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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 36 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
califax Offline




Beiträge: 1.502

16.12.2009 13:52
#26 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Nola
Wieso wird grade über diese Schiene zu Weihnachten an unser aller schlechtes Gewissen gepocht, daß wir auch ja an die denken sollen, denen es weniger gut geht?



Ich glaube, daran ist der Dickens schuld.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.12.2009 14:10
#27 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Nola

Zitat
Zitat Kallias:
Der wahre Freund verzeiht Geschenke.


Oder auch nicht!
Wenn ich von einem Freund ein Geschenk erhalte (auch noch zu besonderen Anlässen), dann verbinde ich das schon mit „Wertschätzung“ meiner Person. Eben das macht doch Freundschaft aus, lieber Kallias.




Liebe Nola, ich glaube auch, dass gerade in einer Wohlstandsgesellschaft das Schenken zu den kompliziertesten und auch emotional überschätzten sozialen Interaktionsformen gehört. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der gegenseitiges Beleidigtsein aufgrund von Geschenken bzw. deren Abwesenheit zur Tagesordnung gehört. Von der Oma, die Geld verschenkt und sich darüber entrüstet, wenn man es annimmt, über die Mutter, die das ganze Jahr über gerne eine Schreibmaschine hätte und dann in Tränen ausbricht, "weil ein Gebrauchsgegenstand unter dem Christbaum liegt" und dem Vater, dem es nach eigener Aussage "vor dem Geburtstag seiner Frau graust" habe ich das ganze Drama miterlebt. Es ist nämlich nicht nur so, dass der Beschenkte eine Freude erwartet, viel mehr noch erwartet der Schenker Dankbarkeit etc. .

Mich hat das ganze so geprägt, dass ich selbst natürlich ein ganz gutes Gespür entwickelt habe, was jemanden freut und was nicht (das würden Sie auch, wenn Sie ansonsten dem Strafgericht anheimfallen würden), und mich selbst eher selten über unwillkommene Geschenke ärgere. Richtig geärgert habe ich mich eigentlich nur einmal, als ich zu meinem 30er eine Riesenparty geschmissen habe und mir statt Geschenken einen Unkostenbeitrag gewünscht habe. Das wurde von einigen Freunden, die eben nicht der Meinung waren, dass ein Geldgeschenk ein vollwertiges Geschenk ist, missachtet. Und so habe ich z. B. einen völlig unnützen Fresskorb bekommen, andererseits haben mir für die Zeche im Wirtshaus ungefähr 300 Euro gefehlt...

Ich denke, dass die emotionale Überhöhung von Geschenken ein Wohlstandsphänomen ist ("was kann ich jemandem schenken, der schon alles hat?")
Insofern ist gerade diese Ökonomisierung des Schenkens eine paradoxe Sache, weil die öknomische Bedeutung der GEschenke für den Einzelnen immer geringer wird, die emotionale aber immer höher.

Gruß Petz

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.12.2009 14:22
#28 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Kallias
Doch, das versteht er schon


Weiß ich nicht - ich habe ja sein Buch nicht gelesen.
Aber seine Quintessenz ist ja, daß man generell Geldgeschenke bevorzugen sollte, das ist die zentrale Botschaft, mit der er sein Buch vermarktet.
Und wenn er zu so einem Schluß kommt, hat er m. E. wesentliche Aspekte nicht verstanden oder falsch bewertet.
Es gibt Leute wie califax, da ist das Geldgeschenk die bessere Wahl. Und wer ihn kennt, der schenkt ihm eben Geld. Weil es der Person des Beschenkten angemessen ist.
Aber für viele andere Leute ist es eben nicht angemessen, da führt Waldvogels Empfehlung völlig in die Irre. Und ich folge da Florian: Da die große Mehrheit der Menschen sich andauernd gegenseitig etwas schenkt, sehen die da wohl einen persönlichen Nutzen und folgen nicht der Waldvogel'schen Argumentation. Und dieser subjektive Nutzen ist eben auch für ökonomische Betrachtungen relevant.

Zitat
Nur sind die gut gelungenen Geschenke erheblich seltener als die schlecht gelungenen, so daß sich im Schnitt ein Wohlstandsverlust ergibt.


Daß "gut gelungen" an Hand der Waldvogel-Kriterien halte ich aber schon für eine Fehleinschätzung.

Wenn mir meine Kinder etwas Gebasteltes zu Weihnachten schenken, dann ist das nach Waldvogel ein Wohlstandverlust. Diese Geschenke sind im Prinzip lästig, zu nichts wirklich zu gebrauchen, niemals würde ich mir so etwas kaufen. Und wenn sie dafür noch einige Euro fürs Bastelmaterial von ihrem Taschengeld abgespart haben, dann wird das Geschenk nach Waldvogel-Ökonomie noch unsinniger.
Für mich sind diese Geschenke aber ein enormer Gewinn an Lebensqualität, es wäre so armselig im Vergleich, wenn sie mir statt dessen einen 5-Euro-Schein schenken würden.

Und noch zwei weitere Aspekte scheint er zu übersehen (wie gesagt: Vermutung, ich kenne da Buch nicht):

Ein Geschenk ist auch ein Erinnerungsstück an den Schenker.
Jetzt vor Weihnachten diskutieren wir die Wunschzettel der Kinder mit den Großeltern und sonstigen Verwandten. Welchen Geldbetrag die schenken ist eigentlich seit Jahren gleich geblieben - und entsprechend werden Geschenkideen zugeteilt. Kann sein, daß das Geschenk billiger ist und noch etwas Bargeld dazu gegeben wird. Kann sein, daß sich mehrere Schenker ein großes Geschenk teilen.
Aber am Ende ist klar: Dieses Geschenk habe ich mir nicht anonym im Laden gekauft, aus dem großen Weihnachtsgeldtopf, sondern dieses Geschenk kam von Oma, und das weiß man meist noch Jahre später.
Ich habe viele Geschenke im Haushalt, Bücher von meinem Patenonkel (immer schön mit persönlicher Widmung), Einrichtungsgegenstände von meinen Großeltern, Bilder von meinen Eltern - die wurden vielleicht vor 20 oder 30 Jahren geschenkt, teilweise sind die Schenker schon lange tot: Aber durch diese Geschenke bleiben sie noch viel besser in Erinnerung. Das positive Gefühl beim Anblick dieser Geschenke (auch wenn ich vielleicht die Bücher nie mehr lesen werde) geht über den reinen Warenwert weit hinaus.

Und zweitens: Beim Schenken gelten die normalen Kosten-Nutzen-Rechnungen nur eingeschränkt. Man kann sich außerhalb der üblichen Restriktionen etwas gönnen, das ist schon für sich genommen ein deutlicher Gewinn.
Wenn ich da an meine Digitalkamera denke. Das war zu einer Zeit, wo wir kurz nach dem Hausbau jeden Euro umdrehen mußten. Ich hätte mir so ein technisches Spielzeug nie selber gekauft, es war außerhalb der vernünftigen Kalkulation. Und wenn mir nun die Familie nach Waldvogel Geldgeschenke gemacht hätte, dann wäre dieses Geld ganz rational zur Aufbesserung der knappen Haushaltskasse verwendet worden, wäre letztlich spurlos versickert.
Aber sie haben zusammengelegt und mir diesen Wunsch erfüllt. Ein echter Luxus, gerade weil wir sonst so knapp kalkulieren mußten. Nach Waldvogels Kriterien war das ein klarer Wohlstandsverlust - für mich ein Gewinn mit Langzeitfreude.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

16.12.2009 15:10
#29 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat
Zitat Meister Petz
Ich denke, dass die emotionale Überhöhung von Geschenken ein Wohlstandsphänomen ist ("was kann ich jemandem schenken, der schon alles hat?")
Insofern ist gerade diese Ökonomisierung des Schenkens eine paradoxe Sache, weil die öknomische Bedeutung der GEschenke für den Einzelnen immer geringer wird, die emotionale aber immer höher.



Lieber Meister Petz, daß aber genau macht doch eigentlich schenken aus. Ich würde auch gar nicht nur von "Geschenken" in dem Sinne reden, sondern eher von "eine Freude bereiten". Die obligatorischen Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke sind tatsächlich meist mit Streß beim Nehmen und Geben verbunden. Da in der Regel auch noch viel Geld investiert wird, geht das Drama um Dankbarkeit los. Die Spitze ist dann noch, wenn man sich nicht getraut einen Umtausch vorzuschlagen.

Aber zurück zu den emotionalen Ansprüchen. Jeder möchte doch gemocht werden, jeder möchte seine Persönlichkeit erkannt und anerkannt wissen, zumindest bei "vermeintlichen" Freunden, ich glaube das es auch damit etwas zu tun hat. Es ist ganz einfach ein Gedankenmachen um eine mir wichtige Person. Ist der Beschenkte davon berührt und fühlt sich angenommen, weil in seiner Person erkannt, geschätzt usw. trägt ihn dieses gute Gefühl und damit wird das Geschenk zum Kleinod.

Ich hoffe sie konnten später mit Geschenken bessere Erfahrungen machen.

Ich mache Ihnen jetzt eines :

"Ansprüche" von Eugen Roth

Wir gingen früher Jahr für Jahr
dorthin, wo es noch billig war.

Den Bergen fern, was fast uns lieb -
weil noch ein Rest von Sehnsucht blieb.

Meint ihr, daß man dem kleinen Mann
dergleichen heut noch bieten kann?

Ihn treibt die Gährung in die Ferne
vom Baedeker die schönsten Sterne
und jede höchste Erdenlust
verlangt er faustisch in der Brust.

Er hat gelernt ganz ohne Scheu
zu gehn ins Grandhotel Savoy,
denn täglich redet man ihm ein
er müsse dort gewesen sein.

Oh hüt Dich vor Problemen, aschgrau,
ob wirklich einmal jede Waschfrau -
zeig dich als Menschen und als Christen
und laß den Sozialtouristen
neidlos die Welt durchreisen, weit -

Er sitzt nun mal - im Zug der Zeit!

♥lich Nola

Die Stimme aus dem Off Offline



Beiträge: 20

17.12.2009 13:56
#30 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Aber ist es nicht so, dass sich Wünsche anpassen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht alle mir jemals geschenkten Kleidungsstücke wirklich auf den ersten Blick gefielen. Besser als sie selbst zu kaufen waren sie aber alle mal.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

17.12.2009 22:43
#31 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Stimme aus dem Off
Ich lasse mir regelmäßig Kleidung schenken, weil ich keine Lust habe sie mir selbst zu kaufen.
[...]
Besser als sie selbst zu kaufen waren sie aber alle mal.

Das scheint mir ein guter Punkt zu sein! Von dem ich nicht weiß, ob Waldfogel ihn in seiner Theorie berücksichtigt hat oder nicht: als Beschenkter spart man nämlich nicht nur den Kaufpreis, sondern auch alle sonstigen Kosten des Erwerbs, wie die genaue Erforschung der Präferenzen, die Suche nach jener Sache, die den meisten Nutzen bringt, usw.

Selbst wenn die geschenkte Sache weniger befriedigend als eine selbstausgesuchte ist, so gleicht der Wegfall der Beschaffungskosten das wieder aus.

Während die Mühe des Geschenkesuchens für andere mit der Freude am Schenken belohnt wird.

Herzliche Grüße,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

19.12.2009 00:25
#32 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Bei den Bissigen Liberalen gibt Rayson dem Weihnachtsmann gegen Waldfogel recht.

Hermann ( gelöscht )
Beiträge:

20.12.2009 09:33
#33 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Guten Morgen!

"Das Schenken ist nicht Teil der effizienten Allokation von Gütern, sondern es ist ein sozialer Akt."

Schön gesagt. Außerdem möchte ich mir die Bemerkung erlauben, daß es doch eine äußerst triviale Beobachtung ist, daß zum Weihnachtsfest jede Menge Schrott produziert, gekauft und verschenkt wird, der nur zum wegwerfen taugt, also eine Verschwendung von Arbeitskraft und Ressourcen darstellt, von den miserablen Büchern, von denen man nur hoffen kann, daß sie wenigstens nicht noch gelesen werden, ganz abgesehen. Welchen ökonomischen Nutzen mag es nun wohl bringen, diese Erkenntnis zu einem Buch aufzublasen, es zu drucken und über die Bibliotheken der akademischen Welt zu verteilen?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.12.2009 10:06
#34 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Hermann
Außerdem möchte ich mir die Bemerkung erlauben, daß es doch eine äußerst triviale Beobachtung ist, daß zum Weihnachtsfest jede Menge Schrott produziert, gekauft und verschenkt wird, der nur zum wegwerfen taugt, also eine Verschwendung von Arbeitskraft und Ressourcen darstellt, von den miserablen Büchern, von denen man nur hoffen kann, daß sie wenigstens nicht noch gelesen werden, ganz abgesehen.


Oh wei, lieber Hermann, da habe ich aber lange gebraucht, um diesen nicht enden wollenden Satz zu verstehen.

Gell, Sie wollen sagen, daß viel Mist geschenkt wird.

Herzlich, Zettel

PS: Ich bin nicht ganz sicher, ob ich Sie schon hier im Forum willkommen geheißen habe. Jedenfalls tue ich es hiermit.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

20.12.2009 10:29
#35 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Wissenschaft besteht in der exakten quantitativen Erfassung trivialer Beobachtungen. Dank Joel Waldfogel wissen wir jetzt, wieviel die Amerikaner der Schrott kostet, den sie verschenken.

Herzliche Grüße,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.12.2009 10:49
#36 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Kallias
Wissenschaft besteht in der exakten quantitativen Erfassung trivialer Beobachtungen.


Nein, lieber Kallias.

Wissenschaft besteht darin, neue Instrumente zu ersinnen, um neue Beobachtungen zu machen. Wissenschaft ist Methodik des Beobachtens. Dann kommt die Quantifizierung, dann kommt die Theorie.

Hubble hat mehr an Erkenntnissen über das Weltall geliefert als zweitausend Jahre des Theoretisierens.

Herzlich, Zettel

Hermann ( gelöscht )
Beiträge:

20.12.2009 11:45
#37 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat
Ich bin nicht ganz sicher, ob ich Sie schon hier im Forum willkommen geheißen habe. Jedenfalls tue ich es hiermit.



Sie hatten, trotzdem danke.

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