Zitat von ZettelKurzum, lieber Herr: Mir wäre es egal, ob ich in einem Sozialismus à la Ulbricht und Honecker oder in einem Sozialismus à la Gysi leben müßte. Das ist Tweedledum oder Tweedledee.
Nett gesagt, lieber Zettel! - Nein, ich glaube, es wäre mir nicht egal!
Das Ökonomische ist das Eine, das Andere ist die Herrschaftsausübung. Ein irriges ökonomisches Konzept – Planwirtschaft – mag dumm und falsch sein, und darunter hätten die Menschen zu leiden. Ob ich dafür eingesperrt oder benachteiligt werde, dass ich das kritisiere, ist eine zweite Frage. Und da weiß ich, wie weit Ulbricht und Honecker gegangen sind und bezweifle eben doch, ob Gysi auch so weit gehen würde ...
Und dann gibt's noch das umgekehrte Phänomen: China ... Marktwirtschaft + Einparteienherrschaft, worauf ich mir bis heute noch keinen rechten Reim machen kann
Zitat von ZettelKurzum, lieber Herr: Mir wäre es egal, ob ich in einem Sozialismus à la Ulbricht und Honecker oder in einem Sozialismus à la Gysi leben müßte. Das ist Tweedledum oder Tweedledee.
Nett gesagt, lieber Zettel! - Nein, ich glaube, es wäre mir nicht egal! Das Ökonomische ist das Eine, das Andere ist die Herrschaftsausübung. Ein irriges ökonomisches Konzept – Planwirtschaft – mag dumm und falsch sein, und darunter hätten die Menschen zu leiden. Ob ich dafür eingesperrt oder benachteiligt werde, dass ich das kritisiere, ist eine zweite Frage. Und da weiß ich, wie weit Ulbricht und Honecker gegangen sind und bezweifle eben doch, ob Gysi auch so weit gehen würde ... Und dann gibt's noch das umgekehrte Phänomen: China ... Marktwirtschaft + Einparteienherrschaft, worauf ich mir bis heute noch keinen rechten Reim machen kann
Sie sprechen, lieber Herr, genau die beiden Punkte an, zu denen ich eigentlich noch etwas hatte schreiben wollen; aber dann fehlten mir Zeit und Lust dazu.
Herrschaft: Sie folgt mit Notwendigkeit aus der Verarmung. Denn die Menschen sehen ja, daß es ihnen schlechter geht als im Kapitalismus. Sie wollen also den Kapitalismus; jedenfalls in ihrer Mehrheit und sobald sie Zugang zu Informationen haben.
Der Sozialismus kann also nur mit Gewalt gegen die Mehrheit der Bevölkerung aufrechterhalten werden. Das gilt ohne Ausnahme, für jede Variante des Sozialismus.
Der Grad der Gewalt hängt vom Grad des Widerstands ab. Auch in der Ostzone wurde jeder Widerstand gegen den Sozialismus anfangs barbarisch bestraft (beispielsweise mit Jahrzehnten Zwangsarbeit in Sibieren, da halfen die Freunde gern aus). Später hatte man die Untertanen so weit kirre, daß man zu dem übergehen konnte, was Günter Grass in einer perfiden Formulierung eine "kommode Diktatur" nannte.
Zur notwendigen sozialistischen Gewalt gehört, daß man die Untertanen einsperrt. Das hat nicht nur die DDR so gemacht, sondern das macht beispielsweise auch Cuba so. Vor ein paar Jahren hat Fidel Castro in einem Konflikt mit den USA seine Trumpfkarte gespielt: Er könne ja auch die Ausreise von Cubanern in die USA erlauben. Der Subtext war: Dann könnt ihr mal sehen, wohin mit allen den Flüchtlingen.
China: Es gibt in China den Sozialismus nur noch in Restbeständen, nämlich in Form verbliebener Staatsbetriebe und einer starken Regulierung einer ansonsten kapitalistischen Wirtschaft.
Das Land ist natürlich weiter eine Dikatur, aber eben keine sozialistische mehr. Das heutige Modell Chinas ist das Modell des Chile von Pinochet: Wirtschaftliche Freiheit, flankiert von politischer Diktatur.
Ich halte diese Kombination nicht für auf Dauer lebensfähig; aber das ist wieder ein anderes Thema.
Zitat von JeffDavisEs kann mE keinen Zweifel daran geben, daß die Frau durch ihre Mitgliedschaft eine verfassungsfeindliche Partei unterstützt, denn die Linkspartei will letztlich die in §4 Abs.2 BVerfSchG genannten tragenden Teile der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beseitigen. Wenn nicht jedes einzelne Mitglied, so doch die Partei als solche, wozu im Ergebnis die Gesamteinschätzung der Partei sehr wohl von Bedeutung ist.
Müßte aber die Verfassungsfeindlichkeit nicht erst einmal gerichtlich festgestellt werden, damit sie bei einer Entscheidung wie derjenigen, über die wir jetzt diskutieren, berücksichtigt werden kann?
Da sprechen Sie ein gewichtiges Problem an, das ja auch schon bei den Radikalen-Erlassen oder bei der Bekämpfung verfassungsfeindlicher Gruppierungen auf der rechten Seite die politische Öffentlichkeit beschäftigt hat.
Nach Art.21 Abs.2 GG ist nur das BVerfG befugt, die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei verbindlich festzustellen. Auf dem Papier gewährt Art.18 GG die Möglichkeit, durch das BVerfG feststellen zu lassen, daß eine einzelne Person bestimmte Grundrechte verwirken kann. Dieser Artikel ist mW jedoch niemals angewandt worden.
Die rechtlichen und organisatorischen Probleme eines Parteiverbots liegen auf der Hand. Während das SRP-Verbot vergleichsweise zügig und leicht bewerkstelligt wurde, verursachte das Verbot der KPD sehr viel Aufwand. Das geplante NPD-Verbot scheiterte aufgrund der dilettantischen Vorbereitung von Seiten der verantwortlichen Minister. Da weiter in D der antitotalitäre Grundkonsens längst zerbrochen ist, wird ein Parteiverbot verfassungsfeindlicher Parteien auf der linken Seite des politischen Spektrums nicht erfolgen. Das Parteiverbot ist ohnehin kein rein rechtliches Mittel, weil keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates zur Einleitung des Verfahrens besteht, sondern im Grunde ein politisches. Die Chance eines Verbots der Linkspartei sind gleich Null.
Trotzdem hat der Staat prinzipiell ein auch von den Gerichten anerkanntes Interesse daran, Personen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen oder ihre Verfolgung unterstützen, nicht einzubürgern. Der Grundgedanke ist dabei, daß die Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit als solche zu unterscheiden ist von der Frage, welche Rechtsfolgen sie hat und wer diese Konsequenzen aussprechen darf.
Die im StAG und BVerfSchG zur näheren Bestimmung der Verfassungsfeindlichkeit insoweit enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe werden von den Behörden nach Maßgabe der Verwaltungsvorschriften ausgelegt und angewandt, wenn es um die Einbürgerung geht. Sie unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle bis hin zum BVerfG. Bei der Verwirkung von Grundrechten oder dem Parteiverbot stellt das BVerfG die Verfassungsfeindlichkeit in erster und letzter Instanz selbst fest.
Verwirkung und Parteiverbot als am weitesten reichende Rechtsfolgen sind dem BVerfG vorbehalten, während die Ablehnung einer Einbürgerung durch die zuständige Behörde erfolgen kann. Ich habe auch kein einziges Gerichtsurteil gefunden, daß derartige Regelungen für verfassungswidrig hält, weil die Partei, die unterstützt wird, nicht verboten ist.
Denke, lieber JeffDavis, für diese Präzisierungen.
Zitat von JeffDavisDa weiter in D der antitotalitäre Grundkonsens längst zerbrochen ist, wird ein Parteiverbot verfassungsfeindlicher Parteien auf der linken Seite des politischen Spektrums nicht erfolgen.
Das sehe ich auch so. Ich finde es nicht schlimm, denn meines Erachtens sollte das Verbot einer Partei nur eine ultima ratio sein; das gilt für links wie für rechts wie auch (was ja kommen kann) eine islamistische Partei.
Das politische Problem ist natürlich (abgesehen von der Hürde bezüglich Spitzeln, die das BVerfG aufgebaut hat), richtig abzuwägen: Solange eine Partei klein und einflußreich ist (sagen wir, wie jetzt die zweifellos verfassungswidrige MLPD), ist ein Verbot nicht erforderlich. Ist sie zu groß und einflußreich geworden, wie jetzt die Linkspartei, dann ist ein solcher Antrag nicht mehr politisch durchsetzbar.
Zitat von JeffDavisTrotzdem hat der Staat prinzipiell ein auch von den Gerichten anerkanntes Interesse daran, Personen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen oder ihre Verfolgung unterstützen, nicht einzubürgern. Der Grundgedanke ist dabei, daß die Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit als solche zu unterscheiden ist von der Frage, welche Rechtsfolgen sie hat und wer diese Konsequenzen aussprechen darf.
Wenn ich es recht sehe, wird zwischen Verfassungswidrigkeit (die nur das BVerfG feststellen kann) und Verfassungsfeindlichkeit unterschieden; Letzteres ein Begriff, von dem ich nicht weiß, ob er überhaupt gesetzlich definiert ist und wenn ja, wie er sich von Verfassungswidrigkeit unterscheidet.
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