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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 51 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.11.2010 12:31
Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Als ich in den 50er Jahren aufs Gymnasium ging, habe ich eine Inquisition erlebt. Ein Schüler hatte (wie man damals sagte, "künstlerische") Aktbilder in die Schule mitgebracht und unter den Schülern herumgezeigt. Alle Beteiligten wurden in stundenlangen Einzelverhören vernommen; wie bei den Hexen von Salem führten viele dieser Verhöre zu neuen Denunziationen, so daß der Kreis der des Hinguckens Schuldigen immer größer wurde.

Der Haupttäter wurde der Schule verwiesen mit dem Vermerk, daß ihn keine andere Schule des betreffenden Bundeslandes aufnehmen durfte.

Daran fühlte ich mich erinnert, als ich den Artikel las, den ich hier kommentiere.

Man denkt oft, die Entwicklung müsse immer weiter in eine einmal eingeschlagene Richtung gehen. Entwicklungen, zumal im Bereich der Kultur, gleichen aber eher den Bewegungen eines Pendels. Mir scheint, wir gehen einer neuen Zeit der Prüderie und der Herrschaft der Tugendsamen entgegen.

r.nitsch Offline



Beiträge: 28

01.11.2010 12:50
#2 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Volltreffer!




Am Rande möchte ich noch anmerken, dass es möglich wäre, dass die Lehrerin sich in dieser Schule unbeliebt gemacht hat. Bspw. durch Kritik an der Schulleitung oder dem Personalrat oder oder. Da kommt so etwas doch gerade recht. Von solchen Fällen höre ich diese Tage auch nicht wenig.



http://www.youtube.com/watch?v=IMZ5VHFtQu8#t=8s (Signatur)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

01.11.2010 13:05
#3 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Spontan stellte sich mir beim Lesen Ihres Beitrages die Frage, ob wirklich Pruderie die Ursache der Untersuchung ist oder nicht viel mehr die Angst, für Nichthandeln verantwortlich gemacht zu werden. Heutzutage traut sich kaum einer mit Augemaß oder "gesundem Menschenverstand" selbstverantwortlich zu entscheiden, weil er Angst hat, von einer Empörungswelle erfasst zu werden. Und um dieser zu entgehen, distanziert man sich so schnell wir möglich von allem, was für andere zu einem Stein des Anstoßes werden kann, oder wovon man nicht weiß, ob es nicht doch von irgendwem als anstößig gesehen werden könnte und "ergreift dann Maßnahmen". Auf einem am Boden liegenden tritt man als erstes ein, damit man bloß nicht der Kollaboration verdächtigt wird. Das scheint mir schlimmer zu sein, als irgendwelche überkommenen Moralvorstellungen, weil es erstens unmenschlicher (Im Zweifel kann man nicht auf Verständnis der Anderen setzen)und zweitens, weil das Verhalten nicht auf Moral basiert sondern auf Einschätzungen über die Moral anderer und daher unberechenbar ist.

Diese kollektive Feigheit, wie sie häufig zu beobachten ist, regt mich jedesmal auf.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

01.11.2010 13:45
#4 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zuerst: es ist völlig inakzeptabel, auf welche Weise die Lehrerin behandelt wurde. Es ist unerträglich, wenn bürokratische Tugendwächter eine Lappalie zu einem »Fall« aufbauschen, um sich selbst Geltung und Daseinsberechtigung zu verschaffen.

Aber: das geschilderte Verhalten der Lehrerin ist auch nicht professionell. Sie hätte den Pullover wieder über das T-Shirt ziehen können, in der nächsten Pause hätte sie sich dann umziehen können. Sie hätte möglicherweise eine Aufgabe stellen können und sich auf der Toilette umziehen können (das muss man situationsbezogen entscheiden, es kann auch nicht angebracht sein).

Aber sie hat sich (im wörtlichen und übertragenen Sinne) eine Blöße gegeben. Und das sollte eine Lehrerin nicht tun. Dem Impuls »mir ist gerade etwas zu warm und ich muss mir Erleichterung verschaffen« hätte sie nicht nachgeben sollen. Schüler merken sich solche Begebenheiten und sie stehen dann als Anekdote für immer in der Abschlusszeitung … ;-)

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

01.11.2010 13:48
#5 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Lieber Zettel,

spontan fällt mir zum Titelbild ein:

diese Art Korsett (am besten noch zum abschliessen) würde doch erheblich zur Lösung von "Kopftuchdebatten" und natürlich auch zur Ganzkörperverhüllung beitragen. Wenn Mann sich nicht freiwillig gegenüber weiblichen Reizen im Griff hat, muß er daß Problem bei sich selbst lösen, statt den weiblichen Bürgern einen Kleiderzwang aufzuerlegen.

Ansonsten verwundert mich der geschilderte Ablauf in der Schule überhaupt nicht. Ist doch durch "religiöse" Anliegen und Diskussionen immer mehr der Brennpunkt "Sexualität" in die Schulen getragen worden. Kein gemeinsamer Sportunterricht, kein Schwimmunterricht erst recht nicht gemeinsam, kein gemeinsamer Aufklärungsunterricht und wenn vorhanden, dann wohl auch kein gemeinsamer Gebetsraum. Und wenn das alles noch nicht genug ist, wird ein Exempel an Lehrerinnen statuiert, die sich ja sittsam und tugendhaft (nach wessen Vorgaben und Verständnis auch immer) besser noch als Neutrum darzustellen haben.

Da ist im vorauseilendem Gehorsam gehandelt worden, mit Blick auf Befriedigung der Berufsempörten.

In ein paar Jahren werden dann die Kinder von Robotern unterrichtet und werden dann selbst zu diesen.

♥lich Nola



"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002

vivendi Offline



Beiträge: 663

01.11.2010 13:53
#6 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von dirk
... die Angst, für Nichthandeln verantwortlich gemacht zu werden. Heutzutage traut sich kaum einer mit Augemaß oder "gesundem Menschenverstand" selbstverantwortlich zu entscheiden, weil er Angst hat, von einer Empörungswelle erfasst zu werden. Und um dieser zu entgehen, distanziert man sich so schnell wir möglich von allem, was für andere zu einem Stein des Anstoßes werden kann, oder wovon man nicht weiß, ob es nicht doch von irgendwem als anstößig gesehen werden könnte und "ergreift dann Maßnahmen".



Ich kann mich dieser Argumentation anschliessen. Die Angst der Politiker, nicht rechtzeitig (d.h. vorauseilend) mögliche "Empörungswellen" in den Medien (am Besten mit einer Untersuchungskommission) gekontert zu haben. Die Welle wird dann häufig von den Politikern erst ausgelöst.

Ich weiss nun wirklich nicht, weshalb ein sichtbarer BH eine Welle der Entrüstung aulösen sollte. Wer die Bild liest, müsste jeden Tag entrüstet sein. Insbesondere dann noch vor einer reinen Mädchenklasse; diese Mädchen sehen mit Sicherheit nicht nur jeden Tag ihren eigenen BH, sondern auch noch das, was darin steckt.

monty Offline



Beiträge: 75

01.11.2010 13:53
#7 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von stefanolix

Aber: das geschilderte Verhalten der Lehrerin ist auch nicht professionell. Sie hätte den Pullover wieder über das T-Shirt ziehen können, in der nächsten Pause hätte sie sich dann umziehen können. Sie hätte möglicherweise eine Aufgabe stellen können und sich auf der Toilette umziehen können (das muss man situationsbezogen entscheiden, es kann auch nicht angebracht sein).


Man sollte das Alter der Schüler betrachten. Es handelt sich um Elfjährige, d.h. also 5. Klasse. Ich denke, wenn es sich um eine Mittel- oder Oberstufenklasse gehandelt hätte, hätte sie vermutlich in der von Ihnen beschriebenen Weise gehalten. Bei einer 5. Klasse halte es ich aber für absolut unproblematisch und würde es auch nicht als unprofessionell bezeichnen.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

01.11.2010 14:07
#8 RE: Die neue Prüderie. Ein Antworten

Zitat von monty
[Man sollte das Alter der Schüler betrachten. Es handelt sich um Elfjährige, d.h. also 5. Klasse. Ich denke, wenn es sich um eine Mittel- oder Oberstufenklasse gehandelt hätte, hätte sie vermutlich in der von Ihnen beschriebenen Weise gehalten. Bei einer 5. Klasse halte es ich aber für absolut unproblematisch und würde es auch nicht als unprofessionell bezeichnen.



Man sollte Elfjährige nicht unterschätzen! ;-)

Ich bin relativ sicher, dass die Grundschullehrerinnen meines Sohnes (vierte Klasse, Jungen und Mädchen gemischt) so etwas noch nicht mal in der ersten Klasse getan hätten.

In meiner ehemaligen Klasse halten sich Erinnerungen an ähnliche (an sich harmlose!) Vorfälle bis heute und sie haben Ende der siebziger Jahre stattgefunden …

Nach dem Bekanntwerden dieses Vorfalls dürften sich wohl alle Lehrerinnen und Lehrer sehr genau überlegen, welche Kleidungsstücke sie im Unterricht an- oder ausziehen und spätestens dann gehört das zum professionellen Verhalten.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.11.2010 14:19
#9 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von stefanolix
Aber: das geschilderte Verhalten der Lehrerin ist auch nicht professionell. Sie hätte den Pullover wieder über das T-Shirt ziehen können, in der nächsten Pause hätte sie sich dann umziehen können. Sie hätte möglicherweise eine Aufgabe stellen können und sich auf der Toilette umziehen können (das muss man situationsbezogen entscheiden, es kann auch nicht angebracht sein).


Nach heutigen Maßstäben haben Sie Recht. 1980 hätte kaum jemand verstanden, was Sie meinen. Damals duzten sich Lehrer und Schüler, und Sexualkunde stand auf dem Stundenplan (etwas, das nicht mehr in die heutige Zeit paßt und vermutlich demnächst abgeschafft wird).

Aber da die Zeiten nun mal sind, wie sie sind, stimmt es: Das war unprofessionell. Die Lehrerin hat sich natürlich und unbefangen verhalten, statt das Rollenverhalten zu zeigen, das heute von einem Lehrer erwartet wird.

Die angemessene Reaktion einer vernünftigen Schulleitung wäre gewesen, die Lehrerin zu einem Gespräch zu bitten, sich die Sache von ihr erklären zu lassen und ggf. eine Rüge auszusprechen. Und fertig.

Herzlich, Zettel

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

01.11.2010 14:31
#10 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat
Zitat monty
Man sollte das Alter der Schüler betrachten. Es handelt sich um Elfjährige, d.h. also 5. Klasse. Ich denke, wenn es sich um eine Mittel- oder Oberstufenklasse gehandelt hätte, hätte sie vermutlich in der von Ihnen beschriebenen Weise gehalten. Bei einer 5. Klasse halte es ich aber für absolut unproblematisch und würde es auch nicht als unprofessionell bezeichnen.



Zustimmung, so würde ich auch denken. Da es aber durchaus Elfjährige gibt in manchen Kreisen, die schon verheiratet oder versprochen werden, hat der "in Aussicht gestellte Ehemann" ein Recht auf ein "gut behütetes" zukünftiges Eheweib, das von jeglichem Sexualwissen fernzuhalten ist (schließlich bezahlt er oft genug viel Geld für seine Zukünftige).

♥lich Nola



"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.11.2010 14:32
#11 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von dirk
Spontan stellte sich mir beim Lesen Ihres Beitrages die Frage, ob wirklich Pruderie die Ursache der Untersuchung ist oder nicht viel mehr die Angst, für Nichthandeln verantwortlich gemacht zu werden. Heutzutage traut sich kaum einer mit Augemaß oder "gesundem Menschenverstand" selbstverantwortlich zu entscheiden, weil er Angst hat, von einer Empörungswelle erfasst zu werden. Und um dieser zu entgehen, distanziert man sich so schnell wir möglich von allem, was für andere zu einem Stein des Anstoßes werden kann, oder wovon man nicht weiß, ob es nicht doch von irgendwem als anstößig gesehen werden könnte und "ergreift dann Maßnahmen".


Ich stimme Ihnen zu. Aber das geht ja Hand in Hand. Prüderie ist immer ein soziales Verhalten gewesen, unabhängig von der persönlichen Einstellung (die man ja in einer prüden Gesellschaft verbergen muß).

Auch die von einer Entrüstung in die nächste übergehenden Damen der Viktorianischen Gesellschaft mögen ja im stillen Kämmerlein ganz anders gedacht haben. Sie waren prüde, weil man das von ihnen erwartete.

Wie Sie, lieber Dirk, glaube auch ich, daß wir es mit einem allgemeineren Phänomen zu tun haben, nicht beschränkt auf den Sexualbereich und auch nicht nur dem Einfluß des Islam zuzurechnen.

Die 68er Revolution hatte libertäre, aber parallel dazu von Anfang an auch moralisierend-repressive Züge. Dutschke und seine Genossen haben darüber debattiert, wie man nach der Revolution in Westberlin "überflüssige Bürokraten" aus Berlin ausweisen würde. Es gab dann die autoritären K-Gruppen. Es entstand die "Umweltmoral", die durchweg repressiv ist. Man begnügt sich nicht damit, sich selbst nach den eigenen moralischen Maßstäben zu verhalten, sondern man will sie anderen aufzwingen.

Auch innerhalb des Feminismus gingen der Ruf nach Befreiung und der nach Verboten Hand in Hand (siehe zB Alice Schwarzers Kampagne PorNo).

Das alles hat zu einem Klima geführt, in dem jeder in der Öffentlichkeit ständig aufpassen muß, daß er nicht irgendwelche Tabus verletzt. Auch das meinte ich mit der Metapher des Mehltaus.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

01.11.2010 14:54
#12 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von Zettel
Auch die von einer Entrüstung in die nächste übergehenden Damen der Viktorianischen Gesellschaft mögen ja im stillen Kämmerlein ganz anders gedacht haben.


Sicher haben sie das. Damals war es unter Damen üblich, eigene Nacktbilder an Freundinnen zu verschenken. Um damit eine Art Sammelalbum anzulegen.

Gewisse Politikerinnen würden schreiend im Dreieck springen, wenn man so etwas heute anregen würde ...

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

01.11.2010 14:59
#13 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Ich kann da nirgends Prüderie sehen, sondern lediglich schlechtes Benehmen der Lehrerin. Genau sowenig wie man mit nacktem Oberkörper ein Kaufhaus betritt, oder in der Öffentlichkeit (während eines Stadtbummels bspw.) Nahrung zu sich nimmt, ohne sich wenigstens auf eine Bank zu setzen, zieht man sich nicht vor fremden Leuten aus. Das jedenfalls bringe ich meinen Kindern bei, allerdings nicht ohne den Hinweis, schlechtes Benehmen anderer Leute höflich zu übersehen.

Im Schwimmbad hingegen ziehe ich ohne Probleme (für mich) nach dem Baden meine nasse Badehose aus und eine trockene an. Das hat seit ich denken kann noch nie jemanden derart gestört, dass er (oder sie) es gewagt hätte, mich auf mein Verhalten hin anzusprechen.

Zitat von Zettel

Zitat von stefanolix
Aber: das geschilderte Verhalten der Lehrerin ist auch nicht professionell. Sie hätte den Pullover wieder über das T-Shirt ziehen können, in der nächsten Pause hätte sie sich dann umziehen können ...


Die angemessene Reaktion einer vernünftigen Schulleitung wäre gewesen, die Lehrerin zu einem Gespräch zu bitten, sich die Sache von ihr erklären zu lassen und ggf. eine Rüge auszusprechen. Und fertig.



Was die Professionalität der Lehrerin und die Reaktion der Schule angeht, muss ich sowohl Stefanolix, als auch Ihnen zustimmen.


Uwe Richard

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.11.2010 15:08
#14 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von Uwe Richard
Ich kann da nirgends Prüderie sehen, sondern lediglich schlechtes Benehmen der Lehrerin.


Die Prüderie sehe ich, lieber Uwe Richard, darin, daß man dasjenige, das Sie als schlechtes Benehmen klassifizieren (die Lehrerin hat es vermutlich nur als unbefangene Natürlichkeit verstanden) sexualisiert.

Wie kann man überhaupt auf den Gedanken kommen, daß es sich dabei um einen Fall von Exhibitionismus, also einer sexuellen Perversion handelt? Doch nur, weil man überall Sexualität wittert.

Nochmal gesagt: Niemand denkt so sehr in sexuellen Kategorien wie die Prüden. Sie sind eine Gefahr für die Kinder, weil sie sie diese erstens mit ihren ständigen sexuellen Gedanken belästigen und weil sie ihnen zweitens eine laszive, unsaubere Art von Sexualität beizubringen versuchen.

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

01.11.2010 15:09
#15 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von Zettel
(…) Aber da die Zeiten nun mal sind, wie sie sind, stimmt es: Das war unprofessionell. Die Lehrerin hat sich natürlich und unbefangen verhalten, statt das Rollenverhalten zu zeigen, das heute von einem Lehrer erwartet wird.
Die angemessene Reaktion einer vernünftigen Schulleitung wäre gewesen, die Lehrerin zu einem Gespräch zu bitten, sich die Sache von ihr erklären zu lassen und ggf. eine Rüge auszusprechen. Und fertig.
Herzlich, Zettel



Volle Zustimmung. Die Konsequenz hatte ich oben vergessen. Allenfalls eine Ermahnung nach einem solchen Gespräch unter vier Augen mit dem Vorgesetzten fände ich angemessen. Mehr Wind muss man darum nicht machen. Dass der Vorfall überhaupt bekannt wurde, ist ein Hinweis auf unprofessionelles Verhalten der Schulleitung.

Vieles ist ja im Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern situationsbezogen zu betrachten. Unsere Sportlehrer haben in den achtziger Jahren nicht selten nach dem Unterricht oder nach dem außerschulischen Training mit uns geduscht (natürlich im Duschraum für Jungen). Daran fand niemand etwas auszusetzen. Dass sich allerdings eine Lehrerin so wie oben beschrieben vor der Klasse umgezogen hätte — daran kann ich mich nicht erinnern.

Herzliche Grüße,
Stefan

.

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

01.11.2010 15:20
#16 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von Zettel
Wie kann man überhaupt auf den Gedanken kommen, daß es sich dabei um einen Fall von Exhibitionismus, also einer sexuellen Perversion handelt? Doch nur, weil man überall Sexualität wittert.


Mir scheint die Reaktion der Schule lediglich vorgeschoben, so wie im Fall der Emily die Kündigung wegen Diebstahl.

Zitat von Zettel
Nochmal gesagt: Niemand denkt so sehr in sexuellen Kategorien wie die Prüden. Sie sind eine Gefahr für die Kinder, weil sie sie diese erstens mit ihren ständigen sexuellen Gedanken belästigen und weil sie ihnen zweitens eine laszive, unsaubere Art von Sexualität beizubringen versuchen.

Da sehe ich die Eltern, die die Kinder zur "Befragung" begleitet haben, in der Pflicht, sich eine derartige sexuelle Belästigung ihrer Kinder zu verbitten. Ich hätte jedenfalls nicht in der Haut der Interviewer stecken mögen, wenn ich in so einem Fall eine meiner Töchter begleitet hätte.


Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

r.nitsch Offline



Beiträge: 28

01.11.2010 15:49
#17 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat
Ich kann da nirgends Prüderie sehen, sondern lediglich schlechtes Benehmen der Lehrerin. Genau sowenig wie man mit nacktem Oberkörper ein Kaufhaus betritt, oder in der Öffentlichkeit (während eines Stadtbummels bspw.) Nahrung zu sich nimmt, ohne sich wenigstens auf eine Bank zu setzen, zieht man sich nicht vor fremden Leuten aus.


Ihr Oberkörper war nicht nackt. Soweit ich das verstanden habe hatte sie einen BH und ein Unterhemd an. Weit entfernt von Nacktheit oder gar Exhibitionismus!

Dass man im Gehen nicht essen darf oder nicht sollte, ist mir indes völlig neu. Natürlich werde ich nicht mit einem Teller durch die Gegend laufen. Aber wenn ich an den Verzehr eines Brötchens, einer Bretzel o.ä. denke kann ich kein schlechtes Benehmen dabei erkennen, wenn dies jemand im Gehen tut.



http://www.youtube.com/watch?v=IMZ5VHFtQu8#t=8s (Signatur)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

01.11.2010 16:31
#18 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von r.nitsch
Ihr Oberkörper war nicht nackt. Soweit ich das verstanden habe hatte sie einen BH und ein Unterhemd an. Weit entfernt von Nacktheit oder gar Exhibitionismus!
Dass man im Gehen nicht essen darf oder nicht sollte, ist mir indes völlig neu. Natürlich werde ich nicht mit einem Teller durch die Gegend laufen. Aber wenn ich an den Verzehr eines Brötchens, einer Bretzel o.ä. denke kann ich kein schlechtes Benehmen dabei erkennen, wenn dies jemand im Gehen tut.



Dass ihr Oberkörper nackt gewesen sei, wollte der Vorredner wohl auch nicht sagen. Er hat versucht, zwei seiner Meinung nach deplacierte Verhaltensweisen zu vergleichen: ein Mann geht mit nacktem Oberkörper in ein Kaufhaus und eine Lehrerin zieht sich vor der Klasse um.

Zum Essen in der Öffentlichkeit: Sicher wird die Brezel gern auch mal beim Spaziergang in die Hand genommen, das Eis wird auch gern im Gehen geschleckt. Aber inzwischen ist es doch soweit, dass Hamburger, Döner und viele andere Fastfood-Produkte in der Öffentlichkeit geradezu heruntergeschlungen werden. Oft hat man den Eindruck, dass die Leute gar nicht merken, was sie essen. Es kommt doch auch darauf an, auf welche Weise jemand isst. Ich habe mal an einer Fußgänger-Ampel gewartet und während dieser Zeit hat ein junger Mann neben mir einen Sechserpack Wiener Würstchen (kalt) verschlungen. Das ist zum einen ungesund und es ist eben zum anderen auch kein gutes Benehmen …

r.nitsch Offline



Beiträge: 28

01.11.2010 17:00
#19 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Entzieht sich meinem Verständnis, tut mir leid.



http://www.youtube.com/watch?v=IMZ5VHFtQu8#t=8s (Signatur)

FAB. Offline



Beiträge: 523

01.11.2010 17:46
#20 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von Zettel
Man denkt oft, die Entwicklung müsse immer weiter in eine einmal eingeschlagene Richtung gehen. Entwicklungen, zumal im Bereich der Kultur, gleichen aber eher den Bewegungen eines Pendels.


Wenn es mal so einfach wäre wie das simple Zurückschlagen eines Pendels, also einer Rückkehr zu früheren Zuständen. Die Viktorianer (und wohl auch die, nennen wir sie einmal so, Adenauerianer) waren wohl prüde, möglicherweise auch bigott, aber sie waren wenigstens in ihrer Prüderie konsequent. Heute sehe ich weniger eine erneuerte Prüderie alten Stils als vielmehr eine erstaunliche Schizophrenie. Ich kann mir recht gut vorstellen, daß dieselbe Schule garnichts dabei gefunden hätte, dieselben Schülerinnen auf einen Schulausflug zum "CSD" [repräsentatives Bild aus Gründen geschmacklicher Rücksichtnahme doch nicht verlinkt] zu schicken. Um der Entstehung von "Intoleranz" vorzubeugen und falsche Einstellungen zur menschlichen Sexualität, insbesondere etwa vorhandene Vorbehalte gegen öffentlich praktizierte Homosexualität, auszutreiben.
Eine Erklärung der gegenwärtigen Tendenzen müßte, fürchte ich, etwas komplizierter ausfallen.

____________________________________________________
"I want my republic back!"

jana Offline




Beiträge: 348

01.11.2010 18:34
#21 Umfrage: essen beim Telefonieren? Antworten

Stefanolix schrieb:

Zitat
Es kommt doch auch darauf an, auf welche Weise jemand isst.


Da wir grade bei diesem Thema sind: Mich stört es ganz schön, wenn jemand anruft und dabei isst. Hm .. es stört mich nicht ganz schön, nein: Es stört mich ganz schrecklich!

Kleine Umfrage: Wie finden das (essen beim Telefonieren) die anderen hier?

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

01.11.2010 19:01
#22 RE: Umfrage: essen beim Telefonieren? Antworten

Zitat von jana
Da wir grade bei diesem Thema sind: Mich stört es ganz schön, wenn jemand anruft und dabei isst. Hm .. es stört mich nicht ganz schön, nein: Es stört mich ganz schrecklich! Kleine Umfrage: Wie finden das (essen beim Telefonieren) die anderen hier?


Es ist zwar off-topic, aber ich muss zugeben, dass mich das Essgeräusch am anderen Ende der Telefonleitung auch sehr stört. Vermutlich merken aber viele Leute selbst nicht, wie sich das anhört, wenn sie direkt neben dem Mikrofon kauen. Man müsste manchmal eine Art Echo zuschalten können ;-)

Wenn ich beim Essen oder beim Kochen unverhofft angerufen werde, bitte ich normalerweise um einen Augenblick Geduld und rufe etwas später zurück. Aber wie gesagt: mit dem Thema Prüderie hat es eher wenig zu tun ;-)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

01.11.2010 19:03
#23 RE: Die neue Prüderie. Ein "Vorfall" Antworten

Zitat von r.nitsch
Entzieht sich meinem Verständnis, tut mir leid.


Welcher Teil meiner Antwort?

jana Offline




Beiträge: 348

01.11.2010 19:10
#24 RE: Umfrage: essen beim Telefonieren? Antworten

Stefanolix:

Zitat
Aber wie gesagt: mit dem Thema Prüderie hat es eher wenig zu tun ;-)


Na ja, vielleicht aber mit dem E.t.p.t.t.-Theyl der Prÿderie dann doch? ;-)

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

01.11.2010 19:29
#25 RE: Umfrage: essen beim Telefonieren? Antworten

Zitat von stefanolix
Es ist zwar off-topic aber ich muss [...] wie gesagt: mit dem Thema Prüderie hat es eher wenig zu tun ;-)

Mea culpa, da habe ich mit meinem ursprünglichen Beitrag die Gesprächsrunde auf ein Thema gebracht, das mit dem ursprünglichen nichts gemein hat, und was gar nicht in meiner Absicht lag.




Meiner Meinung nach, das glaube ich zwischen den Zeilen des Beitrags in der SZ herauslesen zu können, wollte die Schulleitung eine "etwas unkonventionelle" Lehrerin (warum auch immer) disziplinieren, da kam diese Lappalie wohl gerade recht, und dann hat sich die Sache wohl verselbständigt. Ich gehe davon aus, dass zumindest einige Eltern dieser "Schulleitung" verbal (und zu Recht) in den Steiß getreten haben.

Zu den kranken Hirnen des sogenannten Untersuchungsausschusses um Frau B. etwas zu schreiben, verbietet mir meine Erziehung, da die Vokabeln, die ich verwenden würde, ausschließlich einem persönlichen Gespräch (ohne Zeugen) vorbehalten bleiben sollten.


Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

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