richtige Bezeichnung ist, dafür will ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Es war jedenfalls eine sehr angesehene Einrichtung dieser Art der britischen Marine, und der damalige Kronprinzu wurde zu ihr nicht zugelassen. So sagt es mein Gedächtnis.
Als ich das jetzt verifizieren wollte, habe ich dazu zwar leider keine Informationen gefunden, aber diese Seite, die zwar sehr einseitig pro-Wilhelm ist, aber trotzdem die Motive für die Flottenrüstung gut zusammenfaßt.
Dasjenige Motiv, das Sie nennen, war sicher wichtig. Und der Seite habe ich auch entnommen, daß schon 1848 eine gemeinsame nationale Flotte aufgebaut werden sollte.
für die Flottenrüstung gab es auch ein wirtschaftliches Motiv. England hatte eine starke Kriegsflotte, die die Handelsflotte schützen konnte. Handelsschiffe anderer Nationen ohne starke Kriegsflotte waren bei den Versicherungsprämien von Handelsfracht und Handelsschiffen schwer benachteiligt. Die englische Handelsschiffe erhielten sehr niedrige Versicherungsprämien.
Den Weltkrieg wollte sicherlich keiner, einen begrenzten Krieg schon. Da gab es in allen Ländern Kriegsparteien. England gelang es durch das persönliche Engagement seinen Königs, sowohl Frankreich als auch Russland zu englischen Verbündeten zu machen. Auch die Amerikaner waren ganz begeisterte Monarchisten seit seinem Besuch, was ihm schon peinlich wat.
Wilhelm II war ...., alleine dieses dämliche Gewinnenwollen gegen den englischen König in der jährlichen Regatta. Der Mann war ein seltener Trampel, dem anscheinend gar nicht klar war, wie er auf Menschen wirkte.
Herzliche Grüße Libero
Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.
Zitat von Liberofür die Flottenrüstung gab es auch ein wirtschaftliches Motiv. England hatte eine starke Kriegsflotte, die die Handelsflotte schützen konnte. Handelsschiffe anderer Nationen ohne starke Kriegsflotte waren bei den Versicherungsprämien von Handelsfracht und Handelsschiffen schwer benachteiligt. Die englische Handelsschiffe erhielten sehr niedrige Versicherungsprämien.
Das wußte ich nicht. Ein interessanter Punkt.
Zitat von LiberoDen Weltkrieg wollte sicherlich keiner, einen begrenzten Krieg schon. Da gab es in allen Ländern Kriegsparteien. England gelang es durch das persönliche Engagement seinen Königs, sowohl Frankreich als auch Russland zu englischen Verbündeten zu machen. Auch die Amerikaner waren ganz begeisterte Monarchisten seit seinem Besuch, was ihm schon peinlich wat.
Ja, aber gerade Deutschland hatte ja keinen Grund, auch nur einen begrenzten Krieg zu wollen. Bismarck hatte Elsaß-Lothringen allein aus militärstrategischen Gründen haben wollen; damit war Deutschland vor einer Revanche (Toujours y penser, jamais en parler) sicher. Weitere Ansprüche an Frankreich hatte es nicht. Erst recht hatte Deutschland keinen Grund, gegen England Krieg zu führen.
Gegen Rußland? Es gab wohl ein paar Verrückte, die wie Hitler von der "Kolonisierung des Ostens" träumten, aber deshalb Rußland zu überfallen kam niemandem in den Sinn, der Verantwortung trug.
Man darf auch bei dem, was Fritz Fischer zusammengetragen hat, nicht vergessen, daß in jeder Nation massenhaft Memoranden verfaßt, Eventualitäten durchgespielt, Pläne für den Fall X und den Fall Y entgworfen wurden. In Kreisen des Militärs, der Industrie, der Politik.
Von da bis zu Zielen einer Regierung ist es ein weiter Weg.
Zitat von LiberoWilhelm II war ...., alleine dieses dämliche Gewinnenwollen gegen den englischen König in der jährlichen Regatta. Der Mann war ein seltener Trampel, dem anscheinend gar nicht klar war, wie er auf Menschen wirkte.
Er war ein wohl gutwilliger, aber selbstunsicherer Mensch, der in gewisser Weise wie geschaffen war, um dieses Reich, das innerhalb weniger Jahrzehnte wirtschaftlich so bedeutend geworden war, zu repräsentieren. Da waren eben überall die Großkotze, die Neureichen, die Koofmichs nach oben gekommen.
Und es ging das unter, wofür Bismarck gestanden hatte: das alte, bescheidene, wenngleich durchaus machtbewußte Preußen. Fontane hat das ja mit Wehmut beschrieben.
Zitat von Liberofür die Flottenrüstung gab es auch ein wirtschaftliches Motiv. England hatte eine starke Kriegsflotte, die die Handelsflotte schützen konnte. Handelsschiffe anderer Nationen ohne starke Kriegsflotte waren bei den Versicherungsprämien von Handelsfracht und Handelsschiffen schwer benachteiligt. Die englische Handelsschiffe erhielten sehr niedrige Versicherungsprämien.
Das wußte ich nicht. Ein interessanter Punkt.
Leider weiss ich im Augenblick nicht genau die Quelle. Ich vermute, es stand in den Biographien von Hugo Stinnes oder von Albert Vögler. Sie kennen das sicherlich, man liesst etwas Interessantes und versäumt, das Interessante schriftlich festzuhalten. Lese ich digitale Texte im Internet mit dem firefox, nutze ich die addons quoteurltext oder copy url+. Da passiert mir das nicht, aber ich bin ja altmodisch und lese noch Bücher.
Herzlicher Gruß Libero
Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.
Um Ihren Widerspruch aufzugreifen: Deutschland wurde zwischen 1890 und 1914 als "Störenfried" wahrgenommen? Das würde ich nicht so sehen. Der Flottenbau, sicherlich. Aber das Deutsche Streben nach Kolonien war den anderen Kolonialmächten - allen voran England - relativ egal weil belanglos. Deswegen habe ich für die Formulierung "Störenfried" den einzigen Grund gesucht der noch etwas plausibel erschien...
Was Fischer angeht: Seine Quelle ist nicht von der Hand zu weisen und die Tatsache dass Deutschland in "Nibelungentreue" zu Österreich stehen wollte auch nicht. Es ist richtig dass niemand einen "Weltkrieg" wollte, mit einem Krieg konnte halb Europa aber gut leben. Und das Deutsche Reiche hat die gebotene Gelegenheit genutzt einen zu bekommen. Ihr Argument greift deswegen deutlich zu kurz - vor allem weil sie hinter "Anfang August" einen ganzen Juli versteckt halten in dem nichts passiert ist!
Dass Wilhelm an einer englischen Flottenakademie nicht "zugelassen" wurde erscheint mir angesichts der Tatsache, dass er Mitglied der englischen Königsfamilie war, kaum vorstellbar. Aber: Ich wusste bislang noch nicht einmal dass das sein Wunsch gewesen wäre, daher kann ich mich irren und muss heute Abnd wohl nochmal Herrn Röhl fragen... Was ich aber von Wilhelm sehr genau weiss ist, dass er von Alfred Thayer Mahans großem Buch so begeistert war dass in jeder seiner Residenzen und auf jedem Schiff eine Ausgabe lag!
Die von Ihnen, Zettel, verlinkte Seite ist kaum ein brauchbares Dokument. Die Tatsache dass Deutschland das "Naval Race" verloren hat als Beleg dafür zu nehmen, dass die Deutsche Flotte nie gedacht war England herauszufordern ist schon absurd genug. Die Vorstellung, eine Schlachtschiff- und Hochseeflotte habe den Zweck Fischereibetreibern als Hochseepolizei zu dienen ist grotesk.
(Ich bin zwar ein großer Freund von Weltkriegsdebatten, muss hier aber nicht das Thema bestimmen nur weil ich mit Zettel nicht einer Meinung sein kann)
Zitat von ZettelMan darf auch bei dem, was Fritz Fischer zusammengetragen hat, nicht vergessen, daß in jeder Nation massenhaft Memoranden verfaßt, Eventualitäten durchgespielt, Pläne für den Fall X und den Fall Y entgworfen wurden. In Kreisen des Militärs, der Industrie, der Politik.
Hierzu tangential:
Zitat von WikipediaDuring the 1920s and 1930s, the United States military developed a number of Color-coded War Plans to outline potential U.S. strategies for a variety of hypothetical war scenarios. ... War Plan Red was a plan for war against Britain and Canada. ... Many of the war plans are extremely hypothetical, considering the state of international relations in the 1920s and it was entirely within keeping with the military planning of other nation states.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Nun basiert die Kriegsschuld des Deutschen Reiches aber nicht auf den Generalstabsplänen der Vorkriegsjahre sondern auf der Art der Pläne und der Tatsache, dass hohe Militärs in der Julikrise und zuvor darauf drängten, diese endlich in die Tat umzusetzen.
Zitat von vielleichteinlinkerUm Ihren Widerspruch aufzugreifen: Deutschland wurde zwischen 1890 und 1914 als "Störenfried" wahrgenommen? Das würde ich nicht so sehen. Der Flottenbau, sicherlich. Aber das Deutsche Streben nach Kolonien war den anderen Kolonialmächten - allen voran England - relativ egal weil belanglos. Deswegen habe ich für die Formulierung "Störenfried" den einzigen Grund gesucht der noch etwas plausibel erschien...
Das dürfen Sie ja gern, lieber Vielleichteinlinker. Nur wäre es nett, wenn Sie dann deutlich machen würden, daß das Ihre Meinung ist und nicht das, was ich geschrieben hatte.
Ansonsten komme ich auf Ihren (jetzt) interessanten Beitrag noch einmal zurück, habe im Augenblick leider keine Zeit.
Zitat von ZettelIch fürchte, es gibt so etwas wie ein Band, das das alles zusammenhält: Ein Menschenbild, das es dem Einzelnen grundsätzlich nicht zutraut, in Eigenverantwortung sein Leben zu gestalten. Oder sagen wir: Daß es nur Einzelnen zutraut, veranwortlich zu entscheiden: ...
Diese "Einzelnen" sind immer Politiker. Sie wurden gewählt und mit dem Auftrag versehen, ihre Wähler zu vertreten. Sobald sie im Amt sind, sehen sie sich als unfehlbare Übermenschen und treten ihre Wähler mit Füssen.
Die Munition wurde bis heute nicht eingezogen. Gemäss dem traditionellen Credo der Schweizer Armee muss der Soldat in der Lage sein, bei sich bei Mobilmachung direkt von seinem Wohnort zur nächsten Kaserne "durchzuschlagen", u. U. unter Anwendung von Waffengewalt (gegen einen bereits vor Ort befindlichen Feind).
Ich erinnere mich, dass die Waffen meines Vaters (Karabiner, Pistole, Bajonet) zusammen mit dem gepackten Rucksack (inklusive Notration: Dosenkäse, Corned Beef, Kekse, Schokolade) im Wandschank lag. Die Munition war in einer Alu-Dose, mit Klebeband "versiegelt", verpackt. Als Kinder durften wir unter Anleitung unseres Vaters die Waffen auseinandernehmen und reinigen. Die Munitionsdose durften wir nicht öffnen, aber unser Vater hatte uns den Inhalt gezeigt.
Mir ist aus meiner Jugend keine einziger Fall bekannt, in dem die Armeewaffe für "private" Zwecke missbraucht wurde.
Das politische Ausschlachten dieser Mordtat nimmt langsam schon groteske Züge an. Aus der FAZ:
Der Philologenverband setzte sich für eine bessere Lehrerbezahlung oder eine Gefahrenzulage ein. Der Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger sagte der „Bild“-Zeitung: „Der Amoklauf hat erneut gezeigt, dass Lehrer in ihrem Beruf immer öfter zum Hassobjekt werden. Man könnte jetzt über eine Art Gefahrenzulage nachdenken.“
Hoch anrechnen muss man der Konkurrenzgewerkschaft GEW ihre Antwort auf diesen Vorschlag, den sie als „unangemessene, peinliche Reaktion“ bezeichnete.
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