So sehr ich die bemannte Raumfahrt für einen Irrweg und eine gigantische Verschwendung von Geld halte, so sehr bin ich vom Nutzen der unbemannten Raumfahrt überzeugt.
Im erdnahen Bereich ist dieser Nutzen mit Händen zu greifen: Wettersatelliten, Kommunikationssatelliten, Weltraumteleskope, Nagivationssatelliten und Satelliten für viele andere Zwecke - Klimastudien, Suche nach Bodenschätzen, Vermessung der Erde usw. - haben unser Leben verändert.
Der Nutzen der Entsendung von unbemannten Sonden in den erdfernen Raum ist nicht ganz so offensichtlich. Er wird für alle sichtbar sein, wenn es einmal gelingt, die Gefahr durch einen auf Kollisionskurs fliegenden Kometen oder Asteroiden durch dorthin entsandte Raketen zu beseitigen.
Aber auch die Erforschung des Mondes und des Planetensystems haben schon jetzt unser Weltbild stärker verändert als Tausende Jahre wissenschaftlicher Astronomie zuvor.
Also, auf zum Mond! Nur freilich nicht in Form von Peterchens Mondfahrt. ;-)
Das hört sich aber alles andere als liberal an was Sie hier schreiben.
"Wer von den Wählern noch nicht verstanden hat, daß jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt, der wird ohnehin nicht die Union oder die FDP wählen."
Ich dachte das wären die Parteien von denen man gerade erwarten kann, dass sie nicht versuchen mit staatlichen Programmen und Subventionen die Wirtschaft zu verbessern. Was natürlich in den meisten Fällen nicht funktioniert, außer man landet einen Glückstreffer mit einer Erfindung in so einem Programm. Natürlich sind das sehr kleine Summen die hier ausgegeben werden und sie haben sogar die Chance auf positive Auswirkungen im Vergleich zu anderen staatlichen Programmen, allerdings würde ich heftigst wiedersprechen wenn Sie diese Aussage zum Prinzip erheben wollten.
Gab es nicht gerade erst eine Studie mit dem Ergebnis, dass Staaten mit staatlicher Förderung von Wissenschaft ein geringeres Wirtschaftswachstum haben als solche die das der Privatwirtschaft überlassen? Ich werde versuchen die zu finden.
Zitat von JoradDas hört sich aber alles andere als liberal an was Sie hier schreiben.
"Wer von den Wählern noch nicht verstanden hat, daß jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt, der wird ohnehin nicht die Union oder die FDP wählen."
Ich dachte das wären die Parteien von denen man gerade erwarten kann, dass sie nicht versuchen mit staatlichen Programmen und Subventionen die Wirtschaft zu verbessern.
Es geht ja nicht um eine Verbesserung der Wirtschaft, lieber Jorad. Es geht um Grundlagenforschung und, wie Geozentriker das treffend genannt hat, Grundlagentechnologie.
Dafür wird sich schwerlich ein privater Investor finden; denn er wird für sein investiertes Geld auf absehbare Zeit keinen Gewinn bekommen.
Die Privatwirtschaft wird aber à la longue von den staatlichen Investitionen, die in der Anfangsphase nötig sind, profitieren. Heute wird ein großer Teil der Satelliten im erdnahen Raum privat finanziert. Aber die ersten Kommunikations- Wetter- und Navigationssatelliten - Tiros, Early Bird, Transit - wurden im Auftrag der NASA oder des US-Militärs entwickelt.
Zitat von Jorad Natürlich sind das sehr kleine Summen die hier ausgegeben werden und sie haben sogar die Chance auf positive Auswirkungen im Vergleich zu anderen staatlichen Programmen, allerdings würde ich heftigst wiedersprechen wenn Sie diese Aussage zum Prinzip erheben wollten.
Nein, das will ich nicht. So wenig Staat wie möglich, aber so viel Staat wie nötig.
Zitat von JoradGab es nicht gerade erst eine Studie mit dem Ergebnis, dass Staaten mit staatlicher Förderung von Wissenschaft ein geringeres Wirtschaftswachstum haben als solche die das der Privatwirtschaft überlassen? Ich werde versuchen die zu finden.
Das würde mich sehr interessieren, lieber Jorad. Auf Anhieb fällt mir allerdings kein entwickelter Industriestaat ein, der nicht eine staatliche Wissenschaftspolitik betreiben würde.
Wobei die Wege des Funding unterschiedlich sein können. Oft erfolgt die Förderung nicht direkt über die Regierung, sondern über selbstverwaltete Funding Agencies, die aber staatliche Mittel erhalten. In Deutschland zum Beispiel die DFG, die aber auch von der Wirtschaft mitfinanziert wird.
In den USA werden die National Science Foundation, das National Institute of Health, die NASA und die Forschungseinrichtungen des Militärs, wie zum Beispiel das Office of Naval Research, hingegen direkt von der Regierung kontrolliert.
Deutschland ist, was diese Einrichtungen angeht, also vorbildlich liberal. Der Senat der DFG und die Fachgutachter, die über die Förderung von Forschungsprojekten entscheiden, werden von den Wissenschaftlern des betreffenden Fachbereichs demokratisch gewählt; der Staat regiert weit weniger hinein als in den USA.
Ok, hab mich nicht so gut erinnert - es war Teil eines Berichts der OECD und weder so eindeutig noch so aussagekräftig wie ich es in Erinnerung hatte (es gibt nämlich unterschiedliche Studien - manche sagen geförderte und private R&D ergänzen sich, einige kommen zum Ergebnis staatliche R&D ersetzt private - was dann natürlich negativ wäre.)
Ich bin halt nur sehr vorsichtig mit solchen Aussagen, dass im Bereich X Marktwirtschaft nicht funktioniert und man das staatlich organisieren muss. (In diesem Fall die Grundlagenforschung.) Da gibt es ja genug Bereiche die angeblich privat nicht möglich waren, wo man seine Meinung jetzt geändert hat - siehe Post, Eisenbahn, Telefon, Fernsehen etc.
Ich hatte nicht wirklich erwartet, dass Sie hier meiner Meinung sind Aber:
Zitat von ZettelDas dürfte ausgezeichnet investiertes Geld sein. ... [W]eil damit neue Arbeitsplätze in der deutschen Raumfahrtindustrie geschaffen und bestehende gesichert werden.
Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ein solches Argument hätte ich nicht von Ihnen erwartet. Erst einmal machen die Kosten des Programms irgendwo für 1,5 Mrd EUR Arbeitsplätze kaputt, bevor neue Arbeitsplätze geschaffen werden - die sieht man nur nicht, weil die Schäden über die ganze Volkswirtschaft verteilt sind. Lesetipp dazu: Bastiats Ce qu'on voit et ce qu'on ne voit pas. Den Text finde ich dermaßen wichtig, dass ich ihn gerne noch auf Deutsch und auf Englisch verlinke.
Zitat von ZettelUnd es handelt sich dabei ja nicht um beliebige Arbeitsplätze. Es sind überwiegend Jobs für Spitzenleute aus Wissenschaft und Technik, die ins Ausland abwandern werden, wenn ihnen Deutschland keine adäquate Beschäftigung bieten kann.
Genauer gesagt handelt es sich um Spitzenleute im Raumfahrtbereich, die wir in Deutschland brauchen, wenn wir... zum Beispiel eine Mondmission wollen. Zirkelschluss. Gut, ganz so extrem ist es nicht, aber wenn es um "strategische Industrien" oder dergleichen geht, dann sträuben sich mir immer die liberalen Nackenhaare.
Zitat von ZettelTeuer ist ein solches Programm nicht. Im Augenblick werden Kosten von 1,5 Milliarden Euro erwartet, auf fünf Jahre verteilt. 300 Millionen Euro pro Jahr - das sind ungefähr sechs Prozent des Betrags, der in diesem Jahr allein für Abwrackprämien von uns Steuerzahlern aufgebracht wird.
Aber die 1,5 Mrd EUR sind auch nur die Vorabschätzung für das Mondprogramm; Großprogramme insbesondere staatlicher Natur haben eine Tendenz zur Budgetüberschreitung. So zum Beispiel auch die unselige Abwrackprämie... Also vergleichen wir wohl besser die 1,5 Mrd mit den ersten Schätzungen für die Abwrackprämie. Da kommt auch nicht groß etwas anderes heraus, aber wir sollten uns die Mondmission nicht schönrechnen.
Zitat von ZettelWer von den Wählern noch nicht verstanden hat, daß jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt...
Hm, ich muss zugeben, dass ich genau das noch nicht verstanden habe: wie "jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt", insbesondere nicht in dieser Absolutheit. Wir forschen schon eine ganze Menge, sowohl staatlich als auch privat; an irgendeinem Punkt kommen abnehmende Grenzerträge ins Spiel.
Ich stimme Ihnen ja gerne zu, dass es sich hier um Kinkerlitzchen gegenüber der Abwrackprämie handelt. Wenn ich die Auswahl hätte, würde ich auch die Mondmission vorziehen (vielleicht können wir die für die Abwrackprämie verantwortlichen Politiker gleich mit auf den Mond schießen?). Aber ich bleibe bei meiner Ansicht, dass es jetzt kurz vor der Wahl ein Unsinn ist, dem Linkslager solch eine Steilvorlage zu liefern, denn entgegen Ihrem Artikel kann man durchaus CDU-/FDP- oder eben unentschlossener Wähler sein und dennoch Probleme mit solch einem Programm haben.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von JoradIch bin halt nur sehr vorsichtig mit solchen Aussagen, dass im Bereich X Marktwirtschaft nicht funktioniert und man das staatlich organisieren muss. (In diesem Fall die Grundlagenforschung.) Da gibt es ja genug Bereiche die angeblich privat nicht möglich waren, wo man seine Meinung jetzt geändert hat - siehe Post, Eisenbahn, Telefon, Fernsehen etc.
Man kann das, lieber Jorad, meines Erachtens nur empirisch beantworten.
Post, Eisenbahn, Telefon, Fernsehen funktionieren in vielen Ländern als Privatunternehmen. Auch Universitäten.
Aber auch private Universitäten sind auf das Forschungsfinanzierung durch öffentliche Mittel angewiesen, und zwar in erheblichem Maß. Ohne Drittmittel kommen auch Harvard und Yale nicht aus. Forschungsprojekte werden in der Regel aus Drittmitteln bezahlt; und in der Grundlagenforschung kommen sie fast immer von der öffentlichen Hand.
Ich kenne kein Land der Welt, ganz sicher keine entwickelte Industrienation, in dem die Forschung allein die Sache von Privatunternehmen wäre. Der Grund liegt, wie schon erwähnt, schlicht darin, daß die Strecke von der Grundlagenforschung zur Anwendung zu lang ist, als daß sich eine breite Grundlagenforschung für ein Unternehmen rechnen könnte. Welches Unternehmen hätte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Quantenphysik finanziert, auf die vage Aussicht hin, daß man vielleicht in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts profitable Quantencomputer würde bauen können?
Dasselbe gilt für die Raumfahrt und für andere Spitzentechnologien. Die Anschubförderung muß in der Regel aus öffentlichen Mitteln kommen; dann wird der Bereich irgendwann profitabel und geht in private Hände über.
Sie mögen das, lieber Jorad, als Verstoß gegen die reine Lehre des Liberalismus wahrnehmen. Nur ist es halt empirisch so.
Und anders als Konservative, Sozialisten und Kommunisten sollten sich Liberale nach meinem Verständnis nicht nach der Maxime verhalten: "Wenn die Wirklichkeit nicht mit meiner Überzeugung übereinstimmt, umso schlimmer für die Wirklichkeit".
Zitat von ZettelUnd anders als Konservative, Sozialisten und Kommunisten sollten sich Liberale nach meinem Verständnis nicht nach der Maxime verhalten: "Wenn die Wirklichkeit nicht mit meiner Übereugung übereinstimmt, umso schlimmer für die Wirklichkeit".
Das ist lustig - diese Maxime sehe ich häufiger bei Liberalen denn bei Konservativen. Kann aber an meiner Wahrnehmung liegen.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von GorgasalAber ich bleibe bei meiner Ansicht, dass es jetzt kurz vor der Wahl ein Unsinn ist, dem Linkslager solch eine Steilvorlage zu liefern, denn entgegen Ihrem Artikel kann man durchaus CDU-/FDP- oder eben unentschlossener Wähler sein und dennoch Probleme mit solch einem Programm haben.
Sie bringen es auf den Punkt. Im Wahlkampf geht es ja beim Ausschlag für eine linke oder bürgerliche Mehrheit gerade nicht um die Leute, die sowieso Union oder FDP wählen, sondern diejenigen, die auf der Kippe stehen. Wie auch immer man zu Zettels Argumenten bzgl. Grundlagenforschung usw. stehen mag und selbst wenn sie noch so vernünftig seien, kommt dieser Vorschlag doch sehr weltfremd rüber: Wir befinden uns in einer schweren Wirtschaftskrise, viele Menschen bangen um ihren Job, haben Angst um ihre Existenz und müssen Einbußen hinnehmen, aber ein Regierungsvertreter erzählt was von einer Mondmission. Das paßt nicht zusammen. Natürlich ist die langfristige Perspektive wichtig, aber in dieser Situation möchte ich von den Parteien Lösungsvorschläge für konkrete massive strukturelle Probleme hören und nicht, was man sich für 2020 oder sonstwann erträumt. In der Realität hingegen bringt die Regierung es nicht einmal auf die Reihe, die Reform der Kfz-Steuer sinnvoll zu gestalten und so einen Blödsinn wie die Abhängigkeit vom Hubraum zu eleminieren. Wird wohl noch 20 Jahre dauern wie beim Gurkenkrümmungsgrad ...
Mein Eindruck ist, je weniger man auf der Pfanne hat, desto abenteuerlicher werden die Ziele. Ist ja kein Problem, wenn man deren Erreichung nur weit genug in die Zukunft verlagert - siehe Steinmeiers Vollbeschäftigung 2020. Den "Deutschlandplan" und solche Arbeitsplatzversprechen kann doch selbst deren Klientel kaum noch ernstnehmen, doch statt nun mit sinnvollen und realistischen Konzepten zu punkten, setzt man da noch einen drauf seitens der CDU. Das war zumindest mein erster Gedanke aus dem Bauch heraus - und ich denke, es wird vielen Leuten so gehen. Ich denke zwar nicht, daß das ein großes Thema wird, aber kontraproduktiv ist es bestimmt.
MfG
P.S.: Mein zweiter Gedanke war, wer wohl auf die glorreiche Idee gekommen ist, Peter Hintze zum Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt zu machen. Diese krassen Fehlbesetzungen in der Politik, wo nach irgendwelchen Kriterien Posten verteilt werden, aber Qualifikation nie eine Rolle spielt, mißfallen mir immer mehr. Zumindest ist das ein weiterer Grund für mich, auf keinen Fall CDU zu wählen.
Lieber Gorgasal, ich antworte wieder mal in zwei Teilen, weil es sonst zu lang wird.
Zitat von Gorgasal
Zitat von ZettelDas dürfte ausgezeichnet investiertes Geld sein. ... [W]eil damit neue Arbeitsplätze in der deutschen Raumfahrtindustrie geschaffen und bestehende gesichert werden.
Erst einmal machen die Kosten des Programms irgendwo für 1,5 Mrd EUR Arbeitsplätze kaputt, bevor neue Arbeitsplätze geschaffen werden - die sieht man nur nicht, weil die Schäden über die ganze Volkswirtschaft verteilt sind.
Hm, da komme ich rechnerisch nicht mit. Niemand kommt ja auf den Gedanken, wegen des Programms die Steuern zu erhöhen. Die Finanzierung wird also über Umschichtungen erfolgen. Wieso gehen Arbeitsplätze kaputt - und auch noch "für 1,5 Mrd EUR", wie haben Sie das ausgerechnet? - , wenn das Geld jetzt nicht, sagen wir, für die Erneuerung des PC-Parks der Agentur für Arbeit verwendet wird, sondern für die Konstruktion einer Mondfähre mit ihrem Drum und Dran?
Zitat von Gorgasal
Zitat von ZettelUnd es handelt sich dabei ja nicht um beliebige Arbeitsplätze. Es sind überwiegend Jobs für Spitzenleute aus Wissenschaft und Technik, die ins Ausland abwandern werden, wenn ihnen Deutschland keine adäquate Beschäftigung bieten kann.
Genauer gesagt handelt es sich um Spitzenleute im Raumfahrtbereich, die wir in Deutschland brauchen, wenn wir... zum Beispiel eine Mondmission wollen. Zirkelschluss.
Nein. Erstens haben wir in Deutschland gar nicht die Wahl, ob wir Raumfahrt betreiben oder nicht. Alle Industrienationen tun es; und es gibt ja auch Verträge zur ESA, zur Kooperation mit der NASA usw.
Zweitens ist ergo die einzige Frage, wie der ESA-Kuchen verteilt wird.
In Frankreich gibt es diese Bedenkenträgerei wie in Deutschland kaum; jedenfalls hat sie keinen politischen Einfluß hat. Selbst die Kommunisten sind dort zB für die Kernkraft, für Raumfahrt ohnehin. Also hat sich Frankreich einen großen Teil des Kuchens gesichert; schon dadurch, daß es für die Raketenstarts in Kourou verantwortlich ist.
Wenn Deutschland bei der Mondmission nicht mitmacht, dann wird es zwar weiter seinen Anteil zahlen, der sich nach dem BIP richtet und für Deutschland ungefähr 23 Prozent beträgt. Nur werden die Forschungs- und Konstruktionsaufträge dann eben nicht an deutsche Unis und Firmen vergeben, sondern an französische oder britische. Denn dort ist der Staat bereit, über die ESA-Finanzierung hinaus weitere Gelder zuzuschießen. Im Interesse der nationalen Industrie.
Zitat von GorgasalGut, ganz so extrem ist es nicht, aber wenn es um "strategische Industrien" oder dergleichen geht, dann sträuben sich mir immer die liberalen Nackenhaare.
Ich versuche mir gerade Ihre liberalen Nackenhaare vorzustellen, lieber Gorgasal. Meine verbliebenen Haare sind überhaupt nicht liberal, sondern werden gleichmacherisch alle auf ungefähr 15 mm gestutzt.
Aber im Ernst: Trotz meines Haarkommunismus bin ich keineswegs für eine staatliche Investitionslenkung. Die steht aber hier gar nicht zur Debatte. Eine Raumforschung und eine Raumfahrtindustrie gibt es ja längst in Deutschland. Die Frage ist nur, ob sie sich an der Spitze Europas halten kann.
Das allein von freiem Wettbewerb abhängig zu machen, ist ein schöner Traum. Das Ergebnis wäre, daß sie innerhalb von wenigen Jahren von der Industrie der anderen Länder, die überall staatlich gefördert wird, niederkonkurriert werden würde.
Es ist ungefähr wie die Idee deutscher Pazifisten, doch einfach die Bundeswehr abzuschaffen. Die anderen werden dann schon dem guten Beispiel folgen.
Zitat von Gorgasal
Zitat von ZettelTeuer ist ein solches Programm nicht. Im Augenblick werden Kosten von 1,5 Milliarden Euro erwartet, auf fünf Jahre verteilt. 300 Millionen Euro pro Jahr - das sind ungefähr sechs Prozent des Betrags, der in diesem Jahr allein für Abwrackprämien von uns Steuerzahlern aufgebracht wird.
Aber die 1,5 Mrd EUR sind auch nur die Vorabschätzung für das Mondprogramm; Großprogramme insbesondere staatlicher Natur haben eine Tendenz zur Budgetüberschreitung. So zum Beispiel auch die unselige Abwrackprämie... Also vergleichen wir wohl besser die 1,5 Mrd mit den ersten Schätzungen für die Abwrackprämie. Da kommt auch nicht groß etwas anderes heraus, aber wir sollten uns die Mondmission nicht schönrechnen.
Es ist kein Schönrechnen, wenn man die jetzt veranschlagten Kosten nennt. Ja, vermutlich wird es teurer werden. Und? Dann sind es pro Jahr vielleicht nicht sechs, sondern sagen wir neun Prozent dessen, was dieses Jahr an Abwrackprämie gezahlt wurde.
Zitat von Gorgasal
Zitat von ZettelWer von den Wählern noch nicht verstanden hat, daß jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt...
Hm, ich muss zugeben, dass ich genau das noch nicht verstanden habe: wie "jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt", insbesondere nicht in dieser Absolutheit. Wir forschen schon eine ganze Menge, sowohl staatlich als auch privat; an irgendeinem Punkt kommen abnehmende Grenzerträge ins Spiel.
Na gut, nicht jede, sondern fast jede. Ich übe ja schon, in meine Artikel immer solch eine nicht nur mentale reservatio mentalis einzubauen, weil fast (!) jede Aussage, die nicht ein "fast", "in der Regel" usw. enthält, wegen ihrer "Absolutheit" angreifbar ist. Nur wenn es um mathematische Wahrheiten geht, will ich noch solche Einschränkungen weglassen.
Zitat von Gorgasal Ich stimme Ihnen ja gerne zu, dass es sich hier um Kinkerlitzchen gegenüber der Abwrackprämie handelt. Wenn ich die Auswahl hätte, würde ich auch die Mondmission vorziehen (vielleicht können wir die für die Abwrackprämie verantwortlichen Politiker gleich mit auf den Mond schießen?). Aber ich bleibe bei meiner Ansicht, dass es jetzt kurz vor der Wahl ein Unsinn ist, dem Linkslager solch eine Steilvorlage zu liefern, denn entgegen Ihrem Artikel kann man durchaus CDU-/FDP- oder eben unentschlossener Wähler sein und dennoch Probleme mit solch einem Programm haben.
Beim Schreiben des Artikels habe ich mir dieses Argument überlegt. Anfangs hatte ich mit dem Gedanken gespielt, am Schluß zu schreiben: Also, das ist alles fein und gut; aber muß man es gerade im Wahlkampf an die Große Glocke hängen?
Und dann habe ich gedacht: Was ist das für ein Argument? Gerade im Wahlkampf muß man doch die wichtigen Zukunftsthemen diskutieren und seine Haltung klarmachen.
Die Linken argumentieren, man hätte kein Geld für solche Investitionen. Vermutlich würden sie das Geld lieber für Zuschüsse an selbstverwaltete Jugendkulturzentren und dergleichen ausgeben. Wenn die Liberalen und die Konservativen da nicht gegenhalten und - auch und gerade im Wahlkampf - klar sagen, daß sie für Spitzentechnologie in Deutschland sind, dann verdienen sie es auch nicht, gewählt zu werden. ( )
Zitat von ZettelDas dürfte ausgezeichnet investiertes Geld sein. ... [W]eil damit neue Arbeitsplätze in der deutschen Raumfahrtindustrie geschaffen und bestehende gesichert werden.
Erst einmal machen die Kosten des Programms irgendwo für 1,5 Mrd EUR Arbeitsplätze kaputt, bevor neue Arbeitsplätze geschaffen werden - die sieht man nur nicht, weil die Schäden über die ganze Volkswirtschaft verteilt sind.
Hm, da komme ich rechnerisch nicht mit. Niemand kommt ja auf den Gedanken, wegen des Programms die Steuern zu erhöhen. Die Finanzierung wird also über Umschichtungen erfolgen. Wieso gehen Arbeitsplätze kaputt - und auch noch "für 1,5 Mrd EUR", wie haben Sie das ausgerechnet? - , wenn das Geld jetzt nicht, sagen wir, für die Erneuerung des PC-Parks der Agentur für Arbeit verwendet wird, sondern für die Konstruktion einer Mondfähre mit ihrem Drum und Dran?
Wenn das Geld aus Umschichtungen kommt, dann leidet ein anderes Programm (eher mehrere). Welche? Bevor man weiß, ob die Mondmission etwas taugt, sollte man wissen, was dafür gekürzt wird - vielleicht wäre das eine sinnvollere Verwendung. Zum Beispiel neue PCs für die Arbeitsämter.
Alternativ können die Steuern erhöht werden. Die MWSt wird wahrscheinlich nach der Wahl erhöht. Sicher nicht nur wegen dieses Programms, aber wegen aller Staatsausgaben zusammen. Ihr Argument "niemand kommt ja auf den Gedanken, wegen des Programms die Steuern zu erhöhen" kann man exakt so auf alle anderen Ausgaben des Staates anwenden, daher ist es nicht stichhaltig. Oder treten Sie für unbegrenzte "Geschenke" des Staates ein?
Oder wir finanzieren das durch erhöhte Staatsverschuldung. Wollen wir das auch noch diskutieren?
Natürlich werden Arbeitsplätze nicht "für 1,5 Mrd EUR" kaputt gehen, schon deswegen, weil ein Arbeitsplatz kaum sinnvoll mit einem Geldbetrag bewertet werden kann. Aber Steuern haben immer verzerrende Effekte ("deadweight loss"), und die Wohlfahrtsverluste durch dieses Programm können hoch oder niedrig sein.
TANSTAAFL. Sie haben das ganze in Ihrem Artikel sehr nach einem "free lunch" klingen lassen, das hat mich gestört. Haben Sie den Bastiat-Text gelesen?
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von ZettelTrotz meines Haarkommunismus bin ich keineswegs für eine staatliche Investitionslenkung. Die steht aber hier gar nicht zur Debatte. Eine Raumforschung und eine Raumfahrtindustrie gibt es ja längst in Deutschland. Die Frage ist nur, ob sie sich an der Spitze Europas halten kann.
Diesen Absatz verstehe ich jetzt nun überhaupt nicht. Was ist denn das anderes als staatliche Investitionslenkung?
Zitat von ZettelDas allein von freiem Wettbewerb abhängig zu machen, ist ein schöner Traum. Das Ergebnis wäre, daß sie innerhalb von wenigen Jahren von der Industrie der anderen Länder, die überall staatlich gefördert wird, niederkonkurriert werden würde.
Ja, und was ist so schlimm daran, wenn die Deutschen keine Satelliten bauen, sondern mehr Geld in der privaten Tasche haben, um dann viel bessere Softwareforschung zu betreiben? Das Argument, andere Länder betreiben Subventionen, ist doch überhaupt gar keines, es ihnen nachzumachen. Hinsichtlich Protektionismus ist das Gegenargument "Nur weil andere Länder ihre Hafenbecken mit Steinen auffüllen, müssen wir das doch lange nicht machen" - bei Subventionen ist es doch nicht anders!
Zitat von Zettel
Zitat von Gorgasal
Zitat von ZettelTeuer ist ein solches Programm nicht. Im Augenblick werden Kosten von 1,5 Milliarden Euro erwartet, auf fünf Jahre verteilt. 300 Millionen Euro pro Jahr - das sind ungefähr sechs Prozent des Betrags, der in diesem Jahr allein für Abwrackprämien von uns Steuerzahlern aufgebracht wird.
Aber die 1,5 Mrd EUR sind auch nur die Vorabschätzung für das Mondprogramm; Großprogramme insbesondere staatlicher Natur haben eine Tendenz zur Budgetüberschreitung. So zum Beispiel auch die unselige Abwrackprämie... Also vergleichen wir wohl besser die 1,5 Mrd mit den ersten Schätzungen für die Abwrackprämie. Da kommt auch nicht groß etwas anderes heraus, aber wir sollten uns die Mondmission nicht schönrechnen.
Es ist kein Schönrechnen, wenn man die jetzt veranschlagten Kosten nennt.
Es ist ein Schönrechnen, wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht.
Zitat von ZettelJa, vermutlich wird es teurer werden. Und? Dann sind es pro Jahr vielleicht nicht sechs, sondern sagen wir neun Prozent dessen, was dieses Jahr an Abwrackprämie gezahlt wurde.
Wie sicher sind Sie sich, dass die Kosten nur um 50% überschritten werden?
Zitat von Zettel
Zitat von Gorgasal
Zitat von ZettelWer von den Wählern noch nicht verstanden hat, daß jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt...
Hm, ich muss zugeben, dass ich genau das noch nicht verstanden habe: wie "jede Investition in Forschung und Technologie sich letztlich in mehr Arbeitsplätze und höhere Einkommen umsetzt", insbesondere nicht in dieser Absolutheit. Wir forschen schon eine ganze Menge, sowohl staatlich als auch privat; an irgendeinem Punkt kommen abnehmende Grenzerträge ins Spiel.
Na gut, nicht jede, sondern fast jede. Ich übe ja schon, in meine Artikel immer solch eine nicht nur mentale reservatio mentalis einzubauen, weil fast (!) jede Aussage, die nicht ein "fast", "in der Regel" usw. enthält, wegen ihrer "Absolutheit" angreifbar ist. Nur wenn es um mathematische Wahrheiten geht, will ich noch solche Einschränkungen weglassen.
Aber Sie sind sich nach wie vor sicher, dass diese konkrete "Investition" netto höchstwahrscheinlich einen positiven Barwert hat? Diese Ihre Sicherheit kann ich offen gestanden nicht nachvollziehen.
Zitat von ZettelWenn die Liberalen und die Konservativen da nicht gegenhalten und - auch und gerade im Wahlkampf - klar sagen, daß sie für Spitzentechnologie in Deutschland sind, dann verdienen sie es auch nicht, gewählt zu werden. ( )
Ich bin auch für Spitzentechnologie, in Deutschland und anderswo. Ich bin auch für weniger spitzige Technologie. Ich bin auch für so langweilige Dinge wie den Einzelhandel und die Landwirtschaft. Ich bin nur nicht dafür, dass unsere Politiker, die teilweise nicht einmal wissen, was ein Webbrowser ist, darüber entscheiden, welche dieser Technologien auf Kosten der Gesamtheit gefördert werden soll.
Seien Sie mir nicht böse: manchmal kommt mir ihr Liberalismus ein wenig selektiv vor. (Den gleichen Vorwurf lasse ich mir gerne auch gefallen.)
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Wow, dieser Einwurf passte jetzt aber so was von perfekt! Ich kannte die Abkürzung nicht und bin dem Link gefolgt. Und dort habe ich dann gelesen, dass das bekannte Zitat ursprünglich ausgerechnet aus einem Buch von Heinlein stammt mit dem Titel "The Moon Is a Harsh Mistress"....
Zitat von GorgasalSeien Sie mir nicht böse: manchmal kommt mir ihr Liberalismus ein wenig selektiv vor. (Den gleichen Vorwurf lasse ich mir gerne auch gefallen.)
Nein, böse bin ich Ihnen nicht, lieber Gorgasal. Niemandem für das, was er hier schreibt, und Ihnen schon gar nicht.
Aber wundern tue ich mich schon. Darüber, daß einer nach dem anderen - erst Rayson, dann R.A. und Llarian, jetzt Sie - sich Gedanken darüber macht, wie es denn mit meinem "Liberalismus" bestellt sei. Und mit einer negativen Antwort aus diesen Gedanken hervorkommt.
Es ist so damit bestellt, wie ich ich es in meinen Artikeln in ZR und hier in meinen Beiträgen schreibe. Ich habe Meinungen zu Themen; zentralen und weniger zentralen. Ich trage keine Schublade mit mir herum, in der Zettelchen (!) mit der jeweils politisch correcten liberalen Position sind, die ich nur noch hervorzuholen brauche, um meine Meinung zu kennen.
Ich verstehe mich, wie nun xfach geschrieben, als liberalkonservativ mit einem eindeutigen Akzent auf liberal. Ich empfinde es als seltsam, wenn jemand sich hinstellt, eine eigene, offenbar andere Vorstellung von Liberalismus hat und mir dann vorhält, ich sei gar nicht liberal oder, wie Sie jetzt, ich sei nur selektiv liberal. (Sie schreiben, daß Sie selbst sich diesen Vorwurf gern gefallen lassen. Ich nicht. )
Mich erinnert das lebhaft an die Diskussionen zwischen Kommunisten, wer denn die wahre marxistische Lehre vertrete.
Mit sozialistischem ... äh ... liberalem Gruß,
Ihr Zettel
Wie in dem Artikel erwähnt, will die FDP nach der Bildung einer schwarzgelben Koalition einen Vorschlag für ein nationales Mondprogramm auf den Tisch legen. Offenbar sind in Ihren Augen, lieber Gorgasal, auch die Liberalen nicht liberal; oder allenfalls selektiv.
Zitat von ZettelDas dürfte ausgezeichnet investiertes Geld sein. ... [W]eil damit neue Arbeitsplätze in der deutschen Raumfahrtindustrie geschaffen und bestehende gesichert werden.
Erst einmal machen die Kosten des Programms irgendwo für 1,5 Mrd EUR Arbeitsplätze kaputt, bevor neue Arbeitsplätze geschaffen werden - die sieht man nur nicht, weil die Schäden über die ganze Volkswirtschaft verteilt sind.
Hm, da komme ich rechnerisch nicht mit. Niemand kommt ja auf den Gedanken, wegen des Programms die Steuern zu erhöhen. Die Finanzierung wird also über Umschichtungen erfolgen. Wieso gehen Arbeitsplätze kaputt - und auch noch "für 1,5 Mrd EUR", wie haben Sie das ausgerechnet? - , wenn das Geld jetzt nicht, sagen wir, für die Erneuerung des PC-Parks der Agentur für Arbeit verwendet wird, sondern für die Konstruktion einer Mondfähre mit ihrem Drum und Dran?
Wenn das Geld aus Umschichtungen kommt, dann leidet ein anderes Programm (eher mehrere). Welche? Bevor man weiß, ob die Mondmission etwas taugt, sollte man wissen, was dafür gekürzt wird - vielleicht wäre das eine sinnvollere Verwendung. Zum Beispiel neue PCs für die Arbeitsämter.
So funktioniert die Erstellung eines Haushalts ja nicht, lieber Gorgasal.
Ich hatte das Beispiel mit den PCs nur gewählt, weil die betreffende Meldung kürzlich durch die Presse ging und weil ich an einem Beispiel Ihre Aussage widerlegen wollte, die Kosten des Programms würden "irgendwo für 1,5 Mrd EUR Arbeitsplätze kaputt(machen)". Die Luxus-PCs, von denen die Rede ist, würden ja nicht in Deutschland produziert werden, allenfalls die Teile zusammengeschraubt.
Wenn ein Haushalt erstellt wird, dann entscheidet man aber nicht, den Posten A zu streichen oder zu vermindern, um den Posten B neu einführen oder aufstocken zu können. Sondern es wird im Rahmen des verfügbaren Etats darüber verhandelt, wie das Geld verteilt wird.
Zitat von GorgasalIhr Argument "niemand kommt ja auf den Gedanken, wegen des Programms die Steuern zu erhöhen" kann man exakt so auf alle anderen Ausgaben des Staates anwenden, daher ist es nicht stichhaltig. Oder treten Sie für unbegrenzte "Geschenke" des Staates ein?
Wenn ich jetzt "ja" sagen würde, dann würden Sie sich aber wundern, gell?
Zitat von GorgasalOder wir finanzieren das durch erhöhte Staatsverschuldung. Wollen wir das auch noch diskutieren?
Wenn ich jetzt "ja" sagen würde, dann würden Sie sich aber wundern, gell?
Zitat von GorgasalAber Steuern haben immer verzerrende Effekte ("deadweight loss"), und die Wohlfahrtsverluste durch dieses Programm können hoch oder niedrig sein.
Das verstehe ich nicht.
Hätte man die Raumfahrt ab den fünfziger Jahren Privatunternehmen überlassen, dann gäbe es sie schlicht nicht.
Nennen Sie das einen verzerrenden Effekt. Nur hat die Raumfahrt den USA keinen Wohlfahrtsverlust gebracht, sondern im Gegenteil einen Entwicklungsschub, von dem sie noch jetzt zehren. Der Spinoff - von der Entwicklung leistungsfähiger Computer über die Miniaturisierung bis hin zur Entwicklung moderner Methoden des System-Management, wie sie das gigantische Apollo-Projekt erzwang - dürfte ein Vielfaches der Investitionen als Gewinn erbracht haben; von den schon in einem früheren Beitrag aufgezählten, inzwischen überwiegend kommerziellen Satellitensystemen ganz abgesehen.
Es war ein Innovationsschub, wie die USA ihn seither nicht wieder erlebt haben.
Zitat von Gorgasal Sie haben das ganze in Ihrem Artikel sehr nach einem "free lunch" klingen lassen, das hat mich gestört.
Nein, kein free lunch. Ich kann diesen Klang auch nicht heraushören. Sondern eine Investition, die hohen Ertrag verspricht.
Zitat von Gorgasal Haben Sie den Bastiat-Text gelesen?
Nein. Ich habe vor, mich mit Bastiat zu befassen, den ja auch Rayson immer wieder empfiehlt. Aber das verlangt Zeit.
Zitat von ZettelWie in dem Artikel erwähnt, will die FDP nach der Bildung einer schwarzgelben Koalition einen Vorschlag für ein nationales Mondprogramm auf den Tisch legen. Offenbar sind in Ihren Augen, lieber Gorgasal, auch die Liberalen nicht liberal; oder allenfalls selektiv.
Öhm, selbstverständlich. In manchen Bereichen macht die FDP klassische Klientelpolitik (oder hat sie bis vor kurzem gemacht), die weit von Liberalität entfernt ist. Siehe Apothekengesetz.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von ZettelNur hat die Raumfahrt den USA keinen Wohlfahrtsverlust gebracht, sondern im Gegenteil einen Entwicklungsschub, von dem sie noch jetzt zehren. Der Spinoff - von der Entwicklung leistungsfähiger Computer über die Miniaturisierung bis hin zur Entwicklung moderner Methoden des System-Management, wie sie das gigantische Apollo-Projekt erzwang - dürfte ein Vielfaches der Investitionen als Gewinn erbracht haben; von den schon in einem früheren Beitrag aufgezählten, inzwischen überwiegend kommerziellen Satellitensystemen ganz abgesehen. Es war ein Innovationsschub, wie die USA ihn seither nicht wieder erlebt haben.
Das Mondprogramm hat etwa 3,6% des BIP eines Jahres gekostet. Natürlich gab es dort Spinoffs und einen Innovationsschub. Aber die Frage ist doch, ob diese Ressourcen dort sinnvoller eingesetzt waren als anderswo. Wenn nein, dann gab es zwar diesen Innovationsschub, aber um den Preis ausbleibender oder verzögerter Innovationen in anderen Bereichen, die den Mondprogramm-Innovationsschub in den Schatten gestellt haben.
Hier ist es nicht anders. Natürlich wird ein deutsches Mondprogramm Innovationen bringen. Aber die Ressourcen, die dort hineingesteckt werden, können nicht anderswo verwendet werden (und ich weiß, wie Budgets zustande kommen). Das sind Opportunitätskosten. Ob ein nationales Mondprogramm nun die sinnvollste Verwendung dieser Mittel ist, wage ich zu bezweifeln - insbesondere in der aktuellen wirtschaftlichen Lage.
Darf ich Ihnen den Bastiat-Text noch einmal ans Herz legen? Der würde Ihnen helfen, meine Ansichten besser zu verstehen.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von Gorgasal Natürlich gab es dort Spinoffs und einen Innovationsschub. Aber die Frage ist doch, ob diese Ressourcen dort sinnvoller eingesetzt waren als anderswo. Wenn nein, dann gab es zwar diesen Innovationsschub, aber um den Preis ausbleibender oder verzögerter Innovationen in anderen Bereichen, die den Mondprogramm-Innovationsschub in den Schatten gestellt haben.
Diesem Argument, lieber Gorgasal, kann ich nicht folgen. Wir haben es doch nicht mit einem Nullsummenspiel zu tun. "Ressourcen" sind keine fixe Menge, die man nur noch verteilen muß, sondern sie entstehen in Abhängigkeit von den Herausforderungen und Anreizen. Deshalb ist ja die Blickweise der Linken so grottenfalsch, man müsse das, was man den Armen gibt, den Reichen nehmen, indem man die Steuern erhöht. Sie haben die Laffer-Kurve nie verstanden.
Ohne die gigantische nationale Anstrengung der Raumfahrt in den sechziger Jahren wären die Ressourcen gar nicht erste entstanden, die Sie gern anders verteilen würden. Sie sind, lieber Gorgasal, ein heimlicher Umverteiler.
Zitat von GorgasalNatürlich gab es dort Spinoffs und einen Innovationsschub. Aber die Frage ist doch, ob diese Ressourcen dort sinnvoller eingesetzt waren als anderswo. Wenn nein, dann gab es zwar diesen Innovationsschub, aber um den Preis ausbleibender oder verzögerter Innovationen in anderen Bereichen, die den Mondprogramm-Innovationsschub in den Schatten gestellt haben.
Diesem Argument, lieber Gorgasal, kann ich nicht folgen. Wir haben es doch nicht mit einem Nullsummenspiel zu tun. "Ressourcen" sind keine fixe Menge, die man nur noch verteilen muß, sondern sie entstehen in Abhängigkeit von den Herausforderungen und Anreizen.
Und Sie sind der Überzeugung, es sei besser, die Anreize in Richtung Mondmission zu setzen statt in Richtung medizinische Forschung oder auch Konsum?
Das tut man nämlich, wenn man dem Steuerzahler Geld aus der Tasche zieht, das er sonst investiert oder ausgegeben hätte.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von GorgasalNatürlich gab es dort Spinoffs und einen Innovationsschub. Aber die Frage ist doch, ob diese Ressourcen dort sinnvoller eingesetzt waren als anderswo. Wenn nein, dann gab es zwar diesen Innovationsschub, aber um den Preis ausbleibender oder verzögerter Innovationen in anderen Bereichen, die den Mondprogramm-Innovationsschub in den Schatten gestellt haben.
Diesem Argument, lieber Gorgasal, kann ich nicht folgen. Wir haben es doch nicht mit einem Nullsummenspiel zu tun. "Ressourcen" sind keine fixe Menge, die man nur noch verteilen muß, sondern sie entstehen in Abhängigkeit von den Herausforderungen und Anreizen.
Und Sie sind der Überzeugung, es sei besser, die Anreize in Richtung Mondmission zu setzen statt in Richtung medizinische Forschung oder auch Konsum?
Das tut man nämlich, wenn man dem Steuerzahler Geld aus der Tasche zieht, das er sonst investiert oder ausgegeben hätte.
Ja, weil eine so gigantische nationale Anstrengung eben Ressourcen freisetzt oder richtiger schafft.
Sie haben ja, glaube ich, über das Projekt Apollo recherchiert und sind dabei auf den Prozentwert des BSP gestoßen. Ich habe das vor längerer Zeit auch einmal getan. Es war schon eine gewaltige Anstrengung.
Vieles mußte ja ganz neu erfunden werden. Als man begann, hatte man weder die Organisationsstruktur für ein solches Unternehmen, das Tausende von Firmen rund um die USA umspannte, noch hatte man die ingenieurtechnischen Voraussetzungen. Es mußten neue Materialien erfunden werden, neue Softwarelösungen, neue Kommunikationssysteme.
Zufällig habe ich vergangene Nacht die Wiederholung einer der Sendungen des damals sehr beliebten Professor Heinz Haber aus den späten Sechzigern gesehen. Er berichtete u.a. aus dem Goddard Spaceflight Center und führte dem staunenden Publikum vor, daß die NASA ein weltumspannendes Kommunikationssystem aufgebaut hatte.
Weil das so unglaublich war, holte er sich die Erlaubnis für eine Demonstration: Er durfte von der Nachrichtenzentrale aus erst Hawaii und dann die Station Woomera in Australien anrufen. Er fragte jeweils kurz nach dem Wetter und der Ortszeit. Legte dann den Hörer beiseite und guckte stolz in die Kamera. Gell, das hatte kein Zuschauer für möglich gehalten, daß man so einfach nach Australien würde telefonieren können!
Natürlich, lieber Gorgasal, sind solche nationale Anstrengungen, die einen Innovationsschub begründen, auch in anderen Bereichen als der Raumfahrt möglich. Meist kommt der Anstoß von einem Krieg. Düsenflugzeug, Radar, Projekt Manhattan, die ersten ballistischen Raketen - alles Produkte des Zweiten Weltkriegs.
Sogar in der Mathematik hat es durch die Anforderungen der Verschlüsselung Fortschritte gegeben; siehe Alan Turing. Aber das kennen Sie besser als ich.
Herzlich, Zettel
PS: Zur Kommunikationstechnik noch eine kleine Erinnerung: Mitte der sechziger Jahre war ich in Südfrankreich und mußt dringend nach Deutschland telefonieren. Das ging so, daß man sich auf die Post begab und ein Gespräch anmeldete. Dann setze man sich in den Wartebereich und wartete. Eine halbe Stunde vielleicht, eine Stunde. Bis die Beamtin den Namen und die Kabinennummer ausrief. Sie hatte die Verbindung zustandegebracht!
Zitat von ZettelUnd anders als Konservative, Sozialisten und Kommunisten sollten sich Liberale nach meinem Verständnis nicht nach der Maxime verhalten: "Wenn die Wirklichkeit nicht mit meiner Überzeugung übereinstimmt, umso schlimmer für die Wirklichkeit".
Das ist lustig - diese Maxime sehe ich häufiger bei Liberalen denn bei Konservativen. Kann aber an meiner Wahrnehmung liegen.
Ich möchte dazu, lieber Gorgasal, noch eine allgemeine Anmerkung machen, die mir schon lange durch den Kopf geht, besonders seit der Diskussion über Liberalismus.
Die Frage, die mich beschäftigt, ist, wieweit man die Entscheidung für die Lösung eines konkreten Problems aus einer allgemeinen Überzeugung ableiten kann und sollte, und wieweit aus situativer Information.
Um es vorweg klarzustellen: Das hat aus meiner Sicht nichts mit Gesinnungsethik vs Verantwortungsethik zu tun, dieser immer wieder mißverstandenen Unterscheidung von Max Weber. Sondern es hat etwas mit der, sagen wir, Gewichtung von Informationsquellen zu tun.
Eine allgemeine Überzeugung - daß Sie und ich Liberale sind, daß ein anderer Kommunist oder Öko ist - ist der Niederschlag vieler einzelner Erfahrungen, Diskussionen, Denkprozesse. Insofern etwas durchaus Empirisches.
Man kann sie mit den Sprichwörtern vergleichen, die früher einmal die Lebenshilfe ersetzt haben, wie sie uns heute Helfer aller Art und die Medien anbieten.
Wenn-dann-Beziehungen, generalisiert. Kommt Zeit, kommt Rat. Darauf vertrauen die einen. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, das ist die Weltanschauung der anderen.
Manches von dem, was heute zu Sprichwörtern geworden ist, ist literarischen Ursprungs. Vor allem die Klassiker haben da viel beigesteuert. Der Starke ist am mächtigsten allein, heißt es im "Wilhelm Tell". Und als Gegenposition: "Vereint sind auch die Schwachen mächtig".
Da haben wir Liberalismus und Sozialismus, in a nutshell.
Man kann sein Leben, seine Bewertungen, seine Handlungsentscheidungen in unterschiedlichem Maß an solchen allgemeinen Überzeugungen ausrichten. Man wird immer aber auch, wiederum in unterschiedlichem Maß, nicht sie als die handlungsleitende Quelle der Erfahrung verwenden, sondern aktuelle Informationen und Gesichtspunkte. Situative Information.
Wer sich ganz auf diese verläßt, der ist ein Pragmatiker, negativ gesagt: ein Opportunist. Wer sich ganz auf seine allgemeinen Überzeugungen verläßt, der ist prinzipientreu, negativ gesagt ein Ideologe.
Jeder findet da seine Balance. Und ich glaube, um diese geht es im Grunde in dieser Diskussion, die ich mit Ihnen, mit Llarian, R.A., Rayson geführt habe.
Ich bin für so viel Freiheit wie möglich; Freiheit der Privatsphäre, Freiheit in der Wirtschaft; Freiheit der Meinung. Aber ich tendiere nicht dazu, aus dieser allgemeinen Überzeugung Handlungsmaximen und Bewertungen für den Einzelfall abzuleiten, ohne in erheblichem Maß auch situative Information zu berücksichtigen.
Man kann, wenn man die Balance zwischen allgemeinen Überzeugungen und situativer Information etwas anders wählt als Sie und die Genannten, für möglichst wenig Staat sein, aber doch für einen entschlossenen Kampf gegen das Verbrechen; aucb wenn das Belästigungen auch gesetzestreuer Bürger mit sich bringt.
Man kann auch für weitgehende Privatisierung sein - ich habe die Privatiseirung der Post, des Telefons, des Fernsehens, der Bahn immer befürwortet und bin auch für private Autobahnen und Privatuniversitäten -; und man kann dabei trotzdem für staatliche Forschungsförderung sein, für staatlich finanzierte Raumfahrt; für ein staatliches Schulsystem und für eine staatliche Verantwortung für die Infrastruktur.
Noch etwas zum Nachdenken ( ): Können Sie sich, lieber Gorgasal, vorstellen, daß die Tempel der Griechen, die Viadukte und Straßen der Römer, daß die gothischen Kathedralen und die Schlösser des Barock von Privatleuten errichtet worden wären unter dem Gesichtspunkt, Geld gewinnbringend anzulegen?
Und noch ein ganz anderer Gedanke: Was bei uns die allgemeinen Überzeugungen sind, das sind bei Tieren angeborene Verhaltensweisen. Auch zwischen ihnen und situativer Information muß eine ständige Balance hergestellt werden; hat die Evolution bei den einzelnen Spezies ganz unterschiedliche Balancen hergestellt.
Ich fange mal mit dem Konkreten an und versuche, bei Gelegenheit zum Abstrakten zu kommen:
Zitat von ZettelNoch etwas zum Nachdenken ( ): Können Sie sich, lieber Gorgasal, vorstellen, daß die Tempel der Griechen, die Viadukte und Straßen der Römer, daß die gothischen Kathedralen und die Schlösser des Barock von Privatleuten errichtet worden wären unter dem Gesichtspunkt, Geld gewinnbringend anzulegen?
Der Gewinn ist nicht das Kriterium, sondern der Nutzen des Anlegers. Dass Nutzen immer oder auch nur hauptsächlich finanziell definiert sei, ist einer der Lieblingsstrohmänner von Zeitgenossen, die die neoklassische Wirtschaftswissenschaft attackieren. Relevant ist, wer über die Verwendung von Ressourcen entscheidet: der Eigentümer oder der Staat.
Wie viele griechische Tempel staatlich finanziert und wie viele privat gestiftet wurden, weiß ich nicht, aber ich bin mir relativ sicher, dass da einiges aus privater Hand kam. Dito für die gotischen Kathedralen, soweit sie nicht in geistlichen Territorien aus den Einkünften der geistlichen Staatsgewalt kamen. Im allgemeinen beteiligten sich Handwerkszünfte entscheidend am Bau und an der Ausschmückung der Kirchen.
Viadukte: o ja, siehe Veolia. Bei Straßen gebe ich Ihnen gerne recht.
Hinsichtlich barocker Schlösser: da ist es sicher nicht ganz einfach, etwa bei französischen oder deutschen Adligen zwischen Privatschatulle und staatlichen Ausgaben zu trennen, aber auch hier ist sicher einiges privat errichtet worden. Beispielsweise hat Ludwig II. seine Schlösser privat finanziert (und sich damit ruiniert - besser sich selbst als den Staat Bayern).
Und umgekehrt kann man sich fragen, inwieweit der staatliche Bau von Schlössern dadurch ex post gerechtfertigt ist, dass wir heute nette Touristenattraktionen haben.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Sie haben Recht: Meine Fragen war a bisserl sehr grob gemeißelt.
Was ich illustrieren wollte, das war der schlichte Umstand, daß die großen Kulturleistungen Gemeinschaftsleistungen gewesen sind.
Nicht "der Staat" im heutigen Sinn war ihr Träger, der ja überhaupt erst im Absolutismus entstand. Aber eben auch nicht Privatpersonen.
Die got(h)ischen Kathedralen wurden nicht "vom Staat" gebaut; von welchem auch? Sie wurden von der jeweiligen Gemeinschaft der Bürger gebaut, oft über Generationen. So, wie die Befestigungsanlagen.
Heute wäre das "der Staat" in Gestalt der Kommune, von Gebietskörperschaften.
Auch darin haben Sie Recht: Im Einzelfall mag es das gegeben haben - ein Römer, der irgendeinen Tempel stiftete, ein Rokokofürst, der sich eine Ermitage oder Orangerie bauen ließ. Aber repräsentativ war es nicht.
Zitat von GorgasalDass Nutzen immer oder auch nur hauptsächlich finanziell definiert sei, ist einer der Lieblingsstrohmänner von Zeitgenossen, die die neoklassische Wirtschaftswissenschaft attackieren. Relevant ist, wer über die Verwendung von Ressourcen entscheidet: der Eigentümer oder der Staat.
Der Eigentümer muß diejenigen "Ressourcen", die er vielleicht später einmal in Stiftungen einbringt, zunächst einmal erwirtschaften. Dabei besteht sein Nutzen im finanziellen Gewinn.
Was macht er dann mit dem Gewinn? In Europa legt er ihn ganz überwiegend gewinnbringend an, investiert er ihn, verwendet er ihn (in bescheidenem Rahmen) auch für seinen privaten Konsum. Stiftungen, die Förderung von Wissenschaft und Kunst, spielen eine untergeordnete Rolle.
In den USA ist das anders, da haben Sie Recht. Es ist eine andere Kultur, basierend erstens auf (bis zu Obama) niedrigen Steuern und dem Gemeinsinn, der auf die Zeit der Siedler zurückgeht. Ich glaube nicht, daß man das nach Europa transferieren kann.
Zitat von GorgasalUnd umgekehrt kann man sich fragen, inwieweit der staatliche Bau von Schlössern dadurch ex post gerechtfertigt ist, dass wir heute nette Touristenattraktionen haben.
Das kann man, lieber Gorgasal, natürlich in Bezug auf Kultur überhaupt fragen. War der Bau der Pyramiden gerechtfertigt, der Tempelbau der Sumerer, der Mayas, der Griechen? Waren die Menhire gerechtfertigt, war es Stonehedge?
Ja, Stonehedge war vermutlich, als eine Art Observatorium, im Sinn des praktischen Nutzens gerechtfertigt. Auch der Leuchtturm von Alexandria. Aber auch der Koloß von Rhodos? Waren mittelalterliche Burgen und die Geschlechtertürme der Renaiissance gerechtfertigt, die Schlösser an der Loire und in Potsdam aber nicht, weil sie nicht mehr der Abwehr von Feinden dienten?
Von Linken höre ich oft die Meinung, man hätte auf alles verzichten sollen, was nicht die Not der Menschen linderte. Aber was wäre das für eine Kultur? Und wären die Ressourcen, die man so gern umlenken möchte, überhaupt entstanden?
"Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?" fragt Brecht. Nein, haben sie nicht. Aber ohne die Könige hätte niemand die Felsbrocken geschleppt.
Was mich an der Sache stutzig macht, irritiert, ja alarmiert, ist die Tatsache, dass nirgends gesagt wird, was denn nun da erforscht werden soll. Sofort ist von den industriepolitischen Wirkungen die Rede. Aber was, bitte, soll denn der unmittelbare Erkenntnisgewinn sein, der da erstrebt wird?
Dann steht das Ding da oben rum und wir wissen nix damit anzufangen. Funken war ihm dann einfach: "Mach' mal Grundlagenforschung!"?
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