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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 49 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.08.2010 03:10
Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Eigentlich wollte ich nur Charles Krauthammer zitieren und ihn kurz und zustimmend kommentieren. Während ich den Artikel schrieb und dafür recherchierte, habe ich dann gesehen, daß gestern Rayson zum selben Thema geschrieben hat.

Das hat mich veranlaßt, einen etwas längeren Text zu verfassen, länger und auch in meinen Augen gewichtiger als das übliche "Zitat des Tages". Aber ihn umarbeiten, so daß er als einer der größeren Artikel mit Vignette erscheint, mochte ich dann auch nicht mehr. Zumal Krauthammer es einmal wieder verdient, zitiert zu werden.

Abraham Offline



Beiträge: 174

17.08.2010 08:06
#2 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Lieber Zettel,

die Symbolik des Ortes könnte für Muslime New Yorks ein guter Grund sein, auf den Moscheebau an dieser Stelle zu verzichten. Aber das ist ihre Entscheidung. Die Symbolik ist kein Grund, ihnen den Bau zu verbieten. Rücksicht auf Gefühle anderer ist ein viel zu vager Grund, um die Rechte einer Religionsgemeinschaft auf den Bau von Gebetsstätten einzuschränken.

Auf einem anderen Blatt steht das Unverständnis vieler Gutmenschen für die Empörung in den USA über die Moschee-Baupläne. Sie predigen ständig, dass man lieber Rechte nicht wahrnehmen sollte, wenn Muslime sich beleidigt fühlen könnten (Beispiel: Mohammed-Karikaturen), um des lieben Friedens willen, denn das Bestehen auf solchen Rechten wäre ja "kulturkämpferisch". Ihnen kann man nur überzeugend entgegentreten, wenn man die Rechte der Anderen ganz selbstverständlich nicht in Frage stellt.

Grüße,

Abraham

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

17.08.2010 08:30
#3 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Zettel
Die Kommunen erstellen Baupläne und genehmigen Bauten; das ist das Spannungsfeld zwischen der Freiheit des Eigentums und dem Interesse der örtlichen Gemeinschaft.

Wenn die New Yorker Behörden endgültig über das Projekt entscheiden, dann sind sie verpflichtet, alle relevanten Gesichtspunkte zu prüfen. Zu diesen gehört eben auch die symbolische Bedeutung eines solchen Orts (...)

Das mit den Bauplänen und Genehmigungen ist ja ganz richtig. Da gibt es Flächennutzungspläne, Bauvorschriften und dergleichen mehr, die für alle gelten, die etwas bauen wollen. Wenn hingegen die Behörde aufgrund von Interessen, also willkürlich und nicht auf der Grundlage allgemeingültiger Vorschriften, Bauten genehmigen oder ablehnen soll, würde ihr das zuviel Selbstherrlichkeit geben. Anders gesagt: relevant können nur solche Gesichtspunkte sein, die in den Gesetzen und Vorschriften enthalten sind, nicht jene, die in einer öffentlichen Debatte plötzlich zur Geltung gebracht werden. Wie weit muß ein Moscheebau von Ground Zero entfernt sein, um den "geheiligten Ort" nicht zu entweihen? Wenn 180 m zu nah ist, wie wäre es dann mit 500 m? So etwas kann doch nicht ein Bürokrat nach Gutdünken entscheiden!

Herzliche Grüße,
Kallias

EDIT: Bei genauerem Nachdenken scheint mir das letztgenannte Argument nicht korrekt zu sein. Im Gegenteil: solche Fragen liegen gerade im Ermessen einer Behörde. Angenommen, die Bauvorschrift würde besagen, daß Ground Zero ein nationaler Gedenkort ist, in dessen Nähe keine Einrichtungen, die weltanschaulichen Zwecken dienen, genehmigt werden sollen: dann liegt es an der Behörde zu ermessen, was "zu nah" und was zu "weltanschaulich" ist, um genehmigt zu werden. Nur würde es sich dabei um das Ermessen bei der Anwendung einer Vorschrift handeln, nicht um ein ungebundenes Ermessen, das nicht auf einer Vorschrift beruht, sondern auf subjektivem Gutdünken.

Zazaz Offline



Beiträge: 52

17.08.2010 09:18
#4 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Das Problem ist allerdings, dass der Islam keine Religion wie alle anderen ist sondern mit einem totalitären Rechtssystem namens Scharia daherkommt nebst dem Auftrag an alle Gläubigen, solange zu kämpfen bis dies weltweit etabliert ist und alle anderen Relgigionen unterworfen sind und entweder übertreten oder eine Strafsteuer als Bürger zweiter Klasse zahlen.

Dabei ist eine Programmatik wie z.B. Todesstrafe für den Austritt aus dem Islam keine extremistische Position, sondern islamischer Mainstream. Eine Studie in GB hat unlängst ergeben, dass viele "gemäßigte" muslimische Organisationen nicht im Ziel (globale Scharia) sondern lediglich in den Methoden (kein Terror) von den sog. Islamisten unterscheiden.

Wie soll man als liberaler mit einer solchen radikal anti-liberalen Religion umgehen?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.08.2010 10:04
#5 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Kallias
Wenn hingegen die Behörde aufgrund von Interessen, also willkürlich und nicht auf der Grundlage allgemeingültiger Vorschriften, Bauten genehmigen oder ablehnen soll, würde ihr das zuviel Selbstherrlichkeit geben. Anders gesagt: relevant können nur solche Gesichtspunkte sein, die in den Gesetzen und Vorschriften enthalten sind, nicht jene, die in einer öffentlichen Debatte plötzlich zur Geltung gebracht werden. (...)

Bei genauerem Nachdenken scheint mir das letztgenannte Argument nicht korrekt zu sein. Im Gegenteil: solche Fragen liegen gerade im Ermessen einer Behörde. Angenommen, die Bauvorschrift würde besagen, daß Ground Zero ein nationaler Gedenkort ist, in dessen Nähe keine Einrichtungen, die weltanschaulichen Zwecken dienen, genehmigt werden sollen: dann liegt es an der Behörde zu ermessen, was "zu nah" und was zu "weltanschaulich" ist, um genehmigt zu werden. Nur würde es sich dabei um das Ermessen bei der Anwendung einer Vorschrift handeln, nicht um ein ungebundenes Ermessen, das nicht auf einer Vorschrift beruht, sondern auf subjektivem Gutdünken.


Lieber Kallias,

natürlich können Behörden nur aufgrund des Ermessensspielraums entscheiden, den ihnen das Gesetz und ihre Vorschriften geben. Wenn der Artikel den Eindruck erwecken konnte, ich hätte für einen Rechtsbruch plädiert, dann habe ich das schlecht formuliert.

Die Rechtslage in New York kann ich nicht beurteilen; darum habe ich ja auch nur vom Prüfen aller relevanten Gesichtspunkte gesprochen.

Jedenfalls müßte für den Bau der Moschee ein Gebäude abgerissen werden, das zum historischen Stadtbild gehört. Darüber wird noch prozessiert.

Zahlreiche Politiker, darunter Rudy Guiliano und der ungewöhnlich integere Joe Lieberman haben sich gegen eine Genehmigung ausgesprochen; zumindest Guiliano als ehemaliger Bürgermeister von New York sollte wissen, ob das rechtlich möglich ist.

Der Kandidate für das Gouverneursamt von New York hat gesagt, daß er im Fall seiner Wahl das Projekt juristisch zu stoppen versuchen werde, und zwar mittels der Rechtsvorschrift der Eminent Domain.



Aber es ging mir in dem Artikel gar nicht um diesen rechtlichen Aspekt; ich habe den Absatz dazu ja auch vorsichtig formuliert (aber, wie es scheint, doch nicht vorsichtig genug).

Es ging mir darum, daß man das Thema nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Freiheit beurteilen sollte. Es hat diesen symbolischen Aspekt, den Krauthammer hervorhebt, und den es eben auch für die Initiatoren hat. Das wird aus dem Zitat am Ende des Artikels vielleicht deutlich.

Am besten wäre es natürlich, die Initiatoren würden aufgrund der öffentlichen Reaktion auf dieses Projekt verzichten und diese Moschee anderswo in New York bauen.

Wenn es ihnen, wie sie behaupten, um ein Einreißen von Gräben geht, dann sehen sie jetzt, daß sie das Gegenteil erreichen würden, und sie müßten schon deshalb logischerweise den Plan aufgeben.

Die Autoren, die ich am Schluß zitiere, weisen in ihrem Artikel auch darauf hin, daß es geeignetere Möglichkeiten geben würde, ein positives Zeichen zu setzen, als gerade dort eine Moschee zu bauen. Zum Beispiel eine von amerikanischen Moslems finanzierte Gedenkstätte oder ein ökumenisches Gebäude, das allen Religionen für Andachten und Begegnungen offensteht.

Herzlich, Zettel

Nachtrag: Der zitierte Kandidat für das Gouverneursamt ist Carl Paladino. Diese und alle anderen Angaben habe ich dem am Beginn meines Artikels verlinkten Wikipedia-Artikel entnommen.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

17.08.2010 10:16
#6 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Mal angenommen, die Moschee wird gebaut und gerät in Brand. In Anbetracht der New Yorker Feuerwehrleute, die an 9/11 ihr Leben verloren, weiß ich nicht, wie enthusiastisch dann gelöscht würde...

Und mir bleibt schon der Name "Cordoba House" im Hals stecken.

Zitat von Wikipedia
Some opponents also criticized its original name, Cordoba, considering it a reference to Islamic conquest because the Christian Spanish city of Córdoba was conquered by the Islamic Moors and became the capital of the Muslim caliphate; however, the sponsors said the name was meant to invoke 8th–11th century Córdoba, where they said Muslims, Christians, and Jews co-existed in relative peace.


So hirnlos können die Sponsoren doch gar nicht sein, oder?

Es gab schon Vorschläge, wie man diesem Projekt auf gut liberale Weise begegnen kann. Beispielsweise mit einer Schwulenbar gleich gegenüber. Als Name würde sich ja "Reconquista" oder "El Cid" anbieten.

--
La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.08.2010 10:39
#7 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Gorgasal
Und mir bleibt schon der Name "Cordoba House" im Hals stecken.

Zitat von Wikipedia
Some opponents also criticized its original name, Cordoba, considering it a reference to Islamic conquest because the Christian Spanish city of Córdoba was conquered by the Islamic Moors and became the capital of the Muslim caliphate; however, the sponsors said the name was meant to invoke 8th–11th century Córdoba, where they said Muslims, Christians, and Jews co-existed in relative peace.


So hirnlos können die Sponsoren doch gar nicht sein, oder?



Selbst wenn sie das nur in dem von ihnen behaupteten Sinn meinen sollten, ist es eine Provokation; denn in Córdoba lebten die drei Religionen natürlich unter islamischer Herrschaft zusammen.

Noch eine andere Information aus dem Wikipedia-Artikel:

Zitat von Wikipedia
Mahmoud al-Zahar, who is Hamas chief of the Gaza Strip, said of the planned Cordoba House: "We have to build everywhere," and "In every area we have, (as) Muslim(s), we have to pray, and this mosque is the only site of prayer." Zahar said that Muslims around the world, including those who live in [the USA]], are united in a common cause. "First of all, we have to address that we are different as people, as a nation, totally different," he said. "We already are living under the tradition of Islam... Islam is controlling every source of our life as regard to marriage, divorce, our commercial relationships... Even the Islamic people or the Muslims in your country, they are living now in the tradition of Islam. They are fasting; they are praying."


Das ist ein Beispiel für die Außenwirkung. Der Bau der Moschee würde von Islamisten, und vermutlich auch von anderen Moslems, als Sieg über den Westen gesehen werden.

Was die Haltung des Initiators Abdul Rauf zur Hamas angeht, steht dies in dem Artikel:

Zitat von Wikipedia
... former New York Mayor Rudy Giuliani also claimed that Abdul Rauf "has a record of support for causes that were sympathetic with terrorism." In June 2010, when asked in an interview whether he agreed with the U.S. State Department's assessment of Hamas as a terrorist organization, Abdul Rauf said: "I'm not a politician. The issue of terrorism is a very complex question." Adding "I am a peace builder. I will not allow anybody to put me in a position where I am seen by any party in the world as an adversary or as an enemy,"


Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

17.08.2010 11:25
#8 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Zettel
Zahlreiche Politiker, darunter Rudy Guiliano und der ungewöhnlich integere Joe Lieberman haben sich gegen eine Genehmigung ausgesprochen; zumindest Guiliano als ehemaliger Bürgermeister von New York sollte wissen, ob das rechtlich möglich ist.

Mein Punkt ist nicht, ob es nach New Yorker Rechtslage "möglich" ist (obwohl ein "kann verboten werden" seltsam wäre - entweder gibt es eine Vorschrift gegen einen derartigen Bau, dann darf er nicht genehmigt werden, andernfalls muß man ihn genehmigen). Ich denke vielmehr: Ein Recht, das der Genehmigungsbehörde die Entscheidung nach beliebigen Kriterien oder Kann-Vorschriften erlaubt, wäre aus meiner Sicht viel zu permissiv.

Würde es eine klare Vorschrift geben, daß an dieser Stelle kein Gotteshaus gebaut werden darf, welchen Sinn hätten dann all die Protestäußerungen von Giuliani et al.? Dann bräuchte man ja nur abzuwarten, bis die Genehmigungsbehörde ihre Arbeit tut. Es wirkt nicht gerade überzeugend rechtsstaatlich, wenn alle krampfhaft nach irgendwelchen Möglichkeiten für ein Verbot suchen, wie dieser hier:

Zitat von Zettel
Der Kandidat für das Gouverneursamt von New York hat gesagt, daß er im Fall seiner Wahl das Projekt juristisch zu stoppen versuchen werde, und zwar mittels der Rechtsvorschrift der Eminent Domain.

Die Enteignung eines Grundstücks, was "Eminent Domain" ja bedeutet, nur weil dem Gouverneur ein Bauvorhaben nicht passt, dürfte es in einem Rechtsstaat nämlich auch nicht geben. Auch dafür müssten allgemeingültige Kriterien vorliegen, wie der Ausbau von Verkehrswegen u. dgl.

Zitat von Zettel
Es ging mir darum, daß man das Thema nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Freiheit beurteilen sollte.

Was ja auch Rayson nicht tut (dem ich ganz zustimme). Der "entscheidende Punkt", an dem Sie anderer Meinung als Rayson sind, ist mir leider nicht verständlich.

Zitat von Zettel
Wenn es ihnen, wie sie behaupten, um ein Einreißen von Gräben geht, dann sehen sie jetzt, daß sie das Gegenteil erreichen würden, und sie müßten schon deshalb logischerweise den Plan aufgeben.

Die Autoren, die ich am Schluß zitiere, weisen in ihrem Artikel auch darauf hin, daß es geeignetere Möglichkeiten geben würde, ein positives Zeichen zu setzen, als gerade dort eine Moschee zu bauen. Zum Beispiel eine von amerikanischen Moslems finanzierte Gedenkstätte oder ein ökumenisches Gebäude, das allen Religionen für Andachten und Begegnungen offensteht.

Wohl wahr!

Herzliche Grüße,
Kallias

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.08.2010 11:50
#9 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Kallias
Mein Punkt ist nicht, ob es nach New Yorker Rechtslage "möglich" ist (obwohl ein "kann verboten werden" seltsam wäre - entweder gibt es eine Vorschrift gegen einen derartigen Bau, dann darf er nicht genehmigt werden, andernfalls muß man ihn genehmigen). Ich denke vielmehr: Ein Recht, das der Genehmigungsbehörde die Entscheidung nach beliebigen Kriterien oder Kann-Vorschriften erlaubt, wäre aus meiner Sicht viel zu permissiv.
Würde es eine klare Vorschrift geben, daß an dieser Stelle kein Gotteshaus gebaut werden darf, welchen Sinn hätten dann all die Protestäußerungen von Giuliani et al.?


Ich weiß nicht, welche Vorschriften in New York gelten. Aber vielleicht sind sie ja in wesentlichen Punkten ähnlich den deutschen.
Und da gibt es eben für solche Bauten nicht nur eine Behörde, die nach Schema F und etwas Ermessensspielraum prüft. Die Behörde ist bei uns nur zuständig, wenn schon ein Bebauungsplan (vom Stadtparlament) beschlossen wurde, der viele wesentlichen Parameter für mögliche Bauvorhaben festlegt. Solche Standard-Bebauungspläne ermöglichen dann auch nur Standardbauten, also die üblichen Wohn- oder Geschäftshäuser.

Eine Moschee, die nicht nur ein Gebetsraum in einem umgewidmeten Büro etc. sein will, kann normalerweise nicht nach dem üblichen Bebauungsplan genehmigt werden. Wie viele andere größere Bauten auch muß der Bauherr da einen Antrag auf einen "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" stellen, d.h. das Stadtparlament muß ihm ein Sonderrecht einräumen.

Das ist dann im wesentlichen eine politische Entscheidung - aber auch die darf nicht völlig willkürlich sein. Wenn also eine Moschee abgelehnt würde, aber auf dem Nachbargrundstück eine ähnlich große Kirche genehmigt wird, dann wäre eine Klage durchaus aussichtsreich. Für so eine Ungleichbehandlung müßte man triftige Gründe vorbringen.

Die New Yorker Debatte macht bei mir den Eindruck, daß die Rechtslage ähnlich ist. Es bedarf einer speziellen Genehmigung, die muß gerichtsfest begründbar sein, hat aber dabei einen deutlich größeren Spielraum als eine Verwaltungsbehörde.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

17.08.2010 12:05
#10 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von R.A.
Das ist dann im wesentlichen eine politische Entscheidung - aber auch die darf nicht völlig willkürlich sein. Wenn also eine Moschee abgelehnt würde, aber auf dem Nachbargrundstück eine ähnlich große Kirche genehmigt wird, dann wäre eine Klage durchaus aussichtsreich. Für so eine Ungleichbehandlung müßte man triftige Gründe vorbringen.


In diesem konkreten Fall könnte man natürlich argumentieren, dass genau solche triftigen Gründe vorliegen.

Ebenso wie man in Pearl Harbor argumentieren kann, dass hier ein mongolisches, aber kein japanisches Kulturzentrum gebaut werden kann. Oder in Auschwitz gerne ein mexikanisches, aber kein deutsches.

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.08.2010 12:22
#11 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Gorgasal
In diesem konkreten Fall könnte man natürlich argumentieren, dass genau solche triftigen Gründe vorliegen.


Richtig.
Genau so würde ich auch entscheiden, wenn ich einen analogen Fall bei uns im Stadtrat hätte.

Obama und andere Gutmenschen scheinen das nicht so zu sehen.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

17.08.2010 12:26
#12 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat
Das mit den Bauplänen und Genehmigungen ist ja ganz richtig. Da gibt es Flächennutzungspläne, Bauvorschriften und dergleichen mehr, die für alle gelten, die etwas bauen wollen.



Nur zur Klarstellung, was die Situation in Deutschland betrifft (und vielleicht ist das in den USA ja ähnlich):

Bei einer Baugenehmigung wird nicht nur sozusagen das rohe Gebäude genehmigt in dem dann eine beliebige Nutzung stattfinden kann.
Sondern die zulässige Nutzung kann baurechtlich sehr wohl beschränkt sein.

Teilweise wird da (baurechtlich!) sogar sehr genau hineindirigiert.
Es kommt z.B. oft vor, dass bei einer Einzelhandelsimmobilie in der Baugenehmigung etwas steht wie "2000 qm Möbelhandel, davon maximal 150 qm für Glas,Porzellan,Keramik und maximal 200 qm für Heimtextilien".
Auch Nutzungen mit irgendwelchen "negativen Emmissionen" können ausgeschlossen werden. Nicht nur eine Disko. Sondern z.B. auch eine Spielhalle.

Wenn also in Deutschland ein Gebäude den (technischen) Bauvorschriften entspricht und als z.B. Wohngebäude genehmigt ist, dann darf man darin nicht ohne weiteres z.B. eine Kirche betreiben. Selbst dann, wenn am eigentlichen Bau (den Mauern etc.) nicht das geringste geändert wird.

Diese Begrenzungen der NUTZUNG (im Gegensatz zur Reglementierung des reinen BAUKÖRPERS) ist rechtsstaatlich sehr wohl zu begründen.
Entsprechend wäre es im deutschen Baurecht auch durchaus möglich, den Bau einer Moschee an einer bestimmten Stelle zu unterbinden.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

17.08.2010 12:40
#13 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Florian
Entsprechend wäre es im deutschen Baurecht auch durchaus möglich, den Bau einer Moschee an einer bestimmten Stelle zu unterbinden.


Aufgrund der negativen Emissionen...

--
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.08.2010 12:58
#14 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Lieber Kallias,

nur kurz zwei Kommentare:

Zitat von Kallias
Würde es eine klare Vorschrift geben, daß an dieser Stelle kein Gotteshaus gebaut werden darf, welchen Sinn hätten dann all die Protestäußerungen von Giuliani et al.? Dann bräuchte man ja nur abzuwarten, bis die Genehmigungsbehörde ihre Arbeit tut.


Dazu haben ja inzwischen R.A. und Florian etwas geschrieben und das gesagt, was ich auch für New York vermute: Daß es bei solchen Bauvorhaben weite Ermessensspielräume gibt und daß dabei wesentlich auch politische Entscheidungen getroffen werden. Wenn ich mich recht erinnere, hat es zum Beispiel eine lange Diskussion über die Neubebauung des eigentlichen Ground Zero gegeben.

Man kann natürlich argumentieren, daß es anders sein sollte und daß alles entweder durch starre Vorschriften geregelt oder dem Bauherrn überlassen bleiben sollte. Ich würde das für ungünstig halten.

Zitat von Kallias
Der "entscheidende Punkt", an dem Sie anderer Meinung als Rayson sind, ist mir leider nicht verständlich.

Rayson plädiert, wenn ich ihn recht verstehe, dafür, daß diese Moschee gebaut werden darf. Ich plädiere dafür, daß ihr Bau verhindert wird, sofern das rechtlich einwandfrei möglich ist.

Rayson stimmt der Stellungnahme von Obama zu, ich derjenigen von Krauthammer.

Aber vielleicht schaltet sich ja Rayson noch hier ein und klärt, ob ich ihn richtig interpretiere.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

17.08.2010 22:10
#15 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Zettel
Man kann natürlich argumentieren, daß es anders sein sollte und daß alles entweder durch starre Vorschriften geregelt oder dem Bauherrn überlassen bleiben sollte. Ich würde das für ungünstig halten.

Keine starren Vorschriften für alles, sondern: was nicht in den Vorschriften ist, bleibt frei. Jeder muß von vornherein wenigstens ungefähr wissen, woran er ist, und nicht durch irgendwelche Willkürakte überrascht werden können. Ein wenig mehr Rechtssicherheit wäre aus meiner Sicht schon vorteilhaft.

Herzliche Grüße,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

17.08.2010 22:19
#16 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Vielen Dank, Florian und R.A., für diese Details. Das Baugenehmigungsrecht scheint ein von liberalen Reformbemühungen noch kaum angetastetes Überbleibsel des Fürstenstaats zu sein, mit seinen "Sonderrechten", "politischen Entscheidungen" und dem "sehr genauem Hineindirigieren".

Herzliche Grüße,
Kallias

Florian Offline



Beiträge: 3.136

17.08.2010 22:58
#17 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Ich möchte die Baurechtslage in Deutschland nicht unbedingt verteidigen.
Aber doch etwas für Verständnis werben:

Eine Immobilie ist ja nicht irgendwo im Vakuum, sondern sie hat immer Nachbarimmobilien mit jeweils spezifischen Nutzungen.
Alle Immobilien haben nun aber irgendwelche unvermeidbaren externen Effekte.
Es ist daher für die Stadtentwicklung sehr sinnvoll, wenn die Nutzungen benachbarter Immobilien so aufeinander abgestimmt sind, dass die externen Effekte der einen Immobilie für die benachbarte Immobilie möglichst wenig negativ sondern im Optimalfall positiv wirken.

Nun könnte man natürlich liberal argumentieren, dass dies der Markt schon regeln würde und kein staatliches Eingreifen in die Nutzungen einzelner Immobilien notwendig sei.
Leider regelt der Markt dies aber nicht hinreichend aus zwei Gründen:
erstens werden Immobilien in zeitlicher Abfolge errichtet.
und zweitens ist eine Immobilie ist eben genau dies: immobil.

Wenn jemand sagen wir mal ein Mädchenpensionat errichtet, dann kann er (wenn es keine staatliche Regulierung gäbe) eben nicht wissen, ob nicht ein paar Jahre später im Nachbargebäude ein Bordell errichtet wird.
Um für den Pensionatsbetreiber Planungssicherheit zu schaffen (denn er kann ja mit seiner einmal errichteten Immobilie nicht wegziehen) benötigt man ein Baurecht, dass auch Nutzungen reglementieren kann und nicht nur reine Bau-Aspekte (wie Statik, Kubatur, etc.).
(Denn von der reinen Gebäudestruktur wäre ein Mädchenpensionat und ein Bordell womöglich gar nicht so sehr verschieden).

Ok, das war jetzt ein Extrembeispiel.
Aber man kann sich viele harmlosere Beispiele vorstellen, wie es durch einen Neubau ohne staatliche Eingriffe negative externe Effekte für bestehende Immobilienbesitzer geben kann.
Etwa ein Gewerbebetrieb (mit hohem LKW-Aufkommen) am Ende einer Spielstraße.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.08.2010 23:04
#18 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Danke für die Blumen, lieber Zettel

Es geht mir im Grunde ja wie dir: Ich finde es auch nicht richtig, dass dieses Islam-Zentrum da errichtet werden soll. Und ich halte dessen Hintergründe und Absichten bestenfalls für dubios. Allerdings bin ich unter anderem deswegen kein Linker, weil ich meine eigenen moralischen Maßstäbe nicht in Gesetzesform gießen möchte, sondern - um es mal drastisch auszudrücken - jedem auch das Recht lassen will, ein Arschloch zu sein. Die Gefahr, die ich bei der Akzeptanz willkürlicher staatlicher Eingriffe in das Eigentumsrecht und die Religionsfreiheit sehe, bewerte ich als hinreichend, die liberalen Prinzipien hochzuhalten. Gerade dann, wenn es schwer fällt.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.08.2010 00:22
#19 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Rayson
Allerdings bin ich unter anderem deswegen kein Linker, weil ich meine eigenen moralischen Maßstäbe nicht in Gesetzesform gießen möchte, sondern - um es mal drastisch auszudrücken - jedem auch das Recht lassen will, ein Arschloch zu sein.


Vollkommen einverstanden, sagt der Liberale in mir. Und deshalb habe ich geschrieben, daß ich in vielem mit deinem Artikel übereinstimme.

Zitat von Rayson
Die Gefahr, die ich bei der Akzeptanz willkürlicher staatlicher Eingriffe in das Eigentumsrecht und die Religionsfreiheit sehe, bewerte ich als hinreichend, die liberalen Prinzipien hochzuhalten. Gerade dann, wenn es schwer fällt.


Auch einverstanden, aber nur noch im Prinzip.

Denn da tauchen die Grenzen auf, mit denen sich mein liberalkonservativer Vermittlungsausschuß beschäftigen muß.

Um die Religionsfreiheit scheint es mir hier überhaupt nicht zu gehen, denn diese wird ja nicht eingeschränkt, wenn die Moschee woanders im Zentrum von NY gebaut wird. Übrigens gibt es allein in der Stadt New York 30 Moscheen, die größte mit tausend Plätzen.

Aber es gibt andere Fälle, wo sich das Problem der Religionsfreiheit stellt, und wir diskutieren sie ja ständig: Lehrerinnen mit Kopftuch? Burka in der Öffentlichkeit? Schächten erlauben? usw.

Was das Eigentumsrecht angeht, erscheint es mir unabdingbar, es im Fall des Errichtens von Gebäuden in Städten einzuwschränken. Wie sähe eine Stadt aus, in der jeder dort das baut, wozu er lustig ist, wenn das Grundstück ihm gehört? Das wäre das Ende städtischer Kultur.

Das Bordell neben dem Friedhof? Jemand errichtet am historischen Marktplatz einer Altstadt eine Wellblechgarage, in der er Schrott verkauft? Dann könnte das Land Berlin ja zum Beispiel das Problem des Stadtschlosses dadurch lösen, daß man das Grundstück verkauft und dem Käufer die Nutzung überläßt. Der baut dann da vielleicht ein kleines Disneyland oder ein Wellnesszentrum.

Wie sähe Berlin oder Paris aus, wenn in jeder Epoche das Stadtbild nicht durch politische Gremien bestimmt worden wäre, sondern allein durch die Freiheit, die das Eigentumsrecht gibt?



Und noch etwas, lieber Rayson: Deinen Kommentar zu den Artikeln in Achgut teile ich völlig. In aller Bescheidenheit möchte ich anmerken, daß bei euch in B.L.O.G., beim A'Team und hier solche Probleme ordentlich diskutiert werden, während man dort sehr oft mit Schlagworten und Polemik aufeinander losgeht.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

18.08.2010 08:56
#20 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Florian
Alle Immobilien haben nun aber irgendwelche unvermeidbaren externen Effekte.
Es ist daher für die Stadtentwicklung sehr sinnvoll, wenn die Nutzungen benachbarter Immobilien so aufeinander abgestimmt sind, dass die externen Effekte der einen Immobilie für die benachbarte Immobilie möglichst wenig negativ sondern im Optimalfall positiv wirken.

Nun könnte man natürlich liberal argumentieren, dass dies der Markt schon regeln würde und kein staatliches Eingreifen in die Nutzungen einzelner Immobilien notwendig sei.
Leider regelt der Markt dies aber nicht hinreichend aus zwei Gründen:
erstens werden Immobilien in zeitlicher Abfolge errichtet.
und zweitens ist eine Immobilie ist eben genau dies: immobil.

Wenn jemand sagen wir mal ein Mädchenpensionat errichtet, dann kann er (wenn es keine staatliche Regulierung gäbe) eben nicht wissen, ob nicht ein paar Jahre später im Nachbargebäude ein Bordell errichtet wird.

Grob gesagt, kann das städtische Bauwesen auf drei Arten geregelt werden:
1 durch den Markt ("individualistisch")
2 durch Bauvorschriften und Flächennutzungspläne ("rechtsstaatlich")
3 durch politische Einzelentscheidungen ("absolutistisch")

Gegenwärtig werden anscheinend, wie Sie und R.A. im einzelnen ausgeführt haben, alle drei Methoden verwendet. Meine Skepsis richtete sich gegen Nr. 3, nicht gegen 2. Und es geht nur um die Gewichtung; bestimmt wird man auch einmal im Ausnahmefall eine politische Entscheidung treffen, da es vermutlich unmöglich ist, jedes skurrile Bauvorhaben in Nutzungsplänen zu berücksichtigen. (Wo z.B. darf ein Riesenrad aufgestellt werden? Solche Fragen sind wohl am besten im Einzelfall zu entscheiden.) Im Regelfall sollte jedoch ein städtbauliches Nutzungskonzept den Rahmen vorgeben, in dem dann jeder seine Bauvorhaben ohne politische Schwierigkeiten marktwirtschaftlich umsetzen kann.

Die Alternative zu Nr. 3 ist also nicht (unbedingt) Nr. 1, sondern Nr. 2. (Das scheint auch Zettel in seiner Antwort auf Rayson zu verwechseln.)

Was würde passieren, wenn man ganz auf Nr. 1, den Markt also, setzen würde? Sie haben einige plausible Einwände gebracht. Ich bin dennoch nicht ganz überzeugt davon, ob Sie recht haben, da ein solches System vermutlich zu tiefgreifenden Änderungen in der Bauwirtschaft führen würde, deren Folgen schwer voraussagbar sind.

Nehmen wir z.B. H.-H. Hoppe, der für dieses Modell Nr. 1 eintritt. Wenn ich mich richtig erinnere, sieht er voraus, daß dann ganze Stadtteile oder Städte allmählich von einem einzelnen Eigentümer aufgekauft werden, der Parzellen verpachtet. Als Eigentümer kann er den Pächtern beliebige Vorschriften machen, vorausgesetzt, er findet auf dem Markt welche, die sie akzeptieren. In Ihrem Beispiel mit dem Mädchenpensionat wäre es sicher im Interesse des Verpächters, kein Bordell in der Nähe zu genehmigen, weil dann das Pensionat wirtschaftlich geschädigt würde und dann weniger Pacht bezahlen kann. Auf dieses Interesse können sich umgekehrt auch die potentiellen Pächter verlassen. Je geschickter ein Stadteigentümer die Pachtverträge so gestaltet, daß die externen Beeinträchtigungen minimiert werden, desto höhere Pachteinnahmen kann er erzielen. Im Wettbewerb der Städte um die zahlungskräftigsten Pächter würde sich so das beste städtebauliche Konzept durchsetzen.

Sicher ist das Spekulation (Hoppe selber bezeichnet es als "a-priori-Theorie"). Macht nichts, ist ja interessant. Besonders interessant fand ich dabei, wie wenig sich die Hoppe-Stadt der puren Marktwirtschaft im Ergebnis von der Fürstenstadt der politischen Willkür unterscheiden würde. Auch dieses Resultat scheint mir zugunsten von Ansatz Nr. 2, des rechtsstaatlichen Planungsrahmens, zu sprechen. Dann hat man zwar eine Gemeinde, die Vorschriften macht, ist aber doch Eigentümer seines Grundstücks und als solcher freier als ein Pächter.

Herzliche Grüße,
Kallias

lois jane Offline



Beiträge: 662

18.08.2010 09:55
#21 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von R.A.
Das ist dann im wesentlichen eine politische Entscheidung - aber auch die darf nicht völlig willkürlich sein. Wenn also eine Moschee abgelehnt würde, aber auf dem Nachbargrundstück eine ähnlich große Kirche genehmigt wird, dann wäre eine Klage durchaus aussichtsreich. Für so eine Ungleichbehandlung müßte man triftige Gründe vorbringen.


In diesem konkreten Fall könnte man natürlich argumentieren, dass genau solche triftigen Gründe vorliegen.
Ebenso wie man in Pearl Harbor argumentieren kann, dass hier ein mongolisches, aber kein japanisches Kulturzentrum gebaut werden kann. Oder in Auschwitz gerne ein mexikanisches, aber kein deutsches.




Was aber an sich sich so nicht erschließt. Ich halte es für völlig unproblematisch in Auschwitz ein deutsches Kulturzentrum zu bauen. In Pearl Habour wird man überhaupt nichts bauen, weil der Ort ohnehin von seiner Rolle als ehemaliger Schlachtenort uninteressant ist.

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lois jane Offline



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18.08.2010 10:08
#22 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Zettel
Lieber Kallias,
nur kurz zwei Kommentare:

Zitat von Kallias
Würde es eine klare Vorschrift geben, daß an dieser Stelle kein Gotteshaus gebaut werden darf, welchen Sinn hätten dann all die Protestäußerungen von Giuliani et al.? Dann bräuchte man ja nur abzuwarten, bis die Genehmigungsbehörde ihre Arbeit tut.


Dazu haben ja inzwischen R.A. und Florian etwas geschrieben und das gesagt, was ich auch für New York vermute: Daß es bei solchen Bauvorhaben weite Ermessensspielräume gibt und daß dabei wesentlich auch politische Entscheidungen getroffen werden. Wenn ich mich recht erinnere, hat es zum Beispiel eine lange Diskussion über die Neubebauung des eigentlichen Ground Zero gegeben.
Man kann natürlich argumentieren, daß es anders sein sollte und daß alles entweder durch starre Vorschriften geregelt oder dem Bauherrn überlassen bleiben sollte. Ich würde das für ungünstig halten.

Zitat von Kallias
Der "entscheidende Punkt", an dem Sie anderer Meinung als Rayson sind, ist mir leider nicht verständlich.

Rayson plädiert, wenn ich ihn recht verstehe, dafür, daß diese Moschee gebaut werden darf. Ich plädiere dafür, daß ihr Bau verhindert wird, sofern das rechtlich einwandfrei möglich ist.
Rayson stimmt der Stellungnahme von Obama zu, ich derjenigen von Krauthammer.
Aber vielleicht schaltet sich ja Rayson noch hier ein und klärt, ob ich ihn richtig interpretiere.
Herzlich, Zettel




Aber es kommt doch auf diesen Unterschied an: gibt es baurechtliche oder genehmigungsmäßige Sachverhalte, die gegen den Bau sprechen - aus sich heraus - oder sollen hier nur irgendwelche Vorschriften herbeigezogen werden, um einen politisch nicht korrekten Bau zu verhindern. Wäre ersteres der Fall, gäbe es aber ja gar keine öffentliche Debatte. Gäbe es nicht politische Einflußversuche. Diese aber sind per se illegitim.

Illegitim wenn zwei Faktoren zusammentreffen:

1. wenn sie sich an die Behörden richtet - nicht wenn sie versucht, an den Bauherrn zu appellieren.

2. wenn sie den islamischen Charakter des Baus zum Thema erheben, nicht wenn sie baurechtlich relevantes vorbringen.

Auch ich halte die Ortswahl für nicht gut und der Name Cordoba hebt auch meine Augenbrauen (was aber nur passiert, wenn man nicht der Aufklärungsfabel vom "golden Zeitalter Andalusiens" anhängt)

Gäbe es in den U.S.A. eine klare Vorschrift, daß irgendwo kein Gotteshaus errichtet werden dürfte, könnte das erstens nur von irgendwelchen Richtertyrannen stammen, andererseits wäre dann Amerika nicht mehr Amerika. Daß man auf solche Gedanken überhaupt kommen kann?!

Rechtlich können der Islam und andere Religion nicht anders behandelt werden - was die öffentliche Meinung angeht hat es allerdings einen Grund, warum nur eine Moschee, nicht aber eine Kirche an der Stelle ein Problem wäre. Es waren nunmal Moslems, die am 11. September zuschlugen.

Ach ja, an der Stelle - die Moschee soll nicht "an Ground Zero" gebaut werden, sondern einige Blocks weiter. In einer Umgebung wie Manhattan ist das weit, weit weg.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

18.08.2010 10:16
#23 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Zettel
Um die Religionsfreiheit scheint es mir hier überhaupt nicht zu gehen, denn diese wird ja nicht eingeschränkt, wenn die Moschee woanders im Zentrum von NY gebaut wird. Übrigens gibt es allein in der Stadt New York 30 Moscheen, die größte mit tausend Plätzen.



Aber wo landet man, wenn man das zu Ende denkt. Können dann irgendwelche Baubürokraten dergleichen verbieten? Auch nachträglich. Kann man dann wirklich sagen: "Ihr habt doch Religionsfreiheit, nur grade hier nicht!" und am nächsten Ort geht es dann ebenso weiter? Mal angenommen, es wäre eine Glaubensgruppe, die nicht so groß ist, noch nicht so etabliert, aber dennoch entsprechend negativ gesehen wird, so daß sie niemand bei sich haben will? Leben gibt es nunmal immer nur im Konkreten.

Zitat
Was das Eigentumsrecht angeht, erscheint es mir unabdingbar, es im Fall des Errichtens von Gebäuden in Städten einzuwschränken. Wie sähe eine Stadt aus, in der jeder dort das baut, wozu er lustig ist, wenn das Grundstück ihm gehört? Das wäre das Ende städtischer Kultur.
Das Bordell neben dem Friedhof? Jemand errichtet am historischen Marktplatz einer Altstadt eine Wellblechgarage, in der er Schrott verkauft? Dann könnte das Land Berlin ja zum Beispiel das Problem des Stadtschlosses dadurch lösen, daß man das Grundstück verkauft und dem Käufer die Nutzung überläßt. Der baut dann da vielleicht ein kleines Disneyland oder ein Wellnesszentrum.



Die Wellblechhütte, auch moderne Architektur genannt, wird meistens noch befördert werden. Hier versagen doch deutsche Behörden in der Praxis.

Aber prinzipiell stimmt es natürlich was die Bausubstanz angeht - was die Nutzung angeht habe ich da aber meine Zweifel.

Das Bordellbeispiel sollte man aber weglassen, denn dafür gibt es doch noch ganz gesonderte Regelungen (zumindest, falls übereifrige Richter diese nicht inzwischen selbstherrlich abgeräumt haben).

Zitat
Wie sähe Berlin oder Paris aus, wenn in jeder Epoche das Stadtbild nicht durch politische Gremien bestimmt worden wäre, sondern allein durch die Freiheit, die das Eigentumsrecht gibt?



Das ist die Frage, ob das liberale Modell, das Modell des rein bürokratischen Staates (im Gegensatz zum auch mal nach Gutdünken entscheidenden Fürsten) überhaupt lebens- bzw. überlebensfähig ist.

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Zettel Offline




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18.08.2010 10:16
#24 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Kallias
Grob gesagt, kann das städtische Bauwesen auf drei Arten geregelt werden:

1 durch den Markt ("individualistisch")
2 durch Bauvorschriften und Flächennutzungspläne ("rechtsstaatlich")
3 durch politische Einzelentscheidungen ("absolutistisch")

Gegenwärtig werden anscheinend, wie Sie und R.A. im einzelnen ausgeführt haben, alle drei Methoden verwendet. Meine Skepsis richtete sich gegen Nr. 3, nicht gegen 2. Und es geht nur um die Gewichtung; bestimmt wird man auch einmal im Ausnahmefall eine politische Entscheidung treffen, da es vermutlich unmöglich ist, jedes skurrile Bauvorhaben in Nutzungsplänen zu berücksichtigen. (Wo z.B. darf ein Riesenrad aufgestellt werden? Solche Fragen sind wohl am besten im Einzelfall zu entscheiden.) Im Regelfall sollte jedoch ein städtbauliches Nutzungskonzept den Rahmen vorgeben, in dem dann jeder seine Bauvorhaben ohne politische Schwierigkeiten marktwirtschaftlich umsetzen kann.

Die Alternative zu Nr. 3 ist also nicht (unbedingt) Nr. 1, sondern Nr. 2. (Das scheint auch Zettel in seiner Antwort auf Rayson zu verwechseln.)

Danke für die Klärung, lieber Kallias.

Mir schien allerdings, daß Rayson für Nr. 1 plädierte, und ich habe dagegen die Notwendigkeit von Nr. 2 geltend gemacht. Ihnen andererseits ging es um Nr. 2. vs. Nr. 3. Da liefen also, wenn ich es recht sehe, zwei Diskussionen parallel.

Ihnen gegenüber muß ich also jetzt Nr. 3 verteidigen. Ich würde das nicht absolutistisch nennen. Sondern Einzelfallentscheidung.

Es hängt vom jeweiligen Fall ab, ob Nr. 2 ausreicht oder Nr. 3 (ergänzend) erforderlich ist.

In der Nachkriegzeit wurden zum Beispiel überall diese "Siedlungen" gebaut mit genormten Häusern. Wenn da jemand einen Bauantrag stellte, dann war nur zu prüfen, ob das Haus dieser Norm entsprach.

Wenn ein Bebauungsplan für, sagen wir, eine historische Altstadt Häuer vorsieht, die im Stil dort hineinpassen (ich denke mir, daß es so etwas geben muß, weiß es aber nicht), dann wird es schon schwieriger. Dann muß im Einzelfall entschieden werden (paßt ein halbwegs historisch aussehendes Geschäft noch, auf dem groß "Tchibo" steht?)

Und wenn es sich um seltene Bauprojekte handelt, dann tritt die Einzelfallentscheidung in den Vordergrund. So scheint es mir im jetzigen Fall zu sein. Ich vermute, daß in wenigen Städten die Baupläne [recte: Bebauungspläne] ausweisen, wo eine Moschee gebaut werden darf oder, sagen wir, ein Wellness-Center. Da müssen die Stadtparlamente zusammen mit den Behörden entscheiden, ob das paßt, ob es im Interesse der Stadt ist usw.

So stelle ich mir das jedenfalls vor; vielleicht kann R.A. sagen, ob es der Praxis entspricht? Jedenfalls lese ich in der Lokalpresse immer wieder von solchen Fällen, wo jemand irgendwo ein Einkaufszentrum oder dergleichen errichten möchte, und dann wird politisch darüber gestritten, ob das im Interesse des Einzelhandels, der Kunden, der Verkehrsführung usw. wäre.

Sie haben ja solche Fälle am Riesenrad-Beispiel auch eingeräumt. Aber sie sind, wenn ich das sehe, deutlich häufiger als Riesenräder. Und der Moscheebau bei Ground Zero scheint mir eindeutig ein solcher Fall zu sein.

Herzlich, Zettel

lois jane Offline



Beiträge: 662

18.08.2010 10:22
#25 RE: Zitat des Tages: Moschee auf Ground Zero und Liberalität Antworten

Zitat von Kallias
Grob gesagt, kann das städtische Bauwesen auf drei Arten geregelt werden:
1 durch den Markt ("individualistisch")
2 durch Bauvorschriften und Flächennutzungspläne ("rechtsstaatlich")
3 durch politische Einzelentscheidungen ("absolutistisch")

...

Nehmen wir z.B. H.-H. Hoppe, der für dieses Modell Nr. 1 eintritt. Wenn ich mich richtig erinnere, sieht er voraus, daß dann ganze Stadtteile oder Städte allmählich von einem einzelnen Eigentümer aufgekauft werden, der Parzellen verpachtet. Als Eigentümer kann er den Pächtern beliebige Vorschriften machen, vorausgesetzt, er findet auf dem Markt welche, die sie akzeptieren. In Ihrem Beispiel mit dem Mädchenpensionat wäre es sicher im Interesse des Verpächters, kein Bordell in der Nähe zu genehmigen, weil dann das Pensionat wirtschaftlich geschädigt würde und dann weniger Pacht bezahlen kann. Auf dieses Interesse können sich umgekehrt auch die potentiellen Pächter verlassen. Je geschickter ein Stadteigentümer die Pachtverträge so gestaltet, daß die externen Beeinträchtigungen minimiert werden, desto höhere Pachteinnahmen kann er erzielen. Im Wettbewerb der Städte um die zahlungskräftigsten Pächter würde sich so das beste städtebauliche Konzept durchsetzen.
Sicher ist das Spekulation (Hoppe selber bezeichnet es als "a-priori-Theorie"). Macht nichts, ist ja interessant. Besonders interessant fand ich dabei, wie wenig sich die Hoppe-Stadt der puren Marktwirtschaft im Ergebnis von der Fürstenstadt der politischen Willkür unterscheiden würde. Auch dieses Resultat scheint mir zugunsten von Ansatz Nr. 2, des rechtsstaatlichen Planungsrahmens, zu sprechen. Dann hat man zwar eine Gemeinde, die Vorschriften macht, ist aber doch Eigentümer seines Grundstücks und als solcher freier als ein Pächter.



Aber dieses Szenario verschiebt doch nur den Entscheidungsträger - es handelt sich nicht um eine Entscheidung durch den Markt*, sondern um "absolutistische" Entscheidungen, nur halt nun nicht durch politische Gremien sondern durch den Stadteigner.

*Der Markt übrigens regelt hier gar nichts, denn dafür taugt er auch nicht. Er soll Angebot und Nachfrage zusammenbringen, nicht irgendwelche allgemeinen Regeln aufstellen. Das wäre auch weder "individualistisch" noch "individuell". Letzteres wäre, wenn der Eigentümer (und nur er!!!) es selbst entscheidet - er braucht da keinen Markt dafür.

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