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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 98 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2009 12:34
Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Mit dieser Entscheidung des BVerfG hatte ich nicht gerechnet: Die vier verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten in Berlin sind verfassungswidrig.

Aber sie mußten wohl so entscheiden, die Karlsruher Richter. Weil - so beschreibe ich es in dieser Marginalie - das GG nun einmal den Sonntag als einen Tag der "inneren Erhebung" bestimmt.

Das geht zurück auf die Verhältnisse des Jahres 1919. Mit der heutigen Realität hat es nichts zu tun.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.12.2009 12:49
#2 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

In Antwort auf:
auch wenn das Gericht nicht anders konnte, als so zu entscheiden.


Das sehe ich eigentlich nicht so.
Denn schließlich ist recht vage, was unter "seelischer Erhebung" zu verstehen ist. Kinos, Schwimmbäder, Gaststätten, Diskos, Museen, Sportstätten und viele andere Freizeiteinrichtungen lassen sich ja ganz problemlos mit "seelischer Erhebung" vereinbaren, da wird auch entsprechend gearbeitet.
Es wäre m. E. überhaupt kein Problem für das Gericht gewesen, auch das Einkaufen als Freizeitaktivität mit dazu zu packen - gerade das BVerfG ist ja gnadenlos großzügig in der Interpretation und "Zeitanpassung" von Formulierungen.

Es ist halt schlicht so, daß die Karlsruher Nebenregierung das nicht wollte.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

01.12.2009 13:01
#3 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Zettel
er Sonntag ist für die meisten Menschen nicht mehr ein Tag seelischer Erhebung. Sondern er ist der Tag, an dem Vati der Familie gehört, an dem Mutti Zeit hat, für die ganze Familie ein leckeres Essen zu kochen.


Sie scheinen ein sehr enges Verständnis von seelischer Erhebung zu haben, kann das sein?

--
La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 13:03
#4 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

In der Berichterstattung wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß es bei diesen Sonntagsaktivitäten nicht nur Nutznießer sondern auch abhängige Angestellte gibt.
Deren Sonntag ist ebenfalls vom GG geschützt.
Und das 10-12-stündige Herumstehen in einem Schmuckladen kann man schlecht zur "erhebenden" Beschäftigung umdeuten.
Die Mutter einer Ex-Freundin war Verkäuferin im Einzelhandel.
Da herrschen Zustände jenseits von Gut und Böse.
Das Urteil sichert den Angestellten eine 6-Tage Arbeitswoche zu und reduziert die Anzahl der illegalen Überstunden.
Vor allem aber geht es direkt und ohne Interpretationspielraum aus dem Text des GG hervor.
Man kann einzelne Sonntage ausnahmsweise freistellen.
Man kann auch halbe Sonntage freistellen.
Aber man kann nicht alle Sonntage zu Werktagen machen und noch behaupten, das wäre eine Ausnahme und der Sonntag wäre auch für angestellte Verkäufer noch geschützt.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

01.12.2009 13:06
#5 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Lieber Zettel,

das stimmt, aber ich finde es etwas einseitig, die Kirchen als treibende Kraft gegen eine Liberalisierung des Ladenschlusses zu nennen. Aus meiner Sicht sind das die Gewerkschaften (v. a. ver.di für den Handel), die aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes dagegen Politik machen. Der VErfassungsartikel is zwar bestimmt dadurch inspiriert, und auch heute sind die Kirchen natürlich für Sonntagsruhe. Ob aber ohne den Widerstand der Gewerkschaften dieser Artikel noch BEstand hätte, kann bezweifelt werden.

Gruß Petz

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2009 13:09
#6 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
er Sonntag ist für die meisten Menschen nicht mehr ein Tag seelischer Erhebung. Sondern er ist der Tag, an dem Vati der Familie gehört, an dem Mutti Zeit hat, für die ganze Familie ein leckeres Essen zu kochen.


Sie scheinen ein sehr enges Verständnis von seelischer Erhebung zu haben, kann das sein?



Ich kann, lieber Gorgasal, mit diesem Begriff nichts anfangen.

Aus meiner Sicht gab und gibt es in allen Kulturen den Alltag und - davon deutlich abgesetzt - das Besondere. Den Sabbath, die Saturnalien, die unzähligen Feste, die auch primitive Gesellschaften kennen. Ist das seelische Erhebung? Ich weiß es nicht.

Jedenfalls gibt es diesen Charakter des Festlichen auch in unserer Gesellschaft. Und dazu gehört beispielsweise ausgedehntes Shopping mit allem, was dazugehört.

Wenn man den Sonntag, so wie er heute von den meisten Menschen verstanden wird, schützen will, dann muß man also gerade das Shopping erlauben.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 13:12
#7 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
er Sonntag ist für die meisten Menschen nicht mehr ein Tag seelischer Erhebung. Sondern er ist der Tag, an dem Vati der Familie gehört, an dem Mutti Zeit hat, für die ganze Familie ein leckeres Essen zu kochen.


Sie scheinen ein sehr enges Verständnis von seelischer Erhebung zu haben, kann das sein?




Warum? Ich finde ein leckeres Essen außerordentlich erhebend.
Eine knusprige zarte Gänsekeule mit böhmischen Knedeln, und diese getränkt in zerlassenem Gänsefett unter pikant-fruchtigem Rotkraut (al dente und mit Apfel), verfeinert mit einem Schlag rotem Johannisbeergelee und begleitet von einem scharf-sauren Gurkensalat, im Glas einen kräftigen dunklen roten Wein, all das eingeleitet von einer Vorsuppe mit Gemüse, Sternchennudeln und Innerreien, gefolgt von Bayerisch Creme oder Palatschinken mit Vanilleeis und Obstsauce - da hör ich als eingeschworner Atheist die Engel singen!

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2009 13:18
#8 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Meister Petz
... aber ich finde es etwas einseitig, die Kirchen als treibende Kraft gegen eine Liberalisierung des Ladenschlusses zu nennen. Aus meiner Sicht sind das die Gewerkschaften (v. a. ver.di für den Handel), die aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes dagegen Politik machen.


Ja, zweifellos. Wobei ich mir nicht sicher bin, wie das die Mehrheit der im Handel Beschäftigten sieht. In der Regel wird ja niemand auch in Berlin an allen vier Sonntagen arbeiten müssen. An denen, wo man arbeitet, gibt es einen kräftigen Lohnzuschlag. Dieses Geld kann man dann ausgeben, wenn man frei hat und selbst Shoppen geht.

Zitat von Meister Petz
Der VErfassungsartikel is zwar bestimmt dadurch inspiriert, und auch heute sind die Kirchen natürlich für Sonntagsruhe. Ob aber ohne den Widerstand der Gewerkschaften dieser Artikel noch BEstand hätte, kann bezweifelt werden.


Die Klage wurde jedenfalls von den beiden Kirchen eingereicht. Meines Erachtens haben sie damit niemandem einen Gefallen getan, vor allem auch sich selbst nicht.

Man kann "seelische Erhebung" doch nicht dadurch erzwingen, daß man den Leuten den Spaß am sonntäglichen Shopping nimmt.

Daß diese sauertöpfischen evangelischen Gestalten à la Huber und Käsmann das versuchen, verstehe ich ja noch; der Protestantismus ist ja nicht gerade durch Lebensgenuß gekennzeichnet.

Aber die Katholische Kirche ist da doch eigentlich souveräner. Daß die auch geklagt hat, wundert mich.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 13:43
#9 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Zettel

Ja, zweifellos. Wobei ich mir nicht sicher bin, wie das die Mehrheit der im Handel Beschäftigten sieht. In der Regel wird ja niemand auch in Berlin an allen vier Sonntagen arbeiten müssen. An denen, wo man arbeitet, gibt es einen kräftigen Lohnzuschlag. Dieses Geld kann man dann ausgeben, wenn man frei hat und selbst Shoppen geht.



Ach Zettel, Sie glauben noch an das Gute im Menschen...

In der Regel wird man gefeuert, wenn man Überstunden aufschreibt.
In der Regel beträgt die tatsächliche Arbeitszeit im Schmuck- und Uhrenhandel 10-12 Stunden am Tag.
In der Regel wird auf die Minute genau kontrolliert, wie lange man am Tag für Pinkelpausen gebraucht hat.
Diese Zeit ist nachzuarbeiten.
In der Regel wird man bei Krankmeldung gefeuert.
In der Regel wird man gefeuert, wenn man seinen kompletten vertragsgemäßen Urlaub in Anspruch nimmt.
In der Regel steht man ohne Ablösung oder Freizeitausgleich jeden verkaufsoffenen Sonntag im Laden.
Und selbstverständlich ohne Zuschlag.
In der Regel bekommt man in der weiteren Region keine Arbeit mehr, wenn man wegen der obigen Punkte gefeuert wurde.
Natürlich kann man klagen. Dann spart sich die ARGE Geld in Höhe der Anfindung.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

01.12.2009 13:43
#10 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Zettel

Aber die Katholische Kirche ist da doch eigentlich souveräner. Daß die auch geklagt hat, wundert mich.
Herzlich, Zettel



Meiner Meinung nach liegt es daran, dass in Berlin gerade der Kulturkampf zwischen Konservativen (der alte Westen, Bürgertum, Kirchen) und Kommunisten (der Landesregierung) tobt.

michael76 Offline



Beiträge: 32

01.12.2009 13:44
#11 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Welt.de schreibt, dass "die 2006 getroffene Regelung verletzte das Recht der Kirchen auf Religionsfreiheit". Das finde ich noch seltsamer als die "seelische Erhebung". Wie will das Verfassungsgericht rechtfertigen, dass nur der Sonntagsarbeit gegen die Religionsfreiheit verstößt und nicht auch z.B. Samstagsarbeit?


http://sohalt.wordpress.com/

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 13:50
#12 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von FTT_2.0

Zitat von Zettel

Aber die Katholische Kirche ist da doch eigentlich souveräner. Daß die auch geklagt hat, wundert mich.
Herzlich, Zettel


Meiner Meinung nach liegt es daran, dass in Berlin gerade der Kulturkampf zwischen Konservativen (der alte Westen, Bürgertum, Kirchen) und Kommunisten (der Landesregierung) tobt.




Nö. Die Bischöfe zitterm vorm Untergang des Abendlandes. Kruzifixurteil, verkaufsoffene Sonntage, Massenaustritte aus der Kirche, private Tanzveranstaltungen an Allerheiligen, Hexen im Kino und in Schulbüchern, Halloween, dieses unheimliche Interdingsbumsnet und dann auch noch allgemeiner Wohlstand und Einkaufsfreuden anläßlich einer ehemals heidnischen Festivität. Die Menschen leiden einfach nicht mehr genug. Davon geht die Welt unter.

Abgesehen davon weiß man in der christlichen Hilfsarbeit aber auch um die sehr ernsten Probleme der Verkäuferinnen.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 13:52
#13 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von michael76
Welt.de schreibt, dass "die 2006 getroffene Regelung verletzte das Recht der Kirchen auf Religionsfreiheit". Das finde ich noch seltsamer als die "seelische Erhebung". Wie will das Verfassungsgericht rechtfertigen, dass nur der Sonntagsarbeit gegen die Religionsfreiheit verstößt und nicht auch z.B. Samstagsarbeit?



Es heiß, am siebten Tage sollst Du ruhen. Und man hat sich nunmal beim GG auf den Sonntag geeinigt.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

01.12.2009 13:54
#14 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Zettel
Man kann "seelische Erhebung" doch nicht dadurch erzwingen, daß man den Leuten den Spaß am sonntäglichen Shopping nimmt.
Daß diese sauertöpfischen evangelischen Gestalten à la Huber und Käsmann das versuchen, verstehe ich ja noch; der Protestantismus ist ja nicht gerade durch Lebensgenuß gekennzeichnet.
Aber die Katholische Kirche ist da doch eigentlich souveräner. Daß die auch geklagt hat, wundert mich.



Lieber Zettel, kann man "gesundheitliche Erhebung" damit erzwingen, dass man den Leuten Rauchen, fettes Essen usw. verbietet? Und doch wird es von Sauertöpfen über alle Parteien vertreten. Das ist keine Spezialität der Kirchen. Aber zugegeben, ich finde es auch unerfreulich. Der italienische Weg hat mir da besser gefallen.

Was den Erzbischof von Berlin angeht, so ist der so souverän, dass er US-Produkte boykottieren ließ während des Irak-Krieges. Der ist "protestantischer" als 10 Käßmänninen zusammen (Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...,243326,00.html)

Gruß Petz

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2009 13:56
#15 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von califax
Ach Zettel, Sie glauben noch an das Gute im Menschen...
In der Regel wird man gefeuert, wenn man Überstunden aufschreibt.
In der Regel beträgt die tatsächliche Arbeitszeit im Schmuck- und Uhrenhandel 10-12 Stunden am Tag.
In der Regel wird auf die Minute genau kontrolliert, wie lange man am Tag für Pinkelpausen gebraucht hat.
Diese Zeit ist nachzuarbeiten.
In der Regel wird man bei Krankmeldung gefeuert.
In der Regel wird man gefeuert, wenn man seinen kompletten vertragsgemäßen Urlaub in Anspruch nimmt.
In der Regel steht man ohne Ablösung oder Freizeitausgleich jeden verkaufsoffenen Sonntag im Laden.
Und selbstverständlich ohne Zuschlag.
In der Regel bekommt man in der weiteren Region keine Arbeit mehr, wenn man wegen der obigen Punkte gefeuert wurde.
Natürlich kann man klagen. Dann spart sich die ARGE Geld in Höhe der Anfindung.


Ist das wirklich so? Wenn es so sein sollte, dann brauchten wir dringend eine Volksfront-Regierung.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 13:58
#16 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Zettel

Ist das wirklich so?



In meinem Bekanntenkreis: Ja.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.12.2009 14:03
#17 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von califax
Und das 10-12-stündige Herumstehen in einem Schmuckladen kann man schlecht zur "erhebenden" Beschäftigung umdeuten.


Aber das Arbeiten in einer Restaurant-Küche? Hinter dem Ticket-Schalter eines Kinos, eines Theaters, eines Museums? Als Bademeister, als Tankwart, als Barmixer?

Wir haben die perverse Situation, daß eine Reihe von Freizeitaktivitäten recht willkürlich als "seelisch erhebend" definiert und damit sonntags möglich sind. Und alle dafür nötigen Arbeitskräfte können / dürfen / müssen dann arbeiten - egal ob das für die nun selber seelisch erhebend ist.

Ansonsten spielen konkrete Mißstände im Einzelhandel m. E. hier gar keine Rolle - das kann für die Beurteilung einer Verfassungsmäßigkeit nicht relevant sein.
Und die Abhilfe kann auch nicht darin bestehen, daß man die Tätigkeit im Einzelhandel partiell verbietet - sondern einen zuverlässigen Arbeitnehmerschutz bekommt man nur, wenn der Arbeitsmarkt funktioniert, d.h. die Angestellten die Option haben, ihrem Chef bei mißliebigen Bedingungen den Bettel hinzuwerfen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2009 14:05
#18 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Meister Petz
... kann man "gesundheitliche Erhebung" damit erzwingen, dass man den Leuten Rauchen, fettes Essen usw. verbietet? Und doch wird es von Sauertöpfen über alle Parteien vertreten. Das ist keine Spezialität der Kirchen.


Völlig einverstanden. Nur sind es hier halt die Kirchen.

Ich bin, lieber Petz, inzwischen als Agnostiker der Meinung, daß in Deutschland das Christentum gestärkt werden sollte. Es ist ein wichtiger Teil unserer Kultur, und diese Kultur müssen wir pflegen und befördern.

Aber was in aller Welt versprechen sich die Kirchen davon, den Leuten das sonntägliche Shopping im Advent zu vermiesen? Glauben sie im Ernst, daß dadurch auch nur ein einziger Deutscher zur inneren Einkehr gebracht, in die "seelische Erhebung" hineingetragen, für das Christentum gewonnen werden kann?

Sie treiben die Leute doch förmlich aus dem Christentum heraus, diese Kirchenoberen.

Herzlich, Zettel

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

01.12.2009 14:05
#19 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von califax

Zitat von FTT_2.0

Zitat von Zettel

Aber die Katholische Kirche ist da doch eigentlich souveräner. Daß die auch geklagt hat, wundert mich.
Herzlich, Zettel


Meiner Meinung nach liegt es daran, dass in Berlin gerade der Kulturkampf zwischen Konservativen (der alte Westen, Bürgertum, Kirchen) und Kommunisten (der Landesregierung) tobt.



Nö. Die Bischöfe zitterm vorm Untergang des Abendlandes. Kruzifixurteil, verkaufsoffene Sonntage, Massenaustritte aus der Kirche, private Tanzveranstaltungen an Allerheiligen, Hexen im Kino und in Schulbüchern, Halloween, dieses unheimliche Interdingsbumsnet und dann auch noch allgemeiner Wohlstand und Einkaufsfreuden anläßlich einer ehemals heidnischen Festivität. Die Menschen leiden einfach nicht mehr genug. Davon geht die Welt unter.
Abgesehen davon weiß man in der christlichen Hilfsarbeit aber auch um die sehr ernsten Probleme der Verkäuferinnen.




Doch, wie dem aufmerksamen Beobachter schon im Zusammenhang mit dem Volksentscheid zum Religionsunterricht aufgefallen ist.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

01.12.2009 14:12
#20 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von califax
Die Menschen leiden einfach nicht mehr genug. Davon geht die Welt unter



Während unter den säkularen Vertretern eine völlig angstfreie, gerade zu naiv zukunftsoptimistische Stimmung herrscht. Klimawandel? Kriegen wir schon in den Griff. Handystrahlen? Alles übertrieben. Soziale Ungerechtigkeit? Gibt es nicht, der Wolf schläft friedlich neben dem Lamm. Die USA machen Politik im Dienste der Menschheit, und die Banken verwalten ehrlich das Vermögen der arbeitenden Bevölkerung.

Natürlich fürchtet die Kirche den Schwund ihres gesellschaftlichen Einflusses, aber welche Institution tut das nicht? Und im Vergleich zu den Unglücksprophetien auf Seiten der Allumfassenden Kirche der Nachhaltigkeit erscheint selbst die Beschreibung des Jüngsten Gerichtes wie eine Positivutopie. Ganz zu schweigen von dem von Ihnen zitierten Wohlstand und Konsum. Natürlich spielen die Kirchen jedes Weihnachten ihre Platte von der Sinnentleerung der Adventszeit, aber das ist nichts im Vergleich zur Konsumkritik auf der (meist areligiösen) LInken.

Gruß Petz

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 14:13
#21 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von califax
Und das 10-12-stündige Herumstehen in einem Schmuckladen kann man schlecht zur "erhebenden" Beschäftigung umdeuten.


Aber das Arbeiten in einer Restaurant-Küche? Hinter dem Ticket-Schalter eines Kinos, eines Theaters, eines Museums? Als Bademeister, als Tankwart, als Barmixer?




Ich nehme an, daß dort der Unterschied durch Ruhetage- und innerbetriebliche Arbeitszeitregelungen wie Schichtsystem und oder Freiwilligeit entsteht. Damit ist der Arbeitssonntag dann wieder eine Ausnahme.
Er ist es nicht, wenn die Angestellten ohne Ausweichmöglichkeit jeden Sonntag ranmüssen.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

califax Offline




Beiträge: 1.502

01.12.2009 14:16
#22 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Lieber Meister Petz, es ging um die Frage, warum die Kirchen geklagt haben.
Es ging nicht um die Frage, warum irgendwelche Linken klagen könnten.
Und es ging schon gar nicht um die Frage, ob der Meister Petz die ganze weite Welt mit dem Hackebeil in Bischöfe und Linke unterteilt.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

01.12.2009 14:54
#23 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Tu ich gar nicht, lieber califax. Jedenfalls nicht mehr, als Sie gerade die Welt in Bischöfe und Nichtbischöfe teilen. Manchmal mit dem Florett und manchmal mit dem Hackebeil :)

Ich wollte im Gegenteil aufzeigen, dass Bischöfe und Linke oft aus sehr ähnlichen Motivationen das Gleiche tun, nämlich sich ins öffentliche Leben einzumischen. Dass sie dabei den Rechtsweg beschreiten, finde ich ebenso unerfreulich wie Sie, auch wenn es völlig legitim ist, wenn eine Lobbyisten-Gruppierung sich zur Durchsetzung ihrer Interessen auf geltendes Recht beruft (aher mein Vergleich mit den GEwerkschaften). Aber im Sinne der Gleichbehandlung von Gleichem sollte man eben von einer einseitigen Verortung der Weltuntergangspredigerei bei den Kirchen absehen. Und noch dazu ging es darum, warum die Kirchen in Berlin geklagt haben. Das Argument, dass es sich in Berlin um eine besondere Situation handelt, wollte ich stark machen, da Sie es nicht gelten ließen.

Gruß Petz

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.12.2009 15:02
#24 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von califax
Ich nehme an, daß dort der Unterschied durch Ruhetage- und innerbetriebliche Arbeitszeitregelungen wie Schichtsystem und oder Freiwilligeit entsteht


Das macht einen Unterschied für die Arbeitsbedingungen der Angestellten - aber nicht für die Verfassungsfrage.
Es kann für die seelische Erhebung ja wohl nicht relevant sein, daß die Bademeister einen anderen Tarifvertrag haben als die Einzelhändler.

Ich kenne die Diskussion ja ganz gut, meine Frau arbeitet auch im Einzelhandel.
Aber das ist wirklich ein Themenbereich, der mit der gesetzlichen Sonntagsruhe nichts zu tun hat.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

01.12.2009 15:10
#25 RE: Marginalie: Kein unbegrenztes Shopping im Advent Antworten

Zitat von Zettel
Aber was in aller Welt versprechen sich die Kirchen davon, den Leuten das sonntägliche Shopping im Advent zu vermiesen? Glauben sie im Ernst, daß dadurch auch nur ein einziger Deutscher zur inneren Einkehr gebracht, in die "seelische Erhebung" hineingetragen, für das Christentum gewonnen werden kann?
Sie treiben die Leute doch förmlich aus dem Christentum heraus, diese Kirchenoberen.



Da stimme ich Ihnen zu, lieber Zettel. Es scheint, um mal als erster den Bogen zu den Minaretten zu schlagen, dass man sich in einer öffentlichen Debatte zum Thema Religion und öffentliches Leben nur noch auf Nebenkriegsschauplätzen beharken kann.

Dass die Kirchen sich auf solche Rückzugsgefechte einlassen, ist traurig.

Gruß Petz

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