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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 36 Antworten
und wurde 2.133 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Kallias Offline




Beiträge: 2.310

15.12.2009 15:00
Am besten schenkt man Geld Antworten

Die Weihnachtszeit ignorieren? Nicht, wenn es so wichtige Artikel gibt, wie diesen hier im "Handelsblatt". Der Ökonom Joel Waldfogel möchte Sie vor dem Wohlstandsverlust bewahren, der Ihnen durch das Fest des Schenkens droht.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.12.2009 15:39
#2 Do ut des Antworten

Lieber Kallias,

das ist ja alles wahr und alles ganz falsch.

Das Schenken ist älter als die Gattung Homo Sapiens. Auch Tiere machen einander Geschenke; sie schleppen irgendwas an, wovon sie erwarten, daß das betreffende Weibchen - beispielsweise - sich freut.

Wer beim Italiener oder beim Griechen ißt, der weiß, daß es am Ende als Geschenk die Grappa oder den Ouzo gibt. Natürlich ist das eingepreist, wie das Amuse Gueule am Anfang. Aber man freut sich doch über das Geschenk des Hauses, nicht wahr? Und legt den einen oder anderen Euro als Tip drauf.

Do ut des.

Herzlich, Zettel

Die Stimme aus dem Off Offline



Beiträge: 20

15.12.2009 16:25
#3 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Ich lasse mir regelmäßig Kleidung schenken, weil ich keine Lust habe sie mir selbst zu kaufen. Mittlerweile kennen auch alle genau meinen Geschmack und meine Größe, sodass ich nie etwas umtauschen muss.

Ich würde auch in Zukunft kein Geld oder gar Gutscheine geschenkt bekommen wollen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.12.2009 16:28
#4 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Meine Güte - der Typ füttert mal wieder die Vorurteile, daß Ökonomen seltsame Menschen wären, die normalen Sozialbeziehungen nicht zugänglich seien.

Zum Thema empfehle ich folgendes Spiel, auch sehr gut als Weihnachtsgeschenk geeignet:
http://www.amazon.de/Heidelberger-Spiele...e/dp/B001F7O3YG

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.12.2009 16:36
#5 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von R.A.
Meine Güte - der Typ füttert mal wieder die Vorurteile


Wer ist der "Typ", welches sind die "Vorurteile"?

Ich kann, lieber R.A., mit einem solchen Beitrag nichts anfangen. Seien Sie so freundlich und zitieren Sie das, worauf Sie sich beziehen.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

15.12.2009 16:56
#6 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Ich nehme inzwischen Geld sehr gerne an. Was ich mir wünsche, bekomme ich nie. (Wegen der Überraschung).
Und was ich dann bekomme, brauche ich nicht.
Irgendwelche Phantasieromane, die bei Teenagern grad in sind.
(Gewünscht war Nibelungen MHD oder Beowulf Altenglisch)
Inzwischen antworte ich auch nicht mehr auf Fragen nach Weihnachts- oder Geburtstagswünschen.
Einmal habe ich nach mehrmaligr Aufforderung auf den Wunschzettel die Autobiographie vom Schmidt, The Wealth of Nations, The Federalist Papers und Kants Kritik der reinen Vernunft geschrieben und bekam Das Handbuch des nutzlosen Wissens.
Das andere Zeuch, das liest doch niemand, hat die Verkäuferin gesagt.
Doch!
Ich!
Verdammt nochmal!

Jetzt verbitte ich mir alle Sachgeschenke und will nur noch Geld.
Wenn man gerade ins eigene Haus eingezogen ist, braucht man eh mehr Obi als Hugendubel.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.12.2009 17:01
#7 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Zettel
Wer ist der "Typ", welches sind die "Vorurteile"?


Gemeint ist Waldvogel, und ich meine die landläufigen Vorurteile gegen Ökonomen: Daß sie alles immer nur in Geld messen würden, nicht-monetäre Aspekte des Zusammenlebens ignorieren und menschliche Beziehungen auf einen Warencharakter reduzieren würden.

Also die übliche, meist (aber nicht immer) von linker Seite erhobene Kritik an Ökonomie.

Und im vorliegenden Fall scheint das schon teilweise der Fall zu sein. Es gibt schon Fälle, wo ein Geldgeschenk vernünftiger ist - insbesondere wenn man den Beschenkten nicht gut genug kennt.
Aber ansonsten geht es m. E. beim Schenken ja nicht nur darum, irgendeinen Wert X zu transferieren. Sondern man schenkt Zuwendung, hat sich Zeit genommen, sich über die zu Beschenkenden und seine möglichen Wünsche Gedanken gemacht. Ein gut gelungenes Geschenk freut den Empfänger deutlich mehr als es dem Warenwert entspricht.
Und da alles scheint Waldvogel nicht zu verstehen.

Jorad Offline



Beiträge: 45

15.12.2009 17:53
#8 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Also in unserer Familie wird das schon seit Jahren so gehandhabt. Man schenkt entweder Geld, Gutscheine oder sucht das Geschenk direkt vorher aus.
Maximal Romane werden nicht schon vorher ausgesucht, aber dann basiert die Wahl oft auf Listen von Wunschbüchern.

Wenn meine Großeltern (beide Seiten) die Geschenke für die Enkel selber aussuchen, gibt es ja fast nur Enttäuschungen. Deshalb bekommen die jetzt meist Geschenke direkt zugewiesen für ihre Enkel.

Gibt ja jetzt auch Online-Wunschlisten zum abhaken - wenn das die Verwandschaft und Freunde alle benutzen werden nicht einmal Bücher von der Wunschliste doppelt geschenkt die man danach versuchen muss weiterzuschenken oder umzutauschen.

Florian Offline



Beiträge: 3.180

15.12.2009 20:10
#9 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

R.A:
100% Zustimmung.

Wobei ich noch hinzufügen möchte, dass die Argumentation selbst innerhalb rein ökonomischer Denkweisen nicht stichhaltig ist.

Lieber Zettel,
Sie schreiben:

Zitat
Naheliegende Einwände, wonach der Akt des Schenkens Befriedigung verschaffe, oder die Freude des Auspackens, oder was einem noch so alles zur Verteidigung des Weihnachtsmannes einfallen könnte, verfangen nicht.



Könnten Sie das bitte etwas ausführen?
Warum verfängt das nicht?

Selbst aus Ökonomen-Sicht ist das nämlich ein stichhaltiger Einwand.
"Richtige" Weihnachtsgeschenke sind (zumindest mir) symphatischer als ein Geldgeschenk. Also ziehe ich daraus einen Nutzen. Und das ist ökonomisch relevant.

Man könnte auch mikroökonomisch wie folgt argumentieren:
die Menschen werden ja nicht gezwungen, zu schenken. Sie tun es freiwillig. Also muss es ihnen offensichtlich einen Nutzen bringen.

Dieser Nutzen besteht (um in der Ökonomensprache zu bleiben) z.B. in einem "Signalling":
Wie kann ich meiner Frau signalisieren, dass ich sie liebe?
Antwort: Zum Beispiel indem ich ihr glaubhaft mache, dass ich sie verstehe und an sie denke. Dass ich ihre Wünsche errate. Dass ich Opfer für sie bringe. All dies kann mit einem Geschenk erreicht werden.
Sofern ein Geschenk tatsächlich einen nie geäußerten Wunsch erfüllt, kann das ein sehr mächtiges Signal sein.

- Ökonomendenke Ende -

Und außerdem macht Geschenkeauspacken einfach viel mehr Spass, wenn man nicht schon vorher weiß, dass es ein Hundert-Euro-Schein sein wird!

Inger Offline



Beiträge: 296

15.12.2009 20:22
#10 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Lieber Jorad,
wie jung bist Du, daß Du Großeltern erwähnst, die Wünsche zugewiesen bekommen?
Mein Mann und ich würden sofort eine lange Besuchspause einlegen und dorthin verreisen, wo es noch herzlich zugeht.
Grüßchen,
Inger

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.12.2009 21:57
#11 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Florian
Lieber Zettel,
Sie schreiben:

Zitat
Naheliegende Einwände, wonach der Akt des Schenkens Befriedigung verschaffe, oder die Freude des Auspackens, oder was einem noch so alles zur Verteidigung des Weihnachtsmannes einfallen könnte, verfangen nicht.


Könnten Sie das bitte etwas ausführen?



Nein, denn ich habe es nicht geschrieben.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.12.2009 22:11
#12 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Jorad
Gibt ja jetzt auch Online-Wunschlisten zum abhaken - wenn das die Verwandschaft und Freunde alle benutzen werden nicht einmal Bücher von der Wunschliste doppelt geschenkt die man danach versuchen muss weiterzuschenken oder umzutauschen.


Ja, toll. Man kann das alles organisieren.

In der Bauernschaft gibt es auch heute noch die "Hochzeitsbücher". Dort trägt jeder ein, was er in welchem Wert zur Hochzeit geschenkt hat. Wenn dann der Sohn oder die Tochter des Schenkenden selbst heiratet, wird nachgesehen, damit das Gegengeschenk denselben Wert hat.

Hochzeiten sind ja überhaupt Orgien des Schenkens, viel mehr als Weihnachten. Da wird in einem Kaufhaus alles das aufgebaut, was das junge Paar haben möchte, und dann geht man hin und bucht sozusagen sein Geschenk. Bizarr, aber ja üblich. Auf diese Weise bekommt das Paar die Bettwäsche nur einmal, und nicht fünfmal.

Die Kultur des Schenkens ist schon ein spannendes Thema. Hat schon einmal jemand ein Buch darüber geschrieben?

Herzlich, Zettel

Michel Offline



Beiträge: 265

15.12.2009 22:12
#13 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Ganz recht, das Schenken lässt sich nicht auf den Geldwert reduzieren. Es geht in erster Linie darum Wertschätzung auszudrücken.

Bleibt die Frage was ein gutes Geschenk ist. Am meisten freue ich mich über Geschenke, die mich aus meinen eigenen Saft herausreißen, die meinen Horizont erweitern. Eine CD von einer Band die ich bis dahin nicht kannte und mir trotzdem sehr gut gefallen hat, das war bisher der Favorit. Für solche Perlen geht man gern auch das Risiko ein, oft etwas zu verschenken oder mit etwas beschenkt zu werden, das den Geschmack nicht trifft.

Freiheit und Optimismus

califax Offline




Beiträge: 1.502

15.12.2009 22:24
#14 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Zettel

Die Kultur des Schenkens ist schon ein spannendes Thema. Hat schon einmal jemand ein Buch darüber geschrieben?



Spontanfund:
Friedrich Rost: Friedrich Rost: Theorien des Schenkens , Zur kultur- und humanwissenschaftlichen Bearbeitung eines anthropologischen Phänomens. - Essen: Verlag Die Blaue Eule, 1994; 316 S. ISBN 3-89206-600-0

Schenken oder Wünschen auf eigene Gefahr, da nicht gelesen.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

15.12.2009 22:27
#15 RE: Do ut des Antworten

Zitat von Zettel
Wer beim Italiener oder beim Griechen ißt, der weiß, daß es am Ende als Geschenk die Grappa oder den Ouzo gibt. Natürlich ist das eingepreist, wie das Amuse Gueule am Anfang. Aber man freut sich doch über das Geschenk des Hauses, nicht wahr?

Am meisten freue ich mich dennoch, wenn man mir dabei die Auswahl überläßt. Sonst besteht immer die Gefahr, daß ein - br - Ramazotti oder Schlimmeres daherkommt, was ich dann aus Höflichkeit hinunterzwingen muß. So ganz unerheblich ist die Frage nicht, was die (echt oder scheinbar) geschenkte Sache an sich für einen Nutzen hat, abgesehen von der Freude am Geschenk.

Herzliche Grüße,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

15.12.2009 22:28
#16 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Die Stimme aus dem Off
Ich lasse mir regelmäßig Kleidung schenken, weil ich keine Lust habe sie mir selbst zu kaufen. Mittlerweile kennen auch alle genau meinen Geschmack und meine Größe, sodass ich nie etwas umtauschen muss.

Das ist kein Problem. Wenn die anderen wissen, was Sie haben wollen, dann geht auch in Joel Waldfogels Theorie kein Nutzen verloren. Nur ist das fast schon der beste Fall. Häufiger kennen die anderen die Präferenzen des Beschenkten nicht so gut und liegen mit ihrem Geschenk mehr oder weniger daneben.

Herzliche Grüße,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

15.12.2009 22:30
#17 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von califax
Einmal habe ich nach mehrmaligr Aufforderung auf den Wunschzettel die Autobiographie vom Schmidt, The Wealth of Nations, The Federalist Papers und Kants Kritik der reinen Vernunft geschrieben und bekam Das Handbuch des nutzlosen Wissens.

Ausdrückliche Wünsche zu mißachten fällt schon beinahe in die Kategorie des sadistischen Schenkens. Das Geschenk ist überhaupt sehr oft ein aggressiver Akt. Nicht umsonst heißt es, Griechen, die Geschenke bringen, soll man fürchten. Weniger fatal, aber ebenfalls unerfreulich sind als Geschenk getarnte Bekehrungsversuche. Mir hat zum Beispiel fast nie jemand Musikaufnahmen geschenkt, die mir gefallen haben; fast immer ging es darum, mich auf den Geschmack des edlen Gebers zu bringen. Daher habe ich haufenweise einmal gehörte Platten. Manche Trampel fragen sogar nach, wie sie mir gefallen haben. Oder wie ist das: einem Sammler die lange gesuchte Rarität zu schenken, um ihm zu beweisen, wie überlegen man selbst als Sammler ist.
Der wahre Freund verzeiht Geschenke.

Herzliche Grüße,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

15.12.2009 22:42
#18 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Zettel
Die Kultur des Schenkens ist schon ein spannendes Thema. Hat schon einmal jemand ein Buch darüber geschrieben?

Der Klassiker schlechthin ist wohl Marcel Mauss, Essai sur le don. (Kenne ich nicht, gehört aber meines Wissens zur Grundausstattung des akademischen Name-Droppers.)

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

15.12.2009 23:41
#19 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von R.A.
Meine Güte - der Typ füttert mal wieder die Vorurteile, daß Ökonomen seltsame Menschen wären, die normalen Sozialbeziehungen nicht zugänglich seien.

Sein Punkt ist - so würde ich ihn verteidigen - daß die ökonomischen Betrachtungen neben den Erfordernissen normaler Sozialbeziehungen ihre Gültigkeit behalten.

Zitat von R.A.
Ein gut gelungenes Geschenk freut den Empfänger deutlich mehr als es dem Warenwert entspricht.
Und da alles scheint Waldvogel nicht zu verstehen.

Doch, das versteht er schon:

Zitat von Joel Waldfogel
Of course, some gifts end up being worth more to their recipients than their own purchases.

Nur sind die gut gelungenen Geschenke erheblich seltener als die schlecht gelungenen, so daß sich im Schnitt ein Wohlstandsverlust ergibt.

Zitat von Joel Waldfogel
Givers who are in daily contact with their recipients produce 10 percent more satisfaction per dollar spent than givers with only yearly contact. So, your gift for your wife or boyfriend will probably give more satisfaction than the one you bought for your aunt who lives across the country. Still, on average across all givers, the satisfaction rate remains a fifth lower for gifts than for a recipient's own purchases.

(http://www.slate.com/id/2155822/)

Herzliche Grüße,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.310

16.12.2009 12:01
#20 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Florian
Lieber Zettel,
Sie schreiben:

Tut mir leid, ich (Kallias) habe das geschrieben und werde in Zukunft wohl besser meinen Namen in den Titel einfügen, so wie Gorgasal das macht. (Ich habe leichtfertig angenommen, niemand würde meinen abstrusen Stil mit Zettels klarem Deutsch verwechseln. - Am Ende ist er vielleicht gar nicht so abstrus? )

Zitat von Florian
Zitat
Naheliegende Einwände, wonach der Akt des Schenkens Befriedigung verschaffe, oder die Freude des Auspackens, oder was einem noch so alles zur Verteidigung des Weihnachtsmannes einfallen könnte, verfangen nicht.

Könnten Sie das bitte etwas ausführen?
Warum verfängt das nicht?

Waldfogel bringt es knapp auf den Punkt: "Joy of giving may be important, but it doesn’t justify bad giving."

Die Frage ist nur, ob "joy of giving" (und "receiving") nicht mit "bad giving" untrennbar zusammenhängen. Dann wäre es tatsächlich schwer, den Nutzwert der Geschenke zu steigern, ohne den Zweck des Geschenkegebens zu verderben. Doch überall, wo man die beiden Aspekte trennen kann, gibt es Raum für eine Waldfogel-Geschenk-Optimierung.

Zitat von Florian
Selbst aus Ökonomen-Sicht ist das nämlich ein stichhaltiger Einwand.
"Richtige" Weihnachtsgeschenke sind (zumindest mir) symphatischer als ein Geldgeschenk. Also ziehe ich daraus einen Nutzen. Und das ist ökonomisch relevant.

Zumindest Ihnen! Es gab ja empirische Anstrengungen (deren methodische Qualität ich nicht beurteilen kann), bei denen ein durchschnittlicher Nutzenverlust herauskam. Auf einen, der wie Sie empfindet, kommen vielleicht zwei, die den Gutschein als sympathisch-unzudringliche Form des Schenkens schätzen würden.

Und Sie sind vielleicht am besten dran, wenn jemand Ihnen eine nette Kleinigkeit schenkt, die Ihr Herz erwärmt, auch wenn Sie dann wenig mit ihr anfangen können, und einen Geldschein dazugibt, von dem Sie dann was haben? Diese Lösung erwähnt Waldfogel zwar nicht, sie würde aber auch den Wohlstandsverlust, um den er sich solche Sorgen macht, verringern.

Zitat von Florian
Man könnte auch mikroökonomisch wie folgt argumentieren:
die Menschen werden ja nicht gezwungen, zu schenken. Sie tun es freiwillig. Also muss es ihnen offensichtlich einen Nutzen bringen.

Oh, also was mich betrifft, haben mir schon etliche völlig freiwillige Handlungen sehr geschadet, diese These kann ich Ihnen leider gar nicht zugeben. Außerdem ist das rituelle Schenken wie an Weihnachten, zum Geburtstag oder bei Hochzeiten so ganz freiwillig auch wieder nicht - versuchen Sie mal, sich dem zu entziehen! Für Waldfogel handelt es sich um eine sympathische, doch mangels korrekter ökonomischer Aufklärung fehlgeleitete, allerdings verbesserungsfähige Unsitte.

Zitat von Florian
Dieser Nutzen besteht (um in der Ökonomensprache zu bleiben) z.B. in einem "Signalling":
Wie kann ich meiner Frau signalisieren, dass ich sie liebe?
Antwort: Zum Beispiel indem ich ihr glaubhaft mache, dass ich sie verstehe und an sie denke. Dass ich ihre Wünsche errate. Dass ich Opfer für sie bringe. All dies kann mit einem Geschenk erreicht werden.
Sofern ein Geschenk tatsächlich einen nie geäußerten Wunsch erfüllt, kann das ein sehr mächtiges Signal sein.

Das ist ein interessanter Punkt. In einer Besprechung von "Scroogenomics" heißt es:

Zitat von Books and Culture, A Christian Review
Don't we all use gifts to judge who really understands us and thus who is worthy of our time?  To put it bluntly, I wouldn't marry or even continue to date a woman who gave me The Da Vinci Code for my birthday.  But if I receive the book, maybe that's for the best: then I know the relationship doesn't have a future.  In a world where we are looking at a large pool of people for the potential of closer ties, poorly chosen gifts in fact may be the greatest gift we can receive. Using economic terminology, a lot of gifts are about sorting and signaling. A world of perfect gifts is also a world where I don't meet many new people or take many chances in relationships.

(Online nicht verfügbar, zitiert bei Marginal Revolution.)

Schenken als Falsifikationstest für Beziehungen, das hat was.

Aber doch eigentlich nur als theoretischer Gag; stellen Sie sich vor, da denkt jemand an Sie, ist großzügig, mutig, riskiert ein Geschenk - und Sie beurteilen ihn danach, wie gut er Ihren Geschmack getroffen hat. Also mir würde das den Geschmack am Schenken nehmen.

Mit Leuten, die mir meine Geschenke nicht verzeihen, will ich keine enge Beziehung haben; so teste ich.

Herzliche Grüße,
Kallias

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

16.12.2009 12:54
#21 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat
Zitat Kallias:
Der wahre Freund verzeiht Geschenke.





Oder auch nicht!

Wenn ich von einem Freund ein Geschenk erhalte (auch noch zu besonderen Anlässen), dann verbinde ich das schon mit „Wertschätzung“ meiner Person. Eben das macht doch Freundschaft aus, lieber Kallias. Es sei denn, das der Schenkende diesbezüglich absolut unfähig ist (warum auch immer).

Ansonsten stelle ich über das Geschenk fest, wie viel Gedanken sich mein Freund oder Freundin gemacht hat, bzw. wie gut er/sie mich kennt. Zur Freundschaft gehört doch, dass man sich gut kennt und jemanden aus ganz besonderen Gründen mag. Wenn dieser „Jemand“ mir aus Oberflächlichkeit oder Zeitmangel irgendeinen Tinnef mitbringt, dann bin ich durchaus beleidigt.

Ich finde Schenken ist eine wunderbare Gelegenheit auch insbesondere über „Kleinigkeiten“ unabhängig einer $-€-Größenordnung, seine Wertschätzung und noch besser den gemeinsamen Humor zu teilen.

Da ich handwerklich recht geschickt bin und mir das obendrein auch noch Spaß macht, habe ich so nebenbei mal ein Poster geschenkt bekommen, welches eine schmucke Blondine mit zwei Bohrmaschinen jeweils links/rechtshändig zeigte. Einfach genial – hängt im Keller (direkt über dem Regal mit der Bohrmaschine und Zubehör) und ich freue mich jedes Mal beim draufschauen und denke mit Freude an diesen Freund.
Während meiner Wohnungsrenovierung schickte mir ein Freund eine Postkarte über 400 km Entfernung mit der Entschuldigung, dass er ja nun nicht mithelfen könne, aber, wie umseitig zu sehen wäre, (gezeigt war ein Schimpanse, der mit allerlei Werkzeug bis zum Presslufthammer und dazu mit Zigarette abgebildet war) schicke er mir „tierische Unterstützung“. Postkarte 2 € + 0,50 € Versand. Ein Geschenk, eine Aufmerksamkeit, die ich immer noch aufbewahre und die immer noch ein Lachen bewirkt und die nun wirklich nix gekostet hat.

Ich selbst erstelle zum Verschenken gern Bildercollagen, die ich dann mit „passenden knackigen Sprüchen“ kommentiert verschenke. Eventuell auch Tageszeitungen (Datum je nach Ereignis) kopiert auf Elefantenhaut wobei mindestens ein eigener „maßgeschneiderter“ Artikel auf der ersten Seite von mir eingefügt wurde. Kennt man jemanden gut, lacht man sich beim Erstellen schon selbst ins Fäustchen, hat so viel Spaß dabei, dass das Verschenken ein reines Vergnügen ist.

Ansonsten erwarte ich natürlich von einem Freund, dass, wenn ich schon ein Parfum erhalte, dieses nicht von „4711“ (nur als Beispiel und nicht abwertend gemeint), sondern mein ROMA ist, alles andere wäre tödlich. Ähm, eigentlich eine gute Möglichkeit Beziehungen zu beenden ohne viel Worte, nicht einmal Streit, das hat was … aber ich schweife schon wieder ab.

♥lich Nola




califax Offline




Beiträge: 1.502

16.12.2009 13:09
#22 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat von Kallias
Oder wie ist das: einem Sammler die lange gesuchte Rarität zu schenken, um ihm zu beweisen, wie überlegen man selbst als Sammler ist.



So ein Geschenk hätt ich mal gern. Da würd ich mich dann auch in Demut üben. :)
Aber eigentlich will ich gar nichts geschenkt haben. Meine Freunde und Verwandten wissen das eigentlich auch.
Zu Weihnachten will ich meine Ruhe. Da will ich keine Geschenke. Ich will auch keine Telefonanrufe.
Da will ich schön mit meiner Frau auf dem Sofa hocken, Pute kauen und süßen Wein schlürfen.
Und vor allem will ich nicht mit Sachen belastet werden, die man noch Jahre später als Beweis der Dankbarkeit vorzeigen muß.
Allein diese blöden Tralowbücher nehmen mir schon wichtigen Platz weg.
(Und was das kostet! Davon hätten die den Kindern in der Sippschaft wundervolles Spielzeug schenken können.)
Nee, wenn's denn sein muß, dann schon Geldgeschenke.
Aber am liebsten gar nichts.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

16.12.2009 13:27
#23 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat
Zitat Califax
Zu Weihnachten will ich meine Ruhe. Da will ich keine Geschenke. Ich will auch keine Telefonanrufe.
Da will ich schön mit meiner Frau auf dem Sofa hocken, Pute kauen und süßen Wein schlürfen.
Und vor allem will ich nicht mit Sachen belastet werden, die man noch Jahre später als Beweis der Dankbarkeit vorzeigen muß.



Genauso! Man kann sich diesem "Weihnachtsrummel" eh nicht entziehen. Bleibt also nur, die privaten Umstände so zu gestalten, daß man vom "Weihnachtsstreß" verschont bleibt. Innerhalb der Familie schenken wir schon seit Jahren nix mehr. Dafür zum Nikolaus, mit oft humorvollen Kleinigkeiten. Heiligabend: gutes Essen bei Kerzenschein, guter Wein, Bauch voll und man selbst ausgeruht, ein bißchen schöne Musik und dann? ... wird ein Spieleabend daraus, zum Beispiel "Abacus" oder andere. Außerdem ist mit Kochen und Gestaltung jedes Jahr ein anderes Familienmitglied dran. Also nich alle Jahre wieder bei Muttern untern Tisch.

♥lich Nola




Nola ( gelöscht )
Beiträge:

16.12.2009 13:44
#24 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Zitat
Zitat Califax
(...) Davon hätten die den Kindern in der Sippschaft wundervolles Spielzeug schenken können.



Das bringt mir die zur Zeit auf dem NDR laufende Spendensammlung in Erinnerung. Eigentlich müßte man daraus eine Meckerecke machen. Wieso soll ausgerechnet zu Weihnachten für notleidende Familien und hier insbesondere für Kinder gespendet werden? Spielzeug, Kleidung usw. Sind diese das ganze Jahr über nicht notleidend? Wieso wird grade über diese Schiene zu Weihnachten an unser aller schlechtes Gewissen gepocht, daß wir auch ja an die denken sollen, denen es weniger gut geht? Ist das nicht das ganze Jahr über eine Pflicht und Selbstverständlichkeit und nicht nur zu Weihnachten?

Da wünscht sich ein Kind eine warme Jacke, sonst hätte es kalte Hände und das wäre nicht schön. Originalton Radio NDR.
Da gibts die alleinerziehende Mutter mit 3 Kindern, die kaum das Nötigste hat und schon gar nicht für Geschenke usw. usw. So geht das seit Wochen im Radio und ich frage mich, was man davon halten soll.

Ist das die deutsche Mentalität, jeweils zu Weihnachten unter Voraussetzung von Rührseligkeit an Spenden zu kommen? Nichts gegen Spenden einzuwenden, aber ich finde hier wird ganz eindeutig der Klingelbeutel rumgereicht. Oder sehe ich das falsch?


Edit:

Korrektur des o. g. Radio-Sender! Nicht NDR sondern Hit-Radio Antenne.

♥lich Nola

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

16.12.2009 13:49
#25 RE: Am besten schenkt man Geld Antworten

Ich habe schon des Öfteren Geld bekommen, ich kann nicht sagen, dass ich mich noch an Summen erinnere. Oder von wem es im Einzelnen war. Das ist zwar nicht ganz so schlimm, wie die unreflektierte Flasche Fusel, die man dann und wann bekommt, aber so richtig freuen kann ich mich darüber (heute) nicht mehr. Als Kind oder Jugendlicher freut man sich sicher darüber, denn es gibt einem Möglichkeiten, die man vorher nicht hatte. Das ist aber heute nicht mehr so.
Wenn ich mir etwas wünsche, dann kaufe ich es mir. So einfach ist das. Ich brauche keinen Umschlag oder Gutschein dafür. Ich kriege nie das was ich mir wünsche, weil ich mir das, was ich wünsche, bereits gekauft habe.

Aber umso mehr freue ich mich über die (wenigen) reflektierten und schönen Geschenke, die ich bekomme. Mein letztes Geschenk war eine Widmung. Ein sehr guter Freund hat sich ein Buch ausgeliehen und es ohne mein Wissen an den Autor geschickt und ich erhielt mein eigenes Buch geschenkt. Mit einer Widmung über die ich mich sehr gefreut habe. Es ist nicht materiell, es hat wenig gekostet und ich hab mich gefreut wie ein kleines Kind. Denn in diesem Geschenk steckt etwas, dass ich für essentiell halte: Man schenkt etwas, was sich der andere nicht selbst gekauft hätte.
Eins der schönsten Geschenke, das ich immernoch aufhebe, ist das "Afghanistan-Überlebens-Paket", wo jemand allerlei Plunder den er noch zuhause hatte, vom Zollstock zur letzten Zigarette, zusammengepackt hat und entsprechende Instruktionen dazu verfasste. Das war mit Sicherheit nicht teuer, aber ich habs heute noch und es begleitet mich auch von Umzug zu Umzug. Auch wenn man damit vermutlich nie was anfangen kann. Denn das, was ich aufbewahre ist keine Dose inzwischen seit Jahren abgelaufener Reis, sondern die Tatsache, dass er viel nachgedacht hat und sich Mühe gegeben hat.

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