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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 39 Antworten
und wurde 2.418 mal aufgerufen
 Pro und Contra
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.07.2009 01:39
#26 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von califax
Haben Sie eigentlich schon wissenschaftlich haltbar, also nicht nur in etwaigen Einzelfällen, bewiesen, daß Sie selbst zur Kinderaufzucht geeignet sind? Wenn nicht, würden sie eine entsprechende Gesetzeslage befürworten, die ihnen prophylaktisch die Eignung abspricht?

Lieber Califax,

die Auswahl von Adoptiveltern soll, darin scheinen sich ja alle, die in diesem Thread geschrieben haben, einig zu sein, ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls erfolgen; ungefähr wie bei der Entscheidung über das Sorgerecht bei einer Scheidung.

Nun sind Kinder seit dem Beginn der menschlichen Kultur in Familien mit Vater und Mutter aufgewachsen. Die Anteile von Vater und Mutter an der Erziehung sind von Kultur zu Kultur verschieden; aber ich kenne keine Kultur, in der nicht sowohl der Vater als auch die Mutter sich für das Kind verantwortlich sehen und sich an der Erziehung beteiligen.

Eine wichtige Aufgabe bei der Erziehung ist die des Vorbilds. Mädchen nehmen sich die Mutter zum Vorbild, Jungen den Vater. Des weiteren tun die Jungen in ihrer Beziehung zur Mutter die ersten Schritte in der Beziehung zum anderen Geschlecht; und die Mädchen in ihrer Beziehung zum Vater.

Ich vermute, daß jeder das aus eigener Erfahrung bestätigen kann, was ich erlebt habe: Wächst ein Junge ohne Vater auf, dann sucht er sich in der Regel einen Ersatzvater - einen Lehrer, einen Onkel, irgendwen. Lernen am Modell ist halt ein Grundmechanismus der Sozialisation.

Wenn Kinder mit zwei Müttern oder zwei Vätern aufwachsen, kann das so nicht funktionieren. Vielleicht werden trotzdem glückliche Menschen aus ihnen - wer kann das wissen? Eine einzige Untersuchung, noch dazu keine Längsschnittstudie, die über Jahrzehnte gehen müßte, kann das ganz gewiß nicht beantworten. Es ist ebenso möglich, daß Kinder, die unter solchen Bedingungen aufwachsen, eine gestörte Identität entwickeln, auch wenn sich das vielleicht erst im Erwachsenenalter manifestiert. Es ist einfach nicht bekannt.



Gäbe es zu wenige Ehepaare, die ein Adoptivkind suchen, dann könnte man das Risko in Kauf nehmen, homosexuelle Männer als Ersatz-Eltern in Erwägung zu ziehen; besser als im Heim, wo sie weder Vater noch Mutter haben, dürften Kinder dort allemal aufgehoben sein.

Aber das ist ja nicht der Fall; es gibt mehr als genug Ehepaare, die ein Kind adoptieren wollen. Unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls sehe ich also keinen Grund, das Risiko einzugehen. Übrigens halte ich es aus denselben Erwägungen auch für falsch, daß Einzelpersonen ein Kind adoptieren können.

Was weibliche Homosexuelle angeht, sehe ich überhaupt nicht ein, warum sie sich ihren eventuellen Kinderwunsch nicht durch das Gebären eines Kindes erfüllen. Es erscheint mir abwegig, daß eine Frau, die selbst gebären könnte, die Adoption vorzieht.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

27.07.2009 02:00
#27 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Zettel

Nun sind Kinder seit dem Beginn der menschlichen Kultur in Familien mit Vater und Mutter aufgewachsen.



In Naturvölkern ist nicht die Kleinfamilie sondern die ganze Sippe bzw. Horde zuständig. Das geht auch gar nicht anders, denn die Sterblichkeit auch von Erwachsenen ist unter natürlichen Lebensbedingungen ganz schön hoch. Damit laufen viele der biologischen Argumente, die sich gegen Alleinstehende und Homosexuelle richten regelmäßig ins Leere. Geschlechtsrollenvorbilder müssen durchaus nicht von den eigenen Eltern geliefert werden. Die Kinder suchen sich eh ständig andere. Darauf aufzupassen, muß sowieso geleistet werden. Im traditionellen höheren Bildungsbürgertum geschieht dies kaum über die Eltern sondern über ausgewählte Vorbildfiguren in Literatur, Personal und Internatskollegium. Väter beispielsweise sind bei 60-70-Stunden-Woche in der Firma und anschließenden repräsentativen Pflichten sowieso nicht für die Kinder erreichbar.
Trotzdem haben und hatten Kinder dieses konservativen Großbürgertums einen deutlichen Vorsprung vor den Kindern von Arbeitslosen, bei denen beide Eltern stets verfügbar sind.

Zitat von Zettel

Wenn Kinder mit zwei Müttern oder zwei Vätern aufwachsen, kann das so nicht funktionieren.



Woher wissen Sie das? Welche Langzeitstudie beweist es?
Männer und Frauen gibt es verblüffenderweise in der Umgebung von Homos genausoviele wie sonstwo anders auch. Vielleicht mit Ausnahme von Klosterinternaten. Wieso sollte die Suche nach Vorbildern plötzlich versagen, wo sie es doch sonst auch nicht tut?

Klug und fleißig - Illusion
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Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2009 04:17
#28 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

In Antwort auf:
aber ich kenne keine Kultur, in der nicht sowohl der Vater als auch die Mutter sich für das Kind verantwortlich sehen und sich an der Erziehung beteiligen.



In matriarchalen Gesellschaften kann dies wohl anders sein. Hier kümmern Männer sich vorrangig nicht um ihre eigenen Kinder, sonder um die Kinder ihrer weiblichen Verwandten. Der Onkel übernimmt die männliche Vorbildrolle.


In Antwort auf:
Eine wichtige Aufgabe bei der Erziehung ist die des Vorbilds.


Die Erziehung von Kindern soll diese befähigen, ihr späteres Leben selbständig und völlig frei darüber entscheidend zu gestalten. Sie sollen die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wie sie leben wollen. Dazu ist Liebe, emotionale Anteilnahme und Förderung sowie Vermittlung geistiger Bildung erforderlich. Ich kann nicht erkennen, warum gleichgeschlechtliche Partner dazu nicht in der Lage sein sollen. Ggf. kann eine außenstehende Person zu einer ergänzenden Bezugsperson werden.

Was ich aber erkenne ist, dass viele, nicht nur bildungsferne, Mitglieder unserer Gesellschaft ihrer Vorbildfunktion nicht mal ansatzweise gerecht werden. Sie verhindern eine Entwicklung ihrer Kinder, berauben ihre Kinder vieler/aller Möglichkeiten für ihr Leben, begrenzen und beschränken sie irreparabel. Wenn, dann sehe ich hier den Handlungsbedarf, statt sexuelle Präferenzen zum Entscheidungskriterium zu machen. Auch diesbezüglich haben sich die Ansichten mitlerweile positiv verändert.

Gruß

Reisender

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2009 06:00
#29 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Kallias
Zitat von Reisender
In Antwort auf:
Zitat:Wenn zwei Paare in Frage kommen, die sonst gleich gut geeignet sind, und das eine bietet Anlaß zu Hänseleien,

Hänseleien sind das Geringste, was einem Kind in der heutigen Zeit geschehen kann. Für andere interessiert sich niemand, sie erhalten ihre tägliche Tracht Prügel etc.
Nun ja, Paare, bei denen man voraussieht, daß das Kind geprügelt werden könnte, sind natürlich nicht als Adoptiveltern geeignet. (Es stellt sich in dem Zusammenhang sicher auch die Frage, wie gut die Behörden beim Gottspielen überhaupt die Eignung von Paaren voraussehen können...)
Die Frage ist jedenfalls die, ob homosexuelle Paare in gleicher Weise als Eltern für Adoptivkinder in Frage kommen wie Ehepaare. Solange nicht klar erhärtet ist, daß sie genausogut geeignet sind, wäre ich lieber vorsichtig. Immerhin gibt es jetzt überhaupt mal eine Studie; besser wären mehrere und insbesondere Langzeitstudien.
Gruß,
Kallias


Ich habe falsch formuliert. Ich meinte, dass Hänseleien (wegen der Homosexualität der "Eltern") nicht so schwerwiegend sind, wie das durch hetero Familien verabreichte Desinteresse an den eigenen Kindern usw.

Wie ist eigentlich mit Kindern zu verfahren, deren Mutter mit einer ungeeigneten Frau zusammenlebt?

Gruß

Reisender

Kallias Offline




Beiträge: 2.296

27.07.2009 08:56
#30 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Wie sehe, hat Zettel, während ich seelig schlief, schon für mich geantwortet.

Zitat von califax
Zitat von Kallias
Die Frage ist jedenfalls die, ob homosexuelle Paare in gleicher Weise als Eltern für Adoptivkinder in Frage kommen wie Ehepaare. Solange nicht klar erhärtet ist, daß sie genausogut geeignet sind, wäre ich lieber vorsichtig. Immerhin gibt es jetzt überhaupt mal eine Studie; besser wären mehrere und insbesondere Langzeitstudien.

Ah, Beweislastumkehr unter erschwerten Bedingungen.
Beweislastumkehr? Das klingt ja so, als hätte man einen Rechtsanspruch auf Zuteilung eines Kindes, und die Behörde müsste beweisen, daß man ungeeignet ist, wenn sie einem diesen Wunsch versagen will.
Zitat von califax
Haben Sie eigentlich schon wissenschaftlich haltbar, also nicht nur in etwaigen Einzelfällen, bewiesen, daß Sie selbst zur Kinderaufzucht geeignet sind? Wenn nicht, würden sie eine entsprechende Gesetzeslage befürworten, die ihnen prophylaktisch die Eignung abspricht?
Wenn nicht: Warum nicht?
Meines Wissen ist die Gesetzeslage bereits so, daß Alleinlebende keine Kinder adoptieren können. Ich würde diese Gesetzeslage auch befürworten, da ich glaube, daß Singles grundsätzlich schlechter als Paare zur Kinderaufzucht geeignet sind.

Der Schritt zu einer Alleinerziehenden-Adoption wäre sogar noch - viel - größer als der zur Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare, also sollte man besser erstmal die eine Möglichkeit sorgfältig erkunden, bevor man den zweiten Schritt macht. Es wäre ja auch ein logischer Zwischenschritt: sollte sich herausstellen, daß es ganz unwichtig ist, von Vertretern beider Geschlechter aufgezogen zu werden, dann wäre damit schon ein Einwand gegen die Alleinerziehenden-Adoption beseitigt.

Ich vertrete keine konservative Position, sondern lieber eine empiristische. Seit einiger Zeit gibt es das Lebenspartnerschaftsgesetz und Kinder, die in homosexuellen Lebenspartnerschaften aufwachsen. Laßt uns sehen, wie die Erfahrungen damit sind, dann kann man das Adoptionsgesetz auch ändern.

Gruß,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.296

27.07.2009 09:16
#31 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Reisender
Was ich aber erkenne ist, dass viele, nicht nur bildungsferne, Mitglieder unserer Gesellschaft ihrer Vorbildfunktion nicht mal ansatzweise gerecht werden. Sie verhindern eine Entwicklung ihrer Kinder, berauben ihre Kinder vieler/aller Möglichkeiten für ihr Leben, begrenzen und beschränken sie irreparabel. Wenn, dann sehe ich hier den Handlungsbedarf, statt sexuelle Präferenzen zum Entscheidungskriterium zu machen
Ich glaube, ich sehe jetzt, worauf Sie hinauswollen: wenn man - so verstehe ich Sie - derart sorgfältig das bestmögliche Elternpaar für ein Adoptivkind aussucht, warum tut man dann den leiblichen Kindern nicht denselben Gefallen und sucht sich besser geeignete Adoptiveltern für sie aus?

In schwerwiegenden Fällen tut man das ja auch, entzieht krass versagenden Eltern das Sorgerecht und kümmert sich dann amtlich um die Kinder.

Aber man optimiert nicht. Man sagt nicht: das Kind des Paares Schulze wäre beim Paar Müller besser aufgehoben, also geben wir es zu diesem. Warum tut man das eigentlich nicht, wenn doch das Kindeswohl oberstes Gebot ist?

Das ist eine interessante Frage, darüber werde ich am Feierabend mal nachdenken.

Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.07.2009 09:31
#32 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von califax
Zitat von Zettel

Nun sind Kinder seit dem Beginn der menschlichen Kultur in Familien mit Vater und Mutter aufgewachsen.

In Naturvölkern ist nicht die Kleinfamilie sondern die ganze Sippe bzw. Horde zuständig. Das geht auch gar nicht anders, denn die Sterblichkeit auch von Erwachsenen ist unter natürlichen Lebensbedingungen ganz schön hoch. Damit laufen viele der biologischen Argumente, die sich gegen Alleinstehende und Homosexuelle richten regelmäßig ins Leere.

Das sehe ich nicht, lieber Califax. Wir leben ja nun nicht in Sippen, sondern in Kleinfamilien. Entscheidend ist aus meiner Sicht, daß sich die Herausbildung der eigenen Identität wesentlich durch Lernen am Modell, durch Identifikation mit dem Elternteil desselben Geschlechts vollzieht. Es mag sein, daß das in bestimmten Kulturen nicht unbedingt der biologische Vater ist. Aber es ist eben jemand, der für den Jungen die Vaterrolle spielt.
Zitat von califax
Im traditionellen höheren Bildungsbürgertum geschieht dies kaum über die Eltern sondern über ausgewählte Vorbildfiguren in Literatur, Personal und Internatskollegium. Väter beispielsweise sind bei 60-70-Stunden-Woche in der Firma und anschließenden repräsentativen Pflichten sowieso nicht für die Kinder erreichbar.

Oh doch. Die Funktion des Vorbilds, mit dem man sich identifiziert, ist ja nicht daran gebunden, daß man viel Zeit gemeinsam verbringt. Gerade in solchen großbürgerlichen Familien gab es oft eine sehr starke Identifikation mit dem Vater; die Familie Mann ist ein Beispiel.
Zitat von Califax
Zitat von Zettel
Wenn Kinder mit zwei Müttern oder zwei Vätern aufwachsen, kann das so nicht funktionieren.

Woher wissen Sie das? Welche Langzeitstudie beweist es?

Es liegt, wie Juristen sagen, in der Natur der Sache. Wenn der Junge keinen Vater hat, sondern zwei Mütter, kann er sich nicht mit einem Vater identifizieren. Wenn das Mädchen keine Mutter hat, sondern zwei Väter, kann es sich nicht mit einer Mutter identifizieren.
Zitat von califax
Männer und Frauen gibt es verblüffenderweise in der Umgebung von Homos genausoviele wie sonstwo anders auch. Vielleicht mit Ausnahme von Klosterinternaten. Wieso sollte die Suche nach Vorbildern plötzlich versagen, wo sie es doch sonst auch nicht tut?

Ja, sicherlich, die Kinder suchen sich dann vielleicht einen Ersatzvater oder eine Ersatzmutter. Mit allen damit verbundenen Problemen; die betreffende Person hat ja nicht das Sorgerecht, fühlt sich für das Kind vielleicht gar nicht verantwortlich, wird von den Adoptiveltern als Konkurrenz empfunden usw.

Das alles mag trotzdem gut gehen. Vielleicht zieht ja ein Bekannter einer der beiden lesbischen Adoptivmütter in die Familie ein und spielt den Vater. Vielleicht nimmt ein Paar männlicher Homosexueller die Mutter eines der Partner in die Wohnung auf, und diese übernimmt die Rolle der Mutter.

Alles möglich; alles mit einem guten Ende, möglicherweise. Aber warum in aller Welt soll man das Risiko eingehen, daß es nicht funktioniert, wenn genügend adoptionswillige Ehepaare zur Verfügung stehen?

In der Nachkriegszeit mußten viele Kinder ohne Vater aufwachsen, weil dieser gefallen, vermißt oder in Gefangenschaft war. Das war schwer genug. Was rechtfertigt es, solche Probleme jetzt mutwillig herbeizuführen?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.07.2009 09:56
#33 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Reisender
Zitat von Zettel
aber ich kenne keine Kultur, in der nicht sowohl der Vater als auch die Mutter sich für das Kind verantwortlich sehen und sich an der Erziehung beteiligen.


In matriarchalen Gesellschaften kann dies wohl anders sein. Hier kümmern Männer sich vorrangig nicht um ihre eigenen Kinder, sonder um die Kinder ihrer weiblichen Verwandten. Der Onkel übernimmt die männliche Vorbildrolle.

Ob es überhaupt matriachale Gesellschaften gibt oder gegeben hat, ist, lieber Reisender, sehr zweifelhaft; siehe die Wikipedia.

Es gibt matrilineare Gesellschaften, in denen die Abstammungslinien durch die weiblichen statt - wie in den meisten Gesellschaften - die männlichen Vorfahren bestimmt werden. Es gibt matrilokale Gesellschaften, in denen junge Familien bei der Sippe der Mutter wohnen.

Es gibt matrifokale Gesellschaften, in denen die Frauen eine größere soziale Rolle spielen als in den meisten Gesellschaften; beispielsweise, weil die jungen Männer einander in einem solchen Umfang töten, daß es einfach zu wenige Männer gibt. Etwas Ähnliches gab es während des Ersten und Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit in Deutschland.

Aber das von Bachofen erdachte Konzept des Matriarchats ist heute überholt; es wird nur noch in gewissen feministischen Kreisen gepflegt.

Es gibt allerdings die avunkularen Gesellschaften, die Sie ansprechen, in denen ein Bruder der Mutter eine wesentliche Rolle in der Erziehung spielt; mit Matriarchat hat das aber nichts zu tun. Wir haben ein Relikt davon in der Sitte, Kindern einen Paten zu geben. Der Sinn dürfte sein, dem Kind bei Verlust des Vaters einen gewissen Schutz zu geben.
Zitat von Reisender
Zitat von Zettel
Eine wichtige Aufgabe bei der Erziehung ist die des Vorbilds.

Die Erziehung von Kindern soll diese befähigen, ihr späteres Leben selbständig und völlig frei darüber entscheidend zu gestalten. Sie sollen die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wie sie leben wollen. Dazu ist Liebe, emotionale Anteilnahme und Förderung sowie Vermittlung geistiger Bildung erforderlich. Ich kann nicht erkennen, warum gleichgeschlechtliche Partner dazu nicht in der Lage sein sollen.

Alles, was Sie beschreiben, lieber Reisender, ist richtig und wichtig. Aber in der Erziehung wird eben auch eine Identität entwickelt; und dies geschieht nun einmal wesentlich durch Lernen am Modell. Jungen, die vaterlos aufwachsen, fehlt ein solches Modell; oder Mädchen, die ohne Mutter aufwachsen. Gewiß kann man irgendwelche Ersatzlösungen finden. Aber - dazu habe ich gerade Califax geantwortet - warum auf solche Ersatzmöglichkeiten setzen, wenn es genüged verheiratete Paare gibt, die ein Kind adoptieren wollen?
Zitat von Reisender
Was ich aber erkenne ist, dass viele, nicht nur bildungsferne, Mitglieder unserer Gesellschaft ihrer Vorbildfunktion nicht mal ansatzweise gerecht werden. Sie verhindern eine Entwicklung ihrer Kinder, berauben ihre Kinder vieler/aller Möglichkeiten für ihr Leben, begrenzen und beschränken sie irreparabel.

Ja, das ist leider so.
Zitat von Reisender
Wenn, dann sehe ich hier den Handlungsbedarf, statt sexuelle Präferenzen zum Entscheidungskriterium zu machen.

Welche Handlungen sollten nach Ihrer Ansicht aus dem "Handlungsbedarf" folgen? Man kann sich ideale leibliche Eltern ja nicht backen. Man kann nur versuchen, bei der Adoption das für das Kindeswohl Beste zu tun.

"Sexuelle Präferenz"? Darum geht es überhaupt nicht. Was Eltern im Schlafzimmer tun, ist ihre Sache. Sie mögen sadomasochistische, exhibitionistische, homosexuelle oder was immer Neigungen haben.

Es geht nicht um Sexualität, sondern um das, was man heute meist Gender nennt, also um die Rolle als Mann oder Frau (oder irgend etwas dazwischen).

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer! Ich lese Ihre klugen Beiträge mit Genuß und freue mich auf weitere.

Kallias Offline




Beiträge: 2.296

27.07.2009 10:16
#34 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Zettel
Wenn der Junge keinen Vater hat, sondern zwei Mütter, kann er sich nicht mit einem Vater identifizieren. Wenn das Mädchen keine Mutter hat, sondern zwei Väter, kann es sich nicht mit einer Mutter identifizieren.
Wenn ein Junge zwei Väter hat, kann er sich auch nicht mit einem identifizieren. Das mag zu verwandten Identitätsschwierigkeiten führen wie in dem Fall, daß jemand zwei Vaterländer hat. (Beim raschen Durchsehen fand ich keine Stelle in der Studie, die darauf eingeht; nur die Frage des fehlenden Geschlechtsvorbildes wird anscheinend dort thematisiert, nicht die des zweideutigen Vorbilds.)

Gruß,
Kallias

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2009 18:07
#35 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Kallias
Wenn ein Junge zwei Väter hat, kann er sich auch nicht mit einem identifizieren. Das mag zu verwandten Identitätsschwierigkeiten führen wie in dem Fall, daß jemand zwei Vaterländer hat.

Genau! Es grummelte schon die ganze Zeit noch etwas in meinem Bauch, ohne daß ich es benennen konnte - obwohl ich das analoge Problem aus eigener Anschauung ja kenne. Man denkt einfach instinktiv, zwei sind besser als eine(r), da gibt es ja noch eine(n) in Reserve!

Schönen Gruß, Ungelt

jana Offline




Beiträge: 348

27.07.2009 21:29
#36 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Überhaupt ist die Frage, was schlimmer ist:
2 Vaterländer
2 Mutterländer
1 Vater- & 1 Mutterland
2 Großvaterländer - bzw. bei homosexuellen Vorfahren womöglich 4 Großmutterländer usw.

ferner:
Käme die zweite Alternative nur in GB in Betracht, da wir hier, aufem Kontinent, keine Mutterländer kennen? Falls ja, dann wäre ich da4, daß hierzulande, bei einer Adoption durch Homosexuelle, nur 2 Männer (also keine Frauen), in GB aber nur 2 Frauen (also keine Männer) in Frage kommen. Jawoll.

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

27.07.2009 22:27
#37 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Kallias Offline




Beiträge: 2.296

27.07.2009 23:12
#38 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von jana
Überhaupt ist die Frage, was schlimmer ist:
2 Vaterländer
2 Mutterländer
1 Vater- & 1 Mutterland
2 Großvaterländer - bzw. bei homosexuellen Vorfahren womöglich 4 Großmutterländer usw.

Eine ganz unerfreuliche Verquickung, in der Tat! Und denken Sie nur an die Meere zwischen all diesen Ländern!
Zitat von jana
ferner:
Käme die zweite Alternative nur in GB in Betracht, da wir hier, aufem Kontinent, keine Mutterländer kennen? Falls ja, dann wäre ich da4, daß hierzulande, bei einer Adoption durch Homosexuelle, nur 2 Männer (also keine Frauen), in GB aber nur 2 Frauen (also keine Männer) in Frage kommen. Jawoll.
Da tänzelt sie einfach so raus aus dem Thema...

Gruß,
Kallias

califax Offline




Beiträge: 1.502

04.08.2009 01:56
#39 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Kallias
Beweislastumkehr? Das klingt ja so, als hätte man einen Rechtsanspruch auf Zuteilung eines Kindes, und die Behörde müsste beweisen, daß man ungeeignet ist, wenn sie einem diesen Wunsch versagen will.



Sehen Sie, das ist der Unterschied im Denken zwischen uns. Sie wittern da einen Rechtsanspruch. Es geht aber nicht um ein Privileg. Es geht um ein Verbot.
Sie wittern den Kampf um ein Privileg wo über den Verzicht auf einen Kampf für ein unbegründetes Verbot diskutiert wird.
Zettel ebenso. Und das macht es so schwer, mit Verbotsdenkern zu diskutieren.
Egal ob es um Sonntagseinkäufe, Luftgewehrwettbewerbe, Glühbirnen oder Adoptionen geht: Das Verbot ist heilig. Der Grund ist eher wurscht. Eine Aufhebung eines unbegründeten Verbotes wird sofort zum Rechtsanspruch umfunktioniert. Als ob es ein zu begründendes Privileg, ein erst zu erwerbender Rechtsanspruch wäre, das Ei am anderen Ende zu köpfen*.

[...]

Im Weiteren haben Sie leider völlig an meiner Spitze vorbei argumentiert. Ich wollte gemeinerweise wissen, ob Sie bereit wären, die Anforderungen, die Sie an die Eignung von Homopaaren stellen, auch an sich selbst anlegen zu lassen.
Das ist ein oft sehr geeigneter Lackmustest bei Verbotsdiskussionen. Wir legen doch alle an fremde Menschen gern weit höhere Latten als an uns selbst.

In Antwort auf:

Ich vertrete keine konservative Position, sondern lieber eine empiristische. Seit einiger Zeit gibt es das Lebenspartnerschaftsgesetz und Kinder, die in homosexuellen Lebenspartnerschaften aufwachsen. Laßt uns sehen, wie die Erfahrungen damit sind, dann kann man das Adoptionsgesetz auch ändern.



Wie man eine Position nennt, ist mir meistens ziemlich wurscht. Ich bin der Meinung, daß bei der Suche nach Adoptiveltern keine unbegründeten Verbote gelten sollten. Sehr wohl sollte aber die Behörde PC-frei schauen dürfen, wo das Kind wohl die beste Zukunft geboten bekommt. Da müssen Homos eben mit Heteros wetteifern. So what? Was zählt, ist nur das Kind. Nicht, ob man die sexuelle Prägung von ungefährlichen und anständigen Erwachsenen persönlich ekelhaft findet.


* Die Redewendung versteht jetzt von Euch Wessis wahrscheinlich keiner.
Wird vielleicht ein Quiz demnächst.

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The Outside of the Asylum

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

04.08.2009 10:08
#40 RE: Regenbogenfamilie? Antworten

Zitat von Gorgasal
Zitat von Robert Z.
Zitat von Gorgasal
Da könnte man gleich den nächsten Pro & Contra-Thread aufmachen... Ich sage es mal so: es gibt unter Liberalen eine Strömung, die vieles fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Freiheit des Einzelnen sieht und eben diesen Gesichtspunkt der Tradition sehr gering einzuschätzen scheint.

Ich sehe keinen Unterschied darin, ein Verbot aufrecht zu erhalten oder etwas Erlaubtes zu verbieten. Ein Verbot muß begründet werden, nicht seine Aufhebung.

Ich glaube, das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Konservativen und Liberalen. Bei tiefgreifenden Änderungen von lange bestehenden gesellschaftlichen Normen wird der Konservative eher verlangen, dass die Änderung stringent begründet wird - primär unabhängig davon, ob es sich um die Aufhebung eines Verbots oder ein Verbot handelt.

Und noch ein Zitat dazu, weil ich Chesterton (in homöopathisch kleinen Dosen) so schön finde:
Zitat von Gilbert Keith Chesterton
In the matter of reforming things, as distinct from deforming them, there is one plain and simple principle; a principle which will probably be called a paradox. There exists in such a case a certain institution or law; let us say, for the sake of simplicity, a fence or gate erected across a road. The more modern type of reformer goes gaily up to it and says, "I don’t see the use of this; let us clear it away." To which the more intelligent type of reformer will do well to answer: "If you don’t see the use of it, I certainly won’t let you clear it away. Go away and think. Then, when you can come back and tell me that you do see the use of it, I may allow you to destroy it."

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

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