Jung mußte irgendwie entschädigt werden, weil man ihm die Bundeswehr wegnimmt, wo er doch mit Autogrammkarten, Denkmal und EK gerade so schön in die Geschichte eingehen wollte. Ein schwacher Arbeitsminister ist möglicherweise für den Anfang im Kabinett auch ganz erwünscht. Sollte Jung dann an den Gewerkschaften scheitern, hat man ihn immerhin nicht aus den eigenen Reihen abgeschossen - Merkel ist dann ganz unschuldig. Ebenso unschuldig wird sie sein, wenn der Finanzminister zu unpopulärer Haushaltsdisziplin zwingt und liberale Forderungen nach Steuersenkungen abschmettert. Sympathien kann er eh kaum noch welche verlieren. Und sollte er dann verbrannt sein, geht er einfach in Rente. Entwicklungshilfe mußte an die FDP gehen, um deren Postenforderung numerisch zu bedienen.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Lieber Zettel, Ihnen ist ein Fehler im Artikel unterlaufen, denn vdL hat es nicht in das Gesundheitsministerium geschafft (Nur drei Minister behielten ihr Ressort: Schavan für Wissenschaft; von der Leyen für Gesundheit,).
Ansonsten erinnert mich das alles eher an eine Reise nach Jerusalem. Schäuble Finanzministerium? Guttenberg Verteidigung? Es sieht so aus, als hätte man einfach nur versucht, die bisherigen Positionen für die FDP frei zu machen. :(
Recht haben Sie jedoch mit Schäuble im Finanzministerium. Wenn es jemand gibt, der mit den notwendigen Zahlenspielen und Schattenhaushalten umzugehen weiß, dann ist es Schäuble.
Zitat von Numpy Ansonsten erinnert mich das alles eher an eine Reise nach Jerusalem. Schäuble Finanzministerium? Guttenberg Verteidigung? Es sieht so aus, als hätte man einfach nur versucht, die bisherigen Positionen für die FDP frei zu machen. :( Recht haben Sie jedoch mit Schäuble im Finanzministerium. Wenn es jemand gibt, der mit den notwendigen Zahlenspielen und Schattenhaushalten umzugehen weiß, dann ist es Schäuble.
In der Bundeswehr wurde lauthals nach dem Gebirgsjäger Guttenberg gerufen, während Jung mittlerweile als Kündigungsgrund von vorzeitig ausscheidenden Berufssoldaten auftaucht. Der Kerl hatte nach Angaben aus der Truppe tatsächlich die Dreistigkeit beim Lazarettbesuch verwundeter Soldaten fröhlich Autogrammkarten zu verteilen, statt sich für die Verwundeten zu interessieren. Das hat man ihm nie verziehen, ebenso wie seine lange Weigerung, im Kampf gefallene Soldaten als Gefallene zu ehren.
(edit: kleine Korrektur)
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Zitat von automatDie neue Rolle Guttenbergs ist meiner Meinung nach eine schallende Ohrfeige für alle, die einen Seehofer in den letzten Tagen schon abgeschrieben hatten.
Nuja, Guttenberg hätte sich einem Ministeramt im Bund nicht verweigern können, ausgeschaltet war er also eh für die nächsten vier Jahre. Und welches Amt hätte er denn kriegen sollen? Außenminister? Keine Chance wegen Westerwelle. Wirtschaft behalten? Offenbar keine Chance wegen Brüderle und FDP-Anspruch. Innen? Damit verliert man nun wirklich alle Sympathien in der Bevölkerung. Ein CSUler etwas weniger als andere, ok. Sein Strahlemannimage wäre trotzdem fix weg gewesen. Finanzen? Dito, für CSUler zwar zu überleben aber in den nächsten vier Jahren ein Job, bei dem man sich in alle Richtungen Feinde macht. Justiz - Schnarre. Gesundheit oder Familie? Hätte ihn in der CSU lächerlich gemacht. Arbeit? Bringt nichts.
Bleibt nur der Ruf aus der Bundeswehr. Und als Verteidigungsminister kann man in Bayern durchaus Punkte sammeln. Er wäre da nicht der erste.
edit: Da antworte ich ihm und derweile macht er per edit eine 180°-Kurve. Tzzk!
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Eine Anmerkung: Der Artikel erweckt den EIndruck, Gauweiler könne als Beispiel für die Parteilinie oder gar für eine Mehrheit in der CSU sprechen. Das dürfte in der CSU auslösen, was in Protokollen immer so schön als "spontane Bekundung der Heiterkeit" und ähnlich umschrieben wird.
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Auch national kann er als Verteidigungsminister durchaus etwas gewinnen. Von Links kann einer wie Guttenberg sowie keine Hilfe erwarten in seiner späteren politische Karriere. Aber in der liberalkonservativen Kreisen kann er sich durchaus einen Namen machen, wenn er ehrlich und anständig die Rolle vertritt, die ihm zugedacht ist: Die Interessen und Ruf der Bundeswehr vertreten und verbessern. Aber auch ehrlich die Einsätze in aller Welt analysieren.
Eine andere Frage habe ich jedoch, warum gibt es überhaupt ein Entwicklungsministerium? Wenn die Ausgaben für Entwicklungshilfe so hoch sind, daß wir ein eigenes Ministerium brauchen, sollten wir vielleicht einmal darüber nachdenken, die Hilfe herunterzufahren.
Zitat von NumpyAuch national kann er als Verteidigungsminister durchaus etwas gewinnen. Von Links kann einer wie Guttenberg sowie keine Hilfe erwarten in seiner späteren politische Karriere. Aber in der liberalkonservativen Kreisen kann er sich durchaus einen Namen machen, wenn er ehrlich und anständig die Rolle vertritt, die ihm zugedacht ist: Die Interessen und Ruf der Bundeswehr vertreten und verbessern. Aber auch ehrlich die Einsätze in aller Welt analysieren.
Ja. Ich hätte mir einen Aufstieg von Rainer Stinner gewünscht, weil wir dringend einen Transatlantiker in der Regierung brauchen, der sich ernsthaft für NATO und Sicherheitspolitik interessiert. Guttenberg könnte diese Lücke füllen und der FDP hier den Rang ablaufen, zumal er dem Spiegelartikel einen realistischen und pragmatischen Ansatz zu vertreten scheint. Westerwelles sicherheitspolitische Äußerungen scheinen bisher ja alle schon 20 Jahre alt zu sein. Man kann in Deutschland durchaus Punkte sammeln, wenn man sich um die Kernaufgaben des Staates kümmert, statt nur Kindergartenbetreuer zu spielen. Ich glaube, daß ihm das Amt in der CSU sehr nutzen wird, wenn er es mit sichtbarem Engagement für die Truppe ausfüllt und seine Positionen gut vertritt.
Zitat von Numpy Eine andere Frage habe ich jedoch, warum gibt es überhaupt ein Entwicklungsministerium? Wenn die Ausgaben für Entwicklungshilfe so hoch sind, daß wir ein eigenes Ministerium brauchen, sollten wir vielleicht einmal darüber nachdenken, die Hilfe herunterzufahren.
Political Correctness. Wir müssen alle gute Menschen sein. Und deshalb dürfen wir da nichts ändern. Abgesehen davon ist Entwicklungshilfe das populärste und effektivste Bestechungsinstrument für UNO-Abstimmungen.
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Zitat von NumpyLieber Zettel, Ihnen ist ein Fehler im Artikel unterlaufen, denn vdL hat es nicht in das Gesundheitsministerium geschafft (Nur drei Minister behielten ihr Ressort: Schavan für Wissenschaft; von der Leyen für Gesundheit,).
Ja, das Kabinett trägt die Handschrift Merkels: rein auf ihren Machterhalt besetzt.
Wofür steht Frau Merkel. Auch wenn es kaum etwas gibt, bei dem ich Andres Nahles zustimme, in dem Punkt, dass Frau Merkel apolitisch ist, stimme ich ihr zu. Ich habe nicht den geringsten Schimmer, welches politisches Anliegen sie in die Politik geführt hat. Ich sehe kein Thema, bei dem sie mit Leidenschaft dabei ist. Ich sehe nichts, bei dem man denkt, o.k., das ist ihre Vision, ihr Steckenpferd. Was indes macht sie, eiskalt ihre Macht vorantreiben und auf dem Höhepunkt der Macht diese zu sichern. Dann kommen die Anliegen der CDU, vielleicht auch nur deshalb, weil ihre Macht unmittelbar mit der CDU verknüpft ist. Auch sehe ich die Visionen der CDU insgesamt nicht. Ich höre keinen, der beschreibt, wie er sich mittelfristig unsere Gesellschaft wünscht. Wohin unsere Gesellschaft mittelfristig gebracht werden soll. Man hört immer nur ein Geschwubbel von, Erhalt des Wohlstandes und deshalb dann u.a. mehr in Bildung etc.. Aber Ideen was geändert werden sollte um die Gesellschaft weltweit fit zu machen, sie zu modernisieren, die voll Überzeugung sind und begeistern können, nada.
Das war 98 anders. Da kam z.B. ein Trittin, mit dem ich politisch wohl so gut wie gar nichts teile, der aber seine Visionen von Umwelt ausstrahlte. Man kann sie teilen oder nicht, aber man wußte, er will - nach seiner Auffassung - das Leben der Menschen verbessern.
Das Kabinett jetzt ist nur auf den Machterhalt von Merkel ausgerichtet. Das Glanzlicht der FDP, Herr Westerwelle, soll im Schatten von Frau Merkel, die weiter die eins in Sachen Außenpolitik spielen wird, die Westerwelle nur als quasi Stellvertreter agieren lassen wird, wie es auch schon mit Herrn Steinmeier praktizierte. Und auf der anderen Seite soll Westerwelle von Gutenberg eingezingelt werden.
Die FDP hat Visionen. Nicht umsonst sind so viele zur FDP übergelaufen. Deren Versionen sind nun alle vom Tisch und taktisch ausgebremst worden.
Das Arbeitsministerium müsste bei der aktuellen Stimmung ein Kernministerium sein, in das man keine zweite Wahl, um die Stimmung der Ungerechtigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung kippen zu können. Aber geparkt wird dort Herr Jung, so dass es offensichtlich ist, die Kanzlerin interessiert das Ministerium nicht die Bohne und damit auch nicht Stimmungen in nicht unbeachtlichen Teilen der Bevölkerung. Mindestens ebenso schlimm, in dem Ressort muss ungefähr alles modernisiert werden, weil es Unsummen verschluckt, die voraussehbar weiter steigern und immer weitere Abgabenerhöhungen vom Bürger neben den Gesundheitskosten nach sich ziehen werden. Das ist ein Kernthema für die für die Zukunft Deutschlands. Da muss jemand rein, der richtig aufräumen kann. Aber was ist, man parkt Jung, der bisher keine Affiniätat für das Thema hat erkennen lassen.
Das kann ruhig einfach so weiterlaufen wie mit der SPD, scheint die Kanzelerin zu denken. Besser als Änderungen, denn die bergen das größere Risiko nicht auf Zustimmung bei der Bevölkerung zu stoßen. Erstaunt hat mich fast, dass wenigstens eines der Wirtschaftsministerien, das wirtschaftsministerium selbst (das andere ist das Finaznministerium) in die Hand der FDP gingen. Vermute, das war das Zugeständnis von Frau Merkel, die ansonsten die FDP voll ausgebremst hatte. Ich befürchte, die FDP wird weiter ausgebremst - Merkel will ihre Macht und ohne das Ausbremsen kann sie die FDP nicht vor die Wand spielen für die nächste Wahl - und ohne Änderungen in der Wirtschaftspolitik und Steuerpolitik ist nichts mit merklicher Verbesserung der Lage und dies wird dann der FDP in die Schuhe geschoben werden - sollte es Positives geben, dann wird es sich Frau Merkel wie auch bei der SPD sicher einverleiben. Und das Finanzministerium, welches nun das Kernstück des FDP Programmes bilden würde, ging an die CDU. Ich bin sicher, das war eine Vision von Frau Merkel, zu verhindern, dass das Ministerium an die FDP geht und diese so die Chance hätte, sich zu profilieren.
Und zum Entwicklungsministerium, das ist das einzige mit dem man weltweit an Menschenrechtsverletzungen arbeiten kann. Von daher, die FDP steht für Menschenrechte weltweit und es zu übernehmen ist die einzige Besetzung in dem Kabinett, die für Überzeugung stehen könnte. Frau von der Leyen wollten das Gesundheitsministerium, offensichtlich auch aus Passion. Dem gab man nicht nach.
Ich finde das Kabinett im Zusammenhang mit dem, was aus den Verhandlungen drang, nicht sehr hoffnungsfroh und denke aktuell, es wird alles weiter gehen wie gehabt....zum Machterhalt von Frau Merkel.
Ich denke das wichtigste hat Stefanie schon trefflich beschrieben: Es ist vor allem eine Postenerhaltung für Frau Merkel, die sich schön in der Rolle sieht einfach "weiterzumachen". Und es ist an etlichen Stellen fehlbesetzt: - Wolfgang Schäuble bekam wohl das Finanzministerium vor allem deshalb, weil er als Innenminister für die FDP nicht tragbar war und man ihn wenigstens irgendwohin setzen musste, wo er nicht noch mehr Schaden anrichten kann. Umgekehrt wollte aber auch die CDU nicht den Gesichtsverlust ertragen und eins ihrer "Gesichter" in der Versenkung verschwinden lassen, in die er gehört. Also wurde er Finanzminister. Warum ? Hat er eine spezielle Qualifikation ? Nein. Hat er, was noch wichtiger wäre, Ideen ? Nein. Schön einen Finanzminister zu haben, der sich nicht von den Forderungen seiner Kollegen beeindrucken lässt, aber gerade im Rahmen einer Reformkoaltion wäre seine vornehmlichste Aufgabe das grundsätzliche reformieren, Stichwort Steuerreform. Und genau da jemanden, der sich um Steuern seit Jahren nicht schert ? Solms wäre der richtige Mann gewesen, oder, wenn Frau Merkel nur ein bischen A. in der Hose hätte, Professor Kirchhof (der sie vermutlich aber auch mit selbigem nicht mehr ansieht). - Brüderele, der Ehrenschornsteinfeger, als Wirtschaftsminister, hurra. Ausgerechnet jemanden, der Protektionismus zu einer Lebensart erhoben hat. Himmelswillen. Ich mag ja schon den Gutenberg nicht, seit er zehntausende von Petitenten kurzehand zu Pädophilen erklärt hat, aber so schlimm hat er seinen Job nicht gemacht, was ihm ja sogar die Wirtschaftsverbände bescheinigen. Aber aus Proporz muss dann jemand, der sich offensichtlich für eine bestimmte Aufgabe qualifiziert hat, jetzt eine Aufgabe übernehmen, wo unklar ist, ob er es kann. Warum ? - Und vdL bleibt Familienministerin. Offensichtlich hat die FDP nichts, aber auch gar nichts aus der Piratenpartei gelernt. Und das tut schon weh. Die Union hat sich entschlossen die Jungwähler einzustampfen, gut, auch für die FDP. Aber das die das jetzt fortsetzen will ist nicht gerade mordsclever. vdL ist die Garantie dafür, dass die Piratenpartei beim nächsten mal 3 Prozent bekommt, aber derartige Kurzsichtigkeit hat ja schon bei der SPD dafür gesorgt, dass sie ihr Projekt 18 bald erfolgreich umsetzen können.
Mir gehts wie Stefanie weiter oben schreibt, ich sehe nichts, aber auch gar NICHTS was da auf Reform hindeutet. Alle Schlüsselministerien sind von Leuten besetzt, die viel machen werden, aber sicher nichts reformieren. Business as usual mit ein paar anderen Akzenten. Statt die Steuer grundsätzlich zu reformieren werden wir eine Steuersenkung bekommen (die wir im Gegenzug dann durch Gebühren wieder reinholen). Statt die Wehrpflicht auszusetzen bekommen wir einen Hybriden, der junge Männer nach wie vor massiv benachteiligt. Statt Zensurursula bekommen wir Zensurursula. Statt den Atomausstieg einzustampfen bekommen wir vier Jahre Verlängerung. Und, und, und, und.....
Gut, fair geht vor, jede Regierung bekomme die 100 Tage, bevor man sie kritisiert. Vielleicht geschieht ja ein Wunder, vielleicht entdeckt Wolfgang Schäuble seinen inneren Rebellen, vielleicht liest Frau van der Leyen mal das Grundgesetz und vielleicht gerät Herr Brüdelere mit einem Schornsteinfeger in Streit. Und vielleicht, auch nur ein ganz kleines vielleicht, kommt Frau Merkel mal auf die Idee, dass der Gedanke des Regierens nicht das Regieren sondern das Gestalten ist. Denn das Fenster, dass sie hat, ist sehr, sehr klein.
ich würde auch hier erstmal abwarten. Noch vor Beginn der Koaltionsverhandlungen kreischten die Medien los, dass die FDP ihre Versprechen nicht würde halten können und nun hat man sich auf eine Steuerreform mit Stufentarif und großzügiger Entlastung geeignet und auf ein Prämienmodell, der erste Schritt zur Privatisierung, im Gesundheitssystem. Das ist erstmal nicht schlecht.
Gleichzeitig suchen die Gewerkschaften nach einem Anlass gegen Schwarz-Gelb loszuledern - Bsirske sitzt ja schon in den Startlöchern.
Da passt es eigentlich ganz gut, dass sowohl das Kabinett als auch der Ton des Koalitionsvertrages nicht schrill schwarz-gelb ist (wobei es mir auch eine Genugtuung wäre, den Atomausstieg komplett rückgängig zu machen, und Förderungen für Wind und Solar zusammenzustreichen und den Ökos die Zunge rauszustrecken) sondern moderat. Das nimmt erstmal die Luft raus und öffnet die Tür zu einer rationalen Politik. Ein Fortschritt zu Rot-Grün und der GroKo ist es auf jeden Fall - und vielleicht auch jetzt die richtige taktische Maßnahme.
Liebe Stefanie, Helmut Schmidt meinte, wer Visionen hätte, müßte zum Arzt gehen. Das hat was für sich. Es war schon vorher abzusehen, daß ganz knapp, aber erträglich gerechnet werden müßte. Jeder hat gewußt, daß Merkel sich nicht auf Visionen einlassen kann. Im Gegenteil, sie mußte mit dem Rechenstift Westerwelles Träume in Grenzen halten. Freundlichst, Inger
Ihre Einschätzung von Frau Merkel teile ich weitestgehend, nur bin ich immer noch im Zweifel darüber, ob ich das gutheißen möchte oder nicht. Auf der einen Seite hat die moderne Interpretation von "Keine Experimente" etwas sehr beruhigendes. Wäre man wohlwollend, könnte man das sogar über die Bismarck'sche Realpolitik herleiten, aber das wäre wahrscheinlich um des Pathos Willen zu weit gegriffen. Naja, und dann ist da die Seite in mir, die sowohl dem alten Bismarck wie auch Adenauer dann doch zubilligen muß, daß diese die Realpolitik als Mittel zum Zweck eingesetzt haben, und es kein Merkel'scher Selbstzweck war. Was diese Frau wirklich vorhat? Vielleicht legen wir Foristen ja zusammen und Zettel engagiert in unserem Auftrag ein namhaftes Medium oder einen Astrologen. Einen anderen Weg sehe ich nicht da Erkenntnisse zu gewinnen.
ich kann nichts Negatives daran finden, daß die Kanzlerin auf Machterhalt bedacht ist. Ihr das vorzuwerfen ist so, als wollte man einem Fußballverein vorwerfen, daß er siegen möchte.
Ohne Macht kann man noch so schöne Ideen haben; sie werden dann Ideen bleiben. Alle erfolgreichen Staatsmänner waren hervorragende Machtpolitiker. Angela Merkel hat dieses Geschäft bei dem Machtpolitiker Helmut Kohl gelernt. Dessen Vorbild war Konrad Adenauer, der Machtpolitiker schlechthin.
Die Frage ist natürlich, was man mit der Macht anfängt, wenn man sie erst einmal erlangt und gefestigt hat. Ich bin wie Sie der Meinung, daß eine neue Regierung Profil zeigen muß. Es muß deutlich sein, was sie will und wie sie es erreichen will.
Visionen allerdings wünsche ich mir nicht. Visionen haben ja immer nur diejenigen, die alles anders machen wollen. Sie erwähnen Trittin. Ob dieser an das selbst glaubt, was er als Visionen verkündet, erscheint mir zweifelhaft. Aber wie auch immer - die rotgrüne Vision von 1998 hätte unser Land fast zugrundegerichtet, wenn Schröder nicht 2003 im letzten Augenblick noch das Ruder herumgerissen hätte.
Was können wir billigerweise von der neuen Regierung erwarten? Umsteuern in Richtung mehr Freiheit und Sicherung unseres Wohlstands.
Die beiden Ziele sind eng verknüpft; denn nur mehr Freiheit kann die Dynamik der Wirtschaft bringen, die wir zur Sicherung des Wohlstands brauchen. Und wird der Wohltand nicht gesichert, dann wird keine Regierung dem Ruf nach einem Eingreifen des Staats widerstehen können.
Soweit ich das gelesen habe, was im Koalitionsvertrag steht, ist der Anfang auf diesem Weg respektabel. Viele Einzelmaßnahmen in den Bereichen Steuern, Bildung, Gesundheit, die alle darauf hinauslaufen, unsere Wirtschaft zukunftsfähig zu machen.
Jetzt kommt es aus meiner Sicht darauf an, das schlechte Bild, das die Koalitionsparteien vor allem in der Endphase der Verhandlungen abgegeben haben (genauer: das von den Medien entworfen wurde, ohne daß man das zu verhindern wußte), vergessen zu machen.
Viel wird - ich habe es schon geschrieben - von der Regierungserklärung abhängen. Die Kanzlerin muß begreiflich machen, daß man nicht hier und da etwas verbessern möchte, sondern daß die geplanten Maßnahmen Teile eines übergreifenden Programms sind: Den Wohlstand sichern, die Freiheit erweitern.
Ich vermute, er ist mit der Fassung identisch, die ich bei der FAZ gefunden hatte.
Jetzt habe ich gesucht, ob es irgendwo schon eine sozusagen amtliche Version gibt. Das scheint nicht der Fall zu sein. "Zeit- Online" verspricht zwar den "Koalitionsvertrag als Download", aber man bekommt doch wieder nur denselben Text, diesmal aber geliefert von der FDP.
Ich vermute, daß das weitgehend der endgültige Text ist und nur deshalb noch "Entwurf" darübersteht, weil noch nicht alle Gremien ihn abgesegnet haben.
Einen ganz guten Überblick über die wichtigsten Punkte bietet "Welt- Online".
Zitat von dirkNoch vor Beginn der Koaltionsverhandlungen kreischten die Medien los
Und nach ihrem Abschkuß kreischen sie erst recht. Einen Eindruck von der Medienkampagne, mit der die sogenannte linksliberale Presse versuchen wird, diese Regierung vom ersten Tag an zu demontieren, gibt das Titelbild des "Spiegel" der kommenden Woche.
Nun haben wir also die Situation, bei der es gilt, ausschließlich sachlich zu argumentieren, ohne gleichfalls unter die Gürtellinie zu treten.- Bei der schwarzroten Koalition gab es ja noch gewisse Beißhemmungen, aber nun geht es verbal bergab und der Mob ist am Tanzen. Gruß, Inger
Zitat von ZettelEinen ganz guten Überblick über die wichtigsten Punkte bietet "Welt- Online".
Einen sehr detaillierten Überblick gibt es auch ri "Spiegel-Online". Ich verlinke die Druckversion, weil die Standardversion in zahlreiche Häppchen zergliedert ist - eine zunehmende Unsitte, um möglichst viele Klicks zu sammeln.
Ein langer Artikel in der FAZ, kommentarlos zur Diskussion gestellt:
Zitat von Rainer Hank in der FAZDie Liberalen haben sich die Kritik am Neoliberalismus so sehr zu Herzen genommen, dass sie mit fliegenden Fahnen ins Heer der Volksbeglücker übergelaufen sind. Staatsgeld für alle, zuzüglich einer Prise Schlaraffenland, heißt das Gesellschaftsideal dieses Politikstils. Es ist eine Welt, die sich orientiert am „Ideal der komfortablen Stallfütterung“ (Wilhelm Röpke).
"ich kann nichts Negatives daran finden, daß die Kanzlerin auf Machterhalt bedacht ist. Ihr das vorzuwerfen ist so, als wollte man einem Fußballverein vorwerfen, daß er siegen möchte.
Ohne Macht kann man noch so schöne Ideen haben; sie werden dann Ideen bleiben. Alle erfolgreichen Staatsmänner waren hervorragende Machtpolitiker. Angela Merkel hat dieses Geschäft bei dem Machtpolitiker Helmut Kohl gelernt. Dessen Vorbild war Konrad Adenauer, der Machtpolitiker schlechthin."
Da stimme ich Ihnen zu. Jemand der bewegen möchte, muss sich die Machtposition dazu schaffen. Der Wille zur Macht zeichnet jeden guten Politiker aus. Aber ich erkenne bei Frau Merkel nur den Willen zur Macht und nicht, was sie bewegen möchte. Frau Merkel hat ein beeindruckendes analytisches Vermögen und ist taktisch allen anderen überlegen. Sie hat sich ohne Rückhalt in ihrem Landesverband eiskalt an die Macht gekämpft und ohne langjährige Geschichte in der CDU und die damit verbundenen Netzwerke es geschafft, die ganze vernetzwerkte Herrenriege Schach matt zu setzen und mit ihnen zu spielen, als seien sie Figuren auf einem Schachbrett. Und keiner der Herren schafft es, auch nur ein bisschen an ihrem Stuhl zu sägen. Sie hat sie alle im Griff. Dafür hat sie meine Anerkennung. Das ist eine Leistung.
Aber in ihrer ganzen politischen Geschichte hat sie nie für ein Sachthema gekämpft. Sie hat immer nur reagiert und das so, dass ihre Macht ausgebaut wird oder nun auf dem Höhepunkt erhalten bleibt. Da ist sie nicht die einzige, der es nur um die politische Macht geht und ebendies ist das Dilemma in dem wir stecken.
Vision können immer etwas von ideologisch verbohrt oder Traumtänzertum haben. Ich bin auch nicht auf das Wort festgelegt. Aber ein Herr Kirchhoff z.B. hat konkrete Ideen zur Verbesserung unserer Gesellschaft. 98 hatten es Rot-Grün. Damals schon hatte die CDU keine Ideen. Es ging 98 ein Ruck durch unser Land - an dem ich nicht teilnahm, den ich aber spürte. Das Land war ein bisschen in Aufbrauchstimmung weil es da zwei gab -SPD und Grüne- , die eine bessere Zukunft versprachen UND ihre Vorstellungen ins Land riefen. Die konkrete Ziele in Aussicht stellten und denen man anmerkte, das sind ihre Ideen, die sie verwirklichen wollen. Als sie gewannen, freuten sie sich wie die kleinen Kinder. Nicht nur wegen der Macht, man spürte, dass sie sich auf das Regieren freuten. Und sie schafften es, dass die Bevölkerung in der Mehrheit wegen der höheren Ziele bereit war Einschnitte mitzutragen und dahinter zu stehen.
Was ist nun? Das Land interessiert sich letztlich nicht wirklich für das, was die Koalitionspartner machen. Die Mehrheit glaubte nicht an die Wahlversprechen. Das kann nicht wundern, denn da sind keine in der CDU die ausstrahlen, juhu, endlich können wir unser Ding und uns dran setzen unsere politischen Ziele wegen denen wir Politiker sind zu verwirklichen. Man weiß nicht einmal genau, was die mittelfristigen Ziele sind und ob sie überhaupt welche habe neben man will halt weiter reagieren und irgendwie gucken, dass es hier nicht bergab geht.
Wie kommt es dann, dass die FDP so einen Zulauf hatte. Da war ein Herr Westerwelle der Land ein Land auf ausstrahlte, ich will an die Macht um meine Ideen xyz durchzusetzen. Da war jemand der bewegen wollte und zack schnellten die Stimmen in die Höhe. Ein Gutenberg wurde schlagartig beliebt, als er deutlich seine Meinung zum Ausdruck brachte. Die Menschen sehnen sich danach, dass jemand sagt, was er denkt. Dass jemand Ideen hat und glaubwürdig vermittelt, deshalb stehe ich hier. Ich stehe hier, weil ich meine Ideen umsetzen will. Weil sie spüren, ohne Ideen geht es mit Deutschland bergab. Das Land muss modernisiert werden, sonst fliegt es uns wegen der Ausgaben um die Ohren.
"Die Frage ist natürlich, was man mit der Macht anfängt, wenn man sie erst einmal erlangt und gefestigt hat. Ich bin wie Sie der Meinung, daß eine neue Regierung Profil zeigen muß. Es muß deutlich sein, was sie will und wie sie es erreichen will."
Ja, diese Regierung zeigt aber nur, Merkel ist allen überlegen und setzt sie alle Schachmatt. Mein Tipp: Sie wird versuchen die FDP an die Wand zu spielen wie schon die SPD. Die FDP soll ihr künftig keine Stimmen mehr abspenstig machen. Sie wird billigend in Kauf nehmen im linken Lager der CDU Stimmen an die SPD zu verlieren. Sie weiß, die SPD liegt danieder, es gilt also nur die Macht der CDU auszubauen und die nächste Regierung wird auch wieder von einer Bundeskanzlerin Merkel geführt werden. Und das ist ihr primäres Ziel. Bewegen will sie konkret nichts. Es soll alles nur so laufen im Lande, dass ihr nicht die Pläne durchkreuzt werden.
Und die FDP wird zig Male darüber diskutiert haben, ob sie aussteigen soll aus der Koaltion, weil die ganz genau wissen, was Merkel vor hat. Ich bin sicher, in der FDP herrscht der Riesenfrust, weil man Merkels persönlichen Machtwillen unterschätzt hat, der nach meiner Meinung in dieser Ausprägung erst durch die Zusammensetzung des Kabinetts zu erkennen ist.
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