"hard to staff subjects" hätte eher in Richtung "schwer (mit Lehrkräften) zu besetzende Fächer" übersetzt. Ich hätte die ganze Aussage des Mr. Cunningham so verstanden, dass es bei 'incentives' nicht nur darum geht, die Prüfungsergebnisse der Schüler zu verbessern, sondern überhaupt mal den Bedarf an Lehrkräften zu decken. Das Vorhandensein eines qualifizierten Lehrers ist natürlich auch eine Voraussetzung für gute Prüfungsergebnisse, aber ist doch etwas anderes, als wenn ich einem bereits vorhandenen Lehrer zusätzliche Anreize biete.
Ansonsten wäre ich ja noch neugierig auf das beschriebene Studiendesign gewesen. Ich hätte eigentlich nicht erwartet, dass die Kontrollgruppe ohne incentives, auch wohl wissend, dass sie an einer Studie teilnehmen, unmotivierteren oder unprofessionellen Unterricht geben. Umgekehrt bleibt die Frage, was ein professioneller Lehrer für incentives zusätzlich machen kann, vorausgesetzt die Dauer des Unterrichts verändert sich nicht. Vielleicht lobt der gute Lehrer die Hälfte seines Bonus besser an den besten Schüler aus, das wäre doch einen Versuch wert.
Zitat von MartinVielleicht lobt der gute Lehrer die Hälfte seines Bonus besser an den besten Schüler aus, das wäre doch einen Versuch wert.
Das könnte dann dazu führen, dass derjenige gute Schüler am wenigsten von den Klassenrowdys schikaniert wird, der den größten Teil seines Bonus an diese ausschüttet. Konkurrenten könnten dann gezielt gemobbt werden. Geld für Schülerleistung zu zahlen ist, glaube ich, nicht so eine gute Idee.
Einen Bonus für erfolgreiche Lehrer finde ich auch überflüssig, da sollte die innere Motivation einer Lehrkraft eigentlich ausreichen. Anders sind Prämien für den Einsatz an Problemschulen anzusehen, das wäre dann die Entsprechung zur deutschen Beamten-"Buschzulage". Also gesamt gesehen kann ein Bonus-System eigentlich nichts bringen, da die Schülerleistung zu vielen einflussnehmenden Faktoren unterworfen ist, die der Lehrer garnicht beeinflussen kann, und es andererseits zu viele Möglichkeiten gibt die dem Lehrer zur Manipulation offen stehen.
Gruß, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Das wird wahrscheinlich -ausser Bürokratischem Aufwand- relativ wenig bringen.
Was etwas bringt ist Wahlfreiheit für die Eltern, d.h. die Möglichkeit sich die Schule auszusuchen. Dies führt dazu dass die Schulen selber sich so organisieren müssen, dass die Schüler ordentlich gefördert werden, während katastrophal schlechten Schulen die Schüler ausgehen. Vorteile haben davon insbesondere arme Familien aus schlechten Stadtvierteln, die nicht mehr gezwungen werden ihre Kinder auf die dortigen miserablen Schulen zu schicken.
Aber...so etwas wäre ja eine quasi marktwirtschaftliche Lösung. Und das ist mit den linken Demokraten in Washington nicht zu machen.
Zitat von ZettelDer Erfolg wird am Abschneiden der Schüler bei (standardisierten) Leistungstests gemessen.
Das führt dazu, daß nicht Verständnis und Interesse geweckt werden, sondern auf Prüfungsstoff gedrillt wird, den die Schüler anschließend sofort vergessen.
Die Lehrer, die das tun, sind gerade die schlechten.
Zitat von ZettelSodann zählt die Schwere der Fächer. Wer beispielsweise auf der Sekundarstufe Mathematik oder eine Naturwissenschaft unterrichtet
Das verstehe ich gar nicht. Die Schwierigkeit des Lehrberufes besteht doch vor allem darin, die Kinder zu disziplinieren, was in Mathematik und Naturwissenschaften am leichtesten ist, weil sie da bereits vor dem Stoff Angst haben, während in einem Ausruhfach wie Sozialkunde oder Religion für Aufmerksamkeit zu sorgen eine wirklich große Leistung ist.
Zitat von Zettel"Die jetztige Untersuchung befaßt sich nicht mit diesen Zielen." (...) Haben Sie es verstanden?
Statt "diesen Zielen" sollte "diesem [i.e. letztgenannten] Ziel" übersetzt werden. Es soll nicht nur darum gehen, daß die Lehrer durch "feedback" besser werden (was durch die Studie ja infrage gestellt worden ist), sondern auch darum, die besten Lehrer zu den schwierigsten Aufgaben zu locken: die Bereitschaft dazu hat die Studie offenbar nicht untersucht.
Zitat von Martin"hard to staff subjects" hätte eher in Richtung "schwer (mit Lehrkräften) zu besetzende Fächer" übersetzt.
Sie haben Recht; da war bei mir der Wunsch der Vater des Übersetzungsfehlers gewesen.
Danke, werde es gleich korrigieren.
Zitat von MartinIch hätte die ganze Aussage des Mr. Cunningham so verstanden, dass es bei 'incentives' nicht nur darum geht, die Prüfungsergebnisse der Schüler zu verbessern, sondern überhaupt mal den Bedarf an Lehrkräften zu decken. Das Vorhandensein eines qualifizierten Lehrers ist natürlich auch eine Voraussetzung für gute Prüfungsergebnisse, aber ist doch etwas anderes, als wenn ich einem bereits vorhandenen Lehrer zusätzliche Anreize biete.
Das stimmt; aber wozu braucht man da Boni? Es würde doch genügen, die Lehrer in den betreffenden Fächern einfach besser zu bezahlen.
Und was meint Cunningham mit "Rückmeldung"? Die bekommt der Lehrer doch durch die Ergebnisse seiner Schüler, ob er nun einen Bonus erhält oder nicht.
Zitat von MartinAnsonsten wäre ich ja noch neugierig auf das beschriebene Studiendesign gewesen. Ich hätte eigentlich nicht erwartet, dass die Kontrollgruppe ohne incentives, auch wohl wissend, dass sie an einer Studie teilnehmen, unmotivierteren oder unprofessionellen Unterricht geben.
Dieser Gedanke ist mir auch durch den Kopf gegangen; es gibt da ja den Hawthorne-Effekt. Ich hoffe, die Forscher der Vanderbilt University haben sich etwas dagegen einfallen lassen.
Zitat von MartinUmgekehrt bleibt die Frage, was ein professioneller Lehrer für incentives zusätzlich machen kann, vorausgesetzt die Dauer des Unterrichts verändert sich nicht.
Tja, darüber forschen die Pädagogischen Psychologen ja seit vielen Jahrzehnten. Jedenfalls scheint die Varianz der Schülerleistungen zu einem größeren Anteil durch die Person des Lehrers aufgeklärt zu werden als durch Faktoren wie Klassengröße. (Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ich habe es jetzt nicht nachgesehen).
Zitat von MartinVielleicht lobt der gute Lehrer die Hälfte seines Bonus besser an den besten Schüler aus, das wäre doch einen Versuch wert.
There's the rub! Mit unmotivierten Schülern kann der beste Lehrer wenig erreichen.
Zitat von MartinAnsonsten wäre ich ja noch neugierig auf das beschriebene Studiendesign gewesen. Ich hätte eigentlich nicht erwartet, dass die Kontrollgruppe ohne incentives, auch wohl wissend, dass sie an einer Studie teilnehmen, unmotivierteren oder unprofessionellen Unterricht geben.
Dieser Gedanke ist mir auch durch den Kopf gegangen; es gibt da ja den Hawthorne-Effekt. Ich hoffe, die Forscher der Vanderbilt University haben sich etwas dagegen einfallen lassen.
Am einfachsten wäre es gewesen, keine Kontrollen explizit zu rekrutieren, sondern die Daten der Interventionsgruppe mit gematchten Schülern zu vergleichen, deren Lehrer überhaupt keinen Kontakt mit dem Programm hatten. Ich denke, bei standardisierten staatsweiten Tests wäre das möglich gewesen; nach Zip Codes hätte man auch die Sozioökonomik einfließen lassen. Wurde nicht gemacht, vielleicht gab es gute Gründe (ich habe den Bericht nur überflogen).
In Figure 2 u.ä. (pdf S. 44) werden leider nur Mittelwerte angegeben, keinerlei Aussage über die Streuung. Das liebt der Statistiker nicht. Allerdings sieht gerade Figure 2 so aus, als hätten Interventions- und Kontrollgruppe sich bei Studienbeginn unterschieden, das wundert mich.
Leider habe ich keine Zeit für eine intensive Beschäftigung damit...
-- La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von CalimeroDas könnte dann dazu führen, dass derjenige gute Schüler am wenigsten von den Klassenrowdys schikaniert wird, der den größten Teil seines Bonus an diese ausschüttet. Konkurrenten könnten dann gezielt gemobbt werden.
Das halte ich aber für einen sehr nebensächlichen Aspekt. Schulen, an denen solche Probleme existieren, haben noch viel zu tun, bevor sie über die Verbesserung der eigentlichen Schulleistungen nachdenken können ...
Zitat Geld für Schülerleistung zu zahlen ist, glaube ich, nicht so eine gute Idee.
Grundsätzlich sind Geldzahlungen eine geeignete Motivierungshilfe. Es kommt nur darauf an, wie man es genau macht.
Es gab in den USA auch Versuche dazu. Wenig gebracht haben Boni, die an Enderfolge (also gute Noten oder Prüfungserfolge) geknüpft waren. Die waren wohl für die Problemschüler zu weit weg bzw. sie sahen für sich keine Chance, das zu erreichen. Vergleichsweise erfolgreich waren dagegen Modelle, in denen nützliches Verhalten belohnt wurde: Von schlichter Anwesenheit im Unterricht (ist eben an manchen Schulen nicht selbstverständlich) über die ordnungsgemäße Erledigung von Hausaufgaben bis zur Mitarbeit im Unterricht. Das sind eben Sachen, die die Schüler recht direkt leisten können und bei denen der Zusammenhang mit der Bonuszahlung klar ist. Die besseren Noten haben sich dann als Folge ergeben.
Zitat Einen Bonus für erfolgreiche Lehrer finde ich auch überflüssig, da sollte die innere Motivation einer Lehrkraft eigentlich ausreichen.
Wieso sollte diese innere Motivation bei Lehrern ausreichen, wo sie es bei anderen Berufen offensichtlich nicht tut? Denn Erfolgs-Boni sind ja in vielen Bereichen üblich.
Eigentlich ist bei jeder Tätigkeit nur die Frage, ob man geeignete Bemessungsparameter findet. Wo es die nicht gibt, können Boni auch nur wenig bewirken.
Zitat Also gesamt gesehen kann ein Bonus-System eigentlich nichts bringen, da die Schülerleistung zu vielen einflussnehmenden Faktoren unterworfen ist, die der Lehrer garnicht beeinflussen kann ...
Das ist aber kein Gegenargument. Natürlich gibt es auch andere Faktoren. Aber der Faktor Lehrer ist ein ganz wichtiger. Und wenn man den durch Boni verbessern könnte, wäre das auf jeden Fall positiv - egal was die anderen Faktoren machen.
Ich halte die Anforderungen an den Lehrerberuf für zu komplex und den "Output" der Lehrertätigkeiten für in nicht hinreichendem Maß messbar, um eine stark leistungsorientierte Entlohnung einzuführen. Für besondere Verdienste über einen längeren Zeitraum kann es natürlich schon Sinn machen, (symbolische) Prämien zu vergeben oder Preise zu verleihen. (Ich nehme doch an, dass die Bedreutung der Anerkennung erbrachter Leistungem im Lehrerberuf sehr hoch ist. Wer den Lehrerberuf antritt, möchte ja in der Regel jungen Menschen etwas beibringen; und wenn dies nicht nur gelingt, sondern auch von anderen wahrgenommen und wertgeschätzt wird - umso besser.)
Leistungsorientierte Gehaltskomponenten haben dort ihre größte Wirkung, wo es um relativ einfache Tätigkeiten geht. Gute, zu kritischem und zusammenhängendem Denken fähige Schüler können aber nun einmal leider nicht auf dem laufenden Fließband produziert werden.
Zudem darf im öffentlichen Dienst auch nicht vergessen werden, dass die Motivation für viele Bedienstete in erster Linie (natürlich nicht ausschließlich) intrinsischer Natur ist; Calimero hat das ja bereits angesprochen.
Ob die Leistung von Lehrern eine nachhaltige Steigerung aufwiese, wenn man vermehrt auf Leistungsentlohnung setzt, wage ich zu bezweifeln, weil die Wirksamkeitsvoraussetzungen für den Lehrerberuf schlicht nicht erfüllt sind.
Zitat von PhilippIch halte die Anforderungen an den Lehrerberuf für zu komplex und den "Output" der Lehrertätigkeiten für in nicht hinreichendem Maß messbar, um eine stark leistungsorientierte Entlohnung einzuführen.
Dieser Komplexität könnte man durch folgendes einfache Maß Rechnung tragen: indem man Schüler zehn Jahre nach ihrem Abgang fragt, an welche Lehrer sie sich erinnern und ob diese "gut" oder "schlecht" gewesen sind.
Die Bronzemedaille bekommen dann jene, die überwiegend als schlecht erinnert werden, Silber jene, die überwiegend positiv gesehen werden und Gold jene, bei denen das Urteil der Ehemaligen gespalten ist.
Zitat von PhilippIch halte die Anforderungen an den Lehrerberuf für zu komplex und den "Output" der Lehrertätigkeiten für in nicht hinreichendem Maß messbar, um eine stark leistungsorientierte Entlohnung einzuführen.
Die Anforderungen sind komplex - aber das gilt auch für viele Berufe, in denen Boni üblich sind. Aber es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, den "Output" zu messen. Das kann von einer Bewertung durch die Schüler oder die Schulleitung bis zur Betrachtung der Lernerfolge der Schüler gehen.
Wir hatten z. B. bei unserer Tochter den Fall, daß ein landesweiter Vergleichstest in der Jahrgangsstufe durchgeführt wurde. Und da stellte sich heraus, daß von vier Parallelklassen unseres Gymnasiums (die sich bei der Schülerstruktur eigentlich nicht unterscheiden) drei Klassen recht ähnlich abgeschnitten haben - und die vierte drastisch schlechter dastand. Das führte zu entsprechenden Nachfragen - und es stellte sich heraus, daß der betreffende Lehrer bei den Schülern schon länger als faul und unfähig zu vernünftigen Erklärungen galt.
Es ist nicht sicher, welche Meßmethoden vielleicht geeignet sind, und ob am Ende wirklich eine Koppelung von Bonushöhe und Schulerfolg hergestellt werden kann. Dafür wird es noch weitere Versuche brauchen. Aber es ist nicht von vorneherein gesagt, daß die Einheitsgehälter im Bildungsbereich nicht verbessert werden können.
Zitat Wer den Lehrerberuf antritt, möchte ja in der Regel jungen Menschen etwas beibringen;
Natürlich gibt es bei vielen Lehrern solchen Idealismus. Aber es gibt leider auch genug Lehrer, die wählen diesen Beruf nur, weil er ihnen bequem oder gut bezahlt erscheint oder sie sich nicht auf die als Schüler gewohnte Welt außerhalb der Schule umstellen wollen. Weder bei Lehrern noch bei irgendwelchen anderen Berufen kann man sich alleine auf idealistische Motive verlassen, wenn man gute Leistungen braucht.
Zitat Leistungsorientierte Gehaltskomponenten haben dort ihre größte Wirkung, wo es um relativ einfache Tätigkeiten geht.
Das ist m. E. nicht so. Im Gegenteil steigt der Anteil leistungsorientierter Gehaltsanteile bei den komplexeren und besser bezahlten Jobs.
Zitat Zudem darf im öffentlichen Dienst auch nicht vergessen werden, dass die Motivation für viele Bedienstete in erster Linie (natürlich nicht ausschließlich) intrinsischer Natur ist
Über die "Motivation" im öffentlichen Dienst könnte man eine eigene Diskussion führen ...
Aber es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, den "Output" zu messen. Das kann von einer Bewertung durch die Schüler oder die Schulleitung bis zur Betrachtung der Lernerfolge der Schüler gehen.
Diese Möglichkeiten gibt es selbstverständlich, lieber R.A. Das Problem liegt darin, den subjektiven Gehalt solcher Bewertungen in eine möglichst objektive, leistungsorientierte Entlohnung überzuführen.
Um eines klar zu stellen: Ich gehe vollkommen mit Ihnen d'accord, wo Sie schreiben: "Aber es ist nicht von vorneherein gesagt, daß die Einheitsgehälter im Bildungsbereich nicht verbessert werden können." Und ich würde weitere wissenschaftlich begleitete Versuche zur leistungsorientierten Entlohnung begrüßen. Denn dass es im Lehrerberuf ein Phänomen systematischer Minderleistungen gibt, scheint mir evident zu sein.
Ich bin aber eben nicht der Meinung, dass Lehrer permanent überprüft werden sollen, sodass sie ihre Tätigkeit nur mehr darauf ausrichten, den Test-Score ihrer Schüler zu maximieren, anstatt darauf, den Schülern soviel Posivitives wie möglich an nachhaltigem Lernerfolg und sozialen Kompetenzen mit auf den Lebensweg zu geben.
Zitat Im Gegenteil steigt der Anteil leistungsorientierter Gehaltsanteile bei den komplexeren und besser bezahlten Jobs.
Es gibt aber sicherlich komplexe Jobs, für die eine leistungsorientierte Entlohnung besser geeignet ist als für den Lehrerberuf. Ich kann hier nur für den Management-Bereich in der Privatwirtschaft sprechen; für andere Berufsgruppen kenne ich mich zu wenig aus. In einem privatwirtschaftlichen Betrieb findet sich fast immer eine Gewinn- oder Umsatzkennzahl, die sich für Prämien und variable Vergütung heranziehen lässt. Ob es tatsächlich immer sinnvoll ist, anhand der Entwicklung solcher Kennzahlen zu entlohnen, sei dahingestellt; mit Verweis auf das Verhalten, welches einige (natürlich nicht alle; es ist traurig, dass ich stets das Bedürfnis habe, das zu präzisieren) Banker mit der Aussicht auf enorme Boni an den Tag legen, möchte ich nur meinen oberflächlichen Zweifel dokumentieren.
Man erhält zumeist das Verhalten, das man mit Anreizen fördert. People respond to incentives - wie der englischsprachige Wirtschaftswissenschaftler sagen würde. Dementsprechend muss man in puncto leistungsorientierter Entlohnung von Lehrern auch immer die Frage stellen, ob Leistungsanreize wirklich so gesetzt werden, dass die Optimierung von für die Entlohnung relevanten Kennzahlen (Prüfungsergebnisse der Schüler, allerlei Bewertungen durch andere Personen, ...) nicht zu unerwünschten Ergebnissen führt.
Zitat Über die "Motivation" im öffentlichen Dienst könnte man eine eigene Diskussion führen ...
Diese Diskussion wäre sicherlich spannend, aber meiner Einschätzung nach wenig ergiebig.
Man muss natürlich über die Motivation der Dienstnehmer (ungefähr) Bescheid wissen, wenn man ein funktionierendes Anreizsystem zu erstellen trachtet. Aber im Sinne des Gesamtergebnisses ist die Motivation des Einzelnen nicht entscheidend. Was zählt, ist die Wirkung - im Falle des Bildungssystems der Lernerfolg der Schüler; und dieser Lernerfolg hat natürlich auch wieder mehrere "Dimensionen", und nicht alle von diesen sind meiner Meinung nach sinnvoll messbar.
Außerdem hat Kallias selbstverständlich Recht: Die guten Lehrer müssen nicht notwendigerweise die besten Bewertungen haben; manchmal haben sie sogar notwendigerweise die schlechteren Bewertungen.
Bezahlung von Lehrern, Lehrerfolg von Lehrern - da fühle ich mich geradezu genötigt, mich zu Wort zu melden, zumal ich (wenn ich nichts übersehen habe) der einzige bin, der sich als Lehrer geoutet hat.
Ein paar Gedanken will ich zu Papier bzw. auf den Bildschirm bringen, dabei Äußerungen von Vorrednern resp. -schreibern aufgreifen, aber auch neue Gedanken einbringen auf Grundlage der Erfahrung dessen, der in diesem Beruf tätig ist. Und ich sage direkt: Ich will nicht jammern und auch kein Mitleid, denn ich habe mir meinen Beruf ja selbst ausgesucht und bin nach Unitätigkeit und Promotion bei klarem Bewusstsein in den Schuldienst gegangen - und die Tätigkeit macht mir viel Spaß, sie bietet Entfaltungsmöglichkeiten und ist abwechslungsreich.
Aber wenn es um Bonuszahlungen geht, will ich doch mal darstellen, wie es ist. Denn mit Bonuszahlungen braucht man erst gar nicht anzufangen; da liegt anderes im Argen.
Für meinen Beitrag muss ich mich soweit outen, dass ich in einer Universitätsstadt an einem Gymnasium tätig bin, das in einem bürgerlichen Viertel liegt und dessen Schülerklientel sich überwiegend aus einem bildungsinteressierten Mittelstand rekrutiert; die Eltern sind Akademiker, Selbständige, in kaufmännischen Berufen, auch, aber nicht so viele Handwerker. Der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund liegt ja nach Klasse zwischen 10 und 50 %, wobei türkischer und arabischer Migrationshintergrund unterrepräsentiert ist, europäischer Migrationshintergrund überrepräsentiert. Dies ist von Bedeutung insofern, als wir doch schwerpunktmäßig als Lehrer tätig sind, nicht als Sozialarbeiter; an Schulen, wo Lehrer doch überwiegend Sozialarbeiter sind, sich darum kümmern, dass die Schüler ein Frühstück bekommen, dass die Schüler nicht geschlagen werden, sind die Arbeitsbelastungen noch einmal andere.
Bezahlung nach Lehrerleistung: Angesprochen wurde hier die Bezahlung in Abhängigkeit vom Lernerfolg im weitesten Sinne. Dies halte ich für ein fast aussichtsloses Unterfangen; dazu folgende Gedanken:
- Die Klassen schneiden bei Lernstandserhebungen oder Abschlussprüfungen unterschiedlich ab. Das ist eine Tatsache, leicht mess- und vergleichbar. Natürlich spielt das didaktische Geschick, das Engagement, die "Leistung" im weitesten Sinne des einzelnen Lehrers eine Rolle. Aber: Es ist kein Geheimnis, dass es in einer Schule "gute" und "schlechte" Jahrgänge gibt - in den "guten" Jahrgängen gibt es kaum Disziplinarprobleme, die SChüler sind leistungsorientiert, bringen eine hohe intrinsive Motivation mit; in anderen Jahrgängen kommen alle Probleme, die man sich denken kann, zusammen. Auch Parallelklassen können schon sehr unterschiedlich sein. Sind die Klassen nach Herkunftsvierteln oder Herkunftsgrundschulen zusammengesetzt, ergeben sich fast automatisch "bessere" und "schlechtere" Klassen (bessere: Grundschulen mit minimalem Migrationshintergrund und/oder mit älteren Grundschulllehrern, die traditionell unterrichten; schlechtere: Klassen mit hohem Migrantenanteil und/oder von Grundschulen, die z.B. Schreiben nach dem System von Sommer-Stumpenhorst unterrichten). Dann hat zufällig eine Klasse fast nur Kinder aus intakten Familien, nur zwei oder drei Scheidungskinder, oder aber 50 % Scheidungskinder, die oft sozial auffällig sind (es gilt: problematische Klasse = viele Patchworkfamilien). Kurz: Kein Wunder, dass der "output" so unterschiedlich ist, wo der Schüler-"input" schon so unterschiedlich ist. Wie will man sinnvoll die Lehrerleistung nur nach den Schülerergebnissen bewerten? Inzwischen habe ich mehrere Jahrgänge in einem Fach mehrfach unterrichtet, nach gleichem Buch und ähnlichen Materialien, mit teils gleichen Klassenarbeiten, identischen Anforderungen - und gravierenden Unterschieden im Ergebnis. In einer Klasse erreicht man spielend Bestergebnisse, in einer anderen KLasse mit viel Ackern und Mühen und Schuften gerade mal das Notwendigste. Und wie will man gerecht gegeneinander verrechnen die guten Ergebnisse einer "idealen" Klasse gegen die Arbeit, in einer Klasse mit vielen Problemfällen immerhin den Durchschnitt erreicht zu haben? Welcher Lehrer hat sich mehr engagiert, mehr investiert, war "besser"?
- Stichwort Lernstandserhebung: Die Schüler wissen, dass der Lernstand kaum in die Benotung einfließt (was politisch gewollt ist, weil sonst die Noten an den Gesamtschulen nach unten gerissen würden). Dementsprechend gibt es Schüler, die sich auch nicht wirklich ins Zeug legen, da sie die Lernstandserhebung als eine lästige Pflichtübung betrachten.
- Nochmal Lernstandserhebung: Würde die Bezahlung der Lehrer vom Ergebnis der Lernstandserhebung abhängig, wäre von manchen Kollegen zu erwarten, dass sie ihre Klassen nur noch auf den einen Lernstandserhebungstag hin drillen - etwas, was man gerade nicht will. Oder sie sprechen die Aufgaben, die den Schulen zwei oder drei Tage vor dem Termin zugehen, am Tag vorher mit den Schülern durch, um auf dem Papier gute Ergebnisse zu produzierem (was auch so gerüchteweise an manchen Schulen passiert).
- Dann: Eine Bewertung der Lehrerleistung nach Klassenarbeitsergebnissen? Funktioniert nicht: Entweder hat der Lehrer standardisierte Anforderungen; dann weichen die Ergebnisse auch nach Faktoren, die der Lehrer nicht beeinflussen kann, voneinander ab; oder aber der Lehrer senkt seine Anforderungen oder ändert das Bewertungsschema, um auf dem Papier bessere Ergebnisse zu erzielen.
- Eine Beurteilung der Lehrerleistung aus Eltern- oder Schülersicht: Problematisch, da hier subjektive Einschätzungen, sachfremde Einschätzungen eine große Rolle spielen. Welcher Lehrer bekommt die gute Bewertung - der mit den leichten Arbeiten und guten Noten? der Kumpeltyp, der so cool drauf ist? der unbestechliche mit den hohen Leistungsanforderungen, dem langfristigen Lernerfolg, aber den nicht so tollen Noten, der, der schlechte Schülerleistungen auch klar als schlechte Leistungen bezeichnet?
Ein anderer Gesichtspunkt: Die Arbeitsbelastung und die Bezahlung der Lehrer unter Ausklammerung des schwer messbaren Lernerfolgs:
Zunächst: Wie ist die Gehaltsstruktur in einem durchschnittlichen Gymnasium mit rund 1000 Schülern? Es gibt den Schulleiter mit A16, den stellvertretenden Schulleiter mit A15, ca. fünf Studiendirektoren mit Schulleitungsfunktionen (Unter-, Mittel-, Oberstufenkoordinator, vielleicht ein Ausbildungskoordinator, der die praktische Referendarsausbildung verantwortet, einen didaktischen Leiter o.ä.) und dann ca. 60-70 Studienräte und Oberstudienräte (A13 und A14; deren Anteil dürfte ca. 50:50 sein; Anzahl abhängig von der Zahl der Kollegen mit Teilzeit). Sonderfälle wie Diplomsportlehrer sowie das Problem der nichtbeamteten Lehrer i.A. lasse ich mal außen vor.
Die Unterrichtsverpflichtung bei voller Stelle liegt bei 25,5 Wochenstunden; das entspricht 5 Unterrichtsstunden pro Tag, die sich meist auf die Zeit zwischen 8 und 15.30 Uhr verteilen. Diese 25,5 Stunden Unterrichtsverpflichtung besteht für Studienräte und Oberstudienräte gleichermaßen; Studiendirektoren unterrichten als Ausgleich für ihre Organisations- und Verwaltungsaufgaben eine Reduzierung in unterschiedlicher Höhe.
Es hängt von den Zufällen des Stundenplans ab, ob diese 25,5 Stunden leidlich gleichmäßig verteilt sind oder ob man an einem Tag sieben Stunden, an einem anderen nur drei unterrichtet; ebenso, ob man eher am Stück unterrichtet oder mit Freistunden. Mehr als vier Stunden am Stück sind extrem schlauchig, sechs Stunden am Stück können einen physisch an Grenzen bringen. "Am Stück" heißt: Unterricht von 8 Uhr bis 13.15 Uhr; die beiden großen Pausen von je 15 Min. reichen oft nicht aus, um ins Brot zu beißen (denn: zu Beginn der Pause schlichtet man noch einen Streit, wird dann auf dem Weg zum Lehrerzimmer von einem Oberstufenschüler angesprochen; in der Pause kommt Kollege X und beklagt sich über einen Schüler; die Sekretärin kommt und teilt einen Gesprächswunsch von Eltern mit usf.).
Hat man "Freistunden", sind das keine Mußestunden und auch keine Stunden zur Unterrichtsvorbereitung im engeren Sinne. Die "Freistunden" gehen drauf für: - Dokumentation der mdl. Schülerleistungen, die ja im Zweifel gerichtsfest sein muss, - Elterngespräch, telefonisch oder persönlich, - Gespräche mit Oberstufenschülern, - Absprachen mit Kollegen, ob Vereinbarungen zu gemeinsamen Strategien oder zu Problemfällen, - diversen Organisationsbedarf.
Die Unterrichtsvorbereitung erfolgt in der Regel zuhause; konkret: irgendwann nach 16 Uhr kann damit begonnen werden. Die Dauer ist unterschiedlich; der erfahrene Lehrer mit viel Material ist vielleicht schneller (aber vielleicht auch lustloser, und er reißt einfach Stunden runter wie seit 30 Jahren), der jüngere Lehrer muss viel Material sich erst beschaffen oder erstellen (für Geschichte: Quellen suchen, einscannen, Arbeitsblätter erstellen), und ich möchte ja auch einen abwechslungsreichen Unterricht mit unterschiedlichen Methoden machen (und nicht nur Unterrichtsgespräch - viele neue Methoden werden zwar als "Entlastung" der Lehrer gepriesen, verlangen aber deutlich mehr Vorbereitung); eine Stunde in Kl. 5 kann rasch vorbereitet sein, eine LK-Stunde kann Stunden an Vorbereitung fressen. Pi mal Daumen: Jede Stunde erfordert noch einmal dieselbe Zeit an Vorbereitung im Schnitt.
Die Korrekturen sind massiv unterschiedlich je nach Fach: Der Kollege mit Sport und Erdkunde, überwiegend Sek.I, hat nur ein paar Tests zu korrigieren, aber keine Klassenarbeiten (aber dafür morgens immer den Lärm in der Turnhalle; was anstrengender ist, wage ich nicht zu beurteilen); Kollegen mit zwei Hauptfächern korrigieren sich u.U. tot; ein Kollege mit viel Oberstufenunterricht korrigiert länger als jemand, der v.a. Kl. 5 und 6 unterrichtet. Ein Diktat Kl. 5 geht rucki-zucki; LK-Klausuren in der Oberstufe dauern ewig (25 Schüler x 15 Spalten, und dann vielleicht drei oder vier Oberstufenkurse ...).
Immer wieder gerne gehört: Die Lehrer haben so viel Ferien! - Im letztem Schuljahr habe ich die Herbst-, Weihnachts- und Osterferien fast durchgängig korrigiert oder Unterricht vorbereitet (durchgängig heißt: ca. acht Stunden / "Ferientag"). D.h. wirklich Ferien hatte ich in diesem Jahr ca. vier Wochen der sechs Wochen Sommerferien (weil ich die letzten zwei Wochen der "Sommerferien" schon mehrere Tage in der Schule war).
Neben der Unterrichtstätigkeit gibt es eine Vielzahl weiterer Aufgaben, die an einer Schule anfallen: - Die Erstellung des Stundenplans kostet zwei Kollegen insges. drei Wochen der Sommerferien. - Der Vertretungsplan kostet pro Tag ca. 30 bis 60 Min. - Klassenleitung mit höherem Bedarf an Elterngesprächen. - Jahrgangsstufenleitung in der Oberstufe,d.h. Verantwortung für ca. 120 Schüler. - Arbeit in der Fachkonferenz, d.h. Arbeit am "Schulcurriculum" und Koordination von vergleichbaren Anforderungen innerhalb eines Faches - Betreuung der Schulsanitäter, des Internetraums, der Lehrercomputer, der Lehrerbibliothek, der Physik-, Chemie-, Biologiesammlung, der Schülerbibliothek, der Oberstufenbibliothek - Organisation des Betriebspraktikums - Betreuung der Praktikanten, der Referendare - Durchführung von Klassenfahrten, auch ins Ausland - Betreuung und Organisation von Schüleraustausch; d.h. Erstellung und Durchführung eines 10-Tage-Programms für 20 Schüler aus z.B. Israel - Vorbereitung einer Projektwoche - Betreuung diverser AGs, der Chöre, des Orchesters, der Theatergruppe, der Schulfußballmannschaft ... - Vorbereitung von Bundesjugendspielen, Turnieren, der Schülerzeitung
Es ist klar, dass die Belastung der einzelnen Kollegen hier sehr unterschiedlich ist. Der eine reißt seine Pflichtstunden herunter, jammert über jede Vertretungsstunde, der andere übernimmt direkt mehrere von den o.g. Aufgaben.
Um diese unterschiedlichen Belastungen auszugleichen, verfügt eine Schule über vielleicht 50 "Entlastungsstunden"; d.h. es besteht ein Kontingent von 50 Stunden, das auf die Lehrer nach bestimmten Kriterien verteilt wird. D.h.: Der Kollege, der den Stundenplan macht, unterrichtet eine Wochenstunde weniger (24,5, d.h. im Wechsel 24 oder 25 Stunden) - ob das die drei Wochen Sommerferien ausgleicht, kann man leicht nachrechnen: Eine Wochenstunde weniger heißt: 0,75 Stunden x 40 Wochen = 30 Zeitstunden weniger (plus entsprechend Vorbereitung anteilig); gegen drei Wochen à 40 Stunden Stundenplanarbeit.
Entsprechend bekommt ein Klassenlehrer alle zwei Jahre eine Stunde Ermäßigung, ebenso jemand, der einen Austausch betreut; ein Stufenleiter bekommt 2 Stunden Entlastung; die Korrekturbelastung wird nach Punkten verrechnet - nach drei oder vier Schuljahren hat man genug "Punkte", um für ein Schuljahr eine Stunde Entlastung zu bekommen.
Ich selbst derzeit bei 21 Stunden, da mehrere Entlastungsfaktoren in diesem Jahr zusammenkommen (im nächsten Jahr wieder 24 Stunden), arbeite aber gleichwohl von Mo. bis Fr. täglich bis 20 oder 21 Uhr und am Wochenende je einen halben Tag (ich bin mal auf einen Schnitt von gut 50 Zeitstunden / Woche gekommen, nicht gerechnet etwa 2009 24-Stunden-Einsätze bei acht Tagen Schullandheim und sieben Tagen Studienfahrt).
Alternativ wird eine der o.g. Aufgaben mit einer Beförderung nach A14 verbunden; in diesem Falle wird dann die Mehrarbeit durch die höhere Besoldung ausgeglichen.
Problem: Um sich für eine Beförderung zu qualifizieren, wird natürlich im Vorfeld schon besonderes Engagement erwartet; d.h. man übernimmt mehr oder weniger zeitaufwendige Aufgaben in der Hoffnung und Erwartung, dass dies dann nach zwei oder drei oder sieben Jahren honoriert wird, wenn es mal eine Beförderung gibt. Es gibt ein festes Verhältnis von A13- : A14-Stellen; d.h. man kann dann befördert werden, wenn ein älterer Kollege gegangen ist, ein junger Kollege mit A13 gekommen ist, so dass sich dann aus dem Verhältnis der Stellen der Anspruch der Schule auf eine Beförderungsstelle ergibt. Entscheidend sind also externe Faktoren, nämlich das Geburtsjahr der älteren Kollegen, was einem jüngeren KOllegen evtl. die Beförderung ermöglicht.
Ein weiteres Problem: Die Übernahme bestimmter zusätzlicher Aufgaben ist nicht unbedingt bindend und verpflichtend bis zur Pensionierung. Manch Kollege hat vor 10 oder 20 Jahren eine Beförderung erhalten, ohne dass heute noch jemand wüsste, wieso weshalb warum; d.h. manch Kollege hat A14 und macht einfach nur seine Stunden und sonst nichts, während manch anderer Kollege für A13 deutlich engagierter ist und effektiv mehr arbeitet.
Zur Bezahlung gehören auch die Kosten: Arbeitsmaterial wird natürlich NICHT gestellt, abgesehen von der Nutzung des Fotokopiers, solange der Kopierkonto nicht überzogen ist. In den Sommerferien habe ich für rund 180 Euro Schreibmaterial gekauft, das ich in der Schule verbrauchen werde. Vor zwei Jahren haben wir einen Farblaserdrucker privat gekauft, um Farbfolien erstellen zu können (und die Folien dafür schaffe ich natürlich auch selbst an, die sind nicht ganz billig). In den Stunden schreiben die Schüler natürlich in Gruppenarbeiten mit meinen Folienstiften, für die ich regelmäßig Ersatz besorge. Ich kaufe Kreide selbst, weil die Kreide der Schule extrem staubt und zu leicht aufweicht. Wenn Schüler ein Referat halten mit Powerpoint-UNterstützung, muss ich daran denken, dass ich morgens meinen eigenen Laptop einpacke und mitbringe, da der Schullaptop geklaut worden ist beim letzten Einbruch (die Stadt hat die Schulen nicht versichert, zu teuer). Die Schulbücher kaufe natürlich ich selbst, ebenso Quellensammlungen für den Geschichtsunterricht oder mal eben ein Dutzend Jugendbücher, um eine geeignete Lektüre für Klasse 6 auszuwählen. Die Klassenfahrten zahle natürlich zu drei Vierteln ich, da das Gesetz es verbietet, die Kosten des Lehrers auf die Schüler umzulegen, während zugleich der Reisekostenetat so klein ist, dass die Lehrer max. ein Viertel erstattet bekommen können. - Immerhin kann man das Arbeitszimmer jetzt wieder von der Steuer absetzen, natürlich auch das Arbeitsmaterial (was aber nur einen Teil der Kosten deckt).
Den Finanzbeamten, den Gemeindebeamten möchte ich sehen, der sich seinen Drucker selbst kauft, seine Stifte und sein Papier und der seine Dienstreisen selbst bezahlt!
So, und jetzt möchte ich hören, wie hier eine auch nur halbwegs objektive Bezahlung nach Leistung möglich sein soll. Das System lebt letztlich davon, dass es genügend Kollegen gibt, die sich für ihre Schule und ihre Schüler engagieren, wobei hier die innere Motivation die vage Hoffnung auf Beförderung oder finanziellen Ausgleich deutlich überwiegt. Dabei will ich nicht wieder hören "Abschaffung des Beamtenstatus" - der Beamtenstatus ist bei den sonstigen Bedingungen mit das einzige, was den Beruf attraktiv macht, auch wenn die derzeitigen Regelungen nicht verhindern, dass manch einer vor 20 Jahren sich zum letzten Mal ins Zeug geworfen hat und jetzt auf dem Rücken der engagierten Kollegen eine ruhige Kugel schiebt.
edit: Einleitung überarbeitet.
Nachtrag:
Ein paar Aspekte habe ich vergessen:
- Vertretungsstunden: Drei Vertretungsstunden pro Monat sind unbezahlte Mehrarbeit; eine Bezahlung der Vertretungsstunden erfolgt erst ab der vierten Vertretung / Kalendermonat (dann allerdings für alle vier oder mehr Stunden). Da gibt es dann Schulen, da wird peinlich darauf geachtet, dass kein Kollege mehr als drei Vertretungen machen, und andere, da wird dann wenigstens dafür gesorgt, dass der, der schon drei Vertretungen hatte, auch noch die vierte kriegt, damit sie wenigstens bezahlt werden.
- Konferenzen: Mit einiger Regelmäßigkeit am Nachmittag oder Abend; ob sie sinnvoll sind, hängt vom Geschick dessen ab, der die Konferenz leitet - stringent und zielführend oder so, dass man sich in fruchtlosen Diskussionen verzettelt
- Elternabende, bei mir in der vorigen Woche direkt zwei; dafür gehen jeweils rund 2 Stunden am Abend drauf (plus Fahrtzeit).
Zitat von R.A.Grundsätzlich sind Geldzahlungen eine geeignete Motivierungshilfe. Es kommt nur darauf an, wie man es genau macht.
Jein. Einen Bonus zu gewähren, wenn jemand einen zählbaren Erfolg zu verbuchen hat mag motivierend wirken, sollte aber eine Ausnahme bleiben, da so etwas sonst mit der Zeit einfach erwartet wird. Es verstetigt sich und verliert seine Motivationskraft. Dazu kommt noch die Schwierigkeit eine Leistung über ein Jahr zu bewerten, wenn diese nun nicht so leicht vergleichbar ist - wie eben bei Schülern. Gansguoter hat das ja schön verdeutlicht.
Ich habe ja auch jedes Jahr erneut die Ehre, meine Mitarbeiter zu bewerten und kann sagen, dass ich damit keinen besonders motiviere, obwohl eine Prämie plus ein sich verstetigender Lohnanteil daran hängt. Technisch funktioniert das so, dass ich für jeden MA in diversen Teilgebieten Schulnoten für die jeweiligen Kompetenzen vergebe und den dann errechneten persönlichen Durchschnitt in einer bestimmten Spanne auf- oder abrunden kann. Jeder hat nun eine "Schulnote" für das letzte Jahr erhalten, die ich bei meiner Leitung einreiche. In Abhängigkeit vom Unternehmenserfolg bekomme ich nun einen Prämientopf zugeteilt, welcher der Anzahl meiner MA entspricht. Aus dem Anforderungslevel des jeweiligen MA und seiner erreichten Endnote errechnet sich nun seine Prämie, wovon eine Teilmenge ab diesem Zeitpunkt dauerhaft seinem Lohn zugeschlagen wird.
So weit, so gerecht (oder auch ungerecht, weil ich als Bewerter ja durchaus auch verfälschenden Effekten unterworfen sein kann). Aber motivierend? Jein. Es weiß ja niemand, wie die anderen abgeschnitten haben. Der Vergleich fehlt einfach. Und das aus gutem Grund, denn sonst riskierte man Unfrieden in der Truppe, weil einer dem anderen seine Prämie missgönnen, oder ihn sogar beim Chef in Misskredit bringen können wollte. Der Beste wäre dann schnell als Streber verschrien, während der Schlechteste sich sagen könnte, dass es ja eh egal ist, "weil der Chef mich sowieso nicht leiden kann". Um dem aus dem Wege zu gehen ist es strengstens untersagt, die persönliche Bewertung zu kommunizieren.
Besser finde ich da ein zeitnahes Bonus/Malus-System. Zu DDR-Zeiten gab es sowas. Da konnte der Meister, ich glaube, bis zu fünf Prozent vom Monatslohn abziehen, bzw. draufschlagen. Davon schwärmen die Leute noch heute, weil sie immer sofort wussten woran sie sind. Das ging dann so, dass, wenn einer Mist gebaut hatte diesem z.B. zwei Prozent abgezogen wurden und den zwei Kollegen, die ihm bei der Beseitigung des Schlamassels helfen mussten jeweils ein Prozent zugeschlagen wurde. Es ging aber auch ohne Gegenrechnung, soweit ich weiß. Das ist auf jeden Fall motivierend, aber bei Schülern nun gerade nicht anwendbar.
Für Schüler und Lehrer wäre vielleicht das "Hogwarts-Modell" (Harry Potter, für die Älteren unter uns ) das Beste. Bonus für Gruppenleistungen (in diesem Fall Klassenleistungen), sowie Bonus und Malus für herausragende Einzelleistungen, welche dann der Gruppe zugeschlagen, bzw. abgezogen werden. Am Ende wird gezählt und "der Pott" geht an die beste Gruppe, wobei ein Einzelner auch noch extra belohnt werden kann. So werden sowohl Highflyer als auch Underperformer von der Gruppe gepusht (letztere wohl auch gemaßregelt).
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Ich habe mich extra hier angemeldet, um für diesen langen Beitrag zu danken. Ich muß das wohl näher erklären.
Erstens lese ich seit Jahren das Blog von http://teacher.twoday.net/, der sich als österreichischer Gymnasiallehrer kritische Gedanken über das Schulsystem macht und fortlaufend Beispiele aus seinem Lehreralltag bringt. Ich weiß nicht, inwiefern dieses Blog hier bekannt ist, ich empfehle es sehr.
Zweitens habe ich mich seit Beginn der allerersten PISA-Debatte immer und immer wieder geärgert über die m.E. so völlig realitätsfremden Interpretationen der Ergebnisse und der ebenso danebenliegenden Lösungsvorschläge für die Probleme.
Sie haben in Ihrem Text einen wunderbaren Einblick gegeben, was auf einen Lehrer zukommt und welches Idealismus' es bedarf, um diese Laufbahn einzuschlagen. Ich möchte jedem Lehrer meine Hochachtung und mein volles Verständnis aussprechen für die Lasten, die er/sie trägt.
Es ist doch wohl ganz besonders unfair und perfide, alle Schwierigkeiten in einem System mit (mindestens) 3 Parteien (Eltern, Schüler, Lehrer) allein auf die Lehrer abzuwälzen. Dies wurde aber nach der ersten PISA-Studie sehr weitgehend gemacht.
Sie haben sehr schön geschildert, wie sehr ein Lehrer angewiesen ist auf die Leistungsbereitschaft, die Vorbildung, die Zusammensetzung, die Disziplin und die Bildungsfähigkeit seiner Schüler. Und man muß doch ehrlich zugeben, daß da bei allen genannten Faktoren eine fortschreitende Abnahme zu verzeichnen ist, teils sogar gravierend. Allein zum Thema "Disziplin" sind schon viele Bände gefüllt worden. Es reicht doch, wenn in einer Klasse ein Viertel der Schüler nicht disziplinierbar ist, daß für die gesamte Klasse kein regulärer Unterricht mehr möglich ist.
Oder, ein wirklich gravierend zumehmendes Problem(!): was soll ein Lehrer tun mit einer Klasse, wo die meisten Schüler viel zu spät ins Bett gegangen sind?? Die Schlafenszeiten haben sich in den letzten 20 jahren rapide verkürzt, weil Kinder extrem spät ins Bett gehen; es gibt nämlich Computerspiele und das Internet - und darüberhinaus Eltern, deren Schlafenszeiten sich selbst um Stunden nach hinten verschoben haben. (In meinem Blog schrieb ich vor Jahren über "Nachtmenschen"; dieser Beitrag war der am zweithäufigsten gesuchte, Tendenz zunehmend). Mit übermüdeten Schülern ist absolut null anzufangen, und davon gibt's immer mehr!
Genau dasselbe gilt für die immer weiter zunehmende Zahl von Problemfamilien, Scheidungskindern, Patchworkfamilien. Meist stammt sogar die Mehrheit der Schüler einer Klasse aus solchen Familien; eine Hypothek fürs Lernen, die man als Lehrer kaum überwinden kann.
Fazit: Der Einfluß des "guten" Elternhauses auf den Erfolg des Schülers (und damit auch des Lehrers) wird systematisch ausgeblendet, ist aber Grundvoraussetzumng für erfolgreiche Bildung überhaupt! Eine fehlende Erziehung/Vorbildung/familiäre Struktur kann weder durch Kindergarten noch durch die Schule/Sozialpädagogik ausgeglichen werden (und doch wird uns das pausenlos von Politikern und Uni-Pädagogen eingehämmert!).
Dies zu sagen ist nicht opportun, stattdessen sollen für alles die Lehrer zuständig sein. Alle diese Mängel sollen durch "bessere Ausbildung" der Lehrer zu beheben sein, allenfalls auch durch "mehr Geld", allenfalls auch durch "Änderung des Schulsystems". Diese Faktoren sind aber wahrhaftig nachrangig.
Zitat von Gansguoter- Stichwort Lernstandserhebung: Die Schüler wissen, dass der Lernstand kaum in die Benotung einfließt (was politisch gewollt ist, weil sonst die Noten an den Gesamtschulen nach unten gerissen würden). Dementsprechend gibt es Schüler, die sich auch nicht wirklich ins Zeug legen, da sie die Lernstandserhebung als eine lästige Pflichtübung betrachten. - Nochmal Lernstandserhebung: Würde die Bezahlung der Lehrer vom Ergebnis der Lernstandserhebung abhängig, wäre von manchen Kollegen zu erwarten, dass sie ihre Klassen nur noch auf den einen Lernstandserhebungstag hin drillen - etwas, was man gerade nicht will. Oder sie sprechen die Aufgaben, die den Schulen zwei oder drei Tage vor dem Termin zugehen, am Tag vorher mit den Schülern durch, um auf dem Papier gute Ergebnisse zu produzierem (was auch so gerüchteweise an manchen Schulen passiert).
Oh je, das ist ja erschreckend. Wozu macht man diesen Quatsch dann eigentlich noch in dieser Form? Sowas würde ich auch als sinnlos ansehen und mich dem mehr oder weniger entziehen wollen. Gibt es da nicht wenigstens zentrale (und vorher geheime) Vergleichstests für z.B. nur Gymnasien? Gar bundesweit einheitliche Vergleiche?
Aber ich ahne die Antwort. Seitdem ich Sarrazin gelesen habe, habe ich alle Hoffnung fahren lassen was heutige Bildungspolitik angeht.
Wo wir gerade dabei sind, was halten sie als Lehrer denn eigentlich von der bildungstechnischen Kleinstaaterei in Deutschland, wo jeder meint sein eigenes Süppchen kochen zu müssen? Ich persönlich bin da der Meinung, dass wenigstens in diesem Bereich mehr Zentralismus Not täte, aber vielleicht sind sie da ja anderer Meinung? Würde mich mal interessieren.
Ansonsten, erstmal vielen Dank für diesen ausführlichen und plastischen Frontbericht. Ich möchte nicht mit ihnen tauschen.
Beste Grüße, Calimero
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Zitat von ThanatosIch habe mich extra hier angemeldet, um für diesen langen Beitrag zu danken.
Ich meinerseits möchte Ihnen, lieber Thanatos, für Ihren sorgsamen und nachdenklichen Beitrag danken und Sie im Forum willkommen heißen. Bei Ihrem Nick hatte ich mich ja erst a bisserl erschrocken ; aber wie ich jetzt sehe, grundlos.
Zitat Wozu macht man diesen Quatsch dann eigentlich noch in dieser Form? Sowas würde ich auch als sinnlos ansehen und mich dem mehr oder weniger entziehen wollen. Gibt es da nicht wenigstens zentrale (und vorher geheime) Vergleichstests für z.B. nur Gymnasien? Gar bundesweit einheitliche Vergleiche?
An sich halte ich die Lernstandserhebung durchaus für sinnvoll. Der Lernstand (KL. 8 in D, E, M) wurde zunächst in NRW erhoben, dann in mehreren Bundesländern (NRW + MV + ?); in diesem Jahr war es, wenn ich mich recht erinnere, für alle Bundesländer.
Natürlich sind die Lernstandserhebungen vorher geheim; nur müssen aus logistischen Gründen die Testhefte mit den Aufgaben ein oder zwei Tage vor dem Termin bei den Schulen ausgeliefert sein, damit sie am Testtag um 8 Uhr auch wirklich vorliegen. Und natürlich ist es verboten, die Aufgaben vorher zu üben, und es ist eine Frage der schulinternen Organisation, dass die betreffenden Lehrer die Aufgaben auch nicht vorher sehen - oder man muss sich darauf verlassen können, was bei uns zum Glück der Fall ist, das sich alle an die Spielregeln halten. Bei uns im privilegierten Umfeld müssen wir uns über das Ergebnis auch jeweils keine Sorgen machen; aber wenn eine SChule sonst regelmäßig durch deutlich unterdurchschnittliche Ergebnisse auffällt, kann die Versuchung vielleicht groß sein. Also, im Prinzip sinnvoll, aber man muss sich auf alle Beteiligten verlassen können.
Was die Bewertung angeht, macht man einen Eiertanz: Einerseits fällt für die Lernstandserhebung eine Klassenarbeit weg. Logische Folge wäre: Der Lernstand IST eine Klassenarbeit. Weit gefehlt: Der Erlass sieht vor nämlich andererseits vor, dass das Ergebnis des Lernstands dann notenentscheidend ist, wenn ein Schüler bislang zwischen zwei Noten steht; dann soll ein guter bzw. schlechter Lernstand (aber in Relation Schülerergebnis - Klassenergebnis) den Ausschlag geben für die bessere oder schlechtere Zeugnisnote. Das ist hanebüchener Unsinn, da alles so wischi-waschi formuliert ist, dass der Lehrer mit Berufung auf den Lernstand alles machen kann, raufsetzen, runtersetzen ... Hier hat wieder die Angst die Feder geführt, dass die Gesamtschulen derart schlecht abschneiden, dass dort der Lernstand die Noten auf breiter Front nach unten ziehen würde. Wenn man mit etwas Sinnvollem beginnt, dann muss man das auch durchziehen.
Ein weiteres Beispiel für unsinnige Vorgaben, die zu Manipulationen einladen: Seit Jahren fährt das Land eine "Qualitätsoffensive" an den Schulen, bei der die stetige Verbesserung der Schulen im Land daran deutlich werden soll, dass die Quote der Sitzenbleiber kontinuierlich sinken soll. Die Quote liegt schulformübergreifend bei ca. 2,5 %, am Gymnasium aktuell bei unter 2 % im Landesdurchschnitt (und ist am Gymnasium ohnehin schon die niedrigste im Vergleich der Schulformen). Jede Verbesserung der Sitzenbleiberquote wird gefeiert als Erfolg der Schulen und des Landes; Pressemitteilung vom Frühjahr: "Schülerinnen und Schüler werden immer besser - Beste Abi-Noten, geringste Sitzenbleiber-Quote, doppelte Aufsteigerquote" http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Pr...04_02_2010.html
Schulen mit besonders wenigen Sitzenbleibern werden ggf. öffentlich belobigt. Und das lädt natürlich wieder zu Taschenspielertricks ein, indem an manchen Schulen mehr oder weniger ausdrücklich die Devise ausgegeben wird, dass keiner sitzenbleiben soll. In meinem Umfeld ist es vorgekommen, dass die Schulleitung am Tag vor der Zeugniskonferenz zuhause anrief und verlangte, dass eine Note von 5 auf 4- gehoben werden müsste, "weil XY sonst sitzenbleiben würde". Dann kommt es auf die Charakterstärke an: Bleibt man gegenüber der Schulleitung standhaft, deren Gutachten aber auch über die Beförderung (wenn es denn mal eine gibt) entscheidet? Ein besonderer SChwachpunkt sind die Referendare, die mehrere Klassen eigenverantwortlich unterrichten, aber bei deren Endnote das Schulleitergutachten 25 % ausmacht. D.h. "Schülerinnen und Schüler werden immer besser - ... geringste Sitzenbleiber-Quote", das sind wieder die Spielchen mit der Statistik, die man selbst gefälscht hat - man übt unten Druck aus, dass die Ergebnisse stimmen, und hat dann tolle Daten, mit denen der besondere Lehrerfolg der Schulen belegt wird. Zum Totlachen.
Mit dem Zentralabitur ist es übrigens besser: Aufgaben und Bewertungsraster sind zentral vorgegeben und auch den Fachlehrern ist eine Minute vor Beginn der Prüfung zugänglich. Die meisten KLausuren werden zudem extern, d.h. an anderen Schulen, zweitkorrigiert, was sicher zu einer Objektivierung der Ergebnisse beiträgt. Ich habe aber auch schon Zweitkorrekturen machen müssen, wo der erstkorrigierende Lehrer quasi nichts angestrichen hatte und Punkte nach Zufall vergeben hat, und nach meiner Korrektur waren die Seiten rot. Dummheit? Absicht? - Allerdings werden - die Wege des Ministeriums sind unergründlich - nicht alle Klausuren extern korrigiert; jeweils einige Kurse werden nur intern korrigiert. Gründe dafür sind unklar, da ja die Logistik zum Austausch der Klausuren für die externe Zweitkorrektur aufgebaut sind, und da könnten auch alle Klausuren weitergegeben werden. Man munkelt, das diene auch dazu, damit die Gesamtschulen eine bessere Chance hätten - aber das sind vielleicht auch nur grundlose Vorurteile ...
Zitat Wo wir gerade dabei sind, was halten sie als Lehrer denn eigentlich von der bildungstechnischen Kleinstaaterei in Deutschland, wo jeder meint sein eigenes Süppchen kochen zu müssen? Ich persönlich bin da der Meinung, dass wenigstens in diesem Bereich mehr Zentralismus Not täte, aber vielleicht sind sie da ja anderer Meinung? Würde mich mal interessieren.
Zentralismus wäre gut, wenn er auf entsprechendem Niveau erfolgen würde, und dann wären die Ergebnisse auch vergleichbar, und bei einer guten Bildungspolitik.
Ich fürchte allerdings zweierlei: a) Man sieht in den Ländern, was für ein Unsinn teilweise gemacht wird (Hamburg, jetzt NRW). Bei föderalen Zuständigkeiten bleibt der Unsinn aber jeweils auf ein Land beschränkt, und zumindest Eltern, die an der Landesgrenze wohnen, können ihr Kind ins Nachbarland schicken. Wenn aber bundesweit einheitliche Regelungen greifen würden, dann würden die Unsinnsreformen direkt alle Länder betreffen.
b) Bundeseinheitliche Regelungen würden auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner erfolgen (damit Bremer, Hamburger und Berliner Schüler auch noch eine Chance haben), und das würde dazu führen, dass für die bislang besseren Länder die Anforderungen abgesenkt würden. Wenn das bayrische System bundeseinheitlich gelten würde - gerne. Aber bundesweit die Berliner Bildungspolitik? Nein danke!
So, Schule ruft. Ab 2. Stunde Unterricht bis 15 Uhr.
Zitat Wo wir gerade dabei sind, was halten sie als Lehrer denn eigentlich von der bildungstechnischen Kleinstaaterei in Deutschland, wo jeder meint sein eigenes Süppchen kochen zu müssen? Ich persönlich bin da der Meinung, dass wenigstens in diesem Bereich mehr Zentralismus Not täte, aber vielleicht sind sie da ja anderer Meinung? Würde mich mal interessieren.
Zentralismus wäre gut, wenn er auf entsprechendem Niveau erfolgen würde, und dann wären die Ergebnisse auch vergleichbar, und bei einer guten Bildungspolitik. Ich fürchte allerdings zweierlei: a) Man sieht in den Ländern, was für ein Unsinn teilweise gemacht wird (Hamburg, jetzt NRW). Bei föderalen Zuständigkeiten bleibt der Unsinn aber jeweils auf ein Land beschränkt, und zumindest Eltern, die an der Landesgrenze wohnen, können ihr Kind ins Nachbarland schicken. Wenn aber bundesweit einheitliche Regelungen greifen würden, dann würden die Unsinnsreformen direkt alle Länder betreffen. b) Bundeseinheitliche Regelungen würden auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner erfolgen (damit Bremer, Hamburger und Berliner Schüler auch noch eine Chance haben), und das würde dazu führen, dass für die bislang besseren Länder die Anforderungen abgesenkt würden. Wenn das bayrische System bundeseinheitlich gelten würde - gerne. Aber bundesweit die Berliner Bildungspolitik? Nein danke!
Genau das wollte ich Calimero auch gerade antworten. Nur so schön hätte ich es nicht hinbekommen. Vielen Dank!
Diese Argumentation passt übrigens bei allen Vorschlägen zur Zentralisierung: "Zentralisierung gerne, wenn sie auf dem best in class-Niveau erfolgt - aber woher nehmen Sie die Gewissheit, dass Zentralisierung die Schlechteren verbessert und nicht nur die Besseren verschlechtert?" Und dann sind wir auch bald wieder bei der EU und den Seilbahnen...
-- La función didáctica del historiador está en enseñarle a toda época que el mundo no comenzó con ello. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von GorgasalGenau das wollte ich Calimero auch gerade antworten. Nur so schön hätte ich es nicht hinbekommen.
Ja, das ist mir schon klar. Ich halte in den meisten Fällen Zentralismus auch für die Pest, aber hier liegt die Sache ja etwas anders. Weder die Schüler noch ihre Eltern können sich im Normalfall ja aussuchen, welche Schule in welchem Land nun für sie als die Beste infrage kommt. Einem HH-Schüler bringt es herzlich wenig, dass er in Bayern eine bessere Bildung bekommen könnte. Und eine Angleichung des Niveaus an die Vorbild-Länder, bzw eine Übernahme deren herausragender Konzepte sehe ich auch nicht. Also bringt die Kleinstaaterei keinen Vorteil.
Wie wäre es denn mit festgeschriebenen Lerninhalten, die bis zum jeweiligen Schuljahresende erreicht sein müssen? Dann könnte jede Schule organisieren, wie sie diese Ziele am besten erreichen erreichen kann, aber am Ende steht jährlich eine bundesweit einheitliche Prüfung in den Kernfächern. Das kann doch nicht so schwer sein. Die IHK'n machen das bei der Meisterschule in der Basisqualifikation doch auch so.
Natürlich müsste man die Egalitaristen aus den Prüfungskommissionen fernhalten, aber das könnte man ja bewerkstelligen, indem diese auch vorher eine Prüfung ablegen müssen und nicht von irgendwelchen Landesregierungen bestellt werden.
Beste Grüße, Calimero
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Zitat von CalimeroWeder die Schüler noch ihre Eltern können sich im Normalfall ja aussuchen, welche Schule in welchem Land nun für sie als die Beste infrage kommt.
Naja. Meine Frau und ich bewerben uns nicht auf Stellen in Bremen oder Hamburg, unter anderem aus genau diesem Grund.
Zitat von CalimeroEinem HH-Schüler bringt es herzlich wenig, dass er in Bayern eine bessere Bildung bekommen könnte. Und eine Angleichung des Niveaus an die Vorbild-Länder, bzw eine Übernahme deren herausragender Konzepte sehe ich auch nicht.
Schon - aber wenn alle gleich wären, dann gäbe es noch weniger Anreiz zur Verbesserung, einfach weil man gar nicht sähe, dass es auch besser geht.
Zitat von CalimeroWie wäre es denn mit festgeschriebenen Lerninhalten, die bis zum jeweiligen Schuljahresende erreicht sein müssen? Dann könnte jede Schule organisieren, wie sie diese Ziele am besten erreichen erreichen kann, aber am Ende steht jährlich eine bundesweit einheitliche Prüfung in den Kernfächern. Das kann doch nicht so schwer sein.
Hört sich ja prinzipiell nicht dumm an. Desto mehr frage ich mich, warum es das noch nicht gibt...
Zitat von CalimeroDie IHK'n machen das bei der Meisterschule in der Basisqualifikation doch auch so.
So, das führt uns doch schon auf eine gute Spur. Wie genau unterscheiden sich Schule und Ausbildung? Beziehungsweise die jeweiligen Lehrenden?
Zitat von CalimeroNatürlich müsste man die Egalitaristen aus den Prüfungskommissionen fernhalten, aber das könnte man ja bewerkstelligen, indem diese auch vorher eine Prüfung ablegen müssen und nicht von irgendwelchen Landesregierungen bestellt werden.
Das ist mal eine gute Idee! Und anwendbar auch außerhalb der Bildungspolitik! So könnte man auch Claudia Roth vom Bundestag fernhalten! Und viele andere auch! Dass uns das noch nicht vorher eingefallen ist (*vordieStirnschlag*)!
Bitte entschuldigen Sie die ganz leichte Ironie, die in meinem letzten Absatz durchgebrochen ist, ich konnte nicht anders... Sie wissen schon, wie es gemeint ist...
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Zitat von GorgasalSo könnte man auch Claudia Roth vom Bundestag fernhalten!
Wie schaffen sie es eigentlich, den gedanklichen Brückenschlag vom Thema Bildung ausgerechnet zur Person Claudia Roth hinzubekommen? Die Gedanken an diese Frau liegen bei mir in einer völlig anderen mentalen Ablage. Und diese ist weit vom Thema Bildung und Intelligenz entfernt.
Grüße, Calimero
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Zitat von GorgasalSo könnte man auch Claudia Roth vom Bundestag fernhalten!
Wie schaffen sie es eigentlich, den gedanklichen Brückenschlag vom Thema Bildung ausgerechnet zur Person Claudia Roth hinzubekommen?
Das liegt an der geistigen Flexibilität und Assoziationsfähigkeit, die ich mir in einer nicht-zentralisierten Baden-Württemberger Schullaufbahn angeeignet habe
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Zitat von PhilippUnd ich würde weitere wissenschaftlich begleitete Versuche zur leistungsorientierten Entlohnung begrüßen. Denn dass es im Lehrerberuf ein Phänomen systematischer Minderleistungen gibt, scheint mir evident zu sein.
Ich bin aber eben nicht der Meinung, dass Lehrer permanent überprüft werden sollen, sodass sie ihre Tätigkeit nur mehr darauf ausrichten, den Test-Score ihrer Schüler zu maximieren, anstatt darauf, den Schülern soviel Posivitives wie möglich an nachhaltigem Lernerfolg und sozialen Kompetenzen mit auf den Lebensweg zu geben.
Dann sind wir uns völlig einig!
Es sollte Anreize geben, aber die dürfen nicht zu sehr dominieren. Wobei ich bei den Anreizen bzw. der vorherigen Feststellungen von Erfolgen auch den Rückkopplungseffekt wichtig finde.
Ich habe ja das Beispiel gebracht vom Vergleichstest, bei dem eine der vier Parallelklassen so schlecht abschnitt. Was ich wirklich interessant fand: Das war das ERSTE Mal in seinem Berufsleben (Refendariatsbenotung ausgenommen), daß dieser Lehrer mal ein echtes "Feedback" über seine Arbeit bekam!
Der hat 20 Jahre Unterricht gemacht, Noten verteilt, irgendwie haben die Schüler ja auch etwas gelernt - und subjektiv hielt er sich für ganz normal erfolgreich. Denn er hatte ja selber gar keinen Vergleich, was die Kollegen an Lernfortschritten erreichten.
Und plötzlich muß er feststellen, daß er offenbar einiges ziemlich falsch macht. Und er hat darauf reagiert (auch ohne, daß es um finanzielle Folgen ging): Er hat sich mit anderen Kollegen besprochen, wie die gewisse Aspekte unterrichten, bei denen seine Schüler besonders schlecht abgeschnitten hatten. Er hat sich (über die Elternvertreter) sagen lassen, was die Schüler bei seinem Unterricht schlecht fanden (bzw. schlechter als bei Kollegen - die Schüler sind ja die Einzigen, die die diversen Lehrer wirklich vergleichbar erleben!), er hat Fortbildungen gebucht usw.
Alleine schon das Messen von Schulerfolg kann also einiges helfen, noch bevor man daraus finanzielle Anreize ableitet.
Zitat von GansguoterBezahlung von Lehrern, Lehrerfolg von Lehrern - da fühle ich mich geradezu genötigt, mich zu Wort zu melden,
Sehr gut. Und ich finde Ihre Ausführungen auch sehr einleuchtend, die decken sich mit meinen Eindrücken.
Zitat Kein Wunder, dass der "output" so unterschiedlich ist, wo der Schüler-"input" schon so unterschiedlich ist. Wie will man sinnvoll die Lehrerleistung nur nach den Schülerergebnissen bewerten?
Ganz einfach: Im Schnitt gleichen sich alle diese Unterschiede zwischen den Klassen und anderen Rahmenbedingungen ziemlich aus. Mal erwischt man halt eine "schlechte" Klasse und wird trotz viel Mühe nur einen kleinen Bonus "erwirtschaften", mal läuft die "gute" Klasse fast von alleine und der Erfolgsbonus fällt einem in den Schoß. Aber über die Zeit wird es schon so sein, daß ein guter Lehrer mehr Erfolg und mehr Bonus bekommt als ein schlechter.
Wobei klar ist, daß die Meßbarkeit schwierig ist und der Bonus nicht zu starken Einfluß bekommen sollte - siehe Beitrag von Philipp.
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