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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 78 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Florian Offline



Beiträge: 3.136

16.06.2009 15:07
#26 RE: Die Lage im Iran Antworten

Ja, wirklich eine spannende Frage.
Wäre eigentlich mal ein interessantes Thema für eine Soziologie-Doktorarbeit:
was sind wichtige Bestimmungsfaktoren, die einer Revolution Dynamik verleihen.

An den Mullahs alleine liegt es natürlich nicht. Dass die keine erfolgreiche Revolution wollen ist klar. Alleine können sie das aber auch nicht verhindern.
Die spannendere Frage ist letztlich, ob die "staatstragenden Schichten" zu den Mullahs halten. Vor allem natürlich das Militär, aber auch Beamte.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.06.2009 15:33
#27 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von Zettel
So werden halt diese und jene Zahlen verbreitet.

Mal sehen, ob wir jemals die Wahrheit erfahren werden.

Aber als ich sage, ich fände die Argumentation in Richtung Wahlbetrug überzeugend, meinte ich gar nicht die genannten Zahlen. Die kann ich überhaupt nicht beurteilen.

Aber spannend finde ich die Argumentation der Opposition zu einzelnen Ergebnissen im Vergleich zur letzten Wahl.
Es ist tatsächlich sehr unglaubwürdig, daß die Gegenkandidaten selbst in ihren Hochburgen/Heimatstädten nur noch minimale Wahlergebnisse gehabt haben sollen. Mussawi ist ja Aseri (Aserbeidschaner) - und selbst seine Landsleute sollen ihn laut Regierung nicht gewählt haben. Das ist bestimmt Fälschung.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

16.06.2009 15:42
#28 RE: Die Lage im Iran Antworten

In Antwort auf:
Zitat Califax:
Schwer zu sagen, worum es geht. Momentan geht es wohl nur darum, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Aber Mussawi ist regimetreu, das darf man nicht vergessen. Derzeit ist es immer noch ein Machtkampf innerhalb des Systems. Das kann sich durch die Unruhen zur regimefeindlichen Revolution entwickeln, muß aber nicht.
Kommt auch drauf an, ob es den obersten Mullahs gelingt, dem Volk gegenüber das Gesicht zu wahren. Sie sind der ideologische Grundpfeiler des Regimes.
Bisher ziehen AN, Basij und Hisbollah den ganzen Haß auf sich.


Lieber Califax, wir haben da vermutlich eine ähnliche Sicht. Weil:

Die Anhänger Khomeinis hatten Erfolg bei der vollkommen verarmten, verzweifelten und von ihren Traditionen getrennten Bevölkerung. Die 1963 vom Schah durchgeführte Landreform machte es großen Teilen der Landbevölkerung unmöglich, sinnvoll mit den gegebenen Umständen zu wirtschaften. Das jahrhundertealte bewährte System der Bewässerung im Iran – Ghanat – war in der Vereinzelung nicht mehr durchführbar. So das die Massen in die Großstädte wie Teheran strömten, wo soziale Ghettos entstanden.

Da das jetzige Regime keine wirksamen Mittel für die Probleme im Land weiß, wurde die Hisbollah immer stärker, nicht zuletzt weil Präsident Ahmadinedschad und seine Anhänger an die physische Wiederkunft des 12. Imams, auch Mehdi genannt, glauben, der eine 20 Millionen Mann umfassende Armee „braucht“, die Hisbollah.
(siehe auch Shahram Rafizadeh auf „http://www.roozonline.com“)

Armut, Arbeitslosigkeit, Menschenrechtsverletzungen, exzessiver Drogenkonsum, diese Probleme können nur durch die Wiederkunft des 12. Imam (Mahdi) gelöst werden. Als Umstände seiner Wiederkunft werden Ungerechtigkeit, Blutvergießen, Lärm und Geschrei genannt.

Da aber Märtyrertum und Opferbereitschaft für Gott und ein Leben nach dem Tod die Mitglieder der Fundamentalisten direkt ins Paradies führen, erscheint es den Anhängern leicht, das Leben auf der Erde aufzugeben, wenn man dafür Gottes Willen erfüllt. Früher war es Ayatollah Khomeini, heute Ayatollah Mesbah Yazdi, der spirituelle Mentor von Präsident Ahmadinedschad, die dieser Mahdi-Idiologie verfallen sind. Was wahrscheinlich auch zur Folge hat, das der Einsatz einer Atombombe nicht wirklich ein Schreckgespenst wäre.

Bei geschätzten 50 % Analphabeten der Bevölkerung scheint der Glaubenswahn um die Wiederkehr des Madi fundamental eingetrichtert worden zu sein.

Diese Ideologie muss unantastbar gemacht werden. Dazu ist es unter anderem notwendig, die Anhänger der Sufis zum Schweigen zu bringen.

Wieso sind die Sufis nun gerade gefährlich für das Regime? Rund 37 Prozent der Iraner können per TV Satellitenschüssel Sendungen aus dem Ausland empfangen. Hier gibt es 2 Kanäle mit Sendungen, die von Dr. Mostafa Azmayesh (http://www.erfan-gonabadi.com / http://www.icc-simoerg.com), einem prominenten Sufi im Ausland, produziert werden.

In seinen Sendungen widerlegt er regelmäßig abergläubische Praktiken und nachweislich falsche Zitate aus dem Koran, die von den ultra-fundamentalistischen Hardlinern für ihre Zwecke instrumentalisiert werden.
Er setzt sich gegen Aberglauben, Fanatismus und blinden Gehorsam ein. Regelmäßig spricht er vor seinem Publikum über Hintergründe des politischen, religiösen und kulturellen Geschehens im Iran und zeigt eine friedliche, freiheitliche und moderate Interpretation des Koran und des Islam auf. Wodurch die Sufis starken Zulauf bekommen haben.

Der Unterschied in der Interpretation macht's: Die Mehdi-These besagt, dass ein Mensch aus Fleisch und Blut als Ergebnis einer Häufung von Menschheitskrisen erscheint, um die Menschheit als Ganze von aller Pein zu erlösen.

Sufis hingegen betrachten die Wiederkunft des Mehdi als eine Möglichkeit, durch Selbstdisziplin und spiritueller Schulung, in Freiheit und Selbstverantwortung einen inneren Zustand zu erreichen, den sie als ganzheitliches Erleben von Harmonie und Schöpferkraft bezeichnen. Viele junge Iraner finden das besser, sie haben die Hetzerei und Intoleranz einer gewaltbereiten Mullahkaste satt. Viele spenden ihren religiösen Obolus lieber den Sufis als den Fundamentalisten.

So hat Ayatollah Fazel Lankarani 2006 eine Fatwa gegen alle Sufi Gruppierungen erlassen. Er gilt als einer der anerkanntesten Rechtsgelehrten in der schiitischen Glaubenswelt.

Fatwa: Der Erteiler eines solchen Rechtsgutachtens ist der Mufti, der nach seinem besten theologischen Wissen nach den Richtlinien seiner Rechtsschule, der er angehört, die Frage beantwortet. Meist geschieht dies, indem er ein Verbot für die beabsichtigte Handlung ausspricht oder aber deren Unbedenklichkeit erklärt und damit die Erlaubnis dazu erteilt. Es gibt keine vorgeschriebene Ausbildung für einen Mufti noch hat er in der Regel ein offizielles Amt inne. Der Mufti muß aber muslimischen Glaubens und ein Mann von gutem Ruf sein, sowie Kenntnisse des islamischen Rechts besitzen, um das vorgetragene Problem abwägen zu können. (http://www.islaminstitut.de/Artikelanzei...4ead3669.0.html)

Andere gewichtige Ayatollahs wie Nouri Hammedani, ideologisches Oberhaupt der Basiji, unterstützen die Fatwa und rufen zur Denunzierung von Sufis auf.

Mit dem Erlass (Fatwa) von Ayatollah Lankarani, der die Sufis als nicht-religiös und nicht-islamisch bezeichnet, waren die Sufis „vogelfrei“ und haben von den Mullahs die volle Härte der iranischen Gesetze zu erwarten.

Gefährlich für das Regime im Iran sind nicht die Sanktionen aus dem Ausland, sondern die größte Gefahr zielt in den Kern der Ideologie, in ihre Schwachstelle, die im Zeitalter allumfassender Medien Aufklärung erfährt und allmählich aufzuweichen droht.

Die Mullahs wissen, das der gesamte Islam in Frage gestellt werden wird, wenn sie nicht den fundamentalen Status im Iran aufrecht erhalten können und der jetzige Iran zerfällt. Die Mullahs kämpfen ihren "Heiligen Krieg".

♥lich Nola

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.06.2009 15:46
#29 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von Zettel
Ich finde, das ist eine spannende Frage - wovon hängt es ab, ob das eine oder das andere eintritt? Oder ist das ein chaotisches Geschehen, nicht steuerbar und nicht vorhersehbar?

Im wesentlichen ist es wohl Letzteres.
Natürlich ist es kein komplettes Chaos, es ist nicht jeder Ausgang möglich, und wenn sich eine Richtung am Ende durchsetzt, wird man immer gute Gründe finden, warum sie es schaffte.
Aber es hängt oft an kleinsten Details, ob es in die eine oder andere Richtung weitergeht. An einzelnen Personen, an spontanen Entscheidungen, an einer vermurksten Formulierung ...

In Antwort auf:
Ein entschlossenes Regime, so unpopulär es auch ist, wird fast immer eine Revolution niederschlagen können.

Richtig. Unsicherheit und Selbstzweifel innerhalb des Regimes sind absolut notwendig, um es stürzen zu können.

In Antwort auf:
Dann dürfte es auch eine entscheidende Rolle spielen, ob die Karrieristen des alten Systems sich ausrechnen, auch in einem neuen wieder oben zu schwimmen.

Auch sehr wichtig - obwohl die meist erst recht spät relevant werden.

In Antwort auf:
Was folgt daraus für den Iran? Die Mullahs dürften, ähnlich wie der Adel nach 1789, kaum eine Chance haben, nach einer Revolution ihre Pfründe zu behalten. Sie sind ja eine wirkliche Ausbeuterklasse im strengen Sinn des Wortes. Also werden sie kämpfen.

Da wäre ich nicht sicher.
Erstens vermute ich, daß viele Geistliche in erster Linie wirklich religiös motiviert sind. Und deswegen gar keinen großen Wert darauf legen, auch politisch zu regieren (viele von ihnen werden sich auch bewußt sein, daß sie als Theologen von Politik und Wirtschaft zu wenig Ahnung haben und das Land deswegen in Schwierigkeiten ist).
Zweitens können die Geistlichen darauf bauen, daß sie auch nach einer "Revolution" (was immer das genau heißen mag) eine wichtige Rolle spielen werden und ihre religiöse Bedeutung erhalten bleibt.
Und drittens können sie den klassischen Fehler machen, die Dynamik zu unterschätzen. D.h. da bei den Forderungen nie die Rede davon ist, das Mullah-Regime insgesamt abzuschaffen, erwarten sie gar nicht, daß so etwas am Ende rauskommen könnte.

In diesem Sinne lief das ja auch beim Ende der DDR recht "geschickt" (in Anführungszeichen, weil ungeplant): Die Bürgerrechtler sprachen dauernd vom besseren Sozialismus, da hat wohl ein großer Teil der DDR-Machthaber gar nicht erwartet, daß es ihnen am Ende an den Kragen gehen würde.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.06.2009 16:01
#30 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von R.A.
In Antwort auf:
Was folgt daraus für den Iran? Die Mullahs dürften, ähnlich wie der Adel nach 1789, kaum eine Chance haben, nach einer Revolution ihre Pfründe zu behalten. Sie sind ja eine wirkliche Ausbeuterklasse im strengen Sinn des Wortes. Also werden sie kämpfen.

Da wäre ich nicht sicher.
Erstens vermute ich, daß viele Geistliche in erster Linie wirklich religiös motiviert sind. Und deswegen gar keinen großen Wert darauf legen, auch politisch zu regieren (viele von ihnen werden sich auch bewußt sein, daß sie als Theologen von Politik und Wirtschaft zu wenig Ahnung haben und das Land deswegen in Schwierigkeiten ist).

Mit den "Mullahs", lieber R.A. (früher sagte man meist "Ayatollahs"), meinte ich nicht die Dorfgeistlichen. Sondern es hat sich - soweit ich das beurteilen kann - eine Herschende Klasse von Leuten herausgebildet, die ungefähr noch so sehr Geistliche sind, wie Ulbricht und Honecker Marx-Gelehrte waren.

Eine Nomenklatura von Leuten, die sich einen unglaublichen Reichtum angeeignet haben (die Spezialistin für den Nahen Osten des Nouvel Observateur Sara Daniel nennt sie richissime, superreich), die alle Fäden in den Händen halten: politische, militärische, wirtschaftliche Macht.

Ahmadinedschads Erfolg vor vier Jahren beruhte wesentlich darauf, daß er dieser korrupten Funktionärskaste den Kampf angesagt hat. Natürlich ist daraus nichts geworden. Aber falls sein jetziger Wahlsieg echt sein sollte (was ich nach wie vor für möglich halte), dann läge das eben gerade an seiner Ferne zu dieser Nomenklatura.

Herzlich, Zettel

Florian Offline



Beiträge: 3.136

16.06.2009 17:39
#31 RE: Die Lage im Iran Antworten

(Laienfrage:)

Ist denn nicht eines der Wesensmerkmale des Schiitischen Islam, dass eine Vorherrschaft der Religion auch in "weltlichen" Fragen postuliert wird? (Während im sunnitischen Islam der weltliche Herrscher zwar auch den Islam verteidigen soll, aber eben nur als weltlicher Arm, nicht gleichzeitig als Religionsführer?).

Sofern ich hier mit meinem rudimentären Gymnasialwissen recht habe, ist es eben sehr wohl das Selbstverständnis der Mullahs, auch den Staat zu regieren.
Demnach wäre für einen Mullah die derzeitige Ordnung im Iran schon ganz richtig und gottgewollt. Und dass das Ergebnis dann nicht unbedingt wirtschaftlich effizient ist, würde dann eben in Kauf genommen.

Umgekehrt wäre - sofern ich recht habe - auch für den religiösen schiitischen Laien ein Staatssystem, in dem die religiösen Führer politische Macht haben durchaus ein sinnvoller Zustand.
(Anders als sagen wir mal für einen religiösen protestantischen Christen, der vielleicht auch seine Moralvorstellung in Gesetzesform sehen möchte, aber deshalb noch lange nicht die Priester in Staatsämtern).

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.06.2009 18:05
#32 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von Zettel
Mit den "Mullahs", lieber R.A. (früher sagte man meist "Ayatollahs"), meinte ich nicht die Dorfgeistlichen.

Ich auch nicht.
Zwischen der von Ihnen beschriebenen Nomenklatura und dem einfachen Geistlichen "an der Basis" gibt es ja noch die hohe Geistlichkeit, die nicht direkt ins politische Geschäft eingebunden ist.
Ich bin leider nicht sehr kundig, wie die Strukturen im Iran aktuell so aussehen - aber ich würde schätzen, wenn einige hundert Mullahs die von Ihnen beschriebene Nomenklatura bilden, und draußen einige zehntausend kleine Prediger das Volk betreuen (und beeinflussen), dann gibt es noch vielleicht einige tausend mittlere und höhere Geistliche, die zwar Einfluß haben, aber nicht direkt korrupt, reich und mächtig sind.
Und die "öffentliche Meinung" innerhalb dieser Schicht dürfte für die Nomenklatura wichtig sein.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

16.06.2009 21:58
#33 RE: Die Lage im Iran Antworten

Spon hat einen Live-Ticker eingerichtet:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,630757,00.html

... da findet man unter anderem:

[15.15 Uhr] Das iranische Außenministerium hat einen hochrangigen tschechischen Diplomaten einbestellt und ihn aufgefordert, gegen "interventionistische und beleidigende" Aussagen der EU zur Präsidentenwahl in Iran zu protestieren. Das meldet die iranische Nachrichtenagentur ISNA.

♥lich Nola




califax Offline




Beiträge: 1.502

16.06.2009 23:18
#34 RE: Die Lage im Iran Antworten

Hat jemand eine Ahnung, wie man Kontakt zu Dr. Mehran Barati-Novbari oder seinem Exil-iranischen Kreisen bekommt, ohne Journalisten ausquetschen zu müssen?

edit: Es geht um Informationen über die Toten des Aufruhrs.

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.06.2009 04:44
#35 Ein unsäglicher Kommentar in der SZ Antworten

Ein "Zwitterding" zwischen gutem und schlechtem Journalismus ist dieser Komentar nicht, sondern mit seinen Platitüden ("Die ersten Toten belegen, dass das Regime vor Gewalt nicht zurückschreckt") ein Beispiel für miserablen Journalismus.

Aber nicht deshalb habe ich diesem Kommentar das Zitat des Tages entnommen, sondern weil dieses Zitat zeigt, wie erstaunlich mild (wieder einmal) ein linksliberaler Jorunalist eine totalitäre Diktatur beurteilt.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

17.06.2009 10:12
#36 RE: Die Lage im Iran Antworten

Hallo Califax, eine Möglichkeit ist das Facebook. Dort unter Mehran Barati schauen, er ist dort per e-mail zu kontakten.

Wenn das nicht ausreicht, muß ich gegen Mittag mal ein bißchen telefonieren, bin jetzt leider außer Haus. Zahnarzt.

♥lich Nola




RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

17.06.2009 10:12
#37 RE: Ein unsäglicher Kommentar in der SZ Antworten

Lieber Zettel,

Zitat von Zettel
Aber nicht deshalb habe ich diesem Kommentar das Zitat des Tages entnommen, sondern weil dieses Zitat zeigt, wie erstaunlich mild (wieder einmal) ein linksliberaler Jorunalist eine totalitäre Diktatur beurteilt.


man wundert sich über nichts mehr. Er hat bestimmt auch Beifall geklatscht, als islamischer Terrorismus von der britischen Regierung in "anti-Islamic activity" umbenannt wurde. Ich hätte da auch noch einen Vorschlag zu machen: Wir können ja zukünftig, wenn jemand einen anderen aus religiösen Gründen umbringt, von einem "gemäßigten Mörder" sprechen, da so eine Tat nicht persönlich motiviert ist. So ist es sicher auch nur noch eine Frage von sprachlichen Verrenkungen und nicht der Realität, bis aus dem Iran eine "lupenreine Demokratie" wird ...

MfG :)

P.S.: "Linksliberaler Journalist"? Liberal ist an solchen Leuten für meinen Geschmack gar nichts.

califax Offline




Beiträge: 1.502

17.06.2009 10:54
#38 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von Nola
Hallo Califax, eine Möglichkeit ist das Facebook. Dort unter Mehran Barati schauen, er ist dort per e-mail zu kontakten.



Welcher von denen? Trau schau wem. :)

Zitat von Nola

Zahnarzt.


Gute Betäubung und gute Besserung. :)

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The Outside of the Asylum

califax Offline




Beiträge: 1.502

17.06.2009 11:26
#39 RE: Die Lage im Iran Antworten

Wer die Geschichte nicht selbst im Internet verfolgt und sich auf Druck und TV verläßt, dürfte Schwierigkeiten haben, einen Überblick zu bekommen. Ich habe deshalb kurz zusammengefaßt, was bisher einigermaßen gesichert sein dürfte: Manifest der iranischen Demokraten

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Florian Offline



Beiträge: 3.136

17.06.2009 12:56
#40 RE: Die Lage im Iran Antworten

Danke für den Link.

Man kann dem Manifest ganz schön entnehmen, dass da zum Teil eine Demokratisierung des Iran als Ziel angestrebt wird.
Andererseits sind zumindest zum Teil auch Denkweisen sichtbar, die mit unserem Demokratieverständinis nicht harmonieren.
Etwa gleich die 1. Forderung:

"1. Stripping Ayatollah Khamenei of his supreme leadership position because of his unfairness. Fairness is a requirement of a supreme leader."

Man sollte meinen, dass es stärkere Argumente als "unfairness" gäbe, um einen Religionsführer von der absoluten Macht zu entfernen. (Wäre Khamenei "fair", d.h. ein "wohlwollender Diktator", dann wäre alles gut?).

califax Offline




Beiträge: 1.502

17.06.2009 13:15
#41 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von Florian
Danke für den Link.
Man kann dem Manifest ganz schön entnehmen, dass da zum Teil eine Demokratisierung des Iran als Ziel angestrebt wird.
Andererseits sind zumindest zum Teil auch Denkweisen sichtbar, die mit unserem Demokratieverständinis nicht harmonieren.
Etwa gleich die 1. Forderung:
"1. Stripping Ayatollah Khamenei of his supreme leadership position because of his unfairness. Fairness is a requirement of a supreme leader."
Man sollte meinen, dass es stärkere Argumente als "unfairness" gäbe, um einen Religionsführer von der absoluten Macht zu entfernen. (Wäre Khamenei "fair", d.h. ein "wohlwollender Diktator", dann wäre alles gut?).


Yup. Die ganze Sache fing als Machtkampf innerhalb des Systems an. Und es dürfte einer großen Zahl von Demonstranten immer noch nicht um Umsturz des Systems gehen. Es geht um die Auswechslung des Spitzenpersonals und die Beseitigung der schlimmsten Bedrückungen. Die iranische Revolution hat nach wie vor sehr viele Anhänger und ist auch eine Frage des Pariotismus dort. Das Land ist stark religiös geprägt.
Deswegen hat das derzeitige Gerücht, die Mullahs hielten sich mit einer Stellungnahme zurück und wollten AN nicht zum Sieg gratulieren auch Sprengkraft.
Die ganze Sache steht auf der Kippe.
Sollte es den Demonstranten gelingen, das Manifest durchzusetzen, könnte es ein gemildertes System in der bisherigen Struktur oder einen Umbau zur Demokratie geben. Das ist dann offen.

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Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.06.2009 13:58
#42 RE: Die Lage im Iran Antworten

In Antwort auf:
Man sollte meinen, dass es stärkere Argumente als "unfairness" gäbe, um einen Religionsführer von der absoluten Macht zu entfernen. (Wäre Khamenei "fair", d.h. ein "wohlwollender Diktator", dann wäre alles gut?).

Bitte nicht so streng ein Papier beurteilen, die vermutlich in Todesgefahr geschrieben wurde. Und das auch sicher mehr unter taktischen Gesichstpunkten zu sehen ist. Sie schrieben ja selbst erst gestern
In Antwort auf:
Die spannendere Frage ist letztlich, ob die "staatstragenden Schichten" zu den Mullahs halten. Vor allem natürlich das Militär, aber auch Beamte.

Das Papier kann möglicherweise gerade dazu dienen, eben diese Unterstützung zu sichern. Und auch die Mullahs sind, wie hier schon gesagt wurde, sicher keine einheitlich denkende und handelnde Gruppe. Ich gehe natürlich auch nicht davon aus, daß die Mehrheit (jetzt) eine Demokratie nach westlichem Muster wünscht und/oder daß diese so schnell durchsetzbar ist. Fast wäre mir dort ein "wohlwollender Diktator" zunächst lieber, solange das Propagandagift noch in den Köpfen ist.








califax Offline




Beiträge: 1.502

17.06.2009 15:56
#43 RE: Die Lage im Iran Antworten

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califax Offline




Beiträge: 1.502

17.06.2009 16:01
#44 RE: Die Lage im Iran Antworten

In der Tschechei interessiert man sich auch für die Lage.
(Ud mir tut's grad mächtig weh, daß ich mir vor 2 Jahre schon vorgenommen habe, Tschechisch zu lernen und bloß "Willkommen im Club Iran" verstehe.

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Florian Offline



Beiträge: 3.136

17.06.2009 16:29
#45 RE: Die Lage im Iran Antworten

Ungelt:

Mir ging es nicht um eine moralische Beurteilung.
Sondern nur um den Hinweis, dass wir als westliche Außenstehende uns eben sehr schwer tun, die Motivlage der Demonstranten einzuschätzen. Dass es zumindest naiv ist, bei allen Demonstranten davon auszugehen, sie seien für "mehr Demokratie" in unserem Sinne.

Vielleicht ist das ja (in einer sehr freien Analogie) so ähnlich, als wenn in den 30ern in Deutschland ein Teil der Bevölkerung dafür demonstriert hätte, den Berliner Gauleiter Goebbels wegen bestimmter Verfehlungen durch Göring zu ersetzen - aber damit den Führunsanspruch Hitlers und der NSDAP nicht in Frage stellen wollte.
(Wobei dieser Vergleich zugegebenermaßen womöglich auch sehr unfair gegenüber vielen Demonstranten ist).

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.06.2009 17:03
#46 RE: Die Lage im Iran Antworten

Zitat von Florian
Vielleicht ist das ja (in einer sehr freien Analogie) so ähnlich, als wenn in den 30ern in Deutschland ein Teil der Bevölkerung dafür demonstriert hätte, den Berliner Gauleiter Goebbels wegen bestimmter Verfehlungen durch Göring zu ersetzen - aber damit den Führunsanspruch Hitlers und der NSDAP nicht in Frage stellen wollte.

(Wobei dieser Vergleich zugegebenermaßen womöglich auch sehr unfair gegenüber vielen Demonstranten ist).

Ja, das glaube ich allerdings auch, lieber Florian.

Wie schon anderswo in diesem Thread diskutiert: In solchen Situationen entsteht das, was "die Menschen wollen", ja erst allmählich.

Mussawi war offensichtlich für viele zunächst einmal schlicht die Hoffnung auf mehr Freiheit; und sei es nur eine Lockerung der Herrschaft der Sittenpolizei. Der vermutete Wahlbetrug mag bei vielen Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Systems überhaupt hervorgerufen oder verstärkt haben.

Vielleicht trauen sich jetzt viele zum ersten Mal, den Gedanken zu fassen, das ganze System könne fallen. Da entstehen vielleicht Hoffnungen, die man bisher für ganz unrealistisch hielt.

Übrigens könnte auch der Erfolg der Demokratie im Irak eine Rolle spielen. Präsident Bush hat immer damit gerechnet, daß dieser sich auf die ganze Region auswirken und den Wunsch nach Demokratisierung befördern würde.

Herzlich, Zettel

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.06.2009 17:56
#47 RE: Die Lage im Iran Antworten

@Florian

In Antwort auf:
Mir ging es nicht um eine moralische Beurteilung.

Klar, so habe ich es auch nicht verstanden.
In Antwort auf:
Sondern nur um den Hinweis, dass wir als westliche Außenstehende uns eben sehr schwer tun, die Motivlage der Demonstranten einzuschätzen.

Ich würde es gerne noch mehr "verunmöglichen": Es gibt sicher nicht einmal "die Motivlage", sondern eine ganze Menge davon. Ganz einig sind sich die Leute sicher nur darin, daß sie AhmaXYZ nicht wollen.
In Antwort auf:
Dass es zumindest naiv ist, bei allen Demonstranten davon auszugehen, sie seien für "mehr Demokratie" in unserem Sinne.

Unter den "Motivlagen" wird es auch die geben, aber zu behaupten, es wäre das Hauptziel aller wäre vermutlich schon naiv. (Ich habe es aber auch so noch nicht gelesen.) Trotzdem wünsche ich den Leuten Erfolg, weil es nach meiner Einschätzung nur besser werden kann.
In Antwort auf:
so ähnlich, als wenn in den 30ern in Deutschland ein Teil der Bevölkerung dafür demonstriert hätte, den Berliner Gauleiter Goebbels wegen bestimmter Verfehlungen durch Göring zu ersetzen

Wenn man gegen eine Diktatur kämpft, ist es nicht möglich mit offenen Karten zu spielen. Ich würde in diesem Fall als Systemgegner wahrscheinlich (hoffentlich) "für Göring" demonstrieren, weil ich mir davon zumindest eine Destabilisierung des Systems versprechen würde. So wie eben jetzt im Iran.

Man kann wirklich nur abwarten und hoffen, daß es für die Systemgegner ein gutes Ende nimmt - im umgekehrten Falle gäbe es für lange Zeit keine Hoffnung mehr, weil das System aus den eigenen Fehlern lernen würde und die Systemgegner bekannt wären.

Das Hoffen ist wichtig, denn das ist mein wichtigster Aberglaube, daß es hilft! ;-)

Florian Offline



Beiträge: 3.136

17.06.2009 18:22
#48 RE: Die Lage im Iran Antworten

In Antwort auf:
Ja, das glaube ich allerdings auch, lieber Florian


Nach nochmaligem Durchdenken meines Vergleichs:
Das war wirklich SEHR schief und nicht gerade glücklich.
Ich möchte mich hiermit davon distanzieren.




Nola ( gelöscht )
Beiträge:

17.06.2009 20:07
#49 RE: Die Lage im Iran Antworten

In Antwort auf:
Man kann wirklich nur abwarten und hoffen, daß es für die Systemgegner ein gutes Ende nimmt - im umgekehrten Falle gäbe es für lange Zeit keine Hoffnung mehr, weil das System aus den eigenen Fehlern lernen würde und die Systemgegner bekannt wären.

Das Hoffen ist wichtig, denn das ist mein wichtigster Aberglaube, daß es hilft! ;-)




♥lich Nola




califax Offline




Beiträge: 1.502

18.06.2009 01:24
#50 RE: Die Lage im Iran Antworten

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