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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 34 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Gansguoter Offline



Beiträge: 988

23.09.2010 16:42
#26 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? - Vorsicht: lang Antworten

Zitat
Ganz einfach: Im Schnitt gleichen sich alle diese Unterschiede zwischen den Klassen und anderen Rahmenbedingungen ziemlich aus.
Mal erwischt man halt eine "schlechte" Klasse und wird trotz viel Mühe nur einen kleinen Bonus "erwirtschaften", mal läuft die "gute" Klasse fast von alleine und der Erfolgsbonus fällt einem in den Schoß.



Aber welcher Lehrer hat denn den Bonus verdient? Der mit der guten Klasse, die ohne nennenswertes Zutun des Lehrers Bestleistungen erbringt - oder der mit der Problemklasse, der fünfmal so viel arbeiten muss wie sein Kollege, um das untere Mittelfeld zu erreichen? Oder der nicht einmal das MIttelfeld erreicht, weil die Defizite so groß sind? Ich würde DEM den Bonus zusprechen, denn der hat viel mehr geleistet und gerackert und gearbeitet.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

23.09.2010 17:04
#27 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? - Vorsicht: lang Antworten

Zitat von Gansguoter
Aber welcher Lehrer hat denn den Bonus verdient?


Der, der mit einer Klasse mehr erreicht als andere.

Und ich gehe davon aus, daß die Lehrer ja alle möglichen Klassen unterrichten, völlig zufällig mal "gute", mal "schlechte" - und wenn dann immer der Gesamterfolg einer Klasse gemessen wird (wie auch immer), dann wird der "normale" Lehrer halt das Ergebnis erreichen, daß der Klassenqualität entspricht. Und der "gute" Lehrer liegt immer drüber, sowohl mit seinen "schlechten" wie seinen "guten" Klassen.

Es geht ja nicht darum, daß der Erfolg in einer einzigen Klasse korrekt bewertet wird. Sondern es geht um den Anreiz, daß der Lehrer über alle von ihm betreuten Klassen mehr Erfolg haben möchte.

Philipp Offline



Beiträge: 78

23.09.2010 17:21
#28 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? - Vorsicht: lang Antworten

Zitat
Zitat von R.A.

Ich habe ja das Beispiel gebracht vom Vergleichstest, bei dem eine der vier Parallelklassen so schlecht abschnitt. Was ich wirklich interessant fand: Das war das ERSTE Mal in seinem Berufsleben (Refendariatsbenotung ausgenommen), daß dieser Lehrer mal ein echtes "Feedback" über seine Arbeit bekam!

Der hat 20 Jahre Unterricht gemacht, Noten verteilt, irgendwie haben die Schüler ja auch etwas gelernt - und subjektiv hielt er sich für ganz normal erfolgreich. Denn er hatte ja selber gar keinen Vergleich, was die Kollegen an Lernfortschritten erreichten.

Und plötzlich muß er feststellen, daß er offenbar einiges ziemlich falsch macht. Und er hat darauf reagiert (auch ohne, daß es um finanzielle Folgen ging): Er hat sich mit anderen Kollegen besprochen, wie die gewisse Aspekte unterrichten, bei denen seine Schüler besonders schlecht abgeschnitten hatten. Er hat sich (über die Elternvertreter) sagen lassen, was die Schüler bei seinem Unterricht schlecht fanden (bzw. schlechter als bei Kollegen - die Schüler sind ja die Einzigen, die die diversen Lehrer wirklich vergleichbar erleben!), er hat Fortbildungen gebucht usw.

Alleine schon das Messen von Schulerfolg kann also einiges helfen, noch bevor man daraus finanzielle Anreize ableitet.



Dass es Lehrer gibt, die ihr gesamtes Berufsleben ohne eine einzige Beurteilung bestreiten, führe ich auf einen Mangel an Führungskultur zurück. Denn die Implementierung eines den jeweiligen Aufgabenfeldern angemessenen Beurteilungs- und Feedback-Systems ist originäre Aufgabe des Managements, im Falle einer Schule also: die Aufgabe der schulischen Verwaltungsleitung. Meinem Verständnis zufolge müssten Schuldirektoren es als eine ihrer allerwichtigsten Aufgabe überhaupt ansehen, über die Leistungen der Lehrerschaft stets im Bilde zu sein, um im Anlassfall mit Entwicklungs- und Sanktionsmaßnahmen (dass Sanktionsmaßnahmen im öffentlichen Dienst ein eigenes Thema sind, möchte ich an dieser Stelle ausklammern; auch auf praktisch unkündbare Dienstnehmer kann die Schulleitung Druck ausüben, wenn sie denn will) reagieren zu können.

Ich kenne mich im deutschen Schulwesen zu wenig aus, um mir hier ein Urteil bilden zu können. In Hinblick auf das österreichische Schulsystem kann ich aber sagen, dass bspw. parteipolitische Postenbesetzungen von Direktorenämtern immer noch Usus sind. Dass auf dem Weg der politischen Protektion oft nicht die Personen in das oberste Amt der Schulverwaltung finden, die am besten geeignet wären, vermag nur jene zu verwundern, die entweder blauäugig oder schlicht ignorant durchs Leben gehen.

Im öffentlichen Sektor besteht ein gravierendes Defizit, wenn es um Mitarbeiterführung geht. Das gilt meiner Meinung nach im Bildungsbereich mit relativ wenigen löblichen Ausnahmen.

Meiner Ansicht nach ist es völlig verfehlt, über leistungsorientierte Entlohnung von Lehrern eine isolierte Diskussion zu führen. Dies ist nur einer von vielen Aspekten, die bei Überlegungen hinsichtlich eines effektiveren Verwaltungsmanagements im Bildungsbereich eine Rolle spielen. Die Ergebnis- und Leistungsorientierung muss von der Schulleitung vorgelebt werden, bevor davon ausgegangen werden kann, dass Lehrer die neuen Anforderungen als glaubwürdig und im Sinne der Schüler annehmen. Das Fehlen von Feedback-Mechanismen und funktionierenden Anreizsystemen (egal, ob diese nun auf materiellen oder immateriellen Anreizen fußen) fußt in einem Problem der Verwaltungskultur.

Schulen müssten m.E.n. allgemein viel stärker dem Wettbewerb ausgesetzt werden: Um bessere Vergleichbarkeit herzustellen, würde es der Einführung von auf die jeweilige Schulform angepassten Kennzahlensystemen bedürfen.

Aber dass die Forderung nach verstärkter Messung der Leistungen von Lehrern und Schulverwaltung auf heftige Widerstände stößt, ist wenig verwunderlich: Wer will es schon gerne Schwarz auf Weiß haben, dass die eigene Schule nicht nur bei den Lernerfolgen der Schüler, sondern auch in Sachen Verwaltungsmanagement im Vergleich mit anderen hinterherhinkt?

Den Wettbewerb suchen fast immer nur diejenigen, die ohnehin schon zu den besten zählen. Dort liegt in meinen Augen das grundlegende Problem.

Palmström, etwas schon an Jahren,

wird an einer Straßenbeuge

und von einem Kraftfahrzeuge

überfahren.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

23.09.2010 17:24
#29 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? - Vorsicht: lang Antworten

Zitat
Und ich gehe davon aus, daß die Lehrer ja alle möglichen Klassen unterrichten, völlig zufällig mal "gute", mal "schlechte" - und wenn dann immer der Gesamterfolg einer Klasse gemessen wird (wie auch immer), dann wird der "normale" Lehrer halt das Ergebnis erreichen, daß der Klassenqualität entspricht. Und der "gute" Lehrer liegt immer drüber, sowohl mit seinen "schlechten" wie seinen "guten" Klassen.



So einfach ist es nicht:

a) Wie wird der Gesamterfolg gemessen? Es ist ja nicht nur der Leistungsstand, den eine Klasse zum Zeitpunkt X hat. Entscheidend ist ja immer auch der Unterschied zwischen zwei Zeitpunkten, der Leistungszuwachs. Das Klasse A zum Zeitpunkt X den Leistungsstand Z hat, sagt ja gar nichts - das kann ein tolles Ergebnis, ein großer Leistungszuwachs sein; das kann aber auch gegenüber einem vorherigen Zeitpunkt unverändert oder sogar rückschrittig sein.

b) Es ist mitnichten so, dass Lehrer die Klassen zufällig bekommen. Eine gute Schulleitung wird sich genau überlegen, welcher Lehrer welche Klasse bekommt. So gibt es Lehrer, denen man gerne problematische Klassen mit schwierigen Schülern und aufsässigen Jungs mit Migrationshintergrund anvertraut, weil man weiß, dass die damit klarkommen - deren Leistungsniveau wird aber immer niedriger sein als das der "idealen" Parallelklassen. Die unproblematische und lernwillige KLasse gibt man dann eher einem Lehrer, der weniger durchsetzungsstark ist, weil man weiß, dass dieser Lehrer von dieser positiven Klasse nicht verschlissen wird. Oder man gibt die Klasse bewusst jemandem, der geschont werden muss (weil er z.B. erkrankt war). Oder Referendaren. - Sollen die Lehrer, die man immer wieder in die schwierigen Klassen steckt, mit denen sie zu kämpfen haben und nie Spitzenleistungen herausholen, wohl aber Erfolge haben, wenn die Klasse einfach nur diszipliniert wird, sollen diese Lehrer keinen Bonus verdient haben? Ne, die Sache ist so einfach nicht!

Florian Offline



Beiträge: 3.171

23.09.2010 17:57
#30 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? - Vorsicht: lang Antworten

Danke für die interessanten Einblicke.

Ich würde allerdings aus dieser Beschreibung genau den umgekehrten Schluss ziehen.
Nämlich dass Bonus-Systeme für Lehrer sinnvoll wären.

Zur Begründung:

In Ihrer Schild zeichnen Sie eigentlich ein sehr unternehmerisches Lehrer-Bild.
Der Lehrer investiert (wenn er will) privates Geld in seinen Unterricht. Er investiert mehr oder weniger Arbeitszeit (die er zumindest teilweise nicht ersetzt bekommt). etc.
Er hat also viele kleine Stellschrauben, an denen er drehen kann, um gute oder schlechtere Ergebnisse zu erzielen.
Viele dieser Stellschrauben hat er selbst in der Hand. Niemand zwingt sie zum Beispiel, einen Beamer (noch dazu privat finanziert) oder hochwertige Kreide für den Unterricht zu verwenden. Sie können das selbst bestimmen.
Auch wie Sie den Unterricht gestalten scheinen Sie stark selbst bestimmen zu können.

Das ist eigentlich die klassische Situation, wo (in der Privatwirtschaft) eine Erfolgsbeteiligung sinnvoll ist.
Der Arbeitgeber (hier: der Staat) hat weniger Überblick als der Arbeitnehmer, welche konkreten Maßnahmen sinnvoll sind.
Es dann gut, dem Arbeitnehmer nur das Ziel, aber nicht die notwendigen Maßnahmen, im Detail vorzugeben - und ihn an der Zielerreichung, d.h. am Erfolg, zu messen.


Nun gibt es in der Tat auch bei Management-Entlohnungs-Systemen ein Kernproblem:
Man muss die Erfolgsbeteiligung so basteln, dass der Arbeitnehmer sich daraufhin so verhält, dass das gewünschte Ergebnis tatsächlich befördert wird.
Mit falsch gestrickten Anreizsystemen kann man sonst auch viel kaputt machen.

Ein theoretisches Beispiel:
Ein Bankvorstand wird an der erreichten Eigenkapitalrendite gemessen. Klingt aus Eigentümersicht vielleicht erst einmal sinnvoll, denn die Aktionäre wollen ja Rendite.
Er kann nun aber diese Kennziffer verbessern, indem er bei gleichbleibendem Gewinn das Eigenkapital reduziert (und seine Bank damit krisenanfääliger macht).
Und schon handelt er nicht mehr im Interesse der Aktionäre.


Zurück zur Schule:
Auch hier sehe ich viele Möglichkeiten zu "dysfunktionalen" Lenkungseffekten, je nach konkreter Ausgestaltung.


Aber vielleicht einmal ein Vorschlag für ein Bonus-System, das mir sinnvoll erschiene:
Einmal pro Jahr werden zu Ende eines Schuljahrs alle Schüler landesweit standardisiert geprüft.
Der Bonus des Lehrers bemisst sich danach, ob er es geschafft hat, seine Schüler gegenüber dem Vorjahr zu verbessern.
(Also: Schüler X war in der 7.Klasse in Mathematik landesweit im 4. Dezil. Ende der 8. Klasse ist er im 2. Dezil.)
Der Lehrer einer Problemklasse hätte durch dieses System ebenso die Chance auf einen Bonus wie der Lehrer der besten Klasse. Er muss ja nur gegenüber der Ausgangssituation zu Jahresanfang eine Verbesserung erreichen.
Lediglich für Lehrer von 1.Klassen (die ja noch keine Test-Historie haben) müsste man sich etwas anderes einfallen lassen.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

23.09.2010 18:24
#31 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? - Vorsicht: lang Antworten

Zitat
Viele dieser Stellschrauben hat er selbst in der Hand. Niemand zwingt sie zum Beispiel, einen Beamer (noch dazu privat finanziert) oder hochwertige Kreide für den Unterricht zu verwenden. Sie können das selbst bestimmen.
Auch wie Sie den Unterricht gestalten scheinen Sie stark selbst bestimmen zu können.



Die selbst gekaufte Kreide ist jetzt mal egal, wenn ich davon absehe, dass ich mir mit der staubenden Schulkreide leichter die Kleider verdrecke und mit der nichtstaubenden Kreide eher weniger. - Aber wie ich meinen Unterricht gestalte, habe ich zwar de facto in der Hand; eigentlich ist aber von den Lehrplänen her vorgegeben, dass die Schüler
- Präsentationen mit Powerpoint o.ä. anfertigen und vortragen können sollen,
- dass die Schüler neue Medien nutzen sollen,
- dass der Unterricht wenig Lehrervortrag viel eigenes Erarbeiten sein soll, entsprechend auch Material für Präsentationen (Folien, Folienstifte, Plakate, Flip-Chart) zur Verfügung stehen soll ...

Wenn ich Folienstifte unter die Schüler bringe, damit sie ihre Arbeitsergebnisse vom OHP vortragen können, wenn ich meinen Laptop mitbringe etc., mache ich eigentlich nur das, was Lehrpläne etc. von mir verlangen und was ich im Referendariat gelernt habe. Nur laufen die Anforderungen an die Unterrichtspraxis und die materielle Ausstattung der Schulen völlig auseinander.

Das erste, was an den Schulen zu ändern wäre, das wäre die materielle Ausstattung. Ehe ich über Boni für Lehrer nachdenke, wäre eine erste Maßnahme, den Lehrern zumindest ihre Auslagen von OHP-Folien bis Klassenfahrten zu erstatten. Die zweite Maßnahme wäre, die Arbeit für gleich entlohnte Lehrkräfte entweder gerecht(er) zu verteilen oder aber unterschiedliche Arbeitsmengen und Arbeitsbelastungen auch unterschiedlich zu bezahlen. Hier kann man relativ leicht feststellen, wer mehr oder weniger leistet, wer um 14 Uhr die Schultür hinter sich ins Schloss fallen lässt und nicht mehr ansprechbar ist und wer noch bis 15.30 Uhr bleibt, weil er notwendige Schülergespräche führt, wer in den Ferien drei Wochen am Stundenplan arbeitet, wer vor Klausuren Nachfragen von Schülern auch per E-Mail abends um 22 Uhr beantwortet.

Da wären ganz viele Punkte, an denen sich sehr leicht unterschiedliche Leistungen und Leistungsbereitschaften der Lehrer erkennen lassen. Das Problem Leistungsbewertung nach Schülerleistung kommt relativ weit hinten.

Zitat
Einmal pro Jahr werden zu Ende eines Schuljahrs alle Schüler landesweit standardisiert geprüft.



Wie gesat, für Klasse 8 findet dies statt, mit den genannten Problemen in der Umsetzung. Erfolgreich und valide wäre ein solcher Test aber nur, wenn schon die Durchführung in der Hand von Externen läge und auch die Korrektur jeweils extern erfolgen würde. Auf eine interne Korrektur durch die unterrichtenden Lehrer würde ich mich nie verlassen.

Zitat
Der Bonus des Lehrers bemisst sich danach, ob er es geschafft hat, seine Schüler gegenüber dem Vorjahr zu verbessern.
(Also: Schüler X war in der 7.Klasse in Mathematik landesweit im 4. Dezil. Ende der 8. Klasse ist er im 2. Dezil.)
Der Lehrer einer Problemklasse hätte durch dieses System ebenso die Chance auf einen Bonus wie der Lehrer der besten Klasse. Er muss ja nur gegenüber der Ausgangssituation zu Jahresanfang eine Verbesserung erreichen.



Das greift ja das auf, was ich eben geschrieben habe.

Leibniz Offline




Beiträge: 383

24.09.2010 18:15
#32 RE: Marginalie: Bonuszahlungen für Lehrer? Antworten

Zitat von Gorgasal
... sondern die Daten der Interventionsgruppe mit gematchten Schülern zu vergleichen ...

OMG, und ich dachte die Pruegelstrafe sei an deutschen Schulen abgeschafft.

Oh-No.Man Offline



Beiträge: 1

26.09.2010 12:21
#33 RE: Wer hat Migrationshintergrund - und andere "Späße" mit Schulstatistiken Antworten

(In Asprache und mit Erlaubnis von Zettel etwas, das nur weitläufig zum Thema gehört.)

Meist in der zweiten Septemberhälfte herrscht in den Schulverwaltungen (sprich: Schulleitung/stellvertretende Schulleitung) hektische Betriebsamkeit: „Die Statistik“ muss fertig und nach Düsseldorf geschickt werden. Damit die Schreibtischhengste im Ministerium die viel geliebten Zahlen bekommen, mit denen dann Schul- und Bildungspolitik gemacht werden soll.

Um diese Statistik zu erstellen und zu verschicken braucht es entsprechende Programme. Mehrere, nicht eines. Zur Sicherheit werden Daten verschlüsselt, dazu erstellt man einen Schlüssel (wenn das wichtigste Programm neu installiert wird oder irgendwelche Probleme aufgetreten sind, die das Arbeiten mit dem Programm unmöglich machten). Dieser Schlüssel wird verschickt und man muss sich ihn dann vom Server des Ministeriums herunterladen, um ihn verwenden zu können. Sonst kommt man gar nicht ins Programm hinein. Einen unbedarften Anwender kostet das mehrere Telefonate über mehrere Tage verteilt, um herauszufinden, dass die Schlüsseldatei erst noch von dem geschützten Server geholt werden muss – das Betreuungsteam weiß nämlich selbst nicht immer genau, was Sache ist und empfiehlt dann gerne, man solle die erzeuge Verschlüsselungsdatei solle noch einmal schicken, sie sei wohl nicht angekommen. Wenn denn die direkte Telefonnummer zu einem Schreibtisch dieses Teams hat – die Standardnummer erbrachte lediglich eine Bandansage: „Wegen des erhöhten Beratungsbedarfs können wir derzeit keine Telefonate annehmen.“

Ist dieses Problem endlich gelöst, geht es an die Eingabe der Daten. Hat man einen Datensatz fertig eingegeben, muss an einigen Stellen ein weiterer begonnen werden, damit der vollständige Datensatz auch sicher gespeichert ist. Das führt dann dazu, dass man immer wieder mal unnütze Datensätze anlegen und wieder löschen muss. Wer das nicht weiß, wundert sich immer wieder, wieso Daten verloren gehen.

Oh, die Schulart ist auch so eine Sache. Grundschulen haben mehrere Möglichkeiten sich zu definieren: Einfache Regelschule mit Ganztagsangebot (offener oder gebundener Ganztag) oder mit Betreuung oder ohne Betreuung; wenn Betreuung, dann entweder bis 13 Uhr oder „13+“ für Schulen, die Übermittagsbetreuung länger als bis 13 Uhr anbieten. Diese Option ist allerdings „für Grundschulen in kreisfreien Städten nicht zulässig“ – auch wenn die Schule das hat, muss die Option der Betreuung bis 13 Uhr eingegeben werden. Sehr logisch!

Weitere Logik dieses Programm-Pakets: Die Belege für die eigenen Akten und die des Schulträger werden mit Hilfe eines gesonderten Programms ausgedruckt; im Programm selbst ist das nicht enthalten. Die Belege werden als pdf-Dateien einzeln gespeichert und müssen auch einzeln gedruckt werden – ein Hauptmerkmal wohl nicht nur dieses Programms des öffentlichen Dienstes scheint ineffektives Arbeiten zu sein. Das zeigte sich bis vor kurzem auch darin, dass man zwar mit einem anderen Programm zur Verwaltung der Schule Sicherungsdateien anlegte, es aber keine Option zur Wiederherstellung dieser Daten gab. Heute gibt es dazu ein zusätzliches Programm, keine Einbindung in das Verwaltungsprogramm selbst.

Die Verschickung der Daten ans Ministerium ist auch „lustig“: Klickt man im Programm an die Daten verschicken zu wollen (das gibt es), dann bekommt man die Meldung, dass man die Datei so nicht verschicken kann und soll. Die Information, dass man sie per E-Mail als angehängte Datei verschicken soll, bekommt man nicht vom Programm, die muss man sich wieder woanders holen.

Und wie sieht es mit den Angaben zum Migrationshintergrund aus? Migrationshintergrund besteht dann, wenn a) das Kind oder b) ein Elternteil oder c) beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Aktuelle Staatsangehörigkeit ist unerheblich. Das bedeutet dann, dass ein Kind mit keinen Migrationshintergrund hat, wenn es selbst und beide Eltern in Deutschland geboren sind, auch wenn die „Verkehrssprache“ (die Sprache, die Zuhause gesprochen wird) nicht Deutsch ist und/oder die Staatsangehörigkeit nicht die deutsche ist. Sehr wohl ist aber ein Migrationshintergrund vorhanden, wenn das Kind z.B. während eines beruflichen oder Urlaubs-Auslandsaufenthalts der Eltern nicht in Deutschland geboren wurde – oder das für eines der Elternteile gilt. Man darf sich vorstellen: Ein Kind wird zufällig im Urlaub der Eltern in Norwegen geboren, weil es etwas zu früh kommt; oder im Grenzgebiet setzen bei einer Frau die Wehen ein und weil gerade kein freies Bett in einem Krankenhaus in Deutschland vorhanden ist, wird sie kurzerhand direkt hinter der Grenze in Holland oder Dänemark, in den Kreißsaal gebracht. Ein paar Tages später fahren Eltern und Kinder nach Hause, es gibt keinen weiteren Aufenthalt in diesem Land – aber in der deutschen Schulstatistik taucht dieses Kind als eines mit Migrationshintergrund auf.

Wenn man dann noch erfährt, dass sich nicht nur die Bildungsministerin in Düsseldorf besonders für die „Zuwanderungsgeschichte“-Dateien interessiert, dann steht die Frage im Raum, ob die Herrschaften sich mit solchen Daten selbst bescheißen wollen. Oder ob das gezielt und gewollt ist, um mit Statistiken zu lügen.

-----
Ein akademischer Grad sagt wenig darüber aus, wie anständig der Träger ist. Und auch intelligente Leute sind oft ziemlich blöde.

Thanatos Offline



Beiträge: 232

26.09.2010 18:53
#34 RE: Wer hat Migrationshintergrund - und andere "Späße" mit Schulstatistiken Antworten

@Oh-No.Man

Ihre Beschreibung paßt sehr gut zu den Ansichten Roger Köppels, der sich wundert, wie Deutschland angesichts dieser bürokratischen Bleiweste immer noch zu recht hohen Leistungen fähig ist. Siehe Die sensationellen Deutschen

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

27.09.2010 11:13
#35 brauchen wir überhaupt noch Lehrer? Antworten

Oder müssen die Lehrer eine andere Ausbildung haben? Vielleicht reicht ein Imam?

Zitat
Zitat Calimero:
Aber ich ahne die Antwort. Seitdem ich Sarrazin gelesen habe, habe ich alle Hoffnung fahren lassen was heutige Bildungspolitik angeht.



Mir gehts genauso, lieber Calimero.
Ich stelle hier mal ein Kurz-Gespräch ein, das deutlicher nicht sein kann. Dieses Video zeigt unsere Zukunft und wie unsere Lehrer und Schulen zum "rumeiern" verdammt sind.

"Das Grundgesetz das ist für uns Gesetz als deutscher Staatsbürger - aber -
die Verordnungen und die Lehrpläne sind verhandelbar und wir wollen sie verhandeln".
Und weiter:
"Deutschland ist das islamischte Land was ich kenne" - sagt der türkische Gemeindevertreter -
"hier kann ich meine Religion besser ausüben als in der Türkei oder im Iran".

Soweit ein Auszug aus einem Gespräch mit der Schulleitung über - nein nicht Verbesserung von Bildungsmöglichkeiten - sondern Verbesserung zur Einhaltung des Islams. In diesem Gespräch gab es auch keine Sprachschwierigkeiten, in perfektem Deutsch wird "vorgetragen", wie unsere Schulen Verordnungen und Lehrpläne dem Islam anzupassen haben.

Ich weiß gar nicht, warum "Fördern und Fordern" plötzlich wieder in aller Munde ist. Wird doch gemacht!
Was spielt es schon für eine Rolle, von wem?

♥lich Nola

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