Die FAZ illustriert mit einem Bild (ein Zelayist) und einer Fotostrecke von sechs Bildern (zweimal Zelayisten, einmal Soldaten, die einen Zelayisten festnehmen, noch einmal Soldaten, und erst zuletzt zwei Bilder mit Anti-Zelayisten, die als "Fans von Micheletti" tituliert werden). Etwas tendenziös.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Bravo, lieber Zettel. Ich habe gehofft, dass Sie zu den Vorgängen in Honduras und der internationalen Reaktion darauf einen kritischen Beitrag schreiben, und Sie haben mich nicht enttäuscht. In diesem Fall hat Obama nicht nur zu schwach reagiert, er hat sich auf die falsche Seite gestellt. Allerdings hat nicht nur er so gehandelt, sondern alle westlichen Regierungen (oder gibt es eine Ausnahme?). Hinweise auf kritische Reaktionen von führenden amerikanischen Republikanern konnte ich leider auch nicht finden. Wenigstens von Seiten der FDP bzw. ihrer Stiftung kam ein guter Kommentar: http://www.freiheit.org/files/62/N_46_Ho...itaerputsch.pdf.
Zitat von AbrahamIn diesem Fall hat Obama nicht nur zu schwach reagiert, er hat sich auf die falsche Seite gestellt.
Wir sind ja, lieber Abraham, in der Beurteilung Obamas wohl nicht ganz derselben Meinung. Sie halten, glaube ich, meine Beurteilung des Präsidenten für überzogen, für zu radikal. Wir werden das freundschaftlich weiter verfolgen, denke ich.
Aus meiner Sicht hat Obama nicht schwach reagiert, sich auch nicht auf die aus seiner Sicht falsche Seite gestellt. Er hat seine Politik verfolgt.
Ich bin immer mehr überzeugt, daß der Präsident Obama dem Hugo Chávez nähersteht als den Demokraten in Lateinamerika, daß er Ahmadinedschad nähersteht als den Demokraten im Iran, daß er der Hamas nähersteht als Netanyahu.
Ich kann mich irren, das weiß ich. Aber es ist die Überzeugung, zu der ich zunehmend komme.
. Ja, für diesen Hinweis bin ich Ihnen außerordentlich dankbar, lieber Abraham. Mir war dieser Artikel entgangen. Ich habe jetzt einen Nachtrag an meinen Artikel angefügt.
. Ja, für diesen Hinweis bin ich Ihnen außerordentlich dankbar, lieber Abraham. Mir war dieser Artikel entgangen.
Der Artikel hat mir auch sehr gut gefallen, vielen Dank!
Zu Christian Lüths Einschätzung gab es übrigens einen sehr kritischen Eintrag bei den Bissigen Liberalen: http://www.bissige-liberale.net/2009/06/...t-durch-putsch/ Danach noch ein Interview mit Lüth beim antibürokratieteam: http://www.antibuerokratieteam.net/2009/...bungsverfahren/ Auch die Kommentare sind recht lesenswert. Das sind endlich mal Beispiele für echte Diskussionen, bei denen die liberale deutsche Blogosphere nicht unisono der gleichen Meinung ist.
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Was unsere Meinungsverschiedenheiten über die Politik Obamas angeht, haben Sie Recht, lieber Zettel. Haben Sie nicht an anderer Stelle Obama vor allem zu einem großen Opportunisten erklärt, der alles vertritt, was ihm nützt? Nun nehmen Sie an, dass er einen eigenen Standpunkt hat (näher an Chávez als an den Demokraten usw.), den er durchsetzten will. Und wie passt die Afghanistan-Politik Obamas zu Ihrer Einschätzung? Ist sie nicht vernünftig und wird auch von den Republikanern unterstützt? Handelt so ein Präsident, der z. B. "der Hamas näher steht als Netanyahu"?
Ich denke, dass Obama versucht, den Erwartungen seiner Anhänger in den USA gerecht zu werden, die ihn ins Amt gebracht haben, und zugleichg eine mglichst erfolgreiche Politik im Interesse der USA zu machen, so wie er es sieht. Seine Wähler teilen in wesentlichen Punkten die in Europa vorherrschende, von Schuldkomplexen geprägte Weltsicht. Danach sind "wir" (Europa, USA, Israel etc., kurz: der Westen) an den meisten Problemen der nichtwestlichen Länder zumindest erheblich mitschuldig. Der Nahostkonflikt ist natürlich in erster Linie der "Unterdrückung" der Palästinenser durch Israel und den hinter diesem Land stehenden USA geschuldet. Konsequenz: der Konflikt muss gelöst werden, indem Israel weitgehend nachgibt. In Lateinamerika hat "unser" Kolonialismus von Ausbeutung und Armut geprägte Gesellschaften hervorgebracht. Deshalb werden heute Politiker wie Hugo Chávez gewählt. Wenn Zelaya in Honduras denselben Weg einschlagen will, dürfen wir bloß nicht den Eindruck erwecken, dass wir durch "imperialistische" Einmischung einen Kurswechsel in unserem Interesse durchsetzen wollen. Auch im Iran haben "wir" so viel Dreck am Stecken, dass unser Eingreifen nur mehr Schaden als Nutzen anrichten kann. Wie weit Obama das alles selbst glaubt, weiß ich nicht. Aber wenn er sich heute davon distanzieren würde, stünde kaum mehr jemand hinter ihm.
Obama versucht also, auf einigen Politikfeldern exemplarisch zu zeigen, dass er einen grundsätzlichen Kurswechsel in der von seinen Anhängern ersehnten Richtung vollzieht. Deshalb schließt er Guantanamo. Dass im Kampf gegen den Terrorismus weiter Gefangene gemacht werden und diese z. B. in afghanischen Gefängnissen weit schlechter vor Verletzungen ihrer Menschenrechte geschützt sind als in Guantanamo, fällt den allermeisten Obama-Freunden nicht auf. Deshalb lässt er sich auch auf keinen Konflikt mit der OAS wg. Honduras ein, in dem die USA wieder als "imperialistische" Vormacht ihres "Hinterhofs" Lateinamerika dastehen würden. Andererseits möchte Obama durchaus nicht als Präsident in die Geschichtsbücher eingehen, in dessen Amtszeit Amerika erheblich an Boden verloren hat. Afghanistan wieder an die Taliban zu verlieren, wäre eine Katastrophe. Das mit Atomwaffen bestückte Pakistan wäre der nächste islamistische Dominostein. Hier handelt Obama einigermaßen richtig.
Das ist heute meine Ansicht, aber ich bin natürlich auch bereit, sie im Licht zukünftiger Erfahrungen zu korrigieren. Gerade das Beispiel Zelaya zeigt ja, dass ein Politiker auch aus eigenem Antrieb ohne vorherige Ankündigung einen höchst gefährlichen Weg einschlagen kann.
Grüße, Abraham
Nachbemerkung: ist es nicht aberwitzig, dass die OAS, die kürzlich Kuba die Wiederaufnahme angeboten hat, nun wg. dem "Militärputsch" Honduras ausschließt? Ist Honduras jetzt weniger demokratisch als Kuba?
Zitat von AbrahamHaben Sie nicht an anderer Stelle Obama vor allem zu einem großen Opportunisten erklärt, der alles vertritt, was ihm nützt? Nun nehmen Sie an, dass er einen eigenen Standpunkt hat (näher an Chávez als an den Demokraten usw.), den er durchsetzten will.
Sie legen den Finger in die Wunde, lieber Abraham.
Es ist in der Tat so, daß ich zwischen diesen beiden Bildern von Obama schwanke. Jedes ergibt eine kohärente Narrative - der Linke, der sich im Wahlkampf getarnt hat und jetzt dort weitermacht, wo er im Senat aufgehört hat; und das Chamäleon. Ich teile diese Unklarheit übrigens mit Charles Krauthammer, der ebenfalls mal das eine, mal das andere bei Obama sieht.
Wenn Sie sich, lieber Abraham, meine Artikel seit Januar anschauen, dann sehen Sie, daß ich dieses Schwanken auch oft thematisiert habe. Ich glaube, nur weiteres Beobachten seiner Politik, innen wie außen, wird sichtbar machen, ob er mehr das eine oder mehr das andere ist.
Zitat von Abraham Und wie passt die Afghanistan-Politik Obamas zu Ihrer Einschätzung? Ist sie nicht vernünftig und wird auch von den Republikanern unterstützt? Handelt so ein Präsident, der z. B. "der Hamas näher steht als Netanyahu"?
Was nicht heißen muß, daß er der Hamas besonders nahesteht.
Was, lieber Abraham, ist denn die Afghanistan-Politik von Obama? Sie ist schillernd wie Obama selbst.
Wäre er noch Senator, dann würde er vermutlich den bedingungslosen Rückzug aus Afghanistan verlangen, so wie er Anfang 2007 mit seinem Gesetzesentwurf auf dem Höhepunkt des Irakkriegs diesen verlorengeben und die US-Truppen abziehen wollte. Als Präsident kann er das nicht, und jetzt laviert er.
Zitat von AbrahamIch denke, dass Obama versucht, den Erwartungen seiner Anhänger in den USA gerecht zu werden, die ihn ins Amt gebracht haben, und zugleichg eine mglichst erfolgreiche Politik im Interesse der USA zu machen, so wie er es sieht. Seine Wähler teilen in wesentlichen Punkten die in Europa vorherrschende, von Schuldkomplexen geprägte Weltsicht.
Was Sie dazu entwickeln, lieber Abraham, ist eine interessante Perspektive. Ich bin nur nicht sicher, daß die Voraussetzung stimmt.
Diese linke Weltsicht hat in den USA nie eine Mehrheit gehabt. Kandidaten, die sie vertreten haben - McGovern, McCarthy - haben kläglich verloren oder wurden gar nicht erste nominiert.
Obama hat gewonnen, weil er im Wahlkampf kein Wort von dieser Sicht gesagt hat, sondern als der Erlöser aufgetreten ist, der die USA eint und die Welt heilt.
Er hat gewonnen, weil er nicht nur die schwarzen Wähler mobilisiert, sondern auch die Latinos gewonnen hat (die zuvor nicht unerheblich republikanisch gewählt hatten). Er hat gewonnen, weil er mit seiner Show die Wechselwähler, die emotional wählen, für sich eingenommen hat und weil er in der Tat auch das linke Milieu mobilisiert hat, das ihn geschlossen wählte, schon weil er ein Schwarzer ist.
Zitat von GorgasalZu Christian Lüths Einschätzung gab es übrigens einen sehr kritischen Eintrag bei den Bissigen Liberalen: http://www.bissige-liberale.net/2009/06/...t-durch-putsch/ Danach noch ein Interview mit Lüth beim antibürokratieteam: http://www.antibuerokratieteam.net/2009/...bungsverfahren/ Auch die Kommentare sind recht lesenswert. Das sind endlich mal Beispiele für echte Diskussionen, bei denen die liberale deutsche Blogosphere nicht unisono der gleichen Meinung ist.
Danke, lieber Gorgasal! Da ist ja einiges an mir vorbeigegangen; ich muß doch wieder öfter bei den Kollegen reinschauen.
Irgendwie habe ich da mit meinem Artikel offene Türen eingerannt, scheint mir.
die linke Weltsicht hat gewiss in den USA keine stabile Mehrheit, Gott sei Dank. Aber ein erheblicher Teil der Bevölkerung teilt sie und in den Medien und Bildungseinrichtungen ist sie dominant. Wenigstens ist das mein Eindruck. Von "The rising hegemony of the political correct" hat Richard Bernstein schon 1990 in der NYT geschrieben, wie ich gerade gelesen habe (http://de.wikipedia.org/wiki/Political_c...n_den_US-Medien). Ich denke, dass sich heute zwei Lager schroff gegenüber stehen. Welches von beiden die Mehrheit bei der Präsidentschaftswahl 2008 bekommen würde, war lange offen. Die enorme Zuspitzung der Finanzkrise im Spätsommer hat viele Unentschlossene für das linke Lager mobilisiert, weil sie eine Art "New-Deal"-Politik wollten, und hat damit Obama den Sieg verschafft. Dass die Wechselwähler "emotional" wählen, ist für mich nicht ganz überzeugend, denn die emotionsgeladene Rhetorik Obamas hatte sie vor der Kriseneskalation offenbar nicht für den Kandidaten eingenommen.
Obama hat im Wahlkampf versprochen, dass er das angeblich von Bush ramponierte Ansehen der USA im Ausland wiederherstellen und nicht mehr "unilateral" vorgehen wollte. Welches Weltbild wollte er damit bedienen, wenn nicht das linke? Es ist sicher richtig, dass viele Wähler, die sich für Obama entschieden haben, keine konsequenten Linken sind, die das von mir skizzierte Weltbild teilen. Aber der Kern seiner Anhängerschaft fällt meiner Ansicht nach schon in diese Kategorie.
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Ich denke, Chávez hat die Karte deutlich überspielt. Das war schon ein Putsch. Natürlich nicht zu vergleichen mit denen der 70er. Aber ein Präsident darf nicht im Pyjama von Soldaten zu einer Abdankung genötigt werden. Ein Minister der de-facto Regierung bezeichnete heute morgen Obama als "Neger, der keine Ahnung hat" (negrito, que no tiene idea). Das geht trotz allem Drucks gar nicht. Selbst Kolumbien hat offenbar für den OAS Rauswurf gestimmt. Ich seh auch nicht, dass Chávez sich durchsetzt. Die gemäßigten Regierungen wie etwa Chile drängen wie die USA auf eine Lösung ohne Gewalt-Einsatz. Dagegen redet Chávez seit Tagen über den Einsatz von Gewalt. Vermutlich hat ein Zelaya Kandidat im Falle einer Widerwahl kaum eine Chance. Angesichts der wirklich heftigen Wahlniederlagen von immerhin entfernt Chávez-kompatiblen Parteien in Parlamentswahlen in wichtigeren Ländern wie Mexiko und Argentinien find ich die Strategie, diesen Wahnsinnigen ins Leere laufen zu lassen, für gar nicht so dumm. Bei den meisten Menschen der Region wird eine mögliche Verhandlungslösung jedenfalls deutlich mehr Eindruck machen als Chávez sein Gehabe. Die deutlich schärfere Unterdrückung der Opposition in Venezuela, die Massenverstaatlichungen im Erdölsektor, etc. sind imho ein Resultat einer zunehmenden Schwäche des Systems Chávez. In den potenteren Ländern Argentinien, Brasilien und Chile ist damit zu rechnen, dass konservativere Präsidenten an die Macht kommen. Die wirtschaftlichen Ergebnisse sind problematisch. Sowohl in der Peripherie (Kuba, Bolivien, Ecuador) sowie auch in Venezuela selbst. Aufgrund des von Chávez selbst massiv geschwächten Privatsektor kommen die großartig angekündigten Staatsunternehmen und die Landwirtschaft nicht wirklich in Fahrt. Chávez hat bereits zukünftige Öllieferungen zu niedrigen Preisen an China und Japan verkauft. Und Rechte zur Erschließung von Ölquellen am Orinoco an Petrobras. Ein UN-Bericht spricht davon, dass 40% des Kokains in die Industrieländer Venezuela als Transitland benutzen. Da wird ein wenig Geld hängenbleiben. Gleichzeitig ist das schwer zu kontrollieren und es destabilisiert die Gesellschaft weiter. Vermute, dass sich das Thema Chávez irgendwann von innen in Folge von wirtschaftlichen Schwierigkeiten erledigen wird.
Zitat von Lemmy CautionDas war schon ein Putsch. Natürlich nicht zu vergleichen mit denen der 70er. Aber ein Präsident darf nicht im Pyjama von Soldaten zu einer Abdankung genötigt werden.
Daß zumindest seine Ausweisung nach Costa Rica nicht rechtens war, darüber sind wir uns einig. Für die Verhaftung soll es ja einen Haftbefehl des Obersten Gerichts gegeben haben; daß so etwas in den Morgenstunden geschieht, ist nicht unüblich.
Zu einem Putsch, einem pronunciamento, gehört aber aus meiner Sicht, daß das putschende Militär die Macht übernimmt. In Honduras regiert aber nach wie vor die PLH; die Regierunggewalt ist lediglich, wie in der Verfassung bei einem Ausfallen des Präsidenten vorgesehen, an den Präsidenten des Nationalkongresses übergegangen. Die Verfassung ist unangetastet.
Ich denke, das Wort Putsch ist hier fehl am Platz. Es gab eine Staatskrise. Zelaya wollte die Verfassung auf einem Weg ändern, den diese Verfassung dafür nicht vorsieht; er wollte im Grunde das Volk gegen die Verfassung mobilisieren.
Daß ein Präsident das versuchen würde - dieser Fall war aber nun wiederum auch nicht in der Verfassung vorgesehen. Es gibt keine Regeln für ein impeachment wie in den USA. Also hat am Ende das Oberste Gericht im Einklang mit dem Nationalkongreß gehandelt, um die Verfassung zu wahren. Sicher ohne die nötigen formalen Kompetenzen. So ist das eben in einer Notstandssituation.
Der Anschlag von Zelaya auf die Verfassung wurde abgewehrt, und jetzt herrschen wieder verfasssungsgemäße Zustände.
Das ist jedenfalls meine Sicht aus der Ferne, soweit ich das recherchieren konnte. Ich habe mich sehr gefreut, als ich nach der Publikation meines Artikels von den Berichten von Christian Lüth aus Honduras erfuhr, der bis in die Einzelheiten zur selben Bewertung kam.
Zitat von Lemmy CautionEin Minister der de-facto Regierung bezeichnete heute morgen Obama als "Neger, der keine Ahnung hat" (negrito, que no tiene idea). Das geht trotz allem Drucks gar nicht. Selbst Kolumbien hat offenbar für den OAS Rauswurf gestimmt.
Ja, diese weitgehend einheitliche Linie der OAS finde ich erstaunlich. Hat sie schlicht den Grund, daß man ein solches Vorgehen gegen einen Präsidenten in keinem Fall legitimieren möchte - es könnte einen selbst ja auch einmal treffen -, oder ist es nicht doch auch Ausdruck des Linksschwenks in Lateinamerika?
Vor zwanzig Jahren war Castro völlig isoliert. Heute ist er der große Elder Statesman Lateinamerikas. Bei seinem Tod wird eine Welle der Trauer durch den Kontinent gehen.
Zitat von Lemmy CautionIch seh auch nicht, dass Chávez sich durchsetzt. Die gemäßigten Regierungen wie etwa Chile drängen wie die USA auf eine Lösung ohne Gewalt-Einsatz. Dagegen redet Chávez seit Tagen über den Einsatz von Gewalt.
Ja, wenn ich es recht verstanden habe, soll ja die Allianz ALBA dafür sogar eine juristische Grundlage bieten, stimmt das?
Zitat von Lemmy Caution Die deutlich schärfere Unterdrückung der Opposition in Venezuela, die Massenverstaatlichungen im Erdölsektor, etc. sind imho ein Resultat einer zunehmenden Schwäche des Systems Chávez.
Darüber haben wir, lieber Lemmy Caution, ja schon mehrfach diskutiert. Ich stimme Ihrer Einschätzung der Lage in Venezuela - Sie können das ja ungleich besser beurteilen als ich - zu. Ich bin mir nur nicht sicher, was daraus für die Zukunft folgt. Sie rechnen mit einem Zusammenbruch des Systems. Ich halte es für wahrscheinlich, daß Chávez mit cubanischer Hilfe notfalls von der jetzigen Salamitaktik zu einer gewaltsamen Lösung übergehen wird.
Er hat das Militär gesäubert, er hat kürzlich die Kontrolle über alle Flughäfen des Landes übernommen. Sollte es zu Demonstrationen wie jetzt im Iran kommen, dann wird er nach meiner Einschätzung noch brutaler zuschlagen als die Mullahs und mit dem demokratischen Mäntelchen Schluß machen. Notfalls unter Einsatz cubanischer Truppen; ALBA dürfte eine solche brüderliche Hilfe erlauben.
Möge ich Unrecht und sie Sie Recht behalten, lieber Lemmy Caution!
Herzlich, Zettel
PS: Ich habe mich gefreut, einmal wieder eine Ihrer sachkundigen Analysen zu Lateinamerika zu lesen! Leider war mir die Diskussion bei den Kollegen von Antibürokratiteam entgangen gewesen; dh ich habe sie erst ein paar Tage später gelesen. Dort haben mir Ihre Beiträge auch besonders gut gefallen.
es ist in keinster Weise ein Putsch, der mit denen der 70er vergleichbar ist. Da bin ich völlig ihrer Meinung. Demonstrationen wie die am Sonntag wären in in irgendwelchen Folter-Kellern geendet. Chávez & friends versuchen eine Parallele zu konstruieren, die einfach lächerlich ist. Er überspielt diese Karte.
In Antwort auf:Ja, diese weitgehend einheitliche Linie der OAS finde ich erstaunlich. Hat sie schlicht den Grund, daß man ein solches Vorgehen gegen einen Präsidenten in keinem Fall legitimieren möchte - es könnte einen selbst ja auch einmal treffen -, oder ist es nicht doch auch Ausdruck des Linksschwenks in Lateinamerika?
Wir haben in der europäischen Geschichte einfach nicht diese unglaubliche Zahl an Militärputschen. Unsere republikanische Zeit fand in gefestigteren gesellschaftlichen Verhältnissen statt. Die lateinamerikanische Ächtung ist eine recht neue Tradition, die wohl - trotz allem - gesund ist.
In Antwort auf:Vor zwanzig Jahren war Castro völlig isoliert. Heute ist er der große Elder Statesman Lateinamerikas. Bei seinem Tod wird eine Welle der Trauer durch den Kontinent gehen.
Hängt vielleicht eher mit der aktuellen Politiker-Generation zusammen, die eben unter den Militärdiktaturen auch gelitten hat. Zumindest für die bis 40-jährigen gilt Castro aus meiner Sicht nicht als Elder Statesman. Die wissen schon, dass Kuba ein sehr verarmtes und unterdrücktes Land ist. In Chile gibts eine Menge Exil-Kubanischer Ärzte, die Fidel Castro absolut nicht mögen. Der Links-Schwenk wird imho ein wenig überdramatisiert. Die Argentinier haben die Kirchners gründlich satt. Lula da Silva hat in der eigenen Partei keinen geeigneten Nachfolger und in Chile wird vielleicht im Dezember der erste Kandidat der Rechten seit Mitte der 60er gewählt. Und die Bachelet Regierung ist nicht wirklich links. Zu Ende ihrer Amtszeit ist die Frau, was sie lange nicht war: Sehr beliebt. Und zwar wegen der verantwortungsvollen Fiskalpolitik vor der Krise. Also ein eher konservativ-liberales Thema. Nach wie vor eklatante Lücken im öffentlichen Gesundheits- und Bildungssystem werden eben als linke Themen wahrgenommen und es wird wohl kaum einer bestreiten, dass die hoch auf die Agenda gehören. Der trickle down Effekt der rasanten Liberalisierung seit den 80ern war zu schwach, so dass eine Ausweitung des zeitweilig sehr, sehr rudimentären Sozialstaats positive Wirkungen auf die weitere Entwicklung haben kann. Alles besitzt eben ein Maß. Es ist nicht normal, dass Unfallopfer bei Einlieferung ins Krankenhaus erstmal nach einem Blanko-Scheck oder Bürgen gefragt werden, wenn sie nicht über eine bestimmte Krankenversicherung verfügen.
In Antwort auf:soll ja die Allianz ALBA dafür sogar eine juristische Grundlage bieten
Das weiss ich nicht. Allerdings ist das Papier intra-regionaler Bündnisse in Lateinamerika traditionell sehr geduldig. Pathetische Beistandserklärungen finden oft keinen Niederschlag in der Realität. Nach der Verteidigung der kolumbianischen Armee gegen das Raul Reyes FARC Lager ein paar Kilometer hinter der ecuadorianischen Grenze, endeten die Ankündigung von Chávez Truppen an die Grenze von Kolumbien zu mobilisieren ja auch als Luftnummer. Ein militärisches Eingreifen von Venezuela in Honduras erscheint mir einfach jenseits der Vorstellung.
Es wird jetzt Verhandlungen geben. Die wirklichen Lösungsversuche entsprechen der Linie der USA, Mexikos oder Chiles. Aus meiner Sicht denken die meisten Latinos national und nicht regional. Auf jeden Fall nationaler als wir. Mit einem übersteigerten Engagement rund um das ärmste Land von Festland-Amerika machen sich die entsprechenden Politiker nicht unbedingt beliebt.
Zitat von Lemmy CautionEin militärisches Eingreifen von Venezuela in Honduras erscheint mir einfach jenseits der Vorstellung.
Immerhin ist Honduras auch nicht gleich nebenan. Und soweit ich jetzt mal eben kurz über die Wikipedia-Seiten zum venezolanischen Militär gesurft bin, hat Chávez jetzt auch keine Unmengen an möglichen Eingreiftruppen oder auch nur Transportmöglichkeiten. Ein Eingreifen von Venezuela halte ich also auch für eher unrealistisch.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
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Jetzt haben die USA vier Mitgliedern der Interimsregierung die diplomatischen Visa entzogen. Und die sonst sehr solide NZZ schreibt mittlerweile auch ohne nähere Erklärung, Zelaya sei "aus dem Amt geputscht" worden http://www.nzz.ch/nachrichten/internatio..._1.3227283.html
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De facto beschreibt "aus dem Amt geputscht" ja auch, was dort passiert ist. Meiner Meinung können sie das schon mal so verkürzt wiedergeben, nachdem sie sonst, wie eigentlich immer, sehr ausgewogen und fundiert berichtet haben.
Die NZZ ist schon mehr als nur "solide", auf jeden Fall eine der beiden besten deutschsprachigen Zeitungen.
Zitat von FTT_2.0De facto beschreibt "aus dem Amt geputscht" ja auch, was dort passiert ist.
Ich finde, eine einstimmige Erklärung des Obersten Gerichtshofs, dass Zelaya nach Artikel 239 der Verfassung sein Amt latae sententiae verloren hat, eine fast einstimmige gleichlautende Erklärung des Kongresses, gefolgt von einer den Gesetzen entsprechenden Festnahme durch das Militär ist kein Putsch. Abgesehen von dem Marketing-Fehler, ihn im Pyjama außer Landes zu bringen. Aber das hatten wir ja oben alles schon.
Zitat von FTT_2.0Meiner Meinung können sie das schon mal so verkürzt wiedergeben, nachdem sie sonst, wie eigentlich immer, sehr ausgewogen und fundiert berichtet haben. Die NZZ ist schon mehr als nur "solide", auf jeden Fall eine der beiden besten deutschsprachigen Zeitungen.
Das ist genau meine Meinung. Genau deswegen bin ich sehr unglücklich, wenn jetzt auch dort von einem "Putsch" geschrieben wird. Von der taz hätte ich nichts anderes erwartet.
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Die USA werden keine Sanktionen gegen Honduras einleiten:
Zitat von Investor's Business DailyIn a welcome about-face, the State Department told the Senate Foreign Relations Committee's Richard Lugar, R-Ind., in a letter Tuesday that the U.S. would no longer threaten sanctions on Honduras for ousting its president, Mel Zelaya, last June 28.
Nor will it insist on Zelaya's return to power. As it turns out, the U.S. Senate can't find any legal reason why the Honduran Supreme Court's refusal to let Zelaya stay in office beyond the time allowed by Honduran law constitutes a "military coup."
Aber Obama (und Harper in Kanada sowie Calderón in Mexiko) steht zu seiner Einschätzung:
Zitat von NYTIf there were divisions on other issues, all three leaders seemed united in their support for Manuel Zelaya, the Honduran president who was ousted June 28 in what countries around the world have condemned as a coup.
“Let me be very clear in our belief that President Zelaya was removed from office illegally, that it was a coup and that he should return,” Mr. Obama said.
Und hier ein Artikel, der noch einmal die Fakten des Falles aufzählt.
Zitat von Miguel A. EstradaAs detailed in the attorney general's complaint, Zelaya is the type of leader who could cause a country to wish for a Richard Nixon.
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Die US-Regierung verlangt von Honduras noch immer, Zelaya wieder ins Amt einzusetzen:
Zitat von Mary O'Grady, WSJArticle 239 of the Honduran constitution states that any president who tries for a second term automatically loses the privilege of his office. By insisting that Mr. Zelaya be returned to power, the U.S. is trying to force Honduras to violate its own constitution.
...
Prominent Hondurans, including leading members of the business community, complain that a State Department official has been pressuring them to push the interim government to accept the return of Mr. Zelaya to power.
...
Elsewhere in the region there are reports that U.S. officials have been calling Latin governments to demand that they support the U.S. position.
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Daß die Opposition sogar ungestraft etwas behaupen darf kann man hier nachlesen. Da Jens Glüsing nicht widerspricht, scheint auch SPON dieser Meinung zu sein.
Vielen Dank, lieber Gorgasal, für diesen Beitrag und auch den vom 11.8.
Ich werde mich demnächst mal wieder um Honduras kümmern und überhaupt die Art, wie Obama allmählich zum Verbündeten des lateinamerikanischen Sozialismus heranwächst.
Zitat von ZettelIch werde mich demnächst mal wieder um Honduras kümmern und überhaupt die Art, wie Obama allmählich zum Verbündeten des lateinamerikanischen Sozialismus heranwächst.
Das freut mich (dass Sie sich wieder um Honduras kümmern werden, nicht Obamas Lateinamerikapolitik von der ich noch nicht weiß, ob ich sie noch grausiger finden soll als seine Innenpolitik).
Zitat von ZettelDann werde ich das Material gut brauchen können.
Ich empfehle Faustas Blog (darauf habe ich schon einmal hingewiesen): http://faustasblog.com/
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Der Ex-Präsident von Honduras, Zelaya, ist vor wenigen Tagen nach Honduras zurückgekehrt und hat in der brasilianischen Botschaft Unterschlupf gefunden. Dort wird er mit Giftgas und Strahlung gefoltert:
Zitat von Miami HeraldHe's sleeping on chairs, and he claims his throat is sore from toxic gases and "Israeli mercenaries'' are torturing him with high-frequency radiation.
Ich behalte die Sache im Auge und informiere wieder, wenn die kleinen grünen Männchen im Botschaftsgarten landen und Herrn Zelaya um ein Autogramm bitten.
-- Las ideas tontas son inmortales.
Cada nueva generación las inventa nuevamente. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
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