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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 72 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.05.2009 16:30
Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Der Amerikaner an sich lebt von Porterhouse Steaks, seine Kultur besteht aus Baseball und Rodeos, er ist Kreationist, und George W. Bush verkörpert ihn. Das ist so ungefähr das Amerika-Bild, das bis zur Wahl Barack Obamas unsere Leitmedien vermittelten. (Seither wirkt das Bild etwas verschwommener).

Über den Kreationismus wird in der Regel so berichtet, als sei er eine Verschwörung gegen die Moderne. Tatsächlich aber ist er, so behaupte ich in diesem Artikel, ein Sproß postmodernen Denkens: Wenn die Evolutionslehre nur noch ein "kulturelles Konstrukt" ist - warum ihr dann nicht die hehre Wahrheit der Bibel entgegenstellen?

dirk Offline



Beiträge: 1.538

11.05.2009 17:04
#2 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Lieber Zettel,

ich glaube (aber das basiert mehr auf einem Gefühl und einer Selbstbeobachtung, als dass ich es rational untermauern kann ), dass Graf recht hat. Der Erfolg von ID hat viel mit der Anmaßung der Wissenschaft (sei es nun durch Wissenschaftler selber, durch Dawkins oder die Krieger vom Spiegel) zu tun und wenig mit postmodernem Denken.

Ich habe das Gefühl des ekels, wenn ich Interviews mit Wissenschaftler oder aber Spiegel-Artikel, wie der von Ihnen zitierte, lese, in denen behauptet wird, die Evolution könne die SChöpfung erklären. Das kann sie nicht. Sie beschreibt das "wie?" aber nicht das "warum?" wie es in einer South Park Folge mal auf den Punkt gebracht wurde. (Leider haben Sie kein DSL, ansonsten würde ich Ihnen den Link auf die Folgen, die man legal kostenlos sehen kann zusenden und sie ihnen wärmstens ans Herz legen. Zu gespannt wäre ich, was Sie von der Serie halten. )

Und ich möchte auch mehr sein als der Homoöcomicus mit der Zusatzanahme, dass sein Nutzen alleine vom Paarungserfolg abhängt. Ein Wesen, dass permanent so handelt, dass es seine Reproduktionschancen maximiert. Verdammt, was mache ich eigentlich hier in diesem Forum :-).

Gorgasal Online




Beiträge: 4.095

11.05.2009 17:09
#3 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Zettel
Über den Kreationismus wird in der Regel so berichtet, als sei er eine Verschwörung gegen die Moderne. Tatsächlich aber ist er, so behaupte ich in diesem Artikel, ein Sproß postmodernen Denkens: Wenn die Evolutionslehre nur noch ein "kulturelles Konstrukt" ist - warum ihr dann nicht die hehre Wahrheit der Bibel entgegenstellen?

Mein Problem mit Ihrer Argumentation: soweit ich das beurteilen kann, sind die Anhängerschaft der Postmoderne und die des Kreationismus in den USA effektiv disjunkt. Sie müssen also eine Wirkung der Postmoderne auf gerade diejenigen (religiösen) Bevölkerungsschichten postulieren, die zentralen Aussagen der Postmoderne am feindlichsten gegenüber stehen, die dem "Diskursdenken" sehr abhold sind, die einen großen Bogen um ein Soziologiestudium machen, die einen Kulturrelativismus ablehnen.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.05.2009 17:50
#4 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Gorgasal
Mein Problem mit Ihrer Argumentation: soweit ich das beurteilen kann, sind die Anhängerschaft der Postmoderne und die des Kreationismus in den USA effektiv disjunkt. Sie müssen also eine Wirkung der Postmoderne auf gerade diejenigen (religiösen) Bevölkerungsschichten postulieren, die zentralen Aussagen der Postmoderne am feindlichsten gegenüber stehen, die dem "Diskursdenken" sehr abhold sind, die einen großen Bogen um ein Soziologiestudium machen, die einen Kulturrelativismus ablehnen.

Sie haben Recht, lieber Gorgasal, hier liegt ein Einwand gegen meine These. Ich habe mir das beim Schreiben des Artikels auch überlegt und dshalb davon gesprochen, daß der postmoderne Relativismus das "intellektuelle Klima" präge. Vielleicht war das unscharf formuliert. Ich meinte nicht das geistige Klima bei den Intellektuellen, sondern das Klima der öffentlichen Befassung mit Themen wie Wissenschaft und Religion.

Sehen Sie sich eine Talkshow an, in der es um wissenschaftliche Themen geht. Meist wird man mindestens eine WissenschaftskritikerIn, EsoterikerIn, AnhängerIn der Alternativen Medizin usw. einladen. Und die ModeratoriIn wird dann für den Eindruck sorgen, daß man das alles eben so oder so sehen kann.

Oft wird derjenige, der in der Runde die wissenschaftliche Position zu vertreten hat, aufgefordert, doch nicht so engstirnig zu sein - er möge doch bitte dem Esoteriker zubilligen, daran zu glauben daß es einen Astralleib gibt; schließlich billige man ihm, dem Wissenschaftler, ja auch zu, zu sagen, daß ihn noch niemand gefunden hat.

Eine denkürdige Talkrunde bei Maischberger im letzten Jahr war fast schon eine Karikatur dieser Art von "Diskussionen"; Joachim Bublath wurde es damals zu viel, und er verließ die Runde.

Das, lieber Gorgasal, ist es, was ich meine: Die Autorität der Wissenschaft ist dahin. Nicht nur bei Leuten, die Feyerabend oder die Werke der Wissenschaftssoziologen lesen, sondern in der breiten Öffentlichkeit.

Ich habe bei Studienanfängern immer wieder diese Erfahrung gemacht: Diese postmoderne Haltung, daß die Wissenschaft halt genauso Recht oder Unrecht hat wie Astrologie, Esoterik, Homöopathie, Ufologie usw., ist bei ihnen geradezu Standard.

Warum also nicht auch der Kreationismus?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.05.2009 18:13
#5 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von dirk
ich glaube (aber das basiert mehr auf einem Gefühl und einer Selbstbeobachtung, als dass ich es rational untermauern kann ), dass Graf recht hat. Der Erfolg von ID hat viel mit der Anmaßung der Wissenschaft (sei es nun durch Wissenschaftler selber, durch Dawkins oder die Krieger vom Spiegel) zu tun und wenig mit postmodernem Denken.

In Europa gibt es vielleicht noch Spuren dieser "Anmaßung", lieber Dirk (obwohl sie sich mehr aus Antiamerikanismus als aus Wissenschaftsgläubigkeit speisen dürfte); in den USA ist das nur eine kleien Minderheit.

Die Heftigkeit, mit der Leute wie Dawkins oder Daniel Dennett (den ich für bedeutender halte als Dawkins) argumentieren, hat ja etwas damit zu tun, daß sie in den USA in einer hoffnungslosen Minderheitenposition sind (gut, Dawkins ist Brite, schreibt aber für ein angelsächsisches Publikum).

Publikationen, die für das wissenschaftliche Weltbild eintreten, haben geradezu lächerlich kleine Auflagen; der Skeptical Inquirer zum Beispiel hat eine Auflage von gerade mal 50.000; eine Schwesterzeitschrift, die sich der Verbreitung des Atheismus widmet (der Name fällt mir jetzt nicht ein), noch eine niedrigere Auflage.

Nein, lieber Dirk - jedenfalls in den USA gibt es keine Anmaßung der Wissenschaft; das wissenschaftliche Weltbild war und ist in der Defensive.
Zitat von dirk
Ich habe das Gefühl des ekels, wenn ich Interviews mit Wissenschaftler oder aber Spiegel-Artikel, wie der von Ihnen zitierte, lese, in denen behauptet wird, die Evolution könne die SChöpfung erklären. Das kann sie nicht. Sie beschreibt das "wie?" aber nicht das "warum?" wie es in einer South Park Folge mal auf den Punkt gebracht wurde.

Darüber müßte man ausführlich diskutieren.

Um es kurz zu sagen: Ich glaube nicht, daß wir über die Welt mehr wissen können als das "wie", so wie Sie es, denke ich, meinen.

Die Frage nach dem "warum" ist eine gute Frage innerhalb der empirischen Welt. Warum sind die Saurier ausgestorben? Weil ein Asteroideneinschlag in der Gegend der Halbinsel Yucatan das Weltklima drastisch geändert hat. Das ist eine Antwort auf eine "warum"- Frage; eine, die man empirisch bestätigen oder falsifizieren kann.

Aber die Heidegger'sche Frage: "Warum ist Seiendes und nicht vielmehr nichts?" oder die Frage: "Warum gibt es Naturgesetze?" oder "Warum sind sie so, wie sie sind?" - das sind metaphysische Fragen, für die unsere Verstandeskategorie der Kausalität nicht gemacht ist, um es salopp zu sagen. Wir versuchen da ein Instrument auf einen Gegenstand anzuwenden, für den es sich nicht eignet.

Damit bin ich natürlich wieder bei Kant. (Frage an Gorgasal: Hätten Sie demnächst Zeit, die Kant- Diskussion fortzusetzen?).

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2009 19:43
#6 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten
Ich fürchte, lieber Zettel, ich kann Ihnen da in der Hauptsache nicht zustimmen sondern eher meinen Vorrednern, die eben doch eine Anmaßung der Wissenschaften und insbesondere der Laborwissenschaften gibt.

Vielleicht "wieder gibt", denn in der Tat war 1968 die Soziologie der ganz große Hit ... und wer kräht heute nach ihr? Aber heutzutage haben wir "life sciences".

Wobei man eine Einschränkung machen muß: für die tatsächlichen fundierten Ergebnisse der Laborwissenschaft interessiert man sich wirklich nur sehr bedingt.

Interessant wird es dann erst einerseits wenn es um Anwendung geht, sei es die bloß nützlichen, sei es sie als Heilbringer verkauften, andererseits wenn es um Themen geht, die über die Laborwissenschaften in die Philosophie hinausragen, eben Kosmologie, Hirnforschung, Evolution. Und diesem Bereich sind ja selten die großen Laborwissenschaftler zu gange sondern Propagandisten: war es damals nicht so sehr Darwin als Huxley, war es später Haeckel, so nun heute Dawkins (eine solch unappetitliche Gestalt wie Ernst Mayer lasse ich mal weg, weil ich nicht weiß, wie bedeutend er in der Wissenschaft war - seinen Ruhm in Deutschland hat er aber nach dem Grosser/Nowitzki-Prinzip erlangt.) Und diese - das werden auch Sie, lieber Zettel, nicht bestreiten können - reiten auf einem sehr hohen "wissenschaftlichen" Roß. (Das dabei nicht immer mit korrekten Karten gespielt wird, versteht sich beinahe von selbst.) Die heutigen Propagandisten haben eine höhere Breitenwirkung (schließlich gibt es Fernsehen, Radio, größere Auflagen) sind aber noch eine Spur ... (ich will kein Wort benutzen was ich bereuen könnte). Und wenn wir mal ehrlich sind, liegt der Erfolg und die Popularität der Darwinischen Evolutionstheorie eben von Anfang an darin, daß man sie aus antirelgiöse Waffe gebrauchen will.

Andererseits haben Sie recht, daß es auch was mit der Postmoderne zu tun hat - und diese ergreift ja, wie zuvor die Moderne, eine ganze Gesellschaft, auch die "Fundamentalisten". Der Kreationismus war, wie der gesamte Fundamentalismus (im eigentliche Sinne) in seinem Ursprung eine Bewegung der Moderne, wenn halt auch der Gegen-Moderne. Den Bankrott der Moderne zur Postmoderne macht er sich natürlich zunutze, muß das aber auch mit seiner eigenen Aufsplitterung bezahlen: so gibt es ja eben heute Young Earth Creationists und Old Earth Creationists, Gap Theorists und Day-Age Theorists ... Es gibt einfache Kreationisten, die nur auf dem Wortlaut der Bibel beharren und weiter nichts tun, und "Creation Scientists", die eben versuchen, ihre jeweilige Vorstellung wissenschaftlich zu belegen.

Und eben auch Intelligent Design: man kann ID natürlich unter Kreationismus verbuchen, aber es ist dennoch nicht bloß ein Trick kreationistischer Verschwörer, sondern ein Konzept, welches sich sehr nahe an die Wissenschaft heranwagt.

Aber hier liegt auch ein Problem mit dem Begriff Creationism/Creation/Schöpfungsglaube. Diesen Umfragen traue ich nicht, solange nicht die Fragen offen gelegt werden und klar werden kann, was denn die Befragten darunter überhaupt verstehen. Schöpfungsglaube ist nicht das gleiche wie Young Earth Creationism. Und Kreationismus kann auch durchaus für Kreatianismus stehen (welcher sich gar auf die Natur bezieht sondern nach dem Ursprung der Seele fragt). Manche sortieren sogar die Theistische Evolution under Kreationismus ein.

Ich glaube also, an dem Postmodernemodel ist etwas dran - nicht in Konkurrenz zum Grafschen Antiszientismus, sondern als Ergänzung.

Aber ganz Unrecht hat die Postmoderne eben doch nicht, denn wenn ich solche Sätze lesen muß:

In Antwort auf:
Die Ergebnisse der Wissenschaften werden von vielen, die diesem Denken anhängen, als kulturelle Hervorbringungen wie alle anderen auch angesehen. Man kann ihnen glauben, ihnen aber auch mißtrauen.


Kann ich nur sagen: und recht haben sie, die Postmodernen! Warum sollten wir denn den Wissenschaften hier ausnehmen. Die sog. Wissenschaft (in Wahrheit ein Ideologie aus krudem Reduktionismus und Naturalismus) dekretiert, daß es alles nur ein biologischer Kampf um Fressen und Fortfplanzen ist, aber andererseits ist die hehre Wissenschaft pure Erkenntnis, die von den Himmeln niederschwebt. Überzeichne ich? Aber sicher! Aber das verdeutlicht, daß hier gleichzeitig zwei extreme vertreten werden, die nicht zusammengehen.

Natürlich ist auch die Wissenschaft kulturell bedingt und daß ihre Modelle Konstrukte sind, sollte man spätestens seit der Einstein und Heisenberg (wenn nicht schon seit Kopernikus und Gallileo) wissen.

Heißt das nun, daß die Ergebnisse der Wissenschaft beliebig veränderbar sind? Nein, aber man muß sich ihrer Vorläufigkeit, ihrer Konstrukthaftigkeit und ihrer Voraussetzungshaltigkeit bewußt sein.

In Antwort auf:
Wenn man das gemeinsame Fundament der Wissenschaft als einer voraussetzungslosen, ergebnisoffenen und kultur- und religionsübergreifenden Unternehmung aufgibt, dann bereitet man den Boden für Ideologien und Fundamentalismen aller Art.


Ja, wenn die eine Ideologie einknickt, profitieren ihre Wettbewerber im Markt der Ideen davon. Denn diese Voraussetzungslosigkeit ist pure Ideologie (deren Gebrauch als Holzhammer auch schon Gelehrte um ihre eingeschlagene akademische Laufbahn gebracht hat).

Ich habe auch große Probleme mit der Postmoderne. Doch das letzte was wir brauchen ist die Rückkehr in den finstersten Modernismus. Vielmehr müßte dieser endlich dort bekämpft werden, wo er immer noch inthronisiert ist (ich denke da nur an unsägliche Sendungen des Deutschlandfunks).

In Antwort auf:
Ich habe bei Studienanfängern immer wieder diese Erfahrung gemacht: Diese postmoderne Haltung, daß die Wissenschaft halt genauso Recht oder Unrecht hat wie Astrologie, Esoterik, Homöopathie, Ufologie usw., ist bei ihnen geradezu Standard.


Nur posieren zumindest die beiden letzteren ja oft als Wissenschaft mit genau dem gleichen Gestus, den Sie gerne zurück hätten. Da kann man nur sagen, wenn solcherlei genauso Recht haben will, wie die (Labor-)Wissenschaft, dann muß sie sich der Diskussion stellen mit derselben stellen. Dann ist es auch sinnlos, diese Dinge neben die Wissenschaft zu stellen. Sie sind doch oft abgehalferte Thesen aus der Wissenschaft.

Noch ein letzter Punkt: Woher kommen die Untschiede zwischen Deutschland und Amerika. Nun einerseits sicherlich, weil Amerika sehr viel dezidiert religiöser ist (weshalb dort ja auch der Religionshaß lautstärker ist als bisher hier). Aber ich glaube es liegt auch an den Nachwirkungen des Dritten Reichs. Dieses hatte ja den (Sozial-)Darwinismus als eine Hauptkomponente seiner Ideologie, weshalb man dann nach dem Krieg sich sehr bemüht hat bei selbstverständlicher Anerkennung der Evolutionstheorie als wissenschaftliche Theorie den Sozialdarwinismus zu bekämpfen und die Vereinbarkeit zwischen Evolution und Religion zu betonen. In Amerika liegt die Sache anders: es fehlt der Schrecken des staatsgewordenen Sozialdarwinismus und damit ist die Ideologisierung der Evolution weniger tabuisiert, was dann wiederum die Gegner stärker auf den Plan ruft. Einen Religionsunterricht in der Schule, der auf genannte Vereinbarkeit hinwirkt, gibt es auch nicht.

So nun verläßt mich die Ausdauer. Der Verweis auf Feyerabend ist ja schon gemacht worden. Mit dem Verweis auf das Amerikabild haben Sie natürlich recht, wobei das Anführen von G. W. Bush hier immer ganz großes Kino ist: der Mann hat in seinen acht Jahren genau zweieinhalb Sätze zum Thema gesagt, die aber eine typisch nichtssagende Politikerantwort auf eine Jornalistenfrage waren (So in etwa: "I think all theories should be presented in school.") Wer auch immer behauptet, Dubya sei ein Kreationist, mag ja recht haben, nur woher er das wissen will bleibt mir schleierhaft.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)

Verfassungsfeinde ... in den Tschad!!!

Daddeldu Offline



Beiträge: 30

11.05.2009 19:47
#7 Welche South Park-Folge? Antworten

In Antwort auf:
die Evolution könne die Schöpfung erklären. Das kann sie nicht. Sie beschreibt das "wie?" aber nicht das "warum?" wie es in einer South Park Folge mal auf den Punkt gebracht wurde.


Welche Folge war das?

In Antwort auf:
Und ich möchte auch mehr sein als ... (e)in Wesen, dass permanent so handelt, dass es seine Reproduktionschancen maximiert.


Das behauptet die Evolutionstheorie so auch gar nicht. Nur, dass der Mensch sich so herausgemendelt hat, dass seine Eigenschaften seinen Reproduktionserfolg maximieren. Handeln können Sie immer noch anders.

Gruß, Daddeldu

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2009 19:51
#8 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten
Zitat von Zettel
Sehen Sie sich eine Talkshow an, in der es um wissenschaftliche Themen geht. Meist wird man mindestens eine WissenschaftskritikerIn, EsoterikerIn, AnhängerIn der Alternativen Medizin usw. einladen. Und die ModeratoriIn wird dann für den Eindruck sorgen, daß man das alles eben so oder so sehen kann.

Oft wird derjenige, der in der Runde die wissenschaftliche Position zu vertreten hat, aufgefordert, doch nicht so engstirnig zu sein - er möge doch bitte dem Esoteriker zubilligen, daran zu glauben daß es einen Astralleib gibt; schließlich billige man ihm, dem Wissenschaftler, ja auch zu, zu sagen, daß ihn noch niemand gefunden hat.

Eine denkürdige Talkrunde bei Maischberger im letzten Jahr war fast schon eine Karikatur dieser Art von "Diskussionen"; Joachim Bublath wurde es damals zu viel, und er verließ die Runde.


Daran mußte ich auch denken. Diese Sendung war aber in mehr als einer Hinsicht fatal.

Ein paar Spinner einzuladen ist ja okay, aber die Runde nur aus Spinnern und Bublath bestehen zu lassen, ist eine katastrophale Planung, insbesondere wenn unter den Spinnern auch solche Lautsprecher wie Nina Hagen sind.

Andererseits kann ich Herrn Bublath deshalb verstehen, wenn er wiederholt die Nase rümpft und Augen verdreht und keinen der Mitdiskutanten ernst nehmen kann - nur wäre das aber wiederum die Voraussetzung gewesen, daß überhaupt wenigstens ein zivilisiertes Gespräch dabei herauskommt.

Als Hauptschuldige sehe ich aber Frau Maischberger (auch wenn ich von ihr schon seit Schlachthofzeiten eigentlich eine gute Meinung hatte und habe), die den Zirkus eingeladen hat und Herrn Bublath (und in ihren Augen wohl auch sich selbst) als "Stimme der Vernuft" dazwischen setzte. Aber genau diese Rolle kann niemand ausfüllen, weil die Vernunft nicht auf einen Menschen monopolisiert werden kann. (Sie selbst natürlich noch weniger, denn sie brachte ja solche unglaublich logischen Kracher wie "Wenn es Außerirdische gibt, gibt es Gott nicht. Weil wenn es Gott gibt, gibt es Engel und wenn es Engel gibt, gibt es keine Außerirdischen". Whatever!)

Gruß,
str1977

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Gorgasal Online




Beiträge: 4.095

11.05.2009 21:56
#9 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Zettel
(Frage an Gorgasal: Hätten Sie demnächst Zeit, die Kant- Diskussion fortzusetzen?)

Oh, selbstnatürlich. Ich wollte schon leise anfragen, wie weit Sie mit Ihrer Kantlektüre sind, oder ob Sie vor lauter Bundestagswahlkampf das Interesse verloren haben. Soweit ich mich entsinne, wollten Sie auf meine Fragen 1-5' eingehen. Ich freue mich darauf!

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

dirk Offline



Beiträge: 1.538

11.05.2009 22:07
#10 RE: Welche South Park-Folge? Antworten

@Daddeldu

In Antwort auf:

In Antwort auf:Und ich möchte auch mehr sein als ... (e)in Wesen, dass permanent so handelt, dass es seine Reproduktionschancen maximiert.
Das behauptet die Evolutionstheorie so auch gar nicht. Nur, dass der Mensch sich so herausgemendelt hat, dass seine Eigenschaften seinen Reproduktionserfolg maximieren. Handeln können Sie immer noch anders.


Doch! Jegliches Verhalten wird - vielleicht nicht von jedem Evolutionstheoretiker - mit diesem Zweck erklärt.
In Antwort auf:

In Antwort auf:die Evolution könne die Schöpfung erklären. Das kann sie nicht. Sie beschreibt das "wie?" aber nicht das "warum?" wie es in einer South Park Folge mal auf den Punkt gebracht wurde.



Welche Folge war das?
zehnte Staffel, Folgen 12 und 13. Empfehlen kann ich aber Super Best Friends (muss in der 9ten Staffel gewesen sein). Da geht es um Sterbehilfe anlässlich des Terri Schiavo Falls. Einfach herrlich - mit den Rebublikanern als Lobbyisten des Teufels.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

11.05.2009 22:26
#11 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Zettel
In Europa gibt es vielleicht noch Spuren dieser "Anmaßung", lieber Dirk (obwohl sie sich mehr aus Antiamerikanismus als aus Wissenschaftsgläubigkeit speisen dürfte);


Also ich erlebe das ständig. In jedem zweiten Spiegel Artikel und jeder zweiten gesellschaftlichen Gesprächsrunde. Ganz hip beim Thema Hirnforschung, die mir abspricht frei zu entscheiden, weil irgendwelche Prozesse im Hirn messbar waren bevor ich handelte.
In Antwort auf:

Die Frage nach dem "warum" ist eine gute Frage innerhalb der empirischen Welt. Warum sind die Saurier ausgestorben? Weil ein Asteroideneinschlag in der Gegend der Halbinsel Yucatan das Weltklima drastisch geändert hat. Das ist eine Antwort auf eine "warum"- Frage; eine, die man empirisch bestätigen oder falsifizieren kann.


Das ist für mich eher ein "Wie?", "Auf welche Art und Weise?" oder "Wodurch?" aber kein "Warum?". (Und "seiendes ist" ist mE eine Tautologie :-))

Die zweite Frage wäre auch, ob die Wissenschaft wirklich in einer defensiveren Position ist als früher oder aber ob nicht die "Demokratisierung" der Medien und Universitäten dazu geführt hat, dass viel mehr Durchschnittsmeinungen repräsentiert werden, die vorher nicht zum Vorschein kamen.

Gorgasal Online




Beiträge: 4.095

11.05.2009 22:46
#12 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von dirk
Zitat von Zettel
In Europa gibt es vielleicht noch Spuren dieser "Anmaßung", lieber Dirk (obwohl sie sich mehr aus Antiamerikanismus als aus Wissenschaftsgläubigkeit speisen dürfte);


Also ich erlebe das ständig. In jedem zweiten Spiegel Artikel und jeder zweiten gesellschaftlichen Gesprächsrunde. Ganz hip beim Thema Hirnforschung, die mir abspricht frei zu entscheiden, weil irgendwelche Prozesse im Hirn messbar waren bevor ich handelte.

Oh je, diese unsäglichen Debatten gibt es in der Zeit auch mit scjöner Regelmäßigkeit.

Ebenso: manche (nicht alle) Klimaforscher, die auch ein ziemliches Sendungsbewusstsein sekretieren.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Michel Offline



Beiträge: 265

12.05.2009 00:14
#13 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Wie es aussieht hängen auch viele Kommentatoren von Zettels kleinem Zimmer einer Form des Postmodernismus an. Das sollte wenig überraschen, denn auch dem Konservativismus liegt eine konstruktivistische Auffassung der Realität zu Grunde.

Blog: http://freiheitundoptimismus.wordpress.com

MonuMental Offline



Beiträge: 34

12.05.2009 00:21
#14 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Oh lieber Zettel, da haben Sie ja eines meiner absoluten Lieblingsthemen aufgegriffen! Wie schade, dass das Tippen nicht schneller geht....
Ich finde Ihre Theorie wirklich interessant, und sie spornt sehr zum Nachdenken an....
So wie ich es sehe, entstand diese Kluft zwischen Evolutionsgläubigen und Kreationisten durch zwei Faktoren: zum einen die bereits angesprochene gewisse Hochnäsigkeit, die hier durchaus bei einigen Wissenschaftlern zu beobachten ist, und in deren Augen es sich bei "Andersgläubigen" um lächerlich ungebildete Menschen handelt. Zum anderen sehen vor allem die "fundamental Christians" sich und ihre Lebensart von der Evolutionstheorie stark bedroht. In ihren Augen kann es ohne Religion keine Moral geben, und wenn wir alle von Affen abstammen, würde uns das (wie wohl viele Postmodernisten das auch sehen) auf die Gleiche Stufe mit dem Rest der Schöpfung stellen. Der Mensch wäre nicht mehr die Krone der Schöpfung, und das würde entweder bedeuten dass wir Menschen genauso töten könnten wie Tiere und das Abtreibung kein Problem wäre. Oder aber wir dürften keine Tiere mehr töten, und müssten über ein überfahrenes Eichhörnchen genauso trauern wie über einen überfahrenen Menschen. In dieser Denkweise kann ich durchaus eine Ablehnung des postmodernen Denkens sehen. Relativismus ist bei vielen Kreationisten ja auch ein böses Wort. Interessanterweise lehnten diese ja auch die Idee des Global Warmings komplett ab (schließlich stammte die Idee von der gleichen sozialen Gruppe (=Wissenschaftlern), die auch schonmal vehement behauptet hatte, die Erde sei Flach). Vor ca. zwei Jahren (so um die Zeit als der Wahlkampf richtig losging) fing man dann aber langsam damit an, davon abzulassen; man merkte wohl dass die allgemeine Bevölkerung hier anderer Meinung war.

Sie scheinen also durchaus richtig zu liegen mit ihrer Theorie.... interessant wäre es herauszufinden, wann genau diese extreme gegenseitige Ablehnung stattfand. Ich könnte mir vorstellen dass dies in der späteren Hälfte der sechziger, Angfang der siebziger seinen Anfang fand, als alles irgendwie politisch wurde, inklusive Religion...

MonuMental Offline



Beiträge: 34

12.05.2009 00:23
#15 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Michel
Wie es aussieht hängen auch viele Kommentatoren von Zettels kleinem Zimmer einer Form des Postmodernismus an. Das sollte wenig überraschen, denn auch dem Konservativismus liegt eine konstruktivistische Auffassung der Realität zu Grunde.


Lieber Michel,
Sie gehen also davon aus, dass alle Kommentatoren in Zettels kleinem Zimmer dem Konservatismus anhängen?

califax Offline




Beiträge: 1.502

12.05.2009 01:05
#16 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Gorgasal
Zitat von dirk

In jedem zweiten Spiegel Artikel und jeder zweiten gesellschaftlichen Gesprächsrunde. Ganz hip beim Thema Hirnforschung, die mir abspricht frei zu entscheiden, weil irgendwelche Prozesse im Hirn messbar waren bevor ich handelte.

Oh je, diese unsäglichen Debatten gibt es in der Zeit auch mit scjöner Regelmäßigkeit.
Ebenso: manche (nicht alle) Klimaforscher, die auch ein ziemliches Sendungsbewusstsein sekretieren.


Was in den Medien mit wissenschaftlichen Studien passiert, ist schon manchmal erstaunlich.
Was mich aber bei der Gedankenmessungsdebatte am meisten wundert, ist, daß niemand den nackten Kaiser zu sehen scheint.
Denn es ist doch völlig klar, daß ein Gedanke, besser gesagt: dessen Entstehung, ein physikalischer Prozeß im Gehirn sein muß. Und der braucht Zeit. Das ist keine bahnbrechende Entdeckung, sondern 1. Unterrichtsstunde Physik. Und daß dieser Prozeß in den ältesten Regionen des Gehirns beginnen muß, ist doch seit Darwin klar.
Die Sache wird nur abstrakter, ausgeklügelter und komplizierter, je mehr sich der Prozeß in jüngere Regionen verlagert bzw. fortpflanzt.
Und natürlich ist das Bewußtsein dafür, daß man jetzt eine Idee hat, eine höhere Intelligenzleistung und evolutionär jünger als der Wunsch, das Gegenüber zu schlagen.
Was soll daran atemberaubend neu sein?
Das Neue ist: Man hat es geschafft, einen Gedanken zu messen. Die Kinderfrage wie lang ein Gedanke sei kann jetzt beantwortet werden.
Aber mehr auch nicht.
Manche meinen jetzt, die Verantwortung wegdiskutieren zu können.
Können sie das? Wurde denn auch auf Impulskontrolle gemessen? Darüber habe ich nichts gelesen.
Und: hier wird auf verschiedenen Abstraktionsebenen diskutiert, ohne das in Betracht zu ziehen.
Die Hirnmessung zeigt, wie und wo Erregungssignale als Reaktion auf Input aus der Umgebung produziert werden.
Die Frage nach Schuld und Verantwortung ist aber soziologisch und psychologisch.

Für eine richtige Betrachtung muß man auf beiden Seiten der versuchten Implikation dieselbe Ebene haben:
Verändert ein System aus Belohnungsreizen und Strafreizen effektiv Qualität und Quantität von Hirnprozessen? Wenn ja: Welches System reduziert unerwünschte Verhaltensweisen?

Und auf der anderen Ebene: Welche Form von Rechtsprechung, Bestrafung, Resozialisierung und Belohnung macht uns sicherer?

Beide Fragestellungen behandeln nur scheinbar dieselbe Frage. Sie sind eng miteinander verknüpft, das ist offensichtlich. Aber es ist nicht die selbe Frage.

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2009 09:28
#17 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von califax
Zitat von Gorgasal
Zitat von dirk

In jedem zweiten Spiegel Artikel und jeder zweiten gesellschaftlichen Gesprächsrunde. Ganz hip beim Thema Hirnforschung, die mir abspricht frei zu entscheiden, weil irgendwelche Prozesse im Hirn messbar waren bevor ich handelte.

Oh je, diese unsäglichen Debatten gibt es in der Zeit auch mit scjöner Regelmäßigkeit.
Ebenso: manche (nicht alle) Klimaforscher, die auch ein ziemliches Sendungsbewusstsein sekretieren.


Was in den Medien mit wissenschaftlichen Studien passiert, ist schon manchmal erstaunlich.


Wobei aber Laborwissenschaftler eben nicht unbeteiligt sind.

In Antwort auf:
Was mich aber bei der Gedankenmessungsdebatte am meisten wundert, ist, daß niemand den nackten Kaiser zu sehen scheint.

Denn es ist doch völlig klar, daß ein Gedanke, besser gesagt: dessen Entstehung, ein physikalischer Prozeß im Gehirn sein muß. Und der braucht Zeit. Das ist keine bahnbrechende Entdeckung, sondern 1. Unterrichtsstunde Physik. Und daß dieser Prozeß in den ältesten Regionen des Gehirns beginnen muß, ist doch seit Darwin klar.

Die Sache wird nur abstrakter, ausgeklügelter und komplizierter, je mehr sich der Prozeß in jüngere Regionen verlagert bzw. fortpflanzt. ...


Ich wüßte zwar nicht, warum das gerade seit Darwin klar sein sollte, aber belassen wirs dabei.

Wenn das alles so unspektakulär ist wie Sie schreiben, warum macht man dann ein große Sache à la "Freier Wille widerlegt!" daraus? In Wahrheit ist es der Determinismus solcher Leute wie Roth und Singer, der nackt ist. Wegen solcher Pseudowissenschaft brauchen wir weder unser Menschenbild noch unser Rechtssystem ändern.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)

Verfassungsfeinde ... in den Tschad!!!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.05.2009 10:07
#18 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von str1977
Ich fürchte, lieber Zettel, ich kann Ihnen da in der Hauptsache nicht zustimmen sondern eher meinen Vorrednern, die eben doch eine Anmaßung der Wissenschaften und insbesondere der Laborwissenschaften gibt.
Vielleicht "wieder gibt", denn in der Tat war 1968 die Soziologie der ganz große Hit ... und wer kräht heute nach ihr? Aber heutzutage haben wir "life sciences".

Das hatte, lieber str1977, aber verschiedene Gründe. Die seinerzeitige Beliebtheit der Soziologie hatte nichts mit deren wissenschaftlicher Leistung zu tun, sondern lag an den politischen Zeitläuften. Wenn die Biologie und besonders die Hirnforschung heute im Mittelpunkt stehen, dann liegt das hingegen daran, daß die biologischen Wissenschaften seit einigen Jahrzehnten dank verbesserter Methoden einen Aufschwung erfahren; vergleichbar dem der Physik im 18. und dann wieder im 20. und der Chemie im 19. Jahrhundert.
Zitat von str1977
Interessant wird es dann erst einerseits wenn es um Anwendung geht, sei es die bloß nützlichen, sei es sie als Heilbringer verkauften, andererseits wenn es um Themen geht, die über die Laborwissenschaften in die Philosophie hinausragen, eben Kosmologie, Hirnforschung, Evolution.

Ja, das stimmt. Aber es ist wohl unvermeidlich. Grundlagenforschung wird erst dann für die Öffentlichkeit interessant, wenn sie entweder spektakuläre Anwendungen erwarten läßt oder wenn sie Berührungspunkte mit weltanschaulichen Fragen hat.
Zitat von str1977
Und diesem Bereich sind ja selten die großen Laborwissenschaftler zu gange sondern Propagandisten: war es damals nicht so sehr Darwin als Huxley, war es später Haeckel, so nun heute Dawkins (eine solch unappetitliche Gestalt wie Ernst Mayer lasse ich mal weg, weil ich nicht weiß, wie bedeutend er in der Wissenschaft war - seinen Ruhm in Deutschland hat er aber nach dem Grosser/Nowitzki-Prinzip erlangt.) Und diese - das werden auch Sie, lieber Zettel, nicht bestreiten können - reiten auf einem sehr hohen "wissenschaftlichen" Roß.

Dawkins hatte ja bis vor kurzem einen Lehrstuhl für "The Public Understanding of Science"; er ist also sozusagen von Amts wegen verpflichtet, der Öffentlichkeit die Wissenschaften nahezubringen. Das tut er mit viel Verve; der Vergleich mit Haeckel gefällt mir gut. Sein Eintreten für den Atheismus ist sicherlich nicht repräsentativ für Wissenschaftler oder Wissenschaften.
Zitat von str1977
Und wenn wir mal ehrlich sind, liegt der Erfolg und die Popularität der Darwinischen Evolutionstheorie eben von Anfang an darin, daß man sie aus antirelgiöse Waffe gebrauchen will.

"Man"? Einige haben den Darwinismus sicherlich so eingesetzt. Aber sein Erfolg - dh der Umstand, daß er sich durchgesetzt hat und von einer Theorie zu einer allseits akzeptierten Lehre geworden ist -, liegt schlicht daran, daß es überwältigende Belege für seine Richtigkeit gibt. Übrigens haben - Graf erwähnt das in seinem Artikel - ja auch die meisten Theologen sehr bald zugestimmt. Die Katholische Kirche gehört heute zu den striktesten Gegnern des Kreationismus.
Zitat von str1977
Es gibt einfache Kreationisten, die nur auf dem Wortlaut der Bibel beharren und weiter nichts tun, und "Creation Scientists", die eben versuchen, ihre jeweilige Vorstellung wissenschaftlich zu belegen. Und eben auch Intelligent Design: man kann ID natürlich unter Kreationismus verbuchen, aber es ist dennoch nicht bloß ein Trick kreationistischer Verschwörer, sondern ein Konzept, welches sich sehr nahe an die Wissenschaft heranwagt.

So ist es. Über den strengen Kreationismus, der die biblische Schöpfungsgeschichte wörtlich nimmt, kann man meines Erachtens nicht diskutieren. Wer glaubt, daß das Weltall nicht 13,5 Milliarden, sondern 6000 Jahre alt ist und die Erde nicht 4,5 Milliarden, sondern ebenso 6000 Jahre, der ignoriert so ostentativ die Fakten, daß man ihm seinen Glauben lassen sollte - und ihn in Ruhe.

Mit ID ist es, wie Sie richtig sagen, etwas anderes. Ich habe schon vor längerer Zeit hier im Forum geschrieben, daß ich gern einmal darüber diskutieren würde. Ich halte ID - kurz gesagt - für eine auf den ersten Blick plausible, aber wissenschaftlich ganz unfruchtbare Theorie; ähnlich der Theorie des élan vital und der Entelechie (Driesch) im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die eine "Lebenskraft" behaupteten, die nur der organischen Natur eigen sei.

Solche Theorien sind unfruchtbar, weil sie keine testbaren Vorhersagen generieren. Sie bringen die Forschung nicht voran, sondern behindern sie, weil sie an die Stelle von wirklichen Erklärungen ein Etikett setzen.
Zitat von str1977
Aber ganz Unrecht hat die Postmoderne eben doch nicht, denn wenn ich solche Sätze lesen muß:
In Antwort auf:
Die Ergebnisse der Wissenschaften werden von vielen, die diesem Denken anhängen, als kulturelle Hervorbringungen wie alle anderen auch angesehen. Man kann ihnen glauben, ihnen aber auch mißtrauen.

Kann ich nur sagen: und recht haben sie, die Postmodernen! Warum sollten wir denn den Wissenschaften hier ausnehmen.

Als der Autor dieser Sätze widerspreche ich Ihnen natürlich, lieber str1977. Die Ergebnisse der Wissenschaften - ich rede hier von sciences - sind keine kulturellen Hervorbringungen wie alle anderen auch. Ihre Besonderheiten liegen darin, daß sie intersubjektiv gültig sind. Jeder, der sich die entsprechenden Instrumente und Kenntnisse besorgt, kann die Fakten nachprüfen und kann sich vom Erklärungswert von Theorien überzeugen. Die Wahrheiten des Islam oder des Christentums kann aber niemand nachprüfen; so wenig, wie die Richtigkeit der Philosophie Hegels.

Die Wissenschaft, wie sie in der Antike entstanden ist und sich seit der Renaissance zunächst nur in unserer abendländischen Kultur entwickelt hat, ist ein weltgeschichtlich einmaliges Unternehmen. Nie hat es das gegeben, daß Menschen mit ganz unterschiedlichem kulturellem Hintergrund und unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen gemeinsam an einem Thema arbeiten und dabei Regeln anwenden, die von allen akzeptiert werden: Erstens, Daten müssen replizierbar sein. Zweitens, Theorien müssen empirisch überprüfbar sein. Was im allgemeinen heißt, daß aus ihnen testbare Vorhersagen ableitbar sein müssen.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

12.05.2009 10:22
#19 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von MonuMental
In ihren Augen kann es ohne Religion keine Moral geben, und wenn wir alle von Affen abstammen, würde uns das (wie wohl viele Postmodernisten das auch sehen) auf die Gleiche Stufe mit dem Rest der Schöpfung stellen.
Der Skandal für die Schöpfungsgläubigen liegt darin, daß sich in der natürlichen Evolution das Höhere (Komplexere) aus dem Niedrigeren (Einfacheren) entwickelt hat. Die Schöpfung dagegen steht, nach allem, was man darüber so hört, unter Gott; Gott hat etwas geschaffen, das weniger wertvoll als er selbst ist - keine Kunst, sozusagen, von allen Mängeln der Schöpfung ganz abgesehen. Daß Gott den Menschen schaffen konnte, ist also kaum verwunderlich, ist er uns doch in allen Belangen unendlich überlegen. Aber daß auch die Affen dazu in der Lage waren, obwohl sie so viel weniger brilliant sind als wir, das ist schon erstaunlich und stellt ihre Leistung über die Gottes. Im Unterschied zu Gott wächst die Natur ständig über sich hinaus.

Auch im Unterschied zu mir. Das Einzelwesen wird bekanntlich schwach und stirbt und all seine Pläne führen ins Nichts. An dieser Stelle der Schöpfung behält der Schöpfungsmythos seine Bedeutung:
Zitat von F. A. Graf
Die beiden Schöpfungserzählungen im ersten Buch Mose sind oft buchstäblich als Weltentstehungsberichte gelesen worden. Aber es geht um anderes. Martin Luther hat im "Kleinen Katechismus" den ersten Artikel des christlichen Glaubensbekenntnisses existentialistisch gedeutet: "Ich glaube, dass Gott mich geschaffen hat . . ."
Kein Mensch hat sich selbst das Leben gegeben. Wir alle leben von Voraussetzungen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Schöpfungsglaube ist ein Medium intensivierter Selbstreflexion des Menschen. Wer den Unterschied von Schöpfer und vornehmstem Geschöpf kennt, kann seine Endlichkeit konstruktiv annehmen und den Lebensmoment ernst nehmen, auskosten.
Nur politisch ist aus solcher Selbstreflexion nichts Autoritäres mehr herauszuholen, und da zwickt es anscheinend die Kreationisten:
Zitat von F. A. Graf
Wer eine Institution als vom Schöpfer selbst gestiftet deutet, will sie der Verfügung des Menschen entziehen. Und wer sich Schöpfungssprache erfolgreich zu eigen macht und seine Schöpfungssicht durchsetzt, verfügt über religiös-politische Deutungsmacht.
Die aktuellen Auseinandersetzungen um den modernen Kreationismus lassen sich nur mit Blick auf den fundamentalpolitischen Gehalt religiöser Schöpfungssprache angemessen deuten.
[...]
In entschiedener Politisierung setzten die amerikanischen Fundamentalisten seit den 1970er Jahren nun umgekehrt darauf, über die Grenzen des eigenen Milieus hinaus antiliberale Zweckbündnisse von Kräften zu schmieden, die die freiheitsdienliche Entkoppelung von Religion und Politik als Wertverlust und verunsichernden Relativismus erfuhren.
Das Problem liegt hierbei darin, daß diese Entkopplung heute immer weniger der Freiheit dient, sondern dem Staat (der säkularistischen Linken) den Platz gibt, eine neue Zivilreligion zu entwickeln, die nicht weniger autoritär als die hergebrachten Jenseitsreligionen ist. Die Religionsgemeinschaften, je fundamentalistischer, desto mehr, bilden dagegen eine der wichtigsten Widerstandsressourcen der Gesellschaft gegen den neuen "weichen" Totalitarismus - und wenn sie nur für ihr Recht auf Homophobie kämpfen.

Wenig Widerstandskraft ist von der Wissenschaft zu erwarten. Wie man am Beispiel der Klimaforschung sieht, schmiegt sich die Scientific Community sehr gerne dem politischen Konsensdenken und dessen Machtversprechen an.

Zwischen dem linkskonservativen Staatsallmachtsdenken und dem religiösen Fundamentalismus ist allerdings auch noch Platz für einen staatsfernen säkularen Liberalismus, der jene Hälfte der Gesellschaft hinter sich bringen kann, die von beidem nichts halten.

Mit dieser wilden Spekulation
grüßt
Kallias

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

12.05.2009 10:45
#20 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Interessantes Thema.
Letztlich ist der Kreationismus wohl nur eine von vielen Varianten der Wissenschafts-Ablehnung.
Eben eine eher in den USA verbreitete Variante.
In Europa werden Wissenschafts-Ablehner halt Gentechnik- oder Mobilfunkgegner.

Gorgasal Online




Beiträge: 4.095

12.05.2009 10:50
#21 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von str1977
Ich fürchte, lieber Zettel, ich kann Ihnen da in der Hauptsache nicht zustimmen sondern eher meinen Vorrednern, die eben doch eine Anmaßung der Wissenschaften und insbesondere der Laborwissenschaften gibt.
Vielleicht "wieder gibt", denn in der Tat war 1968 die Soziologie der ganz große Hit ... und wer kräht heute nach ihr? Aber heutzutage haben wir "life sciences".

Das hatte, lieber str1977, aber verschiedene Gründe. Die seinerzeitige Beliebtheit der Soziologie hatte nichts mit deren wissenschaftlicher Leistung zu tun, sondern lag an den politischen Zeitläuften. Wenn die Biologie und besonders die Hirnforschung heute im Mittelpunkt stehen, dann liegt das hingegen daran, daß die biologischen Wissenschaften seit einigen Jahrzehnten dank verbesserter Methoden einen Aufschwung erfahren; vergleichbar dem der Physik im 18. und dann wieder im 20. und der Chemie im 19. Jahrhundert.

Oh je. Verzeihen Sie mir, dass ich das hinsichtlich der Hirnforschung nicht ganz so optimistisch sehe. Ich habe selbst ein wenig im Bereich EEG und MRT gearbeitet. In der Tat sieht man bei bestimmten Aufgaben Aktivierungen in bestimmten Hirnarealen, das ist schon recht nett. Aber z.B. von einer therapeutischen Relevanz ist man noch unglaublich weit weg.

Und meine persönliche Ansicht ist, dass ein Vergleich mit Physik und Chemie auf allen vorhandenen Beinen hinkt. In Physik und Chemie hat man viel einfachere Systeme und kann ein tatsächliches ceteris paribus-Experiment konzipieren, also nur eine einzige Stellschraube drehen und alles andere konstant lassen, um den Einfluss genau dieser einen Stellschraube zu erforschen. Bei der Hirnforschung geht das nicht. Das System ist hier dermaßen komplex, nicht sinnvoll reduzierbar und voller Zusammenhänge, dass wir meines Erachtens nie zu einem ähnlich fundamentalen Verständnis wie in der Physik kommen werden.

Dazu kommt das Problem der winzigen Stichprobengrößen. Im MRT gibt es Studien mit nur 10 Probanden. Da braucht man einiges an Statistik, um Effekte überhaupt herauszuklamüsern, und Psychologen haben es nicht unbedingt mit der Statistik. Daran liegt es meines Erachtens unter anderem, dass viele Ergebnisse nicht repliziert werden können.

Zitat von Zettel
Mit ID ist es, wie Sie richtig sagen, etwas anderes. Ich habe schon vor längerer Zeit hier im Forum geschrieben, daß ich gern einmal darüber diskutieren würde. Ich halte ID - kurz gesagt - für eine auf den ersten Blick plausible, aber wissenschaftlich ganz unfruchtbare Theorie; ähnlich der Theorie des élan vital und der Entelechie (Driesch) im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die eine "Lebenskraft" behaupteten, die nur der organischen Natur eigen sei.

Solche Theorien sind unfruchtbar, weil sie keine testbaren Vorhersagen generieren. Sie bringen die Forschung nicht voran, sondern behindern sie, weil sie an die Stelle von wirklichen Erklärungen ein Etikett setzen.

Diesen Vorwurf muss sich die Evolutionstheorie in ihrer "großen" Form aber auch gefallen lassen.

Dass es (Mikro-)Evolution gibt, im Sinne einer Entwicklung der Arten, bestreitet auch kein ID-Anhänger, siehe die Züchtung von Hunderassen oder Rebsorten. Der Hauptunterschied zwischen ID und "großer" Evolutionstheorie liegt darin, dass ID-Anhänger der Meinung sind, komplett neue Spezies hätten sich durch Mikroevolution nicht bilden können, weil etwa einfach die Zeit dazu fehlen würde. Evolutionsanhänger sind der umgekehrten Meinung. Und genau hier versagt auch die Evolutionstheorie, überprüfbare Vorhersagen zu erzeugen, einfach weil da tatsächlich die Zeit fehlt: wir werden nie das Entstehen einer neuen Spezies beobachten können, und wenn wir im Labor eine neue Spezies erzeugen, dann ist eher zweifelhaft, inwiefern ein solches Laborexperiment eine Aussage über Makroevolution erlaubt.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

MonuMental Offline



Beiträge: 34

12.05.2009 17:08
#22 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Kallias
Das Problem liegt hierbei darin, daß diese Entkopplung heute immer weniger der Freiheit dient, sondern dem Staat (der säkularistischen Linken) den Platz gibt, eine neue Zivilreligion zu entwickeln, die nicht weniger autoritär als die hergebrachten Jenseitsreligionen ist. Die Religionsgemeinschaften, je fundamentalistischer, desto mehr, bilden dagegen eine der wichtigsten Widerstandsressourcen der Gesellschaft gegen den neuen "weichen" Totalitarismus - und wenn sie nur für ihr Recht auf Homophobie kämpfen.


Ja, als Freiheitskämpfer sehen sich einige Mitglieder dieser Religionsgemeinschaften, ein durchaus nobles Unterfangen. Leider kommt man dann genau wieder an diesen Punkt, wo sich Religion und Politik einfach nicht vermischen sollten. Zum einen wird auf das Waffenbesitzrecht gepocht (im Namen der Freiheit), zum anderen wird aber bestimmten Personengruppen das Recht auf eingetragene Partnerschaften und Heirat abgesprochen. Im Namen der Freiheit...
Des weiteren wird eine Partei zum Anführer in desem Kampf ernannt, der dann blind gefolgt wird. Und die, die nicht bis zur letzten bitteren Konsequenz hinter der Ideologie stehen, werden fallengelassen wie heiße Kartoffeln, beschimpft und lächerlich gemacht. Und die linke Seite wehrt sich mit immer krasseren Mitteln gegen diese Bewegung. Alles in allem eine sehr ungesunde Mischung, um meiner bescheidenen Meinung nach auch eine sehr ungesunde Interpretation des religiösen Glaubens.
Das ganze Spektakel auf der rechten Seite erinnert mich irgendwie schon seit längerem an die katholische Kirche vor ein paar hundert Jahren...

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2009 18:05
#23 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Zettel
Das hatte, lieber str1977, aber verschiedene Gründe. Die seinerzeitige Beliebtheit der Soziologie hatte nichts mit deren wissenschaftlicher Leistung zu tun, sondern lag an den politischen Zeitläuften. Wenn die Biologie und besonders die Hirnforschung heute im Mittelpunkt stehen, dann liegt das hingegen daran, daß die biologischen Wissenschaften seit einigen Jahrzehnten dank verbesserter Methoden einen Aufschwung erfahren; vergleichbar dem der Physik im 18. und dann wieder im 20. und der Chemie im 19. Jahrhundert.


Nein, das stimmt so nicht. Auch die Soziologen waren 1968 etc. von der Größe ihrer Leistung überzeugt. Mögen die Hirnforscher ebenso fallen, wie es die Soziologen taten.

Im Übrigen schließen ich mich Gorgasal an.

In Antwort auf:
Dawkins hatte ja bis vor kurzem einen Lehrstuhl für "The Public Understanding of Science"; er ist also sozusagen von Amts wegen verpflichtet, der Öffentlichkeit die Wissenschaften nahezubringen. Das tut er mit viel Verve; der Vergleich mit Haeckel gefällt mir gut. Sein Eintreten für den Atheismus ist sicherlich nicht repräsentativ für Wissenschaftler oder Wissenschaften.


Ja, nur sind es die Haeckels und die Dawkins, die in die Öffentlichkeit drängen und überall ihre Ideologie verbreiten. Aufgrund der Medienlage heute mehr als damals.

In Antwort auf:
Zitat von str1977
Und wenn wir mal ehrlich sind, liegt der Erfolg und die Popularität der Darwinischen Evolutionstheorie eben von Anfang an darin, daß man sie aus antirelgiöse Waffe gebrauchen will.

"Man"? Einige haben den Darwinismus sicherlich so eingesetzt. Aber sein Erfolg - dh der Umstand, daß er sich durchgesetzt hat und von einer Theorie zu einer allseits akzeptierten Lehre geworden ist -, liegt schlicht daran, daß es überwältigende Belege für seine Richtigkeit gibt. Übrigens haben - Graf erwähnt das in seinem Artikel - ja auch die meisten Theologen sehr bald zugestimmt. Die Katholische Kirche gehört heute zu den striktesten Gegnern des Kreationismus.


Ich hätte wohl "man" präziser formulieren sollen. Jene, die Interesse an der Verdrängung des Christentums hatte, haben den Darwinismus propagiert.

Sein Erfolg außerhalb des akademischen Bereichs beruht aber eben bloß auf dieser Waffen-funktion. Warum ist denn die Plattentektonik nicht eben so populär? Warum ruft niemand sie zur Leittheorie aus? Weil man damit Gott und Kirche nicht prügeln kann.

Ob die Theorie zutrifft und ob die Kirche dem zustimmt, tut dabei nichts zur Sache. Letzeres wird von den Propagandisten einfach vorausgesetzt, zweites geflissentlich ignoriert. Man kommt der Kirche (komicsherweise nur der katholischen) ja auch immer noch mit Kopernikus, obwohl dieser Kirchenmann von seinem Beichtvater zur Veröffentlichung gedrängt wurde, obwohl die Päpste gerade im 16. und 17. Jahrhundert die Wissenschaften förderten etc., obwohl die Kirche die Universität überhaupt erst erfunden hat.

In Antwort auf:
Mit ID ist es, wie Sie richtig sagen, etwas anderes. Ich habe schon vor längerer Zeit hier im Forum geschrieben, daß ich gern einmal darüber diskutieren würde. Ich halte ID - kurz gesagt - für eine auf den ersten Blick plausible, aber wissenschaftlich ganz unfruchtbare Theorie; ähnlich der Theorie des élan vital und der Entelechie (Driesch) im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die eine "Lebenskraft" behaupteten, die nur der organischen Natur eigen sei.


Es überrascht mich positiv, daß Sie so offen erscheinen. Meiner Meinung nach ist ID zwar wissenschaftlich (also grundsätzlich, Pfuscher gibt es aber überall), aber eben keine eigene, selbständige Theorie sondern einfach "Darwin mit Löchern". Die Anerkenntnis der Löcher sollte eigentlich selbstverständlich sein - wie die Löcher gefüllt werden ist in beiden Fällen Weltanschauung, ob man nun sagt (mit ID) hier waltete der Designer oder (mit Darwingläubigen) alle Löcher werden einst mittels der Darwinschen Theorie erklärt sein. Beides ist nicht überprüfbar.

In Antwort auf:
Solche Theorien sind unfruchtbar, weil sie keine testbaren Vorhersagen generieren. Sie bringen die Forschung nicht voran, sondern behindern sie, weil sie an die Stelle von wirklichen Erklärungen ein Etikett setzen.


Äh, nein. Unfruchtbar mag ID sein, aber behindert tut sie die Forschung nicht, denn jeder kann weiterforschen. Wenn Darwinisten - was sie ja gerne tun - über "Zufall und nichts als der Zufall" schwadronieren, wäre das ja auch das Ende der Forschung, sollte Wissenschaftler dem Glauben schenken.



<blockquote><font size="1">Zitat von str1977
Aber ganz Unrecht hat die Postmoderne eben doch nicht, denn wenn ich solche Sätze lesen muß:
In Antwort auf:
Die Ergebnisse der Wissenschaften werden von vielen, die diesem Denken anhängen, als kulturelle Hervorbringungen wie alle anderen auch angesehen. Man kann ihnen glauben, ihnen aber auch mißtrauen.

Kann ich nur sagen: und recht haben sie, die Postmodernen! Warum sollten wir denn den Wissenschaften hier ausnehmen.[/quote]

In Antwort auf:
Die Ergebnisse der Wissenschaften - ich rede hier von sciences - sind keine kulturellen Hervorbringungen wie alle anderen auch. Ihre Besonderheiten liegen darin, daß sie intersubjektiv gültig sind. Jeder, der sich die entsprechenden Instrumente und Kenntnisse besorgt, kann die Fakten nachprüfen und kann sich vom Erklärungswert von Theorien überzeugen. Die Wahrheiten des Islam oder des Christentums kann aber niemand nachprüfen; so wenig, wie die Richtigkeit der Philosophie Hegels.


Ja, was soll man sagen: wiederholen Sie halt das Gesagte. Natürlich sind alle Wissenschaften (und das sind eben nicht nur die Laborwissenschaften) kulturell hervorgebracht. Ein Einstein lebte nunmal nicht unter den Pygmäen. Und was soll "intersubjektiv" heißen - das widerspricht dem obigen ja gar nicht. Nur sind eben nicht nur die Laborwissenschaften intersubjektiv gültig. "Intersubjektiv" (was ja bloß eine postmoderne Chiffre für "objektiv" ist) ist eben auch die Philosophie Hegels. Egal welche Wissenschaft Sie treiben - es gibt immer Voraussetzungen und Grundannahmen, die nicht hinterfragt werden dürfen, soll das Projekt weitergehen. Das Laborwissenschaftler (Sie nicht ausgenommen) so tun, als gäbe es dergleichen nicht, ist was wirklich zu bedauern ist.

In Antwort auf:
Die Wissenschaft, wie sie in der Antike entstanden ist und sich seit der Renaissance zunächst nur in unserer abendländischen Kultur entwickelt hat, ist ein weltgeschichtlich einmaliges Unternehmen.


Entscheiden Sie sich mal, ob die Wissenschaft kontinuierlich weiterging, ob das Mittelalter nur finstere Nacht war (Hierirrensie!) oder ob die Renaissance hier eine Rolle spielte (ja, aber keine progressive).

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)

Verfassungsfeinde ... in den Tschad!!!

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2009 18:14
#24 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von Kallias
Der Skandal für die Schöpfungsgläubigen liegt darin, daß sich in der natürlichen Evolution das Höhere (Komplexere) aus dem Niedrigeren (Einfacheren) entwickelt hat.


Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. Nach der Schöpfungsgeschichte (Gen 2) wird der Mensch aus Lehn geformt, also etwas höheres aus etwas niederem. Und all die Jahrhunderte hatte kein Gläubiger ein Problem damit.

Nun werden Sie einwenden, hier spiele aber Gott mit. Stimmt! Nur hat die Evolutionstheorie weder das Recht noch die substantielle Möglichkeit einen Schöpfergott zu bestreiten. Die Evolutionstheorie, soweit Wissenschaft, sagt nichts über Gott - der Darwinismus, soweit Ideologie, mag das tun, nur ist aber dann keine Wissenschaft mehr.

In Antwort auf:
Aber daß auch die Affen dazu in der Lage waren, obwohl sie so viel weniger brilliant sind als wir, das ist schon erstaunlich


Wozu denn in der Lage? Mir ist von keiner bedeutenden Leistung der Affen bekannt. Auch die Evolutionstheorie sagt dergleichen nicht.

Dem Rest ihrer Ausführungen kann ich zustimmen, nur:

In Antwort auf:
Wer eine Institution als vom Schöpfer selbst gestiftet deutet, will sie der Verfügung des Menschen entziehen.


Was aber nur funktioniert, solange das auch geglaubt wird. Das 20. Jahrhundert hat in extremer Weise gezeigt, was die Folge des Nicht-mehr-daran-glaubens ist.

Und was Graf sagt, gilt auch umgekehrt: wer eine Institution als bloß natürlich-zufällig deutet, will sie seiner Verfügung unterwerfen.

In Antwort auf:
Das Problem liegt hierbei darin, daß diese Entkopplung heute immer weniger der Freiheit dient, sondern dem Staat (der säkularistischen Linken) den Platz gibt, eine neue Zivilreligion zu entwickeln, die nicht weniger autoritär als die hergebrachten Jenseitsreligionen ist.


Oder halt einem wirtschaftlich-szientistischen Komplex, der an der totalen Vernutzung des Menschen arbeitet.

In Antwort auf:
Die Religionsgemeinschaften, je fundamentalistischer, desto mehr, bilden dagegen eine der wichtigsten Widerstandsressourcen der Gesellschaft gegen den neuen "weichen" Totalitarismus - und wenn sie nur für ihr Recht auf Homophobie kämpfen.


Ja, und da der liberale Totalitarismus (wie alle Totalitarismen) keinen Widerstand dulden kann, genau deshalb schwärmen die Dawkinse und die Dennets aus in die Welt, zu verkünden das Disangelium.

In Antwort auf:
Wenig Widerstandskraft ist von der Wissenschaft zu erwarten. Wie man am Beispiel der Klimaforschung sieht, schmiegt sich die Scientific Community sehr gerne dem politischen Konsensdenken und dessen Machtversprechen an.


Das sowieso nicht. In anderem Thread haben wir ja bereits vom Konformismus der Wissenschaftler gesprochen.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

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Verfassungsfeinde ... in den Tschad!!!

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

12.05.2009 18:20
#25 RE: Der Kreationismus, ein Sproß postmodernen Denkens Antworten

Zitat von MonuMental
Ja, als Freiheitskämpfer sehen sich einige Mitglieder dieser Religionsgemeinschaften, ein durchaus nobles Unterfangen. Leider kommt man dann genau wieder an diesen Punkt, wo sich Religion und Politik einfach nicht vermischen sollten. Zum einen wird auf das Waffenbesitzrecht gepocht (im Namen der Freiheit), zum anderen wird aber bestimmten Personengruppen das Recht auf eingetragene Partnerschaften und Heirat abgesprochen. Im Namen der Freiheit...


Das Waffenbesitzrecht ist nunmal in der amerikanischen (!) Verfassung verankert. Man mag das - so wie ich inhaltlich zwar bedauern - aber einer Verfassung ist Folge zu leisten. Wer das nicht will kann in den Tschad auswandern.

Niemand verweigert eingetragene Partnerschaft. "das Recht auf ... Heirat" gibt es aber eben nur so, daß es ein Recht darauf ist, eine Ehe einzugehen und nicht diese nach Gutdünken umzuinterpretetieren. Damit verändert man grundlegend jenes Institut und bricht damit das Recht der Eheleute. Mal abgesehen davon, daß hier die Tore zur Manipulation aller Gesetze weit offensteht: in dem man die Wort aushöhlt und ändert, ist alles möglich. Doppelplusgut!

In Antwort auf:
Alles in allem eine sehr ungesunde Mischung, um meiner bescheidenen Meinung nach auch eine sehr ungesunde Interpretation des religiösen Glaubens.


Es ist gar keine Interpretation des religiösen Glaubens (was auch immer das sei) sondern politische Willensäußerung. Wie jeder Mensch so engagieren auch Gläubige sich politisch und kommen zu politischen Meinungen aufgrund ihrer Grundwerte und innerhalb der Verfassungsordnung.

In Antwort auf:
Das ganze Spektakel auf der rechten Seite erinnert mich irgendwie schon seit längerem an die katholische Kirche vor ein paar hundert Jahren...


Was auch immer das heißen mag! Vor wieviel hundert Jahren?

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

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