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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 31 Antworten
und wurde 2.694 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2009 16:32
Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Gut möglich, daß das Projekt Desertec technisch und wirtschaftlich interessant ist. Vielleicht eine ganz gute Ergänzung zum Ausbau der Atomenergie, bis die Fusionstechnik serienreif ist.

Aber so wird das ja in Deutschland nicht diskutiert. Sondern sofort gehen die Geschütze in den ideologischen Schützengräben in Stellung.

C.K. Offline



Beiträge: 149

25.06.2009 17:08
#2 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Ganz großes Kino. Von einer Energieabhängigkeit in die nächste. Putin und die Mullahs reichen ja nicht.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2009 17:24
#3 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von C.K.
Ganz großes Kino. Von einer Energieabhängigkeit in die nächste. Putin und die Mullahs reichen ja nicht.

Ja, das ist ein wichtiger Punkt, lieber C.K. Frankreich, das ungefähr siebzig Prozent seiner Energie in eigenen AKWs erzeugt, kann eine weit selbständigere Außenpolitik betreiben als Deutschland.

In der amerikanischen Presse wird oft hervorgehoben, daß Angela Merkel in ihren Entscheidungen gegenüber Rußland nicht frei ist, weil Deutschland auf Energielieferungen aus Rußland angewiesen ist. In Deutschland scheint das seltsamerweise kaum jemanden zu stören.

Das Schlimmme ist aus meiner Sicht, daß der Ökowahn jeden anderen Gesichtspunkt aus dem Feld schlägt. Ob eine Energie sich rechnet, ob sie sicher ist, ob ihr Ausbau den nationalen Interessen dient - alles das fällt völlig unter den Tisch. Wenn sie "grün" ist, dann ist sie gut.

Herzlich, Zettel

Florian Offline



Beiträge: 3.180

25.06.2009 18:35
#4 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten


Der Experte Lacher hat sich schon einigermaßen differenziert geäußert.
Ok, er sieht keine große Terrorgefahr (und begründet das auch).*
Er weist aber durchaus auf die politischen Risiken hin, wenn man seine Energierversorgung auf unstabile Regime in Tunesien oder Marokko abstellt. Und auf die schwierigen Investitionsbedingungen für ausländische Unternehmen.
Insgesamt schon einigermaßen differenziert.
Und dass er die ökonomischen Schwierigkeiten nicht anspricht ist auch ok - immerhin ist das auch nicht seine Expertise.

Auch der Interviewer argumentiert nicht ganz einseitig.
Er erwähnt Terroranschläge in Algerien, Anschläge gegen Privatunternehmen, etc.

Das Problem ist hier nicht so sehr das Interview sondern (wie so oft bei SpON) die Schlussredaktion.
Da wird einem Interview eine primitv verkürzende Überschrift und Headline gegeben.
(Oft genug wird dabei sogar der Inhalt des zugrundeliegenden Artikels ins Gegenteil verkehrt).
Die POLITISCHE Agenda von SPON wird damit natürlich voll erreicht:
Man hämmert eine kurze Botschaft ein. Und wenn sich jemand darüber beklagt, kann man immer darauf verweisen, dass im anschliesenden Artikel (den viele gar nicht mehr lesen) doch auch die Gegenargumente zu Wort kommen.
Ein insgesamt ekelhafter Journalismus-Stil!


* Dass die Terrorgefahr nicht allzu groß ist, halte ich auch für plausibel.
Insgeesamt ist das Vorhaben ja relativ dezentral:
Die Energiegewinnung erfolgt in einem großen Gebiet von Millionen Hektar. Auch eine große Bombe kann da immer nur Promillebruchteile der Gesamtkapazität stören.
Gefährdeter Engpass sind die Energieleitungen - aber die kann man vielleicht ggf. redundant über mehrere Routen legen.

In der Diskussion ist m.W. auch, in Afrika einen transportablen Energieträger zu erzeugen (z.B. Wasserstoff aus Elektrolyse) und diesen nach Europa zu verschiffen.
Hier besteht dann natürlich schon ein Risiko. Eine Bombe auf einem Wasserstoff-Tanker wäre gar nicht schön.
Aber vielleicht gibt es hier technische Lösungen. (Ein Energieträger, der nicht gleich beim ersten Funken explodiert lässt sich vielleicht auch vor Ort synthetisieren).

Insgesamt sehe ich das wie der Experte Lacher:
Das Hauptproblem sind hier nicht die Terroristen.
Sondern unstabile und korrupte Regime.
Im Vergleich dazu ist selbst ein Putin dann wirklich korrekt als "lupenreiner Demokrat" zu bezeichnen.


vivendi Offline



Beiträge: 663

25.06.2009 21:36
#5 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Mich wundert schon, warum man die Machbarkeit von Solarstrom-Produktion ausgerechnet und hauptsächlich an der Wahrscheinlichkeit von Terroraktivitäten aufhängt. Schäuble dürfte es freuen....
Wie terrorrestistent ist denn unser Leben überhaupt? Ein Terroranschlag auf eine Grosstadt wäre ebenso zerstörerisch wie ein Ausfall der Stromversorgung. Die vermeintlichen und bisher unbestätigten Einflüsse der CO2-Emissionen auf Klimaschwankungen sind daneben völlig unbedeutend.

Ein solches Projekt wäre ja vielleicht ein Anlass, sich zu überlegen wie man die Interessen aller Menschen, auch von Terroristenorganisationen oder -staaten, in einem solchen Projekt berücksichtigen könnte. Wenn alle Beteiligten ein vitales Interesse an einer stabilen Stromversorgung haben und davon profitieren - Erzeuger, Verbraucher, Anrainerstaaten, Transitstaaten - dann dürfte es leichter sein, alle dafür zu gewinnen, eine Stromversorgung ohne Störungen sicherzustellen.

Ein ähnliches Problem wie das oben angesprochene haben wir doch auch schon mit den Gas- und Erdöllieferungen aus Russland. Die Pipelines liegen teilweise in "Feindesland", Georgien, oder Terroristen in diesem Land, könnten jederzeit den Fluss unterbrechen.

In Anbetracht dieses "Terrorrisikos" scheint es mir unsinnig, (menschliche, intellektuelle) Energie und Milliardenbeträge in die grüne Politik zu investieren, wenn das Problem doch offensichtlich im Menschen selbst steckt.

Die grüne Politik des IPCC stachelt ja selbst Konflikte z.B. zwischen westlichen Staaten und Entwicklungsländern (Indien/China) an, der CO2-Handel wird den Graben zwischen reichen und armen Ländern nur noch vertiefen machen, weil es nur um Geld, Neid und Macht geht.

Anonymity Offline



Beiträge: 6

25.06.2009 22:01
#6 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von C.K.
Ganz großes Kino. Von einer Energieabhängigkeit in die nächste. Putin und die Mullahs reichen ja nicht.

Putin hat einen neuen Mitstreiter:
"Wie das „Manager Magazin“ berichtete, soll (Joschka) Fischer das Nabucco-Vorhaben politisch und öffentlichkeitswirksam vorantreiben."

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

25.06.2009 23:43
#7 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von vivendi
Ein ähnliches Problem wie das oben angesprochene haben wir doch auch schon mit den Gas- und Erdöllieferungen aus Russland. Die Pipelines liegen teilweise in "Feindesland", Georgien, oder Terroristen in diesem Land, könnten jederzeit den Fluss unterbrechen.


Eigentlich ist das kein "ähnliches Problem". Technisch gesehen ist es ein komplett anderes Problem. Denn Gas und Öl kann man speichern (und tatsächlich tun wir das in Deutschland reichlich - 30-Tages-Vorrat und so), Strom hingegen nicht (bzw. es wäre unsinnig teuer). D.h. wenn jemand die HGÜ-Leitung von Desertec nach Europa kappt, kracht in Europa das komplette Stromnetz runter (wenn denn tatsächlich 15% des Stroms per Desertec erzeugt werden sollen).

Single Point of Failure. Ganz schlechte Idee. Und leider sind die HGÜ-Leitungen jetzt nicht so preiswert, dass man da mehrfache Redundanz vorhalten könnte.

Gruß,
hubersn

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2009 23:47
#8 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von Florian
Auch der Interviewer argumentiert nicht ganz einseitig. Er erwähnt Terroranschläge in Algerien, Anschläge gegen Privatunternehmen, etc.

Solche Interviews, lieber Florian, werden ja in der Regel vorher besprochen. In diesem Fall ist die Dramaturgie einfach: Der Interviewer trägt die Sicherheitsbedenken vor, und der Experte Lacher erklärt dann, warum sie unbegründet sind.

Übrigens fand ich seine Argumente überhaupt nicht überzeugend. Er argumentiert mit Analogien - bisher gebe es doch auch schon Ölförderung usw., ohne Gefährdung durch den Terrorismus. Aber ein solches spektakuläre Einrichtung wie diese Solaranlage könnte doch die Terroristen anziehen. Sie wäre ja ein Symbol; ein Anschlag, der in Europa die Lichter ausgehen ließe, wäre eine große Sache.

Er sagt, der Süden der Sahara sei sicher - aber der Strom muß doch durch den Norden transportiert werden.

Er erklärt mit keinem Wort, wie denn solch eine Hochspannungsleitung, die über hunderte, wenn nicht tausende Kilometer geht, gegen Bombenanschläge geschützt werden kann.
Zitat von Florian
Das Problem ist hier nicht so sehr das Interview sondern (wie so oft bei SpON) die Schlussredaktion. Da wird einem Interview eine primitv verkürzende Überschrift und Headline gegeben.

Ja, das stimmt. Aber sie spitzen nur das zu, was die Botschaft des Interviews ist: Macht euch keine Sorgen, da kann nix passieren.
Zitat von Florian
Insgesamt sehe ich das wie der Experte Lacher: Das Hauptproblem sind hier nicht die Terroristen. Sondern unstabile und korrupte Regime.
Es soll eine weitere Abhängigkeit geschaffen werden, nach der von den Russen und von den Arabern.

Und was mich besorgt macht, lieber Florian, das ist die faktische Abwesenheit dieses Gesichtspunkts in der öffentlichen Debatte. Alles ist darauf fokussiert, daß diese Energie doch so schön grün ist. Daß sie außerdem unsicher ist, wird gar nicht gesehen.

Lange Zeit wurde in der Diskussion über den Kohlebergbau argumentiert, wir brauchten eine sichere heimische Energieversorgung. Das war einer der Gründe für die Subventionierung. Heute scheint dieser Aspekt der nationalen Unabhängigkeit niemanden mehr zu interessieren.

Auch das ein riesieger Unterschied zu Frankreich, übrigens.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.06.2009 23:52
#9 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Danke, lieber Hubersn, für diese (wieder einmal) kompetente Erläuterung!

Soweit ich sehe, würde auch Redundanz wenig bringen. Denn wer eine Leitung sprengen kann, der kann auch zeitgleich zwei oder drei Leitungen sprengen.

Auf solche Fragen geht der vorgebliche Experte Lacher - ich habe das gerade in der Antwort an Florian geschrieben - mit keinem Wort ein.

Herzlich, Zettel

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

26.06.2009 00:02
#10 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Lieber Florian, ihrer Aussage zur journalistischen Qualität von SpOn stimme ich absolut zu. Zu den technischen Details möchte ich aber ein paar Worte verlieren.

Zitat von Florian

Insgeesamt ist das Vorhaben ja relativ dezentral:
Die Energiegewinnung erfolgt in einem großen Gebiet von Millionen Hektar. Auch eine große Bombe kann da immer nur Promillebruchteile der Gesamtkapazität stören.


Nicht mit Photovoltaik verwechseln ... die wollen dort Thermalöl erhitzen und damit Dampfturbinen antreiben. Das ergibt nur dann Sinn, wenn ein großes Speichervolumen fürs Thermalöl besteht (sonst ist nachts Ende mit der Dampfzufuhr) und die Dampfturbinen groß genug sind. Schließlich gehört zu jeder Turbine eine große Menge an wichtigen Peripherieaggregaten ... da wird man nicht hunderte von Kleinturbinen mit tausenden von kleinen Nebenaggregaten installieren, sondern wenige große. Interessant dürfte auch die Kondensation und deren Kühlung (in der Sahara!) sein. Da bietet sich eigentlich nur Meerwasser, oder (wirkungsgradzehrende) Luftkühlung (wird in der Mongolei so gemacht) an.

Zitat von Florian
Gefährdeter Engpass sind die Energieleitungen - aber die kann man vielleicht ggf. redundant über mehrere Routen legen.


Bei solchen Netzeinspeisern wird man um HGÜ nicht herum kommen. Mit allen bekannten Nachteilen (teuer und unflexibel), die auch Vielfachredundanzen unwahrscheinlich machen. Zudem bietet sich eigentlich nur die Straße von Gibraltar für die Konverterstationen an.

Zitat von Florian
In der Diskussion ist m.W. auch, in Afrika einen transportablen Energieträger zu erzeugen (z.B. Wasserstoff aus Elektrolyse) und diesen nach Europa zu verschiffen.


An so etwas hatte ich früher auch mal gedacht, als von massiver Offshore-Winderzeugung die Rede war. Die Energiebilanz dabei ist aber verheerend. Um Wasserstoff zu verflüssigen ist so viel Energie notwendig, dass der Gesamtwirkungsgrad bis zur totalen Unwirtschaftlichkeit (mehr Gestehungskosten, als in der materialbedingten Gesamtlaufzeit eingebracht werden können) in die Knie geht. Zudem hat Wasserstoff die unangenehme Eigenschaft durch sämtliche Materialien lustig hindurch zu diffundieren, was die Verluste nochmals hochtreibt.

Insgesamt ist das ganze Projekt so lange eine Luftnummer, bis ein Saharastaat selbst ein größeres Versuchskraftwerk installiert und über ein paar Jahre testet. Ich denke da auch an Unwägbarkeiten wie Erosion der Spiegel durch Flugsand, Materialermüdung durch Wechseltemperaturbelastung, Sandverwehungen etc. Eine funktionierende Wartungsinfrastruktur in der Wüste müsste ja auch noch geschaffen werden ... viele Unbekannte in dem Projekt.
Erst wenn man wirklich belastbare Erfahrungen gesammelt hat kann man überlegen, ob man wirklich 400 Mrd EURO in eine neue Energieabhängigkeit investiert. Für diese Summe bekommt man grob überschlagen ca 200 konventionelle 1000 MW Einheiten (Kohle), oder 100 KKW.

Beste Grüße, Calimero

Florian Offline



Beiträge: 3.180

26.06.2009 01:16
#11 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Calimero: danke für die technischen Details.

Das klingt für mich eigentlich alles sehr überzeugend.

Noch eine Detailfrage zum Bereich Wasserstoff:
Gibt es eigentlich auch technische Alternativen zu Wasserstoff?
Das müsste eine Chemikalie sein mit folgenden Eigenschaften:

(a) Möglichkeit, Energie zu speichern
(b) eine hohe Energiedichte
(c) Nicht explosiv (z.B. erfüllt Erdöl die Anforderungen a, b und c)
(d) wirtschaftlich und technisch effizient synthetisch herstellbar (unter Energieeinsatz)

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

26.06.2009 01:39
#12 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Methanol (wird momentan defizitär aus Müll hergestellt) ... aber ich bin kein Chemiker. Keine Ahnung, wie man da aus Strom eine wirtschaftliche Synthese hinbekommen könnte. Technisch möglich ist Vieles, aber ob es auch ökonomisch ist?
Das ist ja das Problem bei den "E/Öko-Säuen" ... es wird durchs Dorf getrieben, was nur geht ... aber ob sichs auch rechnet? Später...

Jetzt muss ich erstmal ins Bett. Gruß, Calimero

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

26.06.2009 11:36
#13 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Mich macht schon mißtrauisch, daß hinter dem Projekt der Club of Rome steckt - diese grüne Spinnertruppe sollte eigentlich lieber mal den Mund halten, nachdem ihr Report sich fast komplett als Unsinn erwiesen hat.

Gegen einzelne Solarkraftwerke wäre ja gar nichts zu sagen. Einige meinetwegen auch in Nordafrika, große Risiken sehe ich in Tunesien oder Marokko nicht - solange eben nur ein kleiner Teil des europäischen Stroms dort erzeugt wird.

Aber wirtschaftlich scheint die Sache nicht zu sein, sonst würde man doch nicht von Anfang an Subventionen einfordern.

Und wenn die Angaben in diesem Artikel stimmen:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...ukunftsutopien/

... dann scheitert das Projekt schon am enormen Wasserverbrauch, der in der Wüste überhaupt nicht machbar ist.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

26.06.2009 14:26
#14 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von R.A.
Gegen einzelne Solarkraftwerke wäre ja gar nichts zu sagen. Einige meinetwegen auch in Nordafrika, große Risiken sehe ich in Tunesien oder Marokko nicht - solange eben nur ein kleiner Teil des europäischen Stroms dort erzeugt wird.


Oder noch besser: Solarkraftwerke in Afrika sollen Strom für Afrika bereitstellen. Ist ja nicht so, dass die den Strom dort gar nicht brauchen würden. Und ich bin mir sicher, dass irgendeine schlaue Investmentbank unter Ausnutzung von CO2-Zertifikaten die Geschichte "kostenneutral" hinbiegen könnte...damit wäre zumindest der ökonomische Schaden deutlich geringer, als wenn man auch noch Milliarden in den Stromtransport von Afrika nach Europa versenkt.

Gruß,
hubersn

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

27.06.2009 19:04
#15 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von R.A.
... dann scheitert das Projekt schon am enormen Wasserverbrauch, der in der Wüste überhaupt nicht machbar ist.


Lieber R.A.,

es ist sogar noch ein wenig frickeliger. Der Wasserverbrauch in Andasol ist ja durch die (Nass-)Kühlturmschwaden bedingt. Einen solchen Nasskühlturm würde man aber, wegen der Wasserverluste, wohl kaum in der Wüste platzieren. In Spanien nimmt man ja Grundwasser, welches im Umlauf abgekühlt wird. Es verdunstet also immer nur eine Teilmenge Wasser, der Rest wird rückgekühlt und mit einer Ausgleichsmenge frischen Grundwassers aufgefrischt.

in der Sahara müsste man sowieso küstennah bauen (Wasserbedarf), also wäre eine reine Durchlaufkühlung mit Meerwasser gleich die bessere Lösung. Der Kühlturm entfällt (ginge auch kaum wegen der hohen Salzaufkonzentration), damit auch die Verdunstungsverluste ... man macht halt nur (ohnehin warmes) Mittelmeerwasser noch wärmer.
Die zweite Möglichkeit wäre ein Trockenkühlturm, bei dem das Kühlwasser durch Luftkonvektion abgekühlt wird. Auch da kommt man ohne Wasserverluste hin.

Die Crux bei beiden Systemen liegt im verringerten Wirkungsgrad für die Gesamtanlage. Nach Carnot ist der maximal erreichbare Wirkungsgrad von Dampf-Kraft-Prozessen unmittelbar von der Differenz zwischen Dampfeintrittstemperatur (was das sonnenbeheizte Thermalöl an das Wärmetauscher-Speisewasser abgeben kann) und Abdampftemperatur (abhängig von der Kühlwasservorlauftemperatur) abhängig.
Da der solar beheizte Frischdampf schon relativ niedrige 400°C hat (konventionell werden gerade 700°C angestrebt), schlägt sich das zusätzlich relativ warme Kühlwasser (aus Mittelmeer oder Trockenkühlturm) äußerst negativ in der Gesamtbilanz nieder. Das nutzbare Enthalpiegefälle (oder, die Temperaturdifferenz) ist einfach zu gering.

Ich zitiere Wikipedia zu Andasol: "Für die Gesamtanlage ergibt sich ein Spitzenwirkungsgrad von etwa 28 % sowie ein Wirkungsgrad im Jahresmittel von rund 15 %."

In der Sahara dürfte dieser Wert noch um einiges unterboten werden.

Gruß, Calimero

Florian Offline



Beiträge: 3.180

27.06.2009 19:34
#16 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Es ist sehr erfrischend, mit Calimero einen Forumsteilnehmer zu haben, der erkennbar weiß, wovon er spricht.

Ich nutze das gleich aus und stelle ein paar Zusatzfragen:

zur Kühlung:
Ist die Temperatur und der Salzgehalt des Meerwassers wirklich ein ernsthaftes Problem?
Erstens ist doch auch im Mittelmeer bzw. im Atlantik das Meerwasser in 20 oder 30 m Tiefe schon deutlich kühler.
Und es spricht ja nichts dagegen, das Wasser von dort zu holen, oder?
Zweitens muss das Kühlwasser ja nicht unbedingt verdampfen und dann sollte auch der Salzgehalt unkritisch sein.

Lösungsvorschlag:
Es wird ein Kühlkreislauf gebaut, bei dem die Kühlflüssigkeit über ein Kühlwendel in 100 m Meerestiefe auf unter 10 Grad abgekühlt wird.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

27.06.2009 20:48
#17 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Lieber Florian,

danke für die Blumen. Ich bemühe mich zumindest. Da ich selbst aus der Kraftwerksbranche komme und viel zu oft Unsinn von irgendwelchen "Experten" in Umlauf gebracht wird, ist es mir ein Bedürfnis ab und an mal ein wenig Praxiswissen aus der E-Branche unters Volk zu bringen.

Zitat von Florian
Ist die Temperatur und der Salzgehalt des Meerwassers wirklich ein ernsthaftes Problem?


Eigentlich nicht. Es ist sogar von Vorteil eine Meerwasser-Durchlaufkühlung zu betreiben, da die Temperaturen hier besonders günstig sind. Atom-U-Boote kühlen so ihren Abdampf und das einzige Kraftwerk mit doppelter Zwischenüberhitzung, das ich kenne ist Esbjerg in Dänemark. Dort kann man den Dampf, dank niedrigster Kühlwassertemperaturen so weit herunterkühlen, dass sogar die zweite Zwischenüberhitzung möglich ist, was den Gesamtwirkungsgrad extrem verbessert.
Man muss dazu wissen, dass eine Kraftwerksturbine im Normalfall aus mehreren Teilturbinen besteht in denen der Dampf nach Druckstufen einzeln abgearbeitet wird. Nach der ersten Teilturbine (Hochdruckteil) darf der Dampf noch nicht kondensieren, sondern wird nochmals zwischenüberhitzt (diesmal mit dem geringeren Abdampfdruck nach dem HD-Teil) um mit noch höherer Temperatur die nachgeordneten Mittel- und Niederdruckteile zu beaufschlagen.
Bei einer Abarbeitung des Dampfes in nur einer Turbine würde man sonst schon bei einem Druck von 50-60 bar unter die Sattdampflinie geraten und die Turbinenschaufeln durch dann entstehende Kondenswassertröpfchen zerstören. Durch die Verschiebung der geringstmöglichen Abdampftemperatur (durch geringste Kühlwassertemperatur) kann man erreichen, dass sogar eine zweite ZÜ möglich wird, da sogar der hochentropische Abdampf erst sehr spät kondensiert. Der Gesamtwirkungsgrad steigt dadurch enorm.


Zitat von Florian
Erstens ist doch auch im Mittelmeer bzw. im Atlantik das Meerwasser in 20 oder 30 m Tiefe schon deutlich kühler. Und es spricht ja nichts dagegen, das Wasser von dort zu holen, oder?

Eigentlich nichts. Es muss halt nur gewährleistet werden können, dass riesige Wassermengen störungsfrei (möglichst feststofffrei) über unkompliziert zu wartende Leitungen und Pumpen von x Metern Wassertiefe bis auf die (möglichst tief gelegenen) Kondensator-Eintrittsstutzen geleitet werden. Man darf dabei nicht vergessen, dass immer genug kühles Tiefenwasser nachströmen können muss.

Zitat von Florian
Zweitens muss das Kühlwasser ja nicht unbedingt verdampfen und dann sollte auch der Salzgehalt unkritisch sein.

Richtig, ohne Kühlturm verdunstet nix ... aber es geht da wirklich um große Mengen Wasser, wenn man eine möglichst tiefe Temperatur halten möchte. Da spielt auch die Pumpleistung und der Druckverlust eine Rolle.


Zitat von Florian
Lösungsvorschlag:
Es wird ein Kühlkreislauf gebaut, bei dem die Kühlflüssigkeit über ein Kühlwendel in 100 m Meerestiefe auf unter 10 Grad abgekühlt wird.


Um 100m Höhenunterschied zu überwinden brauchen sie Pumpen, die mindestens 10 bar Förderdruck bringen (und das bei Fördervolumina von mehreren 100000 m³/h). Wenn man die Druckverluste in den Kühlwasserleitungen und dem Maschinenkondensator und der "Kühlwendel" noch dazu addiert, wird es völlig utopisch. Der elektrische Eigenbedarf der Kühlwasserpumpen frisst da die Gesamtleistung des Kraftwerkes auf.
Zudem muss auch ein Wärmetauscher in 100 m Tiefe immer mit kaltem Wasser umspült werden, sonst hat man einen lauwarmen Tauchsieder installiert. Die Strömungsverhältnisse im Mittelmeer kenne ich allerdings auch nicht.

Beste Grüße, und Danke für das Interesse ... Calimero

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

27.06.2009 21:56
#18 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von Calimero

und das einzige Kraftwerk mit doppelter Zwischenüberhitzung, das ich kenne ist Esbjerg in Dänemark.


Da kann man mal sehen: ich kenne dieses Energietechnik-Zeuchs fast nur von der Theorie her (Energietechnikstudium als Nebenfach zum Informatikstudium), und da wurde in den zahlreichen T,s-Diagrammen immer so getan, wie wenn quasi jedes Wärmekraftwerk auf jeden Fall mit doppelter Zwischenüberhitzung arbeiten würde...

Gruß,
hubersn

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

27.06.2009 22:51
#19 Kraftwerkstechnik Antworten

Zitat von hubersn

Da kann man mal sehen: ich kenne dieses Energietechnik-Zeuchs fast nur von der Theorie her (Energietechnikstudium als Nebenfach zum Informatikstudium), und da wurde in den zahlreichen T,s-Diagrammen immer so getan, wie wenn quasi jedes Wämekraftwerk auf jeden Fall mit doppelter Zwischenüberhitzung arbeiten würde...


Es kann durchaus möglich sein, dass es noch andere Werke mit Doppel-ZÜ gibt, allerdings kenne ich nur dieses (Stand: 2008). Die zweifache Zwischenüberhitzung ist zwar eine der Standartantworten auf die Frage: "Wie könnte man den Wirkungsgrad ihres Kraftwerkes verbessern?", aber die praktische Umsetzung scheitert dann meist an den natürlichen Gegebenheiten.

Ich habe jetzt mal schnell mein h,s-Diagramm ausgebuddelt und muss mal wieder feststellen, dass es im rechten (hochentropischen) Bereich sehr schnell sehr eng wird. Konventionell (mit einer ZÜ) liegen wir momentan bei ca 35 - 40 °C Abdampftemperatur und einem 94%-igem Vakuum.
Wenn man bis auf ca 10°C Abdampftemperatur heruntergehen könnte, müsste man ein 99%-iges Vakuum aufrecht erhalten können und hätte da mit 100m³ Dampf aus 1 kg Wasser zu kämpfen. Wenn ich da an unsere 2400 t/h Wasser-Dampf-Umlauf denke, beschleichen mich schon Zweifel (der Auslassquerschnitt müsste gigantisch sein).
Bei niedrigen Kühlwasser-Zulauftemperaturen kann man den Prozess mittels zweiter ZÜ schon nach rechts rausschieben (im h,s-Diagramm), aber nur, wenn diese auch übers Jahr konstant tief bleiben. Es hängt, wie so oft, an der Kosten-Nutzen-Abwägung. Das ist ja das, was die "Experten" in den Medien so oft vergessen. Machbar ist vieles, aber es muss ja auch noch irgendwie sinnvoll (und bezahlbar) bleiben.

Gruß, Calimero

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

28.06.2009 10:46
#20 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

In Antwort auf:
Um 100m Höhenunterschied zu überwinden brauchen sie Pumpen, die mindestens 10 bar Förderdruck bringen (und das bei Fördervolumina von mehreren 100000 m³/h).

Jetzt muss ich mal ganz doof nachfragen: Nehmen wir an, wir bauten eine Wendel von 100 Meter Höhe, ungefähr wie eine Wasserrutsche. Und daneben bauen wir ein dickes Rohr, dieses aber 105 Meter hoch. Das wird unten verbunden. Und diese ganze Konstruktion versenke ich im Meer, so dass der Eingang der Wendel und das Rohr oben gerade noch aus dem Wasser gucken. Wenn ich jetzt Wasser in das Rohr schütte, dann müsste eigentlich Wasser aus der Wendel austreten. Und zwar Wasser, dass der ganzen Weg durch Rohr und Wendel geflossen ist und entsprechend gekühlt sein müsste. Der Höhenunterschied, den ich wirklich überwinden muss, ist doch nur der zwischen Rohr und Wendel, in meinem Beispiel 5 Meter. Wo ist der Denkfehler ?

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2009 14:00
#21 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Lieber Llarian,

jetzt haben sie mich erwischt. Ich musste jetzt erstmal einige Fachbücher wälzen und meine Formelsammlung zu Rate ziehen um zu erkennen, dass der Denkfehler bei mir liegt.

Zuerst möchte ich sagen, dass meine spontane 10 bar-Antwort aus einer Diskussion herrührt, in der wir versuchten zukünftige Kraftwerke kostenoptimiert zu planen. Es ging dabei darum, die Leitungslänge der höchstbelasteten (und damit materialmäßig teueren) Frischdampfleitungen (die naturgemäß im oberen Kesselbereich austreten) bis zur Dampfturbine zu verkürzen. Ein Vorschlag war dabei, die Turbinen auf gleicher Höhe wie den Dampfaustritt zu installieren. Dies wurde jedoch schnell verworfen, da ja dann auch das Kühlwasser bis auf Turbinenhöhe hochgepumpt werden müsste. Dabei spielt nicht nur der Aufwand beim Füllen der Leitungen eine Rolle, sondern auch die Statik. Vier 100 m hohe Leitungen von je 2 m Durchmesser bringen wassergefüllt doch einiges auf die Waage.

Das war mein erstes Bild vor Augen. Auf die Idee so eine Konstruktion 100 m tief zu versenken ist bisher einfach noch niemand gekommen. Natürlich spielt allein die Höhendifferenz eine Rolle, und nicht die pure Förderhöhe. Von daher haben sie Recht und ich versinke in Demut.

Allerdings habe ich trotzdem Recht, wenn auch nicht in exakten Zahlen. Der gesamte Druckverlust einer solchen Konstruktion (welchen die Pumpe überwinden muss) ergibt sich aus einer Addition des statischen Delta p (Höhendifferenz * g * rho) und den dynamischen Delta p aus Rohrleitungswiderstand (Abhängig von Leitungslänge, Innendurchmesser und Strömungsgeschwindigkeit im Quadrat) und spezifischem Widerstand der Einbauten (abhängig von den Bauformen mit jeweils spezifischen Widerstandsbeiwerten und widerum der Strömungsgeschwindigkeit im Quadrat. Dazu kommen noch die Widerstände bei jedem Leitungsknick, welche aber schon wegen der nötigen Dehnungskompensation bei großen Leitungslängen unverzichtbar sind.

Jetzt steht da also so ein Kraftwerk in der Wüste und kühlt sein Kühlwasser nicht mit Oberflächenwasser (da könnte man ja Stichkanäle anlegen) sondern per Wärmetauscher im Tiefenwasser. Ich kenne die Geographie des Mittelmeeres jetzt nicht so genau, aber ich denke, dass da einige Kilometer Leitungslänge notwendig wären um zu einem geeigneten Punkt zu kommen. Die nötige Pumpleistung dürfte enorm sein. Wenn man dann noch verhindern will, dass sich einmal gekühltes Wasser beim Durchlauf durch wärmere Wasserschichten und Wüstensand wieder aufheizt kann man auch noch einiges in die Isolierung investieren. Und ... den Tauchsiedereffekt nicht vergessen. Es muss immer gewährleistet sein, dass kaltes Tiefenwasser nachströmt.

Gruß, Calimero

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

14.07.2009 09:26
#22 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Zitat von Zettel
Gut möglich, daß das Projekt Desertec technisch und wirtschaftlich interessant ist. Vielleicht eine ganz gute Ergänzung zum Ausbau der Atomenergie, bis die Fusionstechnik serienreif ist.

Die NZZ bietet wieder einen schönen unaufgeregten Kommentar:
Zitat von NZZ
Der Bau von mehr als 2000 Kilometer langen Stromleitungen dürfte sich als schwierig erweisen – nicht nur in den instabilen Staaten Afrikas, sondern auch in Europa. Bisher zeigten sich die europäischen Staaten beim Bau grenzüberschreitender Stromleitungen wenig kooperativ. In Deutschland stösst bereits der Bau von Stromleitungen, um die geplanten Windanlagen in Nord- und Ostsee anzubinden, bei Naturschützern und Lokalpolitikern auf Widerstand.

http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft..._1.3032512.html

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.07.2009 11:37
#23 Das Wasserauto Antworten

Passend dazu stand gerade diese Google-Anzeige am Fuß der Seite:

Zitat von Google-Anzeige
Ihr PKW ein Wasserauto? - Jetzt möglich: Wasser =Treibstoff Infos zum Wasserauto Umbau Hier http://www.wasserauto24.de?Wasserauto

Mal wieder hat einer das Perpetuum Mobile erfunden.

Und das ist kein einsamer Spinner. Wenn's der Umwelt dient, dann werden halt die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt. In der Wikipedia gibt's alles über Wasserautos.

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

14.07.2009 11:38
#24 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

In Antwort auf:
Eine Bombe auf einem Wasserstoff-Tanker wäre gar nicht schön.


Ebenso wie eine Bombe gegen einen Flüssiggastanker.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

14.07.2009 12:02
#25 RE: Zettels Meckerecke: Sahara-Strom Antworten

Da hat die NZZ einen interessanten Aspekt angesprochen, auch wenn sie damit:

Zitat von NZZ
Bisher zeigten sich die europäischen Staaten beim Bau grenzüberschreitender Stromleitungen wenig kooperativ.
ein wenig daneben liegt.

Europa stellt ja durchaus einen grenzüberschreitenden Netzverbund dar, in dem auch beachtliche Strommengen über die Kuppelstellen gehen. Man kann sich das hier mal angucken.
Interessant wird es aber, wenn man sich die maximalen Abstände zwischen Energieerzeugern und -verbrauchern ansieht. Wir betreiben ja hierzulande ein 380 kV Überlandnetz, weil man so ca 400 km Übertragungslänge einigermaßen wirtschaftlich betreiben kann. Grobe Faustformel: Je 1000 Volt, ein Kilometer - sonst werden die Verluste zu groß. Man käme so von z.B. Basel aus gesehen, wirtschaftlich bis etwas Thüringen (Luftlinie!).

Der Sahara-Kraftwerkskomplex würde ja, wegen seiner eigenen Ausdehnung und dem Anschluss als externer Versorger des UCTE-Netzes per HGÜ angeschlossen werden müssen. Nur reicht da eine Konverterstation in Südspanien als Einspeisung ins UCTE-Netz ja nicht aus. Man bräuchte, meiner Auffassung nach, Punkt-zu-Punkt-Verbindungen per HGÜ vom Sahara-Erzeuger bis zu Einspeiseknoten in ganz Europa, wobei die Endpunkte maximal 200 km Abstand voneinander haben dürften (um einen Ausfall kompensieren zu können). Alternativ könnte man ein neues Höchstpannungsnetz aufbauen, um mit 3-Phasen-Wechselstrom größere Reichweiten zu realisieren. In den USA z.B. wird meines Wissens nach mit 850 kV übertragen, weil die Entfernungen größer sind.

Mitlesende E-Technik-Versierte mögen mich korrigieren, aber ich halte mich da an ein Bild, welches einer meiner ehemaligen Dozenten benutzt hat, um ein Stromnetz zu beschreiben:
Zitat von Dr.XYZ
Stellen sie sich das Netz wie ein gespanntes Fischernetz vor. Es darf nicht schwingen, es darf nicht reißen. Energieerzeuger haben die Aufgabe, das Netz stabil auf einer bestimmten Höhe zu halten. Sie sind die Stützen des Netzes, während die Verbraucher an verschiedenen Stellen, zu unterschiedlichen Zeiten, mal mehr und mal weniger stark daran ziehen. Wenn an irgendeiner Stelle Verbrauch und Erzeugung nicht im Einklang sind, ist die Netzstabilität dahin.


Dieses Bild vor Augen, beschleichen mich doch Zweifel, wenn ich an einen Mega-Versorger am Südwest-Zipfel Europas denke. Da müsste wohl einiges an neuen Leitungstrassen, Konverterstationen und Umspannwerken in Europa errichtet werden. Und was die Bevölkerung davon hält, hat die NZZ ja schön geschildert.

Gruß, Calimero

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