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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 56 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.01.2010 19:39
Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Ja, ich weiß, der Finanzminister Steinbrück hat das auch schon gemacht, und man hat es ihm nachgesehen. Aber das ändert nichts daran, daß ein Staat, der Diebesgut ankauft, damit dem allgemeinen Rechtsbewußtsein schwer schaden würde.

Aber schadet es nicht auch dem allgemeinen Rechtsbewußtsein, wenn Steuersünder davonkommen? Nein. Das Rechtsbewußtsein wird nicht dadurch geschädigt, daß dem Staat nicht immer die Bestrafung aller gelingt, die gegen das Gesetz verstoßen. Das Rechtsbewußtsein wird dadurch geschädigt, daß der Staat selbst gegen die Gesetze verstößt. Jedenfalls in den Augen der Bürger; auch wenn man die Sache juristisch so drehen kann wie der Jurist-Journalist Prantl, der aus dem Preis für gestohlene Ware eine Belohnung für sachdienliche Hinweise herauszaubert.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

31.01.2010 20:15
#2 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Auf der CD sind ja (vermutlich) nicht nur Daten von Steuersündern, sondern von einer breiten Gruppe an Leuten. Und nun bezahlt er Menschen dafür, wenn diese jene mit illegalen Methoden ausspionieren. Macht der Staat das großen Stil, ist es wie bei der Stasi.

Etwas anders sieht es aus, wenn ein Bankangestellter gegen einen Kunden einen Konkreten Verdacht hat. Soll er ihn anderen mitteilen müssen? Oder soll einer Art Schweigepflicht unterliegen? Die Frage weiss ich so ad hoc nicht zu beantworten. (Ich denke aber auch dann erst ernsthaft darüber nach, wenn jeder Beamte, der gegen Kollegen einen Verdacht auf Vetternwirtschaft oder Steuergeldverschwendung hat diesen ohne Dienstrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen der Öffentlichkeit mitteilen kann. )

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

31.01.2010 20:19
#3 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von Zettel
Was er versteht, mit seinem Verstand als schlichter Bürger, das ist, daß der Staat etwas zu tun erwägt, was ihn, den Bürger, vor den Kadi und vermutlich in den Knast bringen würde.

Das ist dem schlichten Bürger schon lange klar. Würde sie wie er behandelt, säße die Regierung ständig hinter Gittern, zum Beispiel wegen räuberischer Erpressung (Steuern), Freiheitsberaubung (Wehrpflicht), Anstiftung zum Totschlag (robustes Mandat) oder Insolvenzverschleppung (Bundeshaushalt). Da kommt es auf ein bißchen Hehlerei auch nicht mehr an.

Quod licet jovi! Princeps legibus solutus!

Herzliche Grüße,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.01.2010 20:25
#4 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von dirk
Auf der CD sind ja (vermutlich) nicht nur Daten von Steuersündern, sondern von einer breiten Gruppe an Leuten.


So ist es. Denn ob jemand Steuersünder ist, das kann man ja erst nach einem entsprechenden Verfahren wissen.

Sonst wird in unserem Land viel Wert die Unschuldsvermutung hochgehalten. Selbst wenn jemand mit einer smoking gun erwischt wird, legen die Medien Wert darauf, ihn nur als "mutmaßlichen" Täter zu bezeichnen.

Nur für "die Reichen" gilt das alles nicht. Als damals die Daten aus Liechtenstein angekauft worden waren, gab es zahlreiche Kommentare, die über die Steuermoral "der Reichen" herzogen; als wenn jeder von ihnen, oder auch nur eine Mehrheit, oder auch nur eine relevante Minderheit aus Steuerhinterziehern bestehen würde.

Das Weltbild, das vor zwanzig Jahren nur von der extremen Linken vertreten wurde, hat inzwischen die MSM erobert. Das Schüren einer Klassenkampf-Atmosphäre ist zum Sport von Journalisten bis in Medien hinein geworden, die man einmal der bürgerliche Mitte zugerechnet hat.

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

31.01.2010 21:39
#5 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Dazu fällt mir der Begriff »Klassenjustiz« ein. Klassenjustiz ist ein Begriff aus der DDR, mit dem deutlich gemacht werden sollte, dass die Justiz einen »Klassenstandpunkt« zum Vorteil der herrschenden Klasse (de facto: der SED) und zum Nachteil der beherrschten Klasse (Handwerker, Bürgerliche, Andersdenkende) einnimmt.

Die SPD und die Linken wollen das wohl wieder einführen: gegen die [herbeiphantasierte] »reiche Klientel der CDU/FDP« kann man die Justiz und die Finanzbehörden gern auch mit unrechtmäßig erlangten Beweisen in Marsch setzen.

Eine Klassenjustiz kann aber nie rechtsstaatlich sein. Das müsste auch der Herr Prantl verstehen, oder?



In diesem Zusammenhang fällt mir aber noch ein Interview mit Finanzminister Schäuble aus der F.A.S. oder F.A.Z. ein. Darin sagte er, dass sein Vater Steuerberater gewesen sei. Er (der Vater) sei gründlicher und strenger gewesen als mancher Finanzbeamte [ich habe es aus dem Gedächtnis zitiert]. Ich bin gespannt, welche Politik die Finanzbehörden in Zukunft gegenüber den steuerberatenden Berufen betreiben werden. Wolfgang Schäuble lässt in einem Interview keinen unnötigen Satz fallen.

vivendi Offline



Beiträge: 663

31.01.2010 21:57
#6 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von Heribert Prantl
"Die Würde des Geldes ist unantastbar. Sie zu schützen ist das oberste Ziel aller staatlichen Gewalt." Also verweigern die schweizerischen Behörden Auskünfte über die Steuerflüchtlinge und sorgen so dafür, dass der deutsche Staat die Straftaten nicht ermitteln kann.


Es ist nicht die Würde des Geldes, sondern die Privatsphäre, die von der Verfassung mit Recht und rechtens geschützt wird.

Zitat
«Der Bankkunde hat ein Recht auf Schutz seiner ökonomischen Privatsphäre, die Bank hat somit die Pflicht, über alle Tatsachen, die ihre Kunden betreffen, Verschwiegenheit zu wahren.»


Das Bankkundengeheimnis ist ein Geschäftsgeheimnis, seine Einhaltung ist Voraussetzung für das Betreiben von Bankgeschäften.

Zitat von Wikipedia
Damit Schweizer Steuerpflichtige ihre Vermögen trotz des Bankgeheimnisses versteuern, gibt es die sogenannte Verrechnungssteuer. Diese VST ist eine Quellensteuer, die auf Zinserträgen von Konti, Darlehen, Aktien und Obligationen erhoben wird. Deklariert der Besitzer seine Wertschriften auf der Steuererklärung, bekommt er die Verrechnungssteuer zurück. In der Schweiz beträgt die Verrechnungssteuer 35 Prozent, dies ist einer der höchsten Prozentsätze in Europa.


Das Bankkundengeheimnis wird bei Steuerhinterziehung (Nichtdeklarieren von Einkommen oder Vermögen) nicht aufgehoben, sondern nur bei Steuerbetrug. Wird Steuerhinterziehung vermutet, kann die Behörde von sich aus eine Einschätzung des Fehlbetrages vornehmen und dem Steuerpflichtigen den Fehlbetrag belasten.
Dank des Bankkundengeheimnisses wurden in beiden Weltkriegen Vermögen von politisch verfolgten Bürgern, u.a. aus Deutschland, in die Schweiz verbracht. Damit häuften sich dann die sogenannten nachrichtenlosen Konten, die nach langen Streitereien dann in einen Fonds
überführt wurden, immer noch unter Wahrung der Identität der Kunden.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

01.02.2010 07:19
#7 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Müsste bei öffentlicher Aufforderung zu einer Straftat (Hehlerei) nicht eine Staatsanwaltschaft tätig werden? So dachte ich zumindest mal.

Gruß, Martin

FAB. Offline



Beiträge: 523

01.02.2010 07:21
#8 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten
lois jane Offline



Beiträge: 662

01.02.2010 10:50
#9 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat
Das ist dem schlichten Bürger schon lange klar. Würde sie wie er behandelt, säße die Regierung ständig hinter Gittern, zum Beispiel wegen räuberischer Erpressung (Steuern), Freiheitsberaubung (Wehrpflicht), Anstiftung zum Totschlag (robustes Mandat) oder Insolvenzverschleppung (Bundeshaushalt).



Nur hat der Staat eben das Recht dazu, genau dies zu tun (von der Insolvenzverschleppung abgesehen, aber darüber haben wir andernorts schon gesprochen).

Alles per Gesetz, als nichts von wegen "legibus solutus".

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.02.2010 10:54
#10 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat
So ist es. Denn ob jemand Steuersünder ist, das kann man ja erst nach einem entsprechenden Verfahren wissen.

Sonst wird in unserem Land viel Wert die Unschuldsvermutung hochgehalten. Selbst wenn jemand mit einer smoking gun erwischt wird, legen die Medien Wert darauf, ihn nur als "mutmaßlichen" Täter zu bezeichnen.

Nur für "die Reichen" gilt das alles nicht. Als damals die Daten aus Liechtenstein angekauft worden waren, gab es zahlreiche Kommentare, die über die Steuermoral "der Reichen" herzogen; als wenn jeder von ihnen, oder auch nur eine Mehrheit, oder auch nur eine relevante Minderheit aus Steuerhinterziehern bestehen würde.



Aber das spielt doch alles keine Rolle. Das Medien über- und verzeichnen überrascht nicht, aber der Staat muß natürlich erstmal das Beweismaterial sichten, darf aber nicht die Augen verschließen vor allem, was ihm zu Gesicht kommt. Die Frage ist nur, wie geht er beim zu Gesicht bekommen gehen darf, und da ist mir bei dieser Geschichte auch nicht wohl. Würde sich der Anbieter in Deutschland befinden, wäre ich für den schnellen Zugriff.

So weit kann das Bankgeheimnis ja wohl nicht gehen.

Allerdings glaube ich nicht, daß es "die Öffentlichkeit" (so von Dirk genannt) etwas angeht. Das Finanzamt und die Steuerfahndung interessiert es, nicht die Öffentlichkeit.


Das Weltbild, das vor zwanzig Jahren nur von der extremen Linken vertreten wurde, hat inzwischen die MSM erobert. Das Schüren einer Klassenkampf-Atmosphäre ist zum Sport von Journalisten bis in Medien hinein geworden, die man einmal der bürgerliche Mitte zugerechnet hat.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.02.2010 11:21
#11 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von lois jane
Würde sich der Anbieter in Deutschland befinden, wäre ich für den schnellen Zugriff.
So weit kann das Bankgeheimnis ja wohl nicht gehen.


Mein Punkt bei dem Artikel ist ja nicht das Bankgeheimnis (das zu wahren Sache der Schweizer Behörden ist), sondern der Umstand, daß der deutsche Staat sich als Hehler betätigen würde, wenn er eine durch eine strafbare Handlung erworbene Ware kaufte.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

01.02.2010 11:44
#12 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Wenn Ihnen die "libertäre" Formulierung meines Arguments mißfällt - hier wäre die etatistische Fassung:

"Der Staat hat nunmal mehr Rechte als die Bürger, wie wir alle wissen, warum nicht auch das Recht zu dem, was sonst Hehlerei heißen würde?"

Man müsste nur einen anderen Namen dafür finden. Wie wäre es z.B. mit "vorläufige Rechtswiederherstellungszahlung mit Rückforderungsanspruch"? Als Prantl würde ich übrigens nicht von "Auslobung" reden, wie kommt er nur darauf, sondern die Parallele zu den Lösegeldzahlungen bei Entführung deutscher Staatsbürger im Ausland ziehen.

Herzliche Grüße,
Kallias

PS. Das "legibus" war ebensowenig wörtlich zu verstehen wie der "Jovis".

vivendi Offline



Beiträge: 663

01.02.2010 15:11
#13 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Gemäss heutigen Meldungen soll es sich um den selben, ehemaligen Mitarbeiter der Genfer HSBC handeln, der zunächst nach Frankreich geflüchtet war. Aufgrund eines Amtshilfeantrags der Schweiz wurde sein PC von den französischen Behörden beschlagnahmt und "geknackt" wobei angeblich die Identität von 100'000 französischen "Steuerflüchtlingen" in die Hände der französischen Staatsanwaltschaft gelangten.
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft..._1.4735112.html

Hajo Offline



Beiträge: 440

01.02.2010 15:30
#14 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von Kallias
"Der Staat hat nunmal mehr Rechte als die Bürger, wie wir alle wissen, warum nicht auch das Recht zu dem, was sonst Hehlerei heißen würde?"



Würde sich der Staat nicht mehr Rechte anmaßen, als es jeder x-beliebige Bürger könnte, würde es den Staat überhaupt nicht geben. Der Staat ist ja eben, wenigstens in meiner naiven Idealvorstellung, der gebündelte Wille aller Bürger. Bindend für seine Handlungen sind zwar in erster Linie die Gesetze, die den Willen der Bürger widerspiegeln, aber wenn "die Bürger" es plötzlich anders wollen?

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

01.02.2010 16:11
#15 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von Hajo
Würde sich der Staat nicht mehr Rechte anmaßen, als es jeder x-beliebige Bürger könnte, würde es den Staat überhaupt nicht geben. Der Staat ist ja eben, wenigstens in meiner naiven Idealvorstellung, der gebündelte Wille aller Bürger. Bindend für seine Handlungen sind zwar in erster Linie die Gesetze, die den Willen der Bürger widerspiegeln, aber wenn "die Bürger" es plötzlich anders wollen?

Sicher, der Gesetzgeber steht über dem Gesetz in dem Sinne, daß er das Gesetz, unter dem er steht, verändern kann. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Staat notwendigerweise zweierlei Recht für sich und die Bürger schaffen muß. Wäre der Staat wirklich nur der gebündelte Wille aller Bürger, dann wäre das sogar recht unwahrscheinlich: warum sollten die Bürger für sich selbst als Einzelwesen ein anderes Recht schaffen als für sich selbst als Bündelwesen? Daraus läßt sich schließen, daß der Staat jenseits des Bürgerwillens noch eine Art von Eigenleben führt.

Herzliche Grüße,
Kallias

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.02.2010 16:22
#16 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von vivendi
die Identität von 100'000 französischen "Steuerflüchtlingen" in die Hände der französischen Staatsanwaltschaft gelangten.


M. E. kann es hier gar nicht um "Steuerflüchtlinge" gehen - denn keine Schweizer Bank kann wissen, was ein Kontoinhaber zu Hause in die Steuererklärung schreibt bzw. was er dort schreiben sollte.

Es wird wohl schlicht um Leute gehen, die eine Adresse in Frankreich haben und nun pauschal als Kriminelle gelten.

Es ist nun aber per se nicht illegal, als Ausländer ein Konto in der Schweiz zu haben. Der Fiskus wird jetzt erst einmal ermitteln müssen, ob es unter diesen Leuten überhaupt "Steuerflüchtlinge" gibt.

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.02.2010 16:43
#17 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat
Wenn Ihnen die "libertäre" Formulierung meines Arguments mißfällt - hier wäre die etatistische Fassung:

"Der Staat hat nunmal mehr Rechte als die Bürger, wie wir alle wissen, warum nicht auch das Recht zu dem, was sonst Hehlerei heißen würde?"



Ich habe mich ja gegen die staatliche Hehlerei ausgesprochen (wollte ich zumindest), wenn auch wankend. Nur, daß der Staat zu dem anderen eben das Recht (nicht "mehr" Rechte, sondern aufgrund seines Staatseins andere Rechte - "mehr" Rechte wären es nur wenn noch gutmittelalterlich der Staat durch den König verkörpert wäre).

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.02.2010 16:48
#18 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat
Zitat von Hajo
Würde sich der Staat nicht mehr Rechte anmaßen, als es jeder x-beliebige Bürger könnte, würde es den Staat überhaupt nicht geben. Der Staat ist ja eben, wenigstens in meiner naiven Idealvorstellung, der gebündelte Wille aller Bürger. Bindend für seine Handlungen sind zwar in erster Linie die Gesetze, die den Willen der Bürger widerspiegeln, aber wenn "die Bürger" es plötzlich anders wollen?


Zitat

Zitat von Kallias
Sicher, der Gesetzgeber steht über dem Gesetz in dem Sinne, daß er das Gesetz, unter dem er steht, verändern kann. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Staat notwendigerweise zweierlei Recht für sich und die Bürger schaffen muß. Wäre der Staat wirklich nur der gebündelte Wille aller Bürger, dann wäre das sogar recht unwahrscheinlich: warum sollten die Bürger für sich selbst als Einzelwesen ein anderes Recht schaffen als für sich selbst als Bündelwesen? Daraus läßt sich schließen, daß der Staat jenseits des Bürgerwillens noch eine Art von Eigenleben führt.



Aber das ist doch ein schiefer Vergleich. Der Staat maßt sich nicht mehr Rechte an als dem Bürger, sondern existiert auf einer anderen Ebene - er selbst ist ja kein Bürger. Allerdings beansprucht er - und damit sind wir beim Absolutismus aus dem anderen Thread - ein Monopol auf diese Stellung.

Darüberhinaus gibt es noch eine Gewaltenteilung - der Staat handelt als Exektuive, die Gesetze nach denen dies zu erfolgen hat gibt die Legislative - und außerdem noch die Unterscheidung Gesetzgeber - Verfassungsgeber. Zugegeben, in Deutschland ist das durch die leichte Methode der Verfassungsänderung und die Häufigkeiten solcher Änderungen verwischt, aber zumindest am Anfang, als die Verfassung mal gegeben wurde, gab es den Staat - weder als Legislative noch als Exekutive - noch gar nicht.

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.02.2010 16:50
#19 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Vielleicht ist das ja schon geschehen! Aber dann erschiene mir die Anzahl doch etwas hoch - so schlimm wird es doch noch nicht stehen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.02.2010 19:19
#20 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von lois jane
"mehr" Rechte wären es nur wenn noch gutmittelalterlich der Staat durch den König verkörpert wäre).


Wenn Sie mir die kleine Beckmesserei nicht übel nehmen, liebe Lois Jane: Was Sie schreiben, das trifft für den Absolutismus des 17. und 18. Jahrhunderts zu, aber nicht für das Mittelalter.

Einen "Staat" in unserem Sinn gab es damals gar nicht, sondern nur das "Reich" als eine Art Dachorganisation, an deren Spitze aber ja der Kaiser stand. Könige hatten eigentlich keine besonders herausgehobene Position; in anderen Ländereien stand an der Spitze ein Herzog oder ein Fürstbischof; dazu kamen die freien Reichsstädte und viele andere Gebilde.

Der erste Vorläufer eines Verwaltungsstaats moderner Prägung soll im Abendland - ich habe darüber einmal vor Jahrzehnten eine Arbeit gelesen und erinnere mich nur noch an diese Botschaft - das Königreich Sizilien der Staufer um 1300 gewesen sein; offenbar unter arabischem Einfluß entstanden. Aber erst nach der Renaissance ging es im ganzen Abendland Richtung Staat, bis eben zum Kulminationspunkt im Absolutismus.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.02.2010 19:24
#21 Zitieren Antworten

Zitat von lois jane
Vielleicht ist das ja schon geschehen! Aber dann erschiene mir die Anzahl doch etwas hoch - so schlimm wird es doch noch nicht stehen.


Kleine Bitte, liebe Lois Jane: Könnten Sie vielleicht einen solchen Kommentar an ein Zitat anschließen?

Ich lese - wie vermutlich die meisten - dann, wenn ich längere Zeit offline war und inzwischen viel geschrieben wurde, die Threads im Flat-Modus. Und da kann ich mit einer solchen Bemerkung ohne Bezug überhaupt nichts anfangen.

Sie hatten ja kürzlich nach dem Zitieren gefragt. Darf ich Sie als "Neue" (aber schon, wie mir scheint, bestens aufgenommene Zimmerfrau ) auf die Informationen zur Handhabung des Forums aufmerksam machen?

Wenn Sie das einmal durchgelesen haben, dann kennen Sie alle Kniffs und Tricks und das Forum liegt Ihnen (technisch, meine ich ) zu Füßen.

Herzlich, Zettel

automat Offline



Beiträge: 158

01.02.2010 19:28
#22 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Ihre Analogie ist so nicht ganz richtig. Der Staat tritt hier ja nicht nur als Hehler auf, so man diese Bezeichnung denn akzeptieren will, er ist ja auch und vor allem der Bestohlene und Geschädigte, der gegen Entgelt Angaben über Namen und präzise Beute der "Diebe" bekommen kann und diese dann zur Rechenschaft ziehen will. Wenn Sie Ihre Analogie um diesen entscheidenden Aspekt erweitern, fällt die Pointe auch gleich ganz anders aus.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.02.2010 20:02
#23 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von automat
Ihre Analogie ist so nicht ganz richtig. Der Staat tritt hier ja nicht nur als Hehler auf, so man diese Bezeichnung denn akzeptieren will, er ist ja auch und vor allem der Bestohlene und Geschädigte, der gegen Entgelt Angaben über Namen und präzise Beute der "Diebe" bekommen kann und diese dann zur Rechenschaft ziehen will.


Das weiß niemand, lieber Automat. Noch sind die Betreffenden nur Bürger, die Geld auf Schweizer Konten haben. Ob jemand von ihnen Steuern hinterzogen hat, kann doch erst ein Verfahren zeigen.

Aber selbst wenn auf der CD die Daten von Steuerhinterziehern sein sollten - ich sehe das so, wie in dem Text als Meinung von Strafverteidigtern zitiert. "Um eine mittelschwere Straftat (Steuerbetrug) zu verfolgen, begehen Organe des Rechtsstaats selbst Straftaten (Hehlerei, Begünstigung, Beihilfe zur strafbaren Verwertung von Geschäftsgeheimnissen, Hehlerei). Ein rechtswidrig handelnder Staat habe jede Legitimation verloren, die Gerechtigkeit wiederherzustellen".

Ein anderer Gesichtspunkt ist der des Datenschutzes. Gerade heute gibt es empörte Stimmen von "Datenschützern" wegen des mit den USA vereinbarten Austauschs von Daten über potentielle Terroristen.

Da sind sie hellwach, die Datenschützer, wenn potentielle Terroristen betroffen sind. Wenn es aber nur "die Reichen" sind, deren Bankgeheimnis gebrochen wird - und die ja auch allenfalls potentielle Steuerhinterzieher sind - dann finden dieselben Leute, wie Gabriel und Künast, das OK.

Das, lieber Automat, ist es, was ich mit der sich ausbreitenden Atmosphäre eines Klassenkampfs meine.

Vorurteile existieren heutzutage nur noch in geringem Maß gegenüber deren klassischen Opfer wie Ausländern. Vorurteile gegen Reiche aber grassieren und werden öffentlich kaum jemals beanstandet. Manchmal hat man den Eindruck, es finde geradezu eine Hexenjagd statt.

Herzlich, Zettel

Omni Offline



Beiträge: 255

02.02.2010 00:41
#24 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Ich frag mich bei der ganzen Geschichte wie es überhaupt legal sein kann, dass die Exekutive sowas ohne gesetzliche Grundlage einfach nach Gutdünken entscheiden kann? Und ich frag mich auch wie das dann abläuft. Schickt der Rechtsvertreter des Diebes der Bundesregierung eine Email mit Kontodaten oder gibt es eine Kofferübergabe mit Männern mit Sonnenbrillen und dunklen Mänteln?
Allerdings finde ich den Einwand, dass der Staat bereits heute bei V-Leuten und dem Geheimdienst eine Amnestie für normalerweise strafbare Handlungen ermöglicht, recht stichhaltig. Ein Informant, der im Milieu des organisierten Verbrechens agiert, tut dies ja auch nur aus Eigennutz. Wenn man das eine befürwortet, muss man wohl auch diese Hehlerei befürworten?

califax Offline




Beiträge: 1.502

02.02.2010 01:15
#25 RE: Zettels Meckerecke: Der Staat als Hehler? Antworten

Zitat von Omni
Wenn man das eine befürwortet, muss man wohl auch diese Hehlerei befürworten?



Ja. Da habe ich auch so meine Fragen.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

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