Zitat von Frank2000Das ändert aber nichts daran, dass ich mit meiner Feststellung recht habe, dass beispielsweise das private Surfen im Internet völlig gang und gebe ist.
Kann sein. Wenn das in Firma X so sein sollte und toleriert wird, wird es deswegen in Firma Y aber nicht zum Recht.
Zitat von Frank2000Derart asymetrische Rechtsaufassungen finden sich ja auch bei anderen Themen - als Beispiel sei nur der Streit um Raubkopien bei Musik genannt.
Das taugt als Vergleich wenig, weil immaterielle Güter eine Besonderheit darstellen.
Zitat von Frank2000Die Masse der Menschen sind eben Gefühlswesen und keine Maschinen.
Äh, ja. Was an der Rechtslage nochmal genau was ändert?
Zitat von Frank2000Wer "vertraut" denn seinem Handwerker, seinem Dienstleister, dem Produzenten?
Ich tue das, und viele andere wahrscheinlich auch, denn sonst würde man die Vertragsbeziehung gar nicht erst eingehen. Wenn also in meiner Wohnung ein Handwerker herumläuft, gehe ich nicht davon aus, dass er mir die Bude leer räumt. Ich vertraue bei meinem Telekommunikationsanbieter darauf, dass er meine Gespräche nicht aufzeichnet, wenn er nicht staatlich dazu gezwungen wird. Und ich vertraue sogar Google, dass es sich an die Datenschutzbestimmungen hält, die es veröffentlicht.
Menschen, die Anfang des neuen Jahrtausends Autos bei Opel kauften, vertrauten wahrscheinlich auch darauf, nicht eine Schrottkiste ausgehändigt zu bekommen. In vielen Fällen zu Unrecht. Auch wenn so ein Vertrauensbruch nicht zur sofortigen Pleite führt, seine Wirkung hält lange an und hat dazu beigetragen, was Opel jetzt widerfährt.
Mit "Vertrauen" ist nicht gemeint, dass man dem anderen Altruismus unterstellt. Aber man kann davon ausgehen, dass Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, keine "fire and forget"-Geschäfte machen wollen, sondern danach trachten, Kunden entweder dauerhaft an sich zu binden oder immer wieder zu gewinnen. Zumal es sich ja herumspricht, wenn Vertragspartner regelmäßig übervorteilt werden.
Zitat von Frank2000So ziemlich alle Arbeitnehmer gehen selbstverständlich davon aus, dass der Arbeitgeber einen über die Klinge springen lässt, so bald es ins Kalkül passt.
Was nicht unlogisch wäre, schließlich hat er ja auch mal eingestellt, weil es ihm ins Kalkül passte. Es wäre wohl etwas wirklichkeitsfremd, solchen Vertragsbeziehungen Ewigkeitscharakter verleihen zu wollen. Umgekehrt nehme ich das Recht für mich ja auch selbst in Anspruch.
Zitat von Frank2000Oder sonst wie über den Tisch zieht.
Wer bei seinem Arbeitgeber das Gefühl hat, sollte sich einen anderen Job suchen. Es sei denn natürlich, man hat andere Vorteile davon, die dann überwiegen.
Zitat von Frank2000Es ist völlig normal, dass man Bagatelldelikte auch im privaten mit einem Schulterzucken abtut .
Um so leichter, je mehr andere davon betroffen sind, schon klar. Aber ich kann es mir kaum vorstellen, dass deine Einstellung zu jemandem, der dich beklaut, davon abhängig ist, wie hoch der materielle Gegenwert des Diebesguts ist. Bei mir ist es jedenfalls nicht so.
Zitat von Frank2000Selbstjustiz ist auch nicht legal, das ist Ihnen schon klar, oder? ;-)
Aber verständlich, wenn der Besitzer des Gewaltmonopols zu erkennen gibt, dass er seiner Pflicht, das Recht zur Geltung zu bringen, nicht nachzukommen gedenkt. Niemand lässt sich gerne entrechten.
Zitat von Frank2000Selbstverständlich darf der Geschädigte Schadenersatz verlangen und auch gegen eine Abmahnung spricht im Einzelfall nichts.
Na immerhin eine Abmahnung gestehst du dem Geschädigten zu, allerdings nur im Einzelfall. Soll diese Risikobegrenzung etwa eine Aufforderung zur Wiederholung der Tat sein? Ich will es mal anders sagen: Ein Arbeitsverhältnis ist keine Ehe und auch keine Resozialisierungseinrichtung. Zwei Vertragspartner einigen sich auf den Austausch von Gütern, und wenn einer von beiden den anderen hintergeht, muss der andere die Möglichkeit haben, eine Wiederholung durch Beendigung des Vertrags auszuschließen.
Zitat von Frank2000Es ist in vielen Fällen doch so, dass die Arbeitnehmer kaum eine Möglichkeit haben, sich gegen vorsätzliche Ausplünderung durch den Arbeitgeber zu schützen.
Ich trete da für dasselbe Recht ein, dass die Arbeitgeber auch haben sollen: Kündigen. Wenn deine Firma niemanden gehen lässt, müsste man über Tatbestände wie Nötigung oder Freiheitsberaubung nachdenken. Das wäre also ziemlich sicher ein Fall für die Staatsanwaltschaft.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von stefanolixDa ging es nicht um ein Brötchen oder um ein paar Tassen Kaffee. Da muss es andere Gründe gegeben haben.
Sehr wahrscheinlich war das so. Bei SternTV war mal der Chef der Dame eingeladen, die wegen des Brötchens gefeuert wurde. Wenn man dem mal zugehört hat, wie er die Gesamtumstände erläutert hat, mit Vor- und Nebenaspekten, wird einem deutlich, wie schäbig das Verhalten der betroffenen Angestellten eigentlich war. Das ist es ja, worauf Zettel in seinem Beitrag hingewiesen hat: Jeder Fall hat seine Geschichte.
Dass solche Delikte auch als Königsweg zur Individualkündigung missbraucht werden, ist einerseits verständlich wegen der hohen Hürden, sich sonst von einzelnen Arbeitnehmern wieder zu trennen (ok, letztlich ist alles eine Frage der Abfindung), andererseits aber eben nicht zulässig und würde vor den Arbeitsgerichten dann wohl auch nicht durchgehen. Beispiel: Es gibt tatsächlich eine vom Arbeitgeber geduldete betriebliche Übung, die dann nicht etwa erst öffentlich widerrufen wird, sondern die plötzlich dazu dient, einzelne Arbeitnehmer zu entlassen (es gab da mal so einen "Gummibärchen"-Fall, bei dem mir das so zu sein schien).
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Hallo Frank2000 Ich stimme dem zu, was Sie sagen. Dennoch gehe ich nicht von dem ab, was ich sagte. Also müßen wir mit dem gesagten unterschiedliche Teilbereiche berühren. Nun im Detail (auch wenn Sie auf meine erste Antwort an Sie nicht eingegangen sind. Würden Sie das bitte noch erledigen).
Zitat von Frank2000 Ich kenne so auf die Schnelle niemanden - in Worten: NIEMANDEN - der seinem Arbeitgeber (Vertreten durch das höhre Management), seiner Bank, seiner Versicherung, seinem Handwerker oder seinem Dienstleister VERTRAUT. Ich vertraue meiner Frau.
Genau das habe ich ja gesagt. Geschäftsvertrauen ist nicht gleich Privatvertrauen.
Zitat von Frank2000Im übrigen wird diese meine Wahrnehmung regelmäßig durch Statistiken gestützt. Es gibt immer wieder Umfragen über "Glaubwürdigkeit" und "Vertrauenswürdigkeit" bestimmter Personengruppen. Im Ergebnis zeugt sich regelmäßig, dass "Vertrauen" als Basis unserer Wirtschaft und unseres Arbeitslebens nicht existiert.
Ich bin versucht, Blödsinn zu schreiben, aber das darf man ja hier, zu Recht, nicht. Es schreibt sich so leicht und liest sich so schwer. Also, vielleicht können wir uns verständlich machen: Was für Statistiken?
Zitat von Frank2000Ich bin überaus erstaunt, mit welchem Urvertrauen Sie anscheinend im Wirtschafts- und Arbeitsleben unterwegs sind. Ich wünsche Ihnen, dass Sie dieses Vertrauen noch lange behalten können.
Danke. Ich glaube Ihnen. Wirklich, nicht nur um was zu demonstrieren. Ich hab natürlich zu viel an Vertrauen. Ich würde das gerne ein bißchen vermindern.
Zitat von Frank2000Worüber reden wir hier eigentlich? Hallo?
Hallo
Zitat von Frank2000Doch wohl von Menschen, oder? Ich habe etwa 10 Mitarbeiter unter meiner Führung und gehe selbstverständlich davon aus, dass diese Mitarbeiter privat surfen; ab und an einen Bleistift oder Papier aus dem Büro mitnehmen oder während der Arbeitszeit persönlichen Kram erledigen. Und soll ich noch was sagen? Die werden noch nicht mal ein schlechtes Gewissen haben deswegen - UND ich verstehe das.
Ich hab das gestern Nacht, also heute am frühen Morgen schon gelesen, weil ich nicht schlafen konnte. Und ich dachte, ja, da hat er recht. Passt mir zwar nicht, aber es stimmt. Also, einen Bleistift würde ich nicht mitnehmen, weil Bleistifte kann ich mir ja selber kaufen. Und wenn ich meinen Chef, meine Firma als Umsonstbedienstelle für Schreibwaren mißbrauchte, käme ich mir wie ein Betrüger vor. Aber ich habe schon eine Selter mitgenommen, weil es spät war, und ich nicht mehr in den Laden kommen würde. Hat mir schwer zu schaffen gemacht, und ich habe dafür gesorgt, daß ich danach Mineralwasser zu Hause habe.
Zitat von Frank2000Ich verlange von meinen MItarbeitern viel und wenn ich wegen eines Bleistiftes im Wert von 20 Cent einen Aufstand machen würde, dann würde die mir völlig zu Recht virtuell einen Vogel zeigen - obwohl rein formaljuristisch ein Diebstahl vorliegt.
Das ist nicht die Frage. Sie, bzw Ihr aller Arbeitgeber _bezahlt_ genau das, was Sie von Ihren Mitarbeitern verlangen. Tut er doch, oder? Wenn Sie Mitarbeiter haben, die Bleistifte mit nach Hause nehmen, schmeißen Sie sie raus! In der Defensive kann man nicht klar denken.
Zitat von Frank2000Wenn ich denen mit so einem SCHxxx kommen würde, dann hätte ich ruckzuck die innere Kündigung - und das kommt mich etwa 10.000 mal teurer als ein Bleistift. Deswegen kommt es mir nur darauf an, die schlimmsten Auswüchse im Zaum zu halten.
Diese Überlegung korrespondiert mit Ihrem Menschenbild.
Zitat von Frank2000So wie ich werden fast alle Vorgesetzte in solchen Positionen denken, darauf wette ich meine untersterbliche Seele.
Lassen Sie das. Selbst wenn Sie zu Eins zu einer Milliarde sicher sind. Mit seiner unsterblichen Seele spielt man nur, wenn man auf Gottes Rettung vertraut.
Zitat von Frank2000Deswegen gibt es Bagatllkündigungen nur dort, wo - entweder der Arbeitgeber bereits die feste Absicht hat, den AN loszuwerden. Damit entsteht automatisch eine Ungerechtigkeit, denn ich ziehe einen AN für etwas zur Rechenschaft, was ich bei anderen durchgehen lasse. oder - es handelt sich um Tätigkeiten, die allein auf physischer Ausbeutung beruhen und bei denen man sowieso davon ausgeht, dass 100% aller AN innerlich gekündigt haben. Nennen wir dieses Fall spaßeshalber den "Schleckereffekt". MfG Frank
Im Wesentlichen Zustimmung. Die Bagatellkündigung wird gebraucht, um Leute aus den von Ihnen angesprochenen Gründen loszuwerden. Das "Nur dort" bleibt aber weiterhin bestritten.
Allerwerteste (äh..., so war das nicht gemeint) also
Liebe Grüße
Kaa
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Zitat von Kaa ... (auch wenn Sie auf meine erste Antwort an Sie nicht eingegangen sind. Würden Sie das bitte noch erledigen).
Werter Kaa,
ich kann so auf die Schnelle beim Durchklicken nicht erkennen, welche Frage offen geblieben ist - wenn ich da um ein wenig Nachhilfe bitten dürfte? ;-) Aber da mein Urlaub sich dem Ende entgegen neigt, muss ich mich sowieso wieder etwas aus der Diskussion zurückziehen. Mein Arbeitsalltag lässt mir in letzter Zeit leider kaum noch Verschnaufpausen.
Ich darf von meiner Seite aus bei diesem Thema nur noch eine persönliche Bemerkung ergänzen: ich stehe emotional keineswegs nur auf Seiten der Arbeitnehmer. Ich kann die Arbeitgeber genau so gut verstehen. Aber die aus meiner Sicht zu einseitigen Eingangsbeiträge in diesem Topic reizten mich zu einer Gegenposition.
Ich selbst bin für meinen Arbeitgeber wertvoll - genau so, wie meine Mitarbeiter für mich wertvoll sind. Da stellt sich das Thema "Bagatelldeklikte" nicht. Aber es gibt auch noch andere Jobs.
Ich habe in der Diskussion den Eindruck gewonnen, dass einige Teilnehmer hier den Arbeitgebern grundsätzlich das Recht zusprechen wollen, Arbeitnehmer jederzeit ohne Angaben von Gründen zu kündigen. Ich verstehe diese Position zwar, teile sie aber nicht. Insbesondere im Bereich schlecht qualifizierter Tätigtigkeiten hat der Arbeitgeber eine enorm starke Position gegenüber dem Arbeitnehmer. Da ist eben kein Kräftegleichgewicht vorhanden, sondern auf Grund ökonomischer Zwänge kann der Arbeitgeber sich fast alles erlauben. Denn die Alternative wäre für die schlechtqualifizierten Arbeitnehmer eben nicht etwa ein anderer Job - sondern Sozialhilfe und damit einhergehend eine ruinierte Zukunft für die eigenen Kinder.
Ich ärgere mich über die ekelhafte Doppelmoral beim Thema "gesetzliche Arbeitszeiten" - aber wenigstens werde ich für meine Zeit gut bezahlt. Und was ist mit den Millionen Menschen, die als Verkäufer bei Schlecker arbeiten, als Postboten oder in Putzkolonnen? Diese Menschen werden meiner Meinung nach bereits offiziell schlecht bezahlt und mies behandelt. Aber darüber hinaus wird in diesen Bereichen die sowieso schon schlechte Bezahlung und die miesen Arbeitsbedinungen noch weiter verschlechtert, in dem die Arbeitnehmer unter Druck gesetzt werden. Kostenlose Überstunden, Streß, Arbeitsantritt trotz Krankheit. Permanente Bespitzelung. Und wer dagegen aufmuckt - wird eben gefeuert. In diesen Bereichen sind die Mitarbeiter austauschbar - also bringt die permanente Kündigungsdrohung die Menschen dazu, noch üblere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.
Klar, aus einer rein kapitalistischen Sicht kann man weiterhin die Position vertreten: die Firma gehört nun mal den Eigentümern (vertreten durch das Management) und alle Arbeitsverträge sind freiwillig. Wer bereit ist, als moderner Arbeitssklave in solchen Unternehmen zu arbeiten, macht das freiwillig.
Ich kann und will mich nicht solchen Denkweisen anschließen. Ich bin überzeugt davon, dass solche Auswüchse vermieden werden müssen. Ich habe zwar auch kein Patentrezept - aber ich werde mich niemals der Meinung anschließen, dass Arbeitgeber eben alles tun dürfen, so lange keine körperliche Gewalt im Spiel ist. Mit anderen Worten: ich bin ein überzeugter Vertreter der SOZIALEN Marktwirtschaft. Und dazu gehört eben auch ein funktioniernder Kündigungsschutz um die weniger priveligierten Arbeitnehmer vor zu starker Ausbeutung zu schützen.
Aber das ist nur meine private Meinung. Abseits der Wahlurne hat diese Meinung nicht mehr Anspruch auf "Wahrheit" als jeder andere Meinung auch. :-) MfG Frank
Dazu ist jetzt ein schöner Kommentar von kundiger juristischer Seite erschienen, der dem Thema eine überraschende - nämlich linguistische - Seite abgewinnt.
Zitat Zitat von Frank2000Ich verlange von meinen MItarbeitern viel und wenn ich wegen eines Bleistiftes im Wert von 20 Cent einen Aufstand machen würde, dann würde die mir völlig zu Recht virtuell einen Vogel zeigen - obwohl rein formaljuristisch ein Diebstahl vorliegt.
Das ist nicht die Frage. Sie, bzw Ihr aller Arbeitgeber _bezahlt_ genau das, was Sie von Ihren Mitarbeitern verlangen. Tut er doch, oder? Wenn Sie Mitarbeiter haben, die Bleistifte mit nach Hause nehmen, schmeißen Sie sie raus! In der Defensive kann man nicht klar denken.
Das ist wohl eine Frage der Ersetzbarkeit. Der Kapitaen einer Fussballmannschaft wird sich mehr erlauben duerfen, als der dritte Ersatz-Aussenverteidiger. Fuer die Kaufhausangestellte bedeutet das, dass sie sich eben nicht dem Verdacht des Diebstahls aussetzen darf (zumal wenn die Berichterstattung in der Presse nahelegt, dass sie ein angespanntes Verhaeltnis zur Filialleitung / Geschaeftsfuehrung hatte). Darueber hinaus ist die Strategie an die Presse zu gehen ebenfalls ein hohes Risiko, da dies die Einstellungschanchen im Falle eines verlorenen Prozess weiter mindert. (Wuerde 'Emily' diesbezueglich nicht anwaltlich beraten? Das Bienenstichurteil muss den Anwaelten doch bekannt sein, die sich daraus ergebenden Chancen des Verfahrens ebenfalls.)
Zitat von Frank2000Ich habe etwa 10 Mitarbeiter unter meiner Führung und gehe selbstverständlich davon aus, dass diese Mitarbeiter privat surfen; ab und an einen Bleistift oder Papier aus dem Büro mitnehmen oder während der Arbeitszeit persönlichen Kram erledigen. Und soll ich noch was sagen? Die werden noch nicht mal ein schlechtes Gewissen haben deswegen - UND ich verstehe das.
Das wird, lieber Frank, vermutlich ja auch Ihren Mitarbeitern klar sein, und damit ist alles paletti. Sie bewegen sich in dem Rahmen, von dem sie annehmen dürfen, daß Sie ihn stillschweigend gesetzt haben.
Aus meiner Erfahrung - habe bis jetzt in einem großen Konzernunternehmen und in einem Startup gearbeitet - kann ich das auch bestätigen. Im Konzernunternehmen war es so, dass das private Surfen dadurch beschränkt war, dass das Internet an den normalen Rechnern gesperrt war, man musste also an eine öffentlich einsehbare Surfstation gehen, und da wäre es aufgefallen, wenn man eine Stunde davorsitzt. Mitnahme von Büromaterial wurde eigentlich lax betrachtet - ich habe mein Gewissen immer damit beruhigt, dass auf den Kugelschreibern unser Firmenlogo ist und ich somit als Werbeträger unterwegs war .
Was mich an der Bagatelldelikt-Diskussion am meisten stört: Dass offenbar wieder etwas gesetzlich geregelt werden muss, was man nicht regeln kann. Es ist von Firma zu Firma und oft von Chef zu Chef unterschiedlich, wie der Rahmen gesetzt wird. Wenn ich als Chef der Meinung bin, dass meine Abteilung für das eingesetzte Budget (Gehälter plus sonstige Kosten) eine angemessene Leistung bringt, werde ich den Teufel tun und dem Mitarbeiter verbieten, etwas von geringem Wert für den persönlichen Gebrauch zu nehmen (wenn ich einen Bestimmten ausmache, der sich übermäßig bedient, kann ich das immer noch über den Entzug bestimmter Privilegien ausgleichen oder ihm einfach stillschweigend bei der Jahresprämie eine nachträgliche "Materialpauschale" abziehen). Was ich damit sagen will: Das sind doch alles Fälle, die im Normalfall mit einem kräftigen Anschiss oder einer Abmahnung zu regeln sind, ohne dass es gleich, wie man bei uns im Süden sagt, "grichtsmassig" werden muss.
Über das grundsätzliche Vertrauen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern denke ich, dass ein gewissenhafter Mitarbeiter sehr wohl weiß, was ihm zusteht und was nicht. Umgekehrt kann es auch so sein, dass das Vertrauen in den Arbeitgeber nicht besteht. Ich weiß von einem Fall in meinem Freundeskreis, wo ein Arbeitgeber, nur um Kosten zu sparen, dem Arbeitnehmer zum Ende der Probezeit quasi gekündigt hat und ihm einen Vertrag zu deutlich mieseren Konditionen anzubieten. Dass der einem Arbeitgeber nicht mehr vertraut, ist auch klar...
Und natürlich ist es so, dass einer Firma wesentlich mehr Schaden an ausgefallener Arbeitszeit durch zeitunglesende und ratschende Mitarbeiter entsteht als wenn man einmal im Monat einen Block und einen Schreiber mitnimmt. Einen Mitarbeiter wegen Minderleistung zu entlassen ist deutlich schwieriger, interessanterweise um so mehr, je höher man hinaufschaut.
Zitat von ZettelStrikt war ich bei allem, was das Abrechnen angeht. Privatausgaben als dienstlich abzurechnen wäre für mich ein Grund gewesen, mich bei der nächsten Gelegenheit von dem Betreffenden zu trennen.
Auch hier ist es von Firma zu Firma unterschiedlich - der klassische Grenzfall ist die Dienstreise am Freitag mit angehängtem Sightseeing-Wochenende in der Stadt. Ich durfte z. B. die Rückfahrt trotzdem abrechnen, weiß aber auch von Firmen, die in dem Fall darauf bestanden haben, dass der Mitarbeiter die Rückfahrt selber bezahlt.
Es ist doch eine ganz einfache Kiste. Je weniger ein MA, ohne großen Aufwand, zu ersetzten ist, desto mehr Freiheiten werden ihm eingeräumt.
Der Chef einer Gebäudereinigungsfirma, oder eines Supermarktes wird wohl allergisch darauf reagieren (können!) wenn eine Klopapier-Rolle abhanden kommt oder ein Pfandbon durch einen MA abgebucht wird. In einer Bank, Versicherung oder Consulting-Firma sind Büroartikel oder private Surf-Zeit allerdings Peanuts. Da geht es darum wertvolle MA bei Laune zu halten, und ihre Motivation nicht zu beeinträchtigen.
Einen Entwicklungsingenieur wird keiner rauswerfen, wenn der mal 100 Blatt Kopierpapier, oder eine Druckerpatrone für den Hausgebrauch mitnimmt. Einem von 30 angestellten Gebäudereinigern sollte aber schon klar sein, dass er seinen Job aufs Spiel setzt, wenn er 'ne Flasche Glasreiniger in seinen Kofferraum packt.
Das Leben ist halt ungerecht.
Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Man kann das ganze auch als Signaling verstehen. Der Mitarbeiter hat eine Eigenschaft, die für den Arbeitgeber hochinteressant ist: Ehrlichkeit. Allerdings kann der Arbeitgeber diese Eigenschaft nicht messen, und der Mitarbeiter hat ein Interesse daran, seine eigene Ehrlichkeit möglichst gut darzustellen. Dann macht es für den Arbeitgeber Sinn, mess- und beobachtbare Eigenschaften oder Handlungen des Mitarbeiters als Proxy für die Eigenschaft "Ehrlichkeit" zu verwenden. Wenn der Mitarbeiter Bagatellsummen klaut, dann signalisiert er damit niedrige Ehrlichkeit.
Natürlich ist das nichts anderes als die Frage, inwieweit der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter noch vertrauen kann. Aber gleich wird's spannender!
Signaling gibt es natürlich überall. Wenn ich den Verdacht habe, dass meine Kinder krank sind, dann messe ich ihr Fieber. Ob sie einen Infekt haben, könnte ich eigentlich nur per Blutprobe testen, aber 39 Grad Fieber sind auch ein Signal im obigen Sinne.
Und über ein schönes Beispiel für Signaling bin ich gerade gestolpert: die Rockband Van Halen war berüchtigt dafür, in ihren Verträgen eine große Schüssel M&Ms backstage zu verlangen - wobei alle braunen M&Ms heraussortiert worden sein mussten. Klingt erstmal wie reine Schikane. Aber das war ein Signal dafür, ob die Veranstalter die technischen Details des Vertrags gelesen hatten:
Zitat von David Lee RothWe'd pull up with nine eighteen-wheeler trucks, full of gear, where the standard was three trucks, max. And there were many, many technical errors - whether it was the girders couldn't support the weight, or the flooring would sink in, or the doors weren't big enough to move the gear through.
The contract rider read like a version of the Chinese Yellow Pages because there was so much equipment, and so many human beings to make it function. So just as a little test, in the technical aspect of the rider, it would say "Article 148: There will be fifteen amperage voltage sockets at twenty-foot spaces, evenly, providing nineteen amperes..." This kind of thing. And article number 126, in the middle of nowhere, was: "There will be no brown M&M's in the backstage area, upon pain of forfeiture of the show, with full compensation."
So, when I would walk backstage, if I saw a brown M&M in that bowl... well, line-check the entire production. Guaranteed you're going to arrive at a technical error. They didn't read the contract. Guaranteed you'd run into a problem. Sometimes it would threaten to just destroy the whole show. Something like, literally, life-threatening.
...
The folks in Pueblo, Colorado, at the university, took the contract rather kinda casual. They had one of these new rubberized bouncy basketball floorings in their arena. They hadn't read the contract, and weren't sure, really, about the weight of this production; this thing weighed like the business end of a 747.
I came backstage. I found some brown M&M's, I went into full Shakespearean "What is this before me?"...
The staging sank through their floor. They didn't bother to look at the weight requirements or anything, and this sank through their new flooring and did eighty thousand dollars' worth of damage to the arena floor. The whole thing had to be replaced.
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von GorgasalUnd über ein schönes Beispiel für Signaling bin ich gerade gestolpert: die Rockband Van Halen war berüchtigt dafür, in ihren Verträgen eine große Schüssel M&Ms backstage zu verlangen - wobei alle braunen M&Ms heraussortiert worden sein mussten. Klingt erstmal wie reine Schikane. Aber das war ein Signal dafür, ob die Veranstalter die technischen Details des Vertrags gelesen hatten
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