Kürzlich hat mich Thomas Pauli auf einen Artikel von Theodore (nicht Alfred, korrigiert) Dalrymple über die Folgen des Transparenz-Wahns von WikiLeaks aufmerksam gemacht. Die Hackerei der vergangenen Tage zeigt, wie Recht er hat. Was ich heute in sueddeutsche.de gelesen habe, paßte dazu und hat mich zu diesem Zitat des Tages veranlaßt.
Erinnert sich noch wer an die Piratenpartei? Denen wurde ein aehnlicher Diskussionsstil nachgesagt: Infantil, kindisch, nerds entdecken die Politik und versuchen ihr Verhalten von mailinglisten, aus dem Virtuellen heraus ins 1.0-Leben zu ubertragen. Infantil, im besten Falle unprofessionell. - So sind diese Leute aus (meiner) Generation. (NAchtrag) Der - wenn man so will - militaente Arm der nerd-Generation ist eben wikileaks.
Zitat Es ist bezeichnend und auch deprimierend, daß @Madversity den Unterschied offenbar nicht sehen kann.
Das, lieber Zettel, wurmt mich auch gewaltig. Es ist fast so, als sei aus einem "Right or wrong - my county" ein "Right, my country is always wrong" geworden.
Patriotismus ist aber unter den vielen Ismen einer der schlechtesten Ratgeber. Überhaupt macht es keinen Unterschied, ob man Verwerflichkeiten einer Diktatur oder eines Rechtsstaats "leakt". Verwerflichkeiten sind genau das und die - so ist eben die Aufgabe der Presse - gehören öffentlich gemacht.
wieder diese Verwechselung von Neutralität und Äquidistanz. Aber eigentlich zeichnet es uns als Westen ja auch aus, dass wir uns sehr selbstkritisch sehen.
Zitat von vielleichteinlinkerÜberhaupt macht es keinen Unterschied, ob man Verwerflichkeiten einer Diktatur oder eines Rechtsstaats "leakt". Verwerflichkeiten sind genau das und die - so ist eben die Aufgabe der Presse - gehören öffentlich gemacht.
Das ist auch meine Meinung, lieber Vielleichteinlinker. Öffentlich machen, und zwar so, wie das ein anständier Mensch tut, also innerhalb der Gesetze.
Das Eindringen in fremde Dateien hingegen ist nicht einfach schon dadurch gerechtfertigt, daß man irgend etwas an die Öffentlichkeit bringen will, was man "verwerflich" findet. (Ist es verwerflich, wenn jemand in der Berliner US-Botschafter Westerwelle arrogant nennt?).
Rechtsbruch ist nur dann gerechtfertigt, wenn es ein höherwertiges Gut zu schützen gilt. Also gegen eine Diktatur, um deren Verbrechen öffentlich zu machen. In Ausnahmefällen vielleicht auch einmal in einem demokratischen Rechtsstaat; etwa dann, wenn dessen politischer Führer selbst Rechtsbruch begeht oder - wie Nixon - anordnet.
Nichts von diesen Gründen ist bei WikiLeaks erkennbar. Hier wird mutwillig das Recht gebrochen. Das ist ein Amgriff auf den demokratischen Rechtsstaat; und ich finde es deprimierend, wie viele Menschen nichts dabei finden, wenn so etwas passiert, oder es gar gutheißen.
Zitat von vielleichteinlinker Überhaupt macht es keinen Unterschied, ob man Verwerflichkeiten einer Diktatur oder eines Rechtsstaats "leakt". Verwerflichkeiten sind genau das und die - so ist eben die Aufgabe der Presse - gehören öffentlich gemacht.
Das sehe ich nicht so. Ein Rechtsstaat, in dem aber doch nicht alles tiptop in Ordnung ist, ist doch etwas anderes als eine verkommene Diktatur. Leider verhaelt sich der mediale Aufschrei meist gerade andersrum: der verkommenen Diktatur laesst man Dinge durchgehen, die auch nur im Ansatz beim Rechtstaat helle Empoerung ausloesen. Sicherlich, auf einer tiefliegenden, moralischen Basis ist verwerfliches immer verwerflich. Nur ist es eben doch ein Unterschied, ob man einen Augiasstall vor sich hat, oder ein nur lediglich nicht klinisch sauberes Klo. - Nennen Sie es Realpolitik und ruempfen Sie die Nase darueber.
Zitat von ZettelDas Eindringen in fremde Dateien hingegen ist nicht einfach schon dadurch gerechtfertigt, daß man irgend etwas an die Öffentlichkeit bringen will, was man "verwerflich" findet.
Hierbei muss betont werden, dass bei den letzten bekannten Vorgängen niemand von Wikileaks irgendwo eingedrungen ist, sondern Bradley Manning der Tat verdächtigt wird, aber noch nicht rechtskräftig verurteilt ist.
Manning hätte das erbeutete Material auch direkt an den Spiegel oder "The Guardian" weiterleiten können, die es auch in welcher Form auch immer veröffentlicht hätten. Ob die Veröffentlichung durch wikileaks strafbar ist, ist derzeit umstritten.
In Diktaturen ist es sicherlich strafbar, allerdings stehen in Demokratien Meinungsfreiheit und Pressefreiheit unter besonderem Schutz. Es gibt auch bisher keinerlei rechtskräftige Verurteilung, die die Aussage erlaubt, dass das Handeln von wikileaks illegal ist. Ob es ethisch und moralisch ist, ist eine andere Diskussion und Geschmacksache. Ich wehre mich grundsätzlich gegen Vorverurteilungen und Kriminalisierung legaler Handlungen, sondern überlasse das der Moralbeauftragten Claudia Roth, die eine recht eigensinnige Vorstellung von Recht hat.
Zitat von ZettelIst es verwerflich, wenn jemand in der Berliner US-Botschafter Westerwelle arrogant nennt?
Zumindest ist es nicht strafbar (wie oben geschriben, entahlte ich mich einer moralischen Bewertung). Es ist auch nicht strafbar, wenn jemand während laufenden geheimen Koalitionsverhandlungen Außenstehende informiert
Zitat von ZettelRechtsbruch ist nur dann gerechtfertigt, wenn es ein höherwertiges Gut zu schützen gilt. Also gegen eine Diktatur, um deren Verbrechen öffentlich zu machen. In Ausnahmefällen vielleicht auch einmal in einem demokratischen Rechtsstaat; etwa dann, wenn dessen politischer Führer selbst Rechtsbruch begeht oder - wie Nixon - anordnet.
Wenn ich meinen Rechtsmaßstab, also unsere geltende Gesetze, stimme ich dir hundertprzentig zu. Der Diebstahl der Daten, auch das Eindringen von Computern oder Sabotage sind Straftaten.
Zitat von ZettelNichts von diesen Gründen ist bei WikiLeaks erkennbar. Hier wird mutwillig das Recht gebrochen.
Wie oben angemerkt, gilt dieser Vorwurf des Rechtsbruches nur bei Manning, nicht bei wikileaks.
Zitat Das ist ein Amgriff auf den demokratischen Rechtsstaat; und ich finde es deprimierend, wie viele Menschen nichts dabei finden, wenn so etwas passiert, oder es gar gutheißen.
Ich verurteile alle strafbaren Handlungen in diesem Zusammenhang und bin wie Du auch der Meinung, dass Vertraulichkeit und Geheimhaltung zum Leben und zur Gesellschaft gehören. Ich sehe allerdings die Gefahr, dass die höchsten Güter der demokratischen Gesellschaft, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit beschnitten werden. Deswegen müssen diejenigen, die etwas geheimhalten wollen, alle möglichen Vorkehrungen treffen, dass es auch geheim bleibt und dazu gehört die Sicherung vor Datendiebstahl. Um gestohlene Daten öffentlich zu machen, braucht es nicht wikileaks.
Mir ist Assange zuwider und ich habe auch nichts dagegen, wenn er verurteilt wird, aber das entscheiden ausschließlich die Gerichte. Die Idee mit dem Nobelpreis ist ürigens schon etwas älter und kommt aus Russland.
Allerdings hätten die Russen Assange in einem vergleichbaren Fall mit einem Regenschirm etwas Gift injiziert, die Chinesen hätten ihn erschossen, die Iraner hätten ihn erhängt, die Pakistanis hätten ihm den Kopf abgeschlagen.
Zitat von C.Manning hätte das erbeutete Material auch direkt an den Spiegel oder "The Guardian" weiterleiten können, die es auch in welcher Form auch immer veröffentlicht hätten. Ob die Veröffentlichung durch wikileaks strafbar ist, ist derzeit umstritten.
Exakt. Das ist eine juristische Grauzone, ähnlich wie der Status von Terroristen.
Krauthammer hat den Spionage-Paragraphen aus dem Jahr 1917 ins Spiel gebracht und sinngemäß geschrieben, wenn dieser hier nicht anwendbar sei, dann müsse man eben für derartige Delikte neue Gesetze schaffen.
Das scheint mir richtig zu sein. Es werden ständig für neue Delikte neue Gesetze geschaffen; ich glaube, der klassische Fall war der Diebstahl von Strom, der nicht strafbar war, weil Strom keine "fremde bewegliche Sache" ist.
In Deutschland wurde gegen Augstein und seine Redakteure 1962 Anklage wegen "publizistischen Landesverrats" erhoben. Die Argumentation war, daß Landesverrat auch dann vorliegen kann, wenn man militärische Geheimnisse nicht direkt an eine auswärtige Macht liefert, sondern sie über eine Veröffentlichung dieser bekannt macht.
Zitat In Diktaturen ist es sicherlich strafbar, allerdings stehen in Demokratien Meinungsfreiheit und Pressefreiheit unter besonderem Schutz. Es gibt auch bisher keinerlei rechtskräftige Verurteilung, die die Aussage erlaubt, dass das Handeln von wikileaks illegal ist. Ob es ethisch und moralisch ist, ist eine andere Diskussion und Geschmacksache. Ich wehre mich grundsätzlich gegen Vorverurteilungen und Kriminalisierung legaler Handlungen, sondern überlasse das der Moralbeauftragten Claudia Roth, die eine recht eigensinnige Vorstellung von Recht hat.
Ob es eine legale Handlung war, diese gestohlenen Daten zu publizieren, das ist ja eben die Frage, dear C. Auch ich bin natürlich gegen die Kriminalisierung dessen, was legal ist. Aber ich bin ebenso gegen die Legalisierung dessen, was kriminell ist.
Ich kann nicht sehen, daß hier überhaupt die Meinungsfreiheit tangiert ist. Die Depeschen enthalten ja nicht die Meinung von Assange. Ich sehe auch nicht, daß die Pressefreiheit tangiert wäre; denn Tausende von Dokumenten einfach ins Netz zu stellen ist kein Journalismus. Es ist so wenig eine journalistische Leistung, wie das Telefonbuch von Buxtehude abzudrucken.
Zitat
Zitat von ZettelIst es verwerflich, wenn jemand in der Berliner US-Botschafter Westerwelle arrogant nennt?
Zumindest ist es nicht strafbar (wie oben geschriben, entahlte ich mich einer moralischen Bewertung). Es ist auch nicht strafbar, wenn jemand während laufenden geheimen Koalitionsverhandlungen Außenstehende informiert
Ebent, sagt der Berliner. Es ist nicht verwerflich; und vielleichteinlinkers Argument war ja gewesen, daß es erlaubt sein müsse, Verwerfliches publik zu machen
Zitat
Zitat Das ist ein Amgriff auf den demokratischen Rechtsstaat; und ich finde es deprimierend, wie viele Menschen nichts dabei finden, wenn so etwas passiert, oder es gar gutheißen.
Ich verurteile alle strafbaren Handlungen in diesem Zusammenhang und bin wie Du auch der Meinung, dass Vertraulichkeit und Geheimhaltung zum Leben und zur Gesellschaft gehören. Ich sehe allerdings die Gefahr, dass die höchsten Güter der demokratischen Gesellschaft, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit beschnitten werden. Deswegen müssen diejenigen, die etwas geheimhalten wollen, alle möglichen Vorkehrungen treffen, dass es auch geheim bleibt und dazu gehört die Sicherung vor Datendiebstahl. Um gestohlene Daten öffentlich zu machen, braucht es nicht wikileaks.
Das sehe ich auch so. Es ist wie bei einem Hausbesitzer, der sein Haus lausig gesichert hat und nun Opfer eines Einbruchs wird. Er trägt Mitschuld. Aber das ändert nichts an der Schuld des Täters.
Meinst du, dear C., wirklich, daß Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gefährdet sind, wenn WikiLeaks das Handwerk gelegt wird?
Ich kann das nicht erkennen. Mich interessiert der Fall jedenfalls weniger unter diesem Aspekt als unter dem Aspekt, daß es offenbar eine Internet-Kultur von Leuten gibt, die eine ganz neue Vorstellung von Freiheit haben. Die Piratenpartei artikuliert das, und nicht zufällig wollte sich ja Assange von deren schwedischer Variante helfen lassen.
Es wird kein Eigentum anerkannt, jedenfalls kein geistiges. Es wird keine Geheimhaltung respektiert, jedenfalls nicht die staatliche. Das ist alles aus meiner Sicht sehr infantil. Die Phantasien von Nerds, die sich daran berauschen, im Internet alles das tun zu können und hinzubekommen, was sie im RL in Schwierigkeiten bringen würde.
Offenbar gehören Machtphantasien zu einem bestimmten Alter dazu; was ja auch biologisch gut ist. Meine Generation hat 1968 mehr Schaden angerichtet als diese heutigen Piraten. Aber gefallen tut mir das trotzdem nicht.
Zitat Exakt. Das ist eine juristische Grauzone, ähnlich wie der Status von Terroristen.
Nur dass bei Terroristen die Grauzone zwischen "sofort erschießen" und "vor Gericht stellen" liegt. Und nicht zwischen "strafbar" und "nicht strafbar".
Zitat Krauthammer hat den Spionage-Paragraphen aus dem Jahr 1917 ins Spiel gebracht und sinngemäß geschrieben, wenn dieser hier nicht anwendbar sei, dann müsse man eben für derartige Delikte neue Gesetze schaffen.
Und Sie finden die Idee für Delikte, die nicht verboten sind neue Gesetze zu erlassen nicht etwas "komisch"?
Zitat Das scheint mir richtig zu sein. Es werden ständig für neue Delikte neue Gesetze geschaffen; ich glaube, der klassische Fall war der Diebstahl von Strom, der nicht strafbar war, weil Strom keine "fremde bewegliche Sache" ist.
Ach, OK. Sorry, aber der Gedanke war mir zu absurd...
Zitat Das Eindringen in fremde Dateien hingegen ist nicht einfach schon dadurch gerechtfertigt, daß man irgend etwas an die Öffentlichkeit bringen will, was man "verwerflich" findet. (Ist es verwerflich, wenn jemand in der Berliner US-Botschafter Westerwelle arrogant nennt?).
In fremde Daten ist weder Assange noch sonst jemand bei Wikileaks eingedrungen. Was ist also strafbar. Und diese Frage meine ich ernst: Was genau hat Assange, was hat Wikileaks gemacht?
Zitat Exakt. Das ist eine juristische Grauzone, ähnlich wie der Status von Terroristen.
Nur dass bei Terroristen die Grauzone zwischen "sofort erschießen" und "vor Gericht stellen" liegt. Und nicht zwischen "strafbar" und "nicht strafbar".
Es ist in beiden Fällen eine Grauzone, weil das betreffende Verhalten von den bestehenden Gesetzen nicht erfaßt wird. Das ist das tertium comparationis.
Zitat
Zitat Krauthammer hat den Spionage-Paragraphen aus dem Jahr 1917 ins Spiel gebracht und sinngemäß geschrieben, wenn dieser hier nicht anwendbar sei, dann müsse man eben für derartige Delikte neue Gesetze schaffen.
Und Sie finden die Idee für Delikte, die nicht verboten sind neue Gesetze zu erlassen nicht etwas "komisch"?
Überhaupt nicht. Das ist völlig normal und geschieht ständig. Kaum jemand regt sich darüber auf - Sie vermutlich auch nicht, lieber vielleichteinlinker - , wenn zum Beispiel in den Bereichen Umwelt, Antidiskriminierung, Verbraucherschutz, Waffenrecht usw. ständig neue Delikte definiert und bestehende Gesetze verschärft werden. Warum nicht hier?
Zitat Es ist in beiden Fällen eine Grauzone, weil das betreffende Verhalten von den bestehenden Gesetzen nicht erfaßt wird. Das ist das tertium comparationis.
Bevor ich das wörtlich nehme: Ein FLugzeug in ein Hochhaus steuern wird von den bestehenden Gesetzen nicht erfasst?
Zitat Überhaupt nicht. Das ist völlig normal und geschieht ständig. Kaum jemand regt sich darüber auf - Sie vermutlich auch nicht, lieber vielleichteinlinker - , wenn zum Beispiel in den Bereichen Umwelt, Antidiskriminierung, Verbraucherschutz, Waffenrecht usw. ständig neue Delikte definiert und bestehende Gesetze verschärft werden. Warum nicht hier?
Es geht hier doch wohl darum ein neues Gesetz zu schaffen und auf das anzuwenden, was Assange schon gemacht hat. Oder sehe ich das falsch? Wenn nicht, dann hätte ich sehr wohl etwas dagegen!
Zitat von C.Hierbei muss betont werden, dass bei den letzten bekannten Vorgängen niemand von Wikileaks irgendwo eingedrungen ist, sondern Bradley Manning der Tat verdächtigt wird, aber noch nicht rechtskräftig verurteilt ist. Manning hätte das erbeutete Material auch direkt an den Spiegel oder "The Guardian" weiterleiten können, die es auch in welcher Form auch immer veröffentlicht hätten. Ob die Veröffentlichung durch wikileaks strafbar ist, ist derzeit umstritten.
Diese Seite der leidigen Geschichte scheint mir in der ganzen Diskussion hier im Forum „etwas“ zu kurz gekommen zu sein. Was hat Wikileaks anderes gemacht, als die oben von Ihnen erwähnten Zeitschriften nicht auch, oder ohnehin (unabhängig von Wikileaks) auch, gemacht hätten. Wenn ich jetzt noch die Vorwürfe aus Schweden dazunehme, wird die ganze Sache immer unappetitlicher. Nicht, dass Herr Assange mir dadurch sympathischer würde – ich muss ja nicht jeden mögen.
Mit freundlichem Gruß
-- „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann
Zitat Es ist in beiden Fällen eine Grauzone, weil das betreffende Verhalten von den bestehenden Gesetzen nicht erfaßt wird. Das ist das tertium comparationis.
Bevor ich das wörtlich nehme: Ein FLugzeug in ein Hochhaus steuern wird von den bestehenden Gesetzen nicht erfasst?
Sie dürfen es schon wörtlich nehmen, lieber vielleichteinlinker.
Nur meinte ich nicht 9/11, sondern das, was ich in ZR immer mal wieder diskutiere: Den unklaren Status von Terroristen, die keine Militärs sind, aber auch nicht einfach Verbrecher.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Beispiel des Kaida-Mitglieds, das wegen Mordes vor Gericht steht. Der Mann hatte in Afghanistan seinen Stützpunkt verteidigt, als die Amerikaner angriffen. Ihm konnte nachgtweisen werden, daß er einen amerikanischen Soldaten tötete. Also wird er als Mörder verurteilt.
Sein Nebenmann hat vielleicht nicht getroffen und ist also kein Mörder, kann aber wegen Mordversuchs verurteilt werden. Ein dritter saß vielleicht am Funkgerät und kann gar nicht verurteilt werden.
Das ist doch absurd, finden Sie nicht? Und andererseits sind das keine Militärs; sie tragen ja nicht einmal Uniform oder Abzeichen. Das meinte ich mit "Grauzone".
Zitat
Zitat Überhaupt nicht. Das ist völlig normal und geschieht ständig. Kaum jemand regt sich darüber auf - Sie vermutlich auch nicht, lieber vielleichteinlinker - , wenn zum Beispiel in den Bereichen Umwelt, Antidiskriminierung, Verbraucherschutz, Waffenrecht usw. ständig neue Delikte definiert und bestehende Gesetze verschärft werden. Warum nicht hier?
Es geht hier doch wohl darum ein neues Gesetz zu schaffen und auf das anzuwenden, was Assange schon gemacht hat. Oder sehe ich das falsch? Wenn nicht, dann hätte ich sehr wohl etwas dagegen!
Ich auch. Es gilt das Prinzip nulla poena sine lege.
Zitat von vielleichteinlinkerIn fremde Daten ist weder Assange noch sonst jemand bei Wikileaks eingedrungen.
Das Verhältnis zwischen dem eigentlichen Datendieb und der Ausnutzung durch Wikileaks ist wie das zwischen einem normalen Dieb und einem Hehler. Letzteres ist zu Recht auch strafbar - Wikileaks sollte juristisch ähnlich wie Hehlerei gewertet werden (was derzeit im Gesetz noch nicht der Fall ist).
Nochmal und immer wieder die Frage: was ist mit der vom Deutschen Staat gekauften CD der Steuersünder. Diese Daten waren genauso geklaut, Zettel hatte den Thread "der Staat als Hehler".
Da das Gesetz so oder so nicht eindeutig ist, muß parallel dazu auch der Deutsche Staat, egal wie richtig man die Heranziehung von Steuersündern findet, "abge- oder verurteilt" werden. Das ist nichts anderes.
Damit habe ich nicht gesagt, das ich nationalen Datenverrat mit dieser Tragweite richtig finde, aber auch hier wird schon wieder mit zweierlei Maß gemessen, daß hat unsere Regierung zwar nicht ahnen können, aber es ist Fakt.
♥lich Nola
"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002
Zitat von NolaNochmal und immer wieder die Frage: was ist mit der vom Deutschen Staat gekauften CD der Steuersünder.
Sind wir uns nicht einig, daß Beides verwerflich ist?
Ein Problem haben doch nur die Heuchler, die die Steuer-CD gerne kaufen wollten - jetzt aber empört sind. Ich habe aber seitens deutscher Politiker noch gar nicht viel Empörung über Wikileaks mitbekommen - mag aber daran liegen, daß ich die Berichterstattung nicht sehr verfolge.
Umgekehrt muß man aber den Wikileaks-Fans größtenteils zugute halten, daß sie damals auch für die Ausspähung der Konteninhaber waren.
Zitat von ZettelMeinst du, dear C., wirklich, daß Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gefährdet sind, wenn WikiLeaks das Handwerk gelegt wird?
Ich bin vollkommen davon überzeugt, zumal Plattformen wie wikileaks niemals das Handwerk gelegt werden kann, es sei denn, Du hast vor das Internet völlig abzuschalten. Der weitaus bessere Ansatz ist damit zu leben lernen.
Zitat von Andrew DenisonIn den Depeschen begegnet uns eine amerikanische Staatskunst, die sich sehen lassen kann. Die US-Diplomaten setzen sich hartnäckig für ein bisschen mehr Frieden, Freiheit und Wohlstand ein - nicht nur für Amerika, sondern für alle Bewohner des globalen Dorfs. Amerikanische Absichten und Methoden erweisen sich als gar nicht so schlecht, vor allem wenn man sie vergleicht mit denen von Amerikas Gegnern - und Partnern.
Natürlich erleiden amerikanische Diplomaten vorübergehenden Schaden, amerikanische Interessen aber werden unterm Strich gestärkt. Denn kommen die Fakten auf dem Tisch, profitiert Amerika mehr als seine Gegner, deren Kommunikationspolitik eher darauf ausgerichtet ist, das Unangenehme unter den Teppich zu kehren. Daher fiebert die ganze Welt der nächsten Episode aus der Wikileaks-Serie entgegen. Dass Iran gefährlicher als Israel ist, dass die Regierenden in Jemen zugeben, dass sie mit Amerika gegen al-Qaida arbeiten, dass Karsai in allen Zeitungen lesen muss, was für ein riesiges Problem er darstellt, dass Pakistan eher von den Taliban als von Indien bedroht wird - all dies als gegenwärtigen "Istzustand" zu erkennen, kann der Verfolgung amerikanischer Interessen nur hilfreich sein.
Ich finde das großartig, das sind die USA wie ich sie liebe und das hätte sicherlich auch George Bush gefallen. Dagegen wirken die "Cyberaktivisten" kleinkariert, lächerlich und totalitär. Anstatt zu verdammen, gilt es die Vorzüge der freien Gesellschaft herauszustellen.
Interessanter Gedanke. Bei seinen TV-Auftritten ist mir Dr. Andrew Denison schon öfter als ein kluger Mann aufgefallen, der die Sache der USA erfolgreich vertritt.
Hier aber höre ich, dear C., doch eher das Pfeifen im Walde. Denn das positive Bild der USA, das er gern in den Depeschen erkennen möchte, erreicht jedenfalls nicht die Medien.
Und daß andere Regierungen jetzt vielleicht besser über die wahren Absichten und Beurteilungen der US-Diplomatie Bescheid wissen - sollte das wirklich den USA nützen?
Sofern sie diesen Regierungen ihre wahren Absichten mitteilen wollten, taten sie das. Wenn nicht, dann hatten sie gute Gründe.
Diplomatie lebt vom Verbergen; das ist nun einmal so. Eine offene Diplomatie nur bei einem der an dem Spiel Beteiligten hat aus meiner Sicht allein den Effekt, daß dieser im Nachteil ist.
Es ist ungefähr so wie bei einem Skatspiel, bei dem einer der Spieler seine Karten offen auf den Tisch legt. Eine schöne Geste. Den Deckel wird er bezahlen.
Wenn das, was Wikileaks sich leistet, tatsächlich irgendwie kriminell ist, dann wird man nicht nur Wikileaks belangen müssen. Spiegel, NYT, Guardian und so fort haben ja im Grunde nichts anderes getan als Wikileaks selbst: sie haben die ihnen zugespielten vertraulichen Daten durchgesehen und veröffentlicht. Halten Sie es für unproblematisch, das Handeln dieser Medien zu kriminalisieren?
jetzt kommen auch noch ein paar gezinkte Karten dazu. Das Karussell dreht sich schneller und das Motiv der größeren Offenheit erscheint immer absurder!
Zitat von lukasWenn das, was Wikileaks sich leistet, tatsächlich irgendwie kriminell ist, dann wird man nicht nur Wikileaks belangen müssen. Spiegel, NYT, Guardian und so fort haben ja im Grunde nichts anderes getan als Wikileaks selbst: sie haben die ihnen zugespielten vertraulichen Daten durchgesehen und veröffentlicht. Halten Sie es für unproblematisch, das Handeln dieser Medien zu kriminalisieren?
Ich glaube, lieber Lukas, darauf habe ich irgendwo schon geantwortet: Journalisten können sich auf die Pressefreiheit berufen.
Gestohlene Daten ins Internet zu stellen ist aber keine journalistische Tätigkeit; so wenig, wie das Telefonbuch von Buxtehude einzuscannen und ins Netz zu stellen.
Ebensowenig kann sich WikiLeaks auf Meinungsfreiheit berufen, denn eine Meinung wird ja gar nicht publiziert. Nur Diebesgut.
Daß der "Spiegel" so groß in die Sache eingestiegen ist, war eine kaufmännisch richtige Entscheidung; das Heft war vergriffen und mußte nachgedruckt werden. Journalistisch war diese Entscheidung aus meiner Sicht unverantwortlich.
Im neuen "Spiegel" steht, daß Westerwelle im vertraulichen Gespräch mit US-Stellen sich zum Türkei-Beitritt ganz anders geäußert hätte als öffentlich. Sinngemäß: Man halte die Türkei aus taktischen Gründen hin, wolle aber ihren Beitritt gar nicht.
Allein diese eine Information wird verheerrende Folgen für die europäische und amerikanische Diplomatie haben.
Ein Beispiel von vielen. Der Westen ist durch die WikiLeaks-Kriminellen und ihre publizistischen Helfershelfer mehr geschwächt worden als durch alles, was sich die Kaida jemals erträumen konnte.
Die Gewinner sind die Islamisten und die Chinesen. Assange sollte zwar nicht den Nobelpreis bekommen, aber den höchsten Chinesischen Orden, und von Indonesien bis Algerien sollten ihn die Islamisten in ihr Gebet einschließen.
Wikileaks hat ja nach eigenen Angaben nicht einfach nur die Kabel ins Netz gestellt, sondern veröffentlicht sie gezielt in mehreren Wellen. Ist das schon genug, um seine Tätigkeit als Journalismus zu qualifizieren? Wo ziehen Sie die Grenze? Die Pressefreiheit schützt außerdem, lieber Zettel, ja nicht Journalisten oder "journalistische Tätigkeit", sondern Meinungsäußerungen und (wahre) Tatsachenmitteilungen, und um Tatsachenmitteilungen handelt es sich bei dem, was Wikileaks veröffentlicht.
Dass der Westen durch das Verhalten von Wikileaks geschwächt ist, steht außer Frage. Aber ich halte es nicht für weise, darum die Pressefreiheit einzuschränken. Wirksam wird diese Einschränkung ohnehin nicht sein, da der Schaden auch ohne die direkte Veröffentlichung durch Wikileaks angerichtet worden wäre, nämlich durch die journalistisch aufbereitete Veröffentlichung in Spiegel und Konsorten, welche Sie ja nicht antasten wollen.
Die Pressefreiheit schützt außerdem, lieber Zettel, ja nicht Journalisten oder "journalistische Tätigkeit", sondern Meinungsäußerungen und (wahre) Tatsachenmitteilungen, und um Tatsachenmitteilungen handelt es sich bei dem, was Wikileaks veröffentlicht.
Um Tatsachenmeldungen handelt es sich bei diesen Depeschen ja aber gerade nicht notwendigerweise, lieber Lukas. Sondern um die Schilderung von Eindrücken durch Botschafter oder andere Personen im diplomatischen Dienst. Das heißt natürlich noch nicht, dass diese Eindrücke nicht den Tatsachen entsprechen können; sie tun dies jedoch nicht zwangsläufig. Dass die Medien die Angelegenheit so darstellen, als wäre dem so, halte ich für ein großes Problem.
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