Ein kleines, aber doch nicht unwichtiges Thema, mit dem ich mich immer wieder einmal befaßt habe; jetzt also hat es der Minister Ramsauer in diesen nachrichtenarmen Tagen wieder einmal aufgebracht.
Zitat Ein Club, der wahllos jeden aufnimmt, ja der von sich aus die Dummen und die Blender graptscht, ist ein schlechter Club.
Ein richtiger, ein wichtiger Satz. Und einer, der nicht nur für die Sprachverhunzung gilt, sondern für uns als Gesellschaft insgesamt. Wer unselektiert nicht bloß »Meeting« und »Task Force« passieren läßt, sondern auch z.B. jene 75 % türkischen Ehepartnernachzügler, die einen türkischen Grundschulabschluß haben (25% haben nicht einmal den!), der braucht sich über den Niveauverlust im »Club Deutschland« (der als »Club Germany« gleich viel trendier, bzw. nach dem Willen der sogen. Rechtschreibreform vermutlich »trendyer« klingt) keine Gedanken mehr zu machen ...
Zitat lle modernen Sprachen haben Elemente anderer Sprachen aufgenommen; das Deutsche besonders des Lateinischen zur Römerzeit
Lieber Zettel, zur Römerzeit gab es noch kein Deutsch, sondern nur germanische Sprachen oder Dialekte. Selbst für die althochdeutsche Zeit (8.-11. Jh.) ist es problematisch, mit dem Begriff "Althochdeutsch" zu suggerieren, es habe EINE deutsche Sprache gegeben. Das Deutsche war damals eine Gruppe mehr oder weniger eng verwandter germanischer Dialekte, die sich gewiss gegenseitig beeinflusst haben und natürlich ein Dialektkontinuum darstellten, aber kaum eine einzige Sprache.
Totaler, frontaler und umfassender Widerspruch. Auf allen Ebenen! Ramsauer:
Zitat Ich kenne kein Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgeht.
Das IST Gejammer. Ich traue Ramsauer zu, sich nicht einmal fünf Sprachen daraufhin angeguckt zu haben, schon gar nicht nicht alle. Ich vermute auch mal, Ramsauer spricht nicht einmal alle Sprachen der Welt. Vielleicht - ganz hoch geschätzt - spricht er zehn oder fünfzeh (Zugegeben, sehr hoch geschätzt), wie kommt er dann zu so einer Aussage? Weil er jammert!
Zitat Es ist gut für Ramsauer, es ist gut für sein Ministerium, wenn in diesen Tagen ein wenig über ein solches Thema debattiert wird, statt über die doch eher hilflosen Bemühungen der Deutschen Bahn, sich den Witterungsbedingungen anzupassen.
Das versteh' ich nicht.
Zitat Jetzt stellt er gegenüber dem "Tagesspiegel" zufrieden fest, daß er Tausende zustimmende Zuschriften und Anrufe erhalten hat.
Die Sarrazin-Empirie. Schulterklopfer=Zustimmung in der Bevölkerung. Hier besonders unangebracht weil die Bevölkerung freilich weiter zu "Meetings" geht und "Laptops" und "Notebooks" kauft. Warum wohl?
Weil Sprache vieles ist, vor allem aber gerecht und schön. Ein Wort, das weiterhilft wird genutzt. Eines, das dies nicht tut wird links liegengelassen. Deswegen nannte man landauf landab die "Umweltprämie" auch "Abwrackprämie". Was den sprachlichen Kern der Sache trifft, das wird eben benutzt. Ramsauer möchte das im Kleinen (Ministerium) und im Großen (Deutschland) ändern, was der Höhepunkt der Sprachdiktatur wäre. Wir müssen alle so reden wie es der Bundesminister will und nicht mehr so, wie wir am besten verstanden werden.
Ob die Verwendung von Anglizismen gute Engschlichkenntnisse voraussetzt, wage ich auch zu bezweifeln. Wie ist den Ihr Ungarisch? Ihr Schwedisch? Ihr Russisch? Und ist das Französisch in Deutschland so weit verbreitet wie Worte wie "Trottoir"? Ich denke nicht. Lehnwörter sind Lehnwörter und nicht nur "Gäste" einer fremden Sprache.
Zitat Eine Sprache ist wie ein Club, der gern immer einmal wieder ein neues Mitglied aufnimmt. Aber er sollte das selektiv tun. Ein Club, der wahllos jeden aufnimmt, ja der von sich aus die Dummen und die Blender graptscht, ist ein schlechter Club.
Und wer entscheidet? Bislang tut das die Sprachgemeinschaft die - übrigens ohne dem Deutschen damit zu schaden - neue Worte aufnimmt, alte fallenlässt, Bedeutungen verschiebt und neu zuteilt. Wer das nicht hinnimmt, kann für sich seine eigene perfekte Sprache sprechen oder versuchen, seine Sprache als "richtig" einzufrieren und dafür zu sorgen, dass alles so bleibt wie er es gerne hätte. Letzteres ist die Rammsauer-Methode.
Ach ja:
Zitat nach dem Willen der sogen. Rechtschreibreform vermutlich »trendyer« klingt
Wohl eher trendier. Was ich sehr schön finde weil es ein Lehnwort einen vernünftigen Platz in der Sprache einräumt in die es eingezogen ist. So wie wir "Taxi" zu "Taxen" pluralisieren und das "Konto" zu "Konten" und die "Pizza" immer öfter zu "Pizzen". Lehnworte werden eingedeutscht. In der Art sie zu verwenden, in der Art sie zu beugen und zu schreiben. Das ist so selbstverständlich, dass man es nicht mehr sagen muss.
Zitat Lehnwörter sind Lehnwörter und nicht nur "Gäste" einer fremden Sprache.
Sie haben völlig recht, dass Lehnwörter nicht nur Gäste, sondern dauerhaft in eine Sprache integriert sind, so wie etwa das schöne Wort "Keks". Nur: meeting point und der sonstige Anglizismen-Unsinn sind keine Lehnwörter, da sie nicht integriert sind, sie stehen nach Aussprache und Orthographie als erratische Blöcke störend im Weg.
Zitat Ich kenne kein Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgeht.
Das IST Gejammer. Ich traue Ramsauer zu, sich nicht einmal fünf Sprachen daraufhin angeguckt zu haben, schon gar nicht nicht alle.
Nun, Minister Ramsauer sagte ja nicht: »Es gibt kein Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgeht«, sondern in weiser Selbstbeschränkung auf die ihm zusinn- und -mutbaren Grenzen: »Ich kenne keine Land ...«.
Wii wollen Sie diesen Satz denkmöglich als »Gejammer« qualifizieren? Wäre das nicht vielmehr Ihrerseits Gejammer darüber, daß Ramsauer, wiewohl Verkehrsminister, Länder der Erde nicht kennt, die Sie offenbar schon kennen, und in denen nach Ihrem überprüfbaren Wissen (das Sie uns sicher nicht vorenthalten wollen — wir warten!) noch weitaus respektloser mit der eigenen Sprache umgegangen wird?
Zitat Ramsauer möchte das im Kleinen (Ministerium) und im Großen (Deutschland) ändern, was der Höhepunkt der Sprachdiktatur wäre. Wir müssen alle so reden wie es der Bundesminister will und nicht mehr so, wie wir am besten verstanden werden.
Auch hier muß ich zu meinem Bedauern Widerspruch anmelden. Wer hindert Sie daran — sofern Sie nicht gerade Bediensteter des Verkehrsministeriums bzw. einer nachgeordneten Stelle sind, und auch dann nur in dienstlicher Funktion — weiterhin von »Task Force« und »Meeting« zu sprechen? Ramsauer werden die gesetzlichen Handhaben dazu fehlen, denke ich mal (wiewohl ich als österreichischer Wirtschaftsjurist mir über deutsches Verfassungsrecht keine letztverbindlichen Aussagen zu machen zutraue — aber es würde mich vom juristischen Hausverstand her doch sehr wundern!).
Ramsauer macht das, was ich in meiner Kanzlei auch mache: er gibt für die ihm unterstellten Personen Anweisungen. Das ist sein gutes Recht, und dazu ist er ja letztlich auch da! Ich habe z.B. bei der Rechtschreibreform die Marschroute ausgegeben: »net amol ignorieren«*). Nun, auch hier wirkt die Macht des Faktischen, mittlerweile muß ich bei mancher junger Sekretärin an und ab ein »dass« passieren lassen, weil einfach Zeit und Papier zu schade wäre, deswegen ein Begleitschreiben neu auszudrucken. Aber grosso modo funktioniert es — und ich hoffe damit bis zu meiner Pensionierung durchzuhalten.
Zitat Wohl eher trendier
Nun, das wäre ja korrekt! Und so schrieb ich es ja auch — nur angesichts von »Babys« (statt »Babies«) setzte ich damit ein kleines ironisches Aperçu. Von Scheußlichkeiten wie »Majonäse«, »Spagetti« nicht zu reden ...
*) Für Piefkes (Achtung, ich versuche mich in Berlinerisch ): »Nich' mal ijnorier'n!«
Zitat Nur: meeting point und der sonstige Anglizismen-Unsinn sind keine Lehnwörter, da sie nicht integriert sind, sie stehen nach Aussprache und Orthographie als erratische Blöcke störend im Weg.
So wie Joghurt (nicht Jogurt) oder Yoga (Joga) oder Trottoir (Trottuar???). Dass Lehnwörter ihre Aussprache erst nach der Bedeutung ablegen ist völlig normal.
Zitat Nun, Minister Ramsauer sagte ja nicht: »Es gibt kein Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgeht«, sondern in weiser Selbstbeschränkung auf die ihm zusinn- und -mutbaren Grenzen: »Ich kenne keine Land ...«.
Wii wollen Sie diesen Satz denkmöglich als »Gejammer« qualifizieren? Wäre das nicht vielmehr Ihrerseits Gejammer darüber, daß Ramsauer, wiewohl Verkehrsminister, Länder der Erde nicht kennt, die Sie offenbar schon kennen, und in denen nach Ihrem überprüfbaren Wissen (das Sie uns sicher nicht vorenthalten wollen — wir warten!) noch weitaus respektloser mit der eigenen Sprache umgegangen wird?
Ich finde nicht dass man in Deutschland respektlos mit der Sprache umgeht. Von daher erübrigt sich jeder Vergleich. Mir ist übrigens keines bekannt dass überhaupt "respektlos" mit der Sprache umgeht. Was aber auch damit zusammenhängt dass Länder mit ihren Sprache selten was machen. Eher die Menschen die darin leben.
Zitat Wir haben für jeden Bereich unseres Lebens auch deutsche Vokabeln, wir müssen sie nur nutzen.
Ob das mal nur fürs Ministerium gemeint ist, ich meine wegen der Lebensbereiche und so...
Nochmal: Jeder wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Ich so, Sie so, alles in Ordnung. Aber weder "krankt" die Deutsche Sprache, noch "verkommt" sie durch Anglizismen. Schon gar nicht ist sie "bedroht". Die Unsinnigkeit mancher Eigenkreationen kann jeder für sich pflegen und sich damit einen elitären Touch geben, den Rest sollte man aber bitte ihren eigenen elitären Tatsch leben lassen.
Zitat lle modernen Sprachen haben Elemente anderer Sprachen aufgenommen; das Deutsche besonders des Lateinischen zur Römerzeit
Lieber Zettel, zur Römerzeit gab es noch kein Deutsch, sondern nur germanische Sprachen oder Dialekte. Selbst für die althochdeutsche Zeit (8.-11. Jh.) ist es problematisch, mit dem Begriff "Althochdeutsch" zu suggerieren, es habe EINE deutsche Sprache gegeben. Das Deutsche war damals eine Gruppe mehr oder weniger eng verwandter germanischer Dialekte, die sich gewiss gegenseitig beeinflusst haben und natürlich ein Dialektkontinuum darstellten, aber kaum eine einzige Sprache.
Ja, da haben Sie Recht, lieber Gansguoter, und so ganz unbekannt ist mir das auch nicht.
Aber wenn wir beim hier allseits und schon ganz und gar von mir geschätzten Beckmessern sind: Ich habe ja von allen modernen Sprachen gesprochen.
Alle modernen Sprachen haben Elemente anderer Sprachen aufgenommen. Das Perfectum weist darauf hin, daß ich von deren Vergangenheit rede. In der Vergangenheit waren sie allerdings noch keine modernen Sprachen, denn wir reden ja von der Vergangenheit.
Aber im Ernst: Wir haben es hier mit einem Grundproblem des Verstehens von Sprache zu tun, nämlich daß immer nur ein Teil der einer Sprachäußerung zugrundeliegenden kognitiven Struktur in der Äußerung explizit abgebildet wird.
Der Hörer oder Leser ergänzt den Rest, in der Regel automatisch. (Forscher wie John Anderson und früher einmal die LNR Research Group haben versucht, solche "Strukturen des Wissens" in Modellen abzubilden).
Das macht ja das automatische Übersetzen so schwer: Man kann nicht einfach von der einen natürlichen Sprache in die andere gehen, sondern muß den Weg über diese zugrundeliegenden kognitiven Strukturen nehmen. Ich glaube, das habe ich kürzlich schon einmal erwähnt; auch daß die Alternative rohe Rechengewalt ist, nämlich einfach in einer sehr großen Textbasis nach ähnlichen Sätzen und Satzteilen zu suchen. Prinzip Chinese Room.
Ach ja: Keiner hat mit diesem Aspekt der Sprache souveräner gespielt als Karl Valentin.
Hm, es ist also besser dass Ramsauer seinen Mitarbeitern Anweisungen gibt kuenftig "Klapprechner" statt laptop zu sagen/schreiben (und die Ausfuehrung dieser Anweisungen ueberwacht), als sich darum zu kuemmern dass sein Ministerium seinen eigentlichen Aufgaben nachkommt? Oder ist da so wenig zu tun dass man sich um Sprachanweisungen kuemmern kann?
Zum Unterschied zwischen "Ich kenne kein Land" und "Es gibt kein Land" - man muss wohl ein "oesterreichischer Wirtschgaftsjurist" sein um hier einen grossen Unterschied zu sehen. Aber ok - wo liegt denn die Ramsauer "zusinnbare" Grenze was das "Kennen" von Laendern und ihrer Sprachen einschliesslich Eingliederungen und Gebrauch von Woertern anderer Sprachen betrifft? Hat er sich 3, 4, 5 oder gar 10 Laender daraufhin angeschaut? Wahrscheinlich nicht - er hat es wohl einfach so dahingesagt. Er ist ja auch nicht so weit herumgekommen in der Welt, der Ramsauer Peter. Und vielleicht nerven ihn die Anglizismen nur deswegen weil er sie nicht versteht. Und DAS wuerde dann doch erklaeren warum er einen laptop als Klapprechner bezeichnet haben will - da kann er sich was drunter vorstellen.
Zitat Alle modernen Sprachen haben Elemente anderer Sprachen aufgenommen. Das Perfectum weist darauf hin, daß ich von deren Vergangenheit rede. In der Vergangenheit waren sie allerdings noch keine modernen Sprachen, denn wir reden ja von der Vergangenheit.
Schon klar, lieber Zettel, und ich will auch gar nicht beckmessern. Aber wenn Sie schreiben "das Deutsche besonders des Lateinischen zur Römerzeit", dann passt das wirklich vorne und hinten nicht zusammen, denn "das Deutsche" kann nun wirklich nichts als dem "Lateinischen zur Römerzeit" übernommen haben mangels damaliger Existenz "des Deutschen". Im heutigen Deutschen gibt es zahllose Wörter, die aus dem Lateinischen der Römerzeit entlehnt sind - so gerne ;-)
Zitat von john jHm, es ist also besser dass Ramsauer seinen Mitarbeitern Anweisungen gibt kuenftig "Klapprechner" statt laptop zu sagen/schreiben (und die Ausfuehrung dieser Anweisungen ueberwacht), als sich darum zu kuemmern dass sein Ministerium seinen eigentlichen Aufgaben nachkommt?
Wenn Sie wüßten, lieber John, was es in einem solchen Ministerium alles an Dienstanweisungen gibt ...
Sprachregelungen sind in jeder Behörde so oder so notwendig. Man muß sich ja verständigen können. Es kann nicht jeder Beamte seine eigene Prosa mit seiner eigenen Terminologie schreiben.
Dass sich das Bundesverkehrsministerium jetzt mit aller Kraft um ein besseres Deutsch bemüht, mag ja sehr gut gemeint sein. Das Thema ist wichtig und wir alle können etwas dazu beitragen, dass ordentliches Deutsch geschrieben und gesprochen wird.
Aber der Herr Ramsauer ist für dieses Thema schlichtweg nicht zuständig. Und wenn Herrn Ramsauers Beauftragte für PR und Öffentlichkeitsarbeit partout meinen, dass der Herr Minister mit diesem Thema in der Zeitung stehen solle, dann läuft in diesem Ministerium irgend etwas schief.
Warum denke ich bei solchen Meldungen immer an das Peter-Prinzip?
Zitat Zum Unterschied zwischen "Ich kenne kein Land" und "Es gibt kein Land" - man muss wohl ein "oesterreichischer Wirtschgaftsjurist" sein um hier einen grossen Unterschied zu sehen.
Sie kannten niemanden, der hier einen Unterschied sieht — bis Sie mich kennenlernten (virtuell wenigstens ). Und schon haben Sie gelernt: es gibt österreichische Wirtschaftsjuristen, die hier einen Unterschied sehen. So, wie Juristen (wenigstens österreichische) »grundsätzlich« in einer völlig anderen Bedeutung verwenden, als Normalbürger. Ein Normalverbraucher wird den Satz »Die Stellung eines Antrages gemäß § .... wird nach Verstreichen der obigen Frist grundsätzlich abgewiesen« dahingehend interpretieren, daß es dann eben aus ist. Der (österreichische, wohl aber auch der deutsche) Jurist hingegen wird das »grundsätzlich« als Hinweis auf (i.d.F. offenbar noch angeführte) Ausnahmen interpretieren.
(Fortsetzung folgt demnächst, da meine Frau mich zu einem dringlichen Einkauf mahnt)
Zitat von stefanolixAber der Herr Ramsauer ist für dieses Thema schlichtweg nicht zuständig. Und wenn Herrn Ramsauers Beauftragte für PR und Öffentlichkeitsarbeit partout meinen, dass der Herr Minister mit diesem Thema in der Zeitung stehen solle, dann läuft in diesem Ministerium irgend etwas schief.
Zuständig ist er schon, lieber Stefanolix. Ich habe das vorhin in einer kurzen Antwort an John geschrieben: Es muß in jeder Behörde (wie in jeder größeren Organisation) Sprachregelungen geben, damit man sich verständigt.
Wenn man, sagen wir, mit den Mitarbeiter eines Lehrstuhls eine Dienstbesprechung ansetzt, dann sind da andere angesprochen, als wenn es ein Kolloquium ist oder ein informelles Treffen. Wenn ich also meine Sekretärin bitte: Setzen Sie bitte für den Soundsovielten eine Dienstbesprechung an, dann weiß sie, wie der Verteiler aussieht usw.
So ist das natürlich auch in Ramsauers Ministerium. Er hat bei dessen Übernahme eine ordentliche Sprachregelung eingeführt, nachdem dort unter den SPD-Ministern die Sprache offenkundig verlottert war.
Eine andere Sache ist, daß er das damals an die große Glocke gehängt hat und jetzt wieder aufwärmt. Da spricht halt nicht nur der Dienstherr, sondern auch der Politiker, der wiedergewählt werden will.
Aber auch das ist ja nichts Schandbares. Andere Minister, wie etwa Renate Künast, haben ja sozusagen den Auftrag ihres Ministeriums nur darin gesehen, ständig der Öffentlichkeit irgend etwas mitzuteilen.
Zitat von GansguoterSie haben völlig recht, dass Lehnwörter nicht nur Gäste, sondern dauerhaft in eine Sprache integriert sind, so wie etwa das schöne Wort "Keks". Nur: meeting point und der sonstige Anglizismen-Unsinn sind keine Lehnwörter, da sie nicht integriert sind, sie stehen nach Aussprache und Orthographie als erratische Blöcke störend im Weg.
Der Begriff »Meeting Point« ist deshalb ein Fremdkörper, weil er kein Fachbegriff ist. Aber »Notebook« und »Laptop« sind eingeführte Fachbegriffe und es ist einfach albern, diese Geräte plötzlich als »Klapprechner« zu bezeichnen.
Zitat Alle modernen Sprachen haben Elemente anderer Sprachen aufgenommen. Das Perfectum weist darauf hin, daß ich von deren Vergangenheit rede. In der Vergangenheit waren sie allerdings noch keine modernen Sprachen, denn wir reden ja von der Vergangenheit.
Schon klar, lieber Zettel, und ich will auch gar nicht beckmessern. Aber wenn Sie schreiben "das Deutsche besonders des Lateinischen zur Römerzeit", dann passt das wirklich vorne und hinten nicht zusammen, denn "das Deutsche" kann nun wirklich nichts als dem "Lateinischen zur Römerzeit" übernommen haben mangels damaliger Existenz "des Deutschen".
Ich habe mich Ihnen noch nicht verständlich machen können. Jetzt wird also, lieber Gansguoter, weiter gebeckmessert.
Mein Satz, den Sie beanstanden, lautet:
Zitat (1) Alle modernen Sprachen haben Elemente anderer Sprachen aufgenommen; das Deutsche besonders des Lateinischen zur Römerzeit.
Das ist, ich habe es zu erläutern versucht und ergänze jetzt den Ausdruck der Linguistik dafür, eine Ellipse. Die Sprache besteht fast nur aus Ellipsen; es wird eine komplexe kognitive Struktur vereinfacht abgebildet, aber so, daß der Rezipient sie versteht, jedenfalls das soll.
Man kann jede solche Aussage entfalten, also das Gemeinte, das implizit ist, explizieren. Bei meiner Aussage könnte das ungefähr so aussehen:
Zitat (2) Alle modernen Sprachen haben sich im Lauf der Zeit verändert. Dabei haben sie Elemente anderer Sprachen aufgenommen. Bei der Entstehung dessen, was heute das moderne Deutsch ist, wurden zur Römerzeit Elemente des Lateinischen aufgenommen.
Das hatte ich gemeint. Sie haben es nicht so verstanden (verstehen wollen?).
Aber schaun Sie, ohne Ellipsen würde ein Text doch umständlich, langweilig, fast unlesbar werden. Juristen versuchen Ellipsen zu vermeiden, weil sie kritische Einwände oder bewußtes Mißverstehen fürchten. Entsprechend ist die Juristensprache.
"Wenn Sie wüßten, lieber John, was es in einem solchen Ministerium alles an Dienstanweisungen gibt ..."
Das kann ich mir vorstellen - aber sollte man gerade deswegen nicht auf eher weniger wichtige Anweisungen verzichten?
"Sprachregelungen sind in jeder Behörde so oder so notwendig. Man muß sich ja verständigen können."
Ok, das war clever. Nur: Ich denke dass man sich im BVM in der prae-Ramsauer-Aera mit dem Wort "laptop" ganz gut verstaendigt hat - es weiss jeder sofort was gemeint ist. Bei "Klapprechner" bin ich mir nicht so sicher. Und es geht Ramsauer ja nicht darum dass sich die Leute verstaendigen koennen, sondern um Respekt vor der Sprache etc. Und das ist etwas ganz anderes als Verstaendigung.
Zitat Das hatte ich gemeint. Sie haben es nicht so verstanden (verstehen wollen?).
Jetzt hab ich's verstanden. Nichts gegen Ellipsen, aber die Ellipse war doch etwas viel, wenigstens für mich. Ich habe ein paar Semester Klausuren und Hausarbeiten zu sprachgeschichtlichen Themen korrigiert, und "Deutsch" und "Römerzeit" in Verbindung zu bringen, diese Ellipse hätte ich nicht durchgehen lassen dürfen (zumal die meisten Studierenden dies eben nicht als Ellipse gemeint hätten, sondern so, wie es geschrieben war ...).
Zitat von ZettelZuständig ist er schon, lieber Stefanolix. Ich habe das vorhin in einer kurzen Antwort an John geschrieben: Es muß in jeder Behörde (wie in jeder größeren Organisation) Sprachregelungen geben, damit man sich verständigt.
Das sei unbestritten. Aber außerhalb des Ministeriums geht das eigentlich niemanden etwas an ;-)
Zitat von ZettelWenn man, sagen wir, mit den Mitarbeiter eines Lehrstuhls eine Dienstbesprechung ansetzt, dann sind da andere angesprochen, als wenn es ein Kolloquium ist oder ein informelles Treffen. Wenn ich also meine Sekretärin bitte: Setzen Sie bitte für den Soundsovielten eine Dienstbesprechung an, dann weiß sie, wie der Verteiler aussieht usw.
So ist das natürlich auch in Ramsauers Ministerium. Er hat bei dessen Übernahme eine ordentliche Sprachregelung eingeführt, nachdem dort unter den SPD-Ministern die Sprache offenkundig verlottert war.
Man kann geteilter Meinung sein, ob die Sprachregelung ordentlich gut und richtig ist. Aber es ist natürlich das gute Recht des Ministers, entsprechende Regelungen für sein Ministerium zu erlassen.
Aber Kultur und Bildung sind in Deutschland nun mal Sache der Bundesländer. Für die Sprache der Deutschen außerhalb seines Ministeriums ist Herr Ramsauer nicht zuständig. Das wollte ich in meinem ersten Kommentar sagen.
Zitat von ZettelEine andere Sache ist, daß er das damals an die große Glocke gehängt hat und jetzt wieder aufwärmt. Da spricht halt nicht nur der Dienstherr, sondern auch der Politiker, der wiedergewählt werden will.
Aber auch das ist ja nichts Schandbares. Andere Minister, wie etwa Renate Künast, haben ja sozusagen den Auftrag ihres Ministeriums nur darin gesehen, ständig der Öffentlichkeit irgend etwas mitzuteilen.
Herzlich, Zettel
Rayson hat dafür einmal den Begriff »Unpolitik« geprägt. Ich halte derartige PR-Mitteilungen für Unpolitik in Reinkultur, ob sie nun von Frau Künast oder von Herrn Ramsauer in die Welt gesetzt werden. Ich bewahre mir in solchen Dingen die Äquidistanz ;-)
Mein Wunsch für 2011: Alle Verkündigungen und Mitteilungen sollten etwas mit der (inhaltlichen) Arbeit der Ministerien zu tun haben.
Zitat von stefanolixDer Begriff »Meeting Point« ist deshalb ein Fremdkörper, weil er kein Fachbegriff ist. Aber »Notebook« und »Laptop« sind eingeführte Fachbegriffe und es ist einfach albern, diese Geräte plötzlich als »Klapprechner« zu bezeichnen.
Stimmt. Aber das ist ja nur ein Beispiel aus einer oft längeren Liste. Und natürlich wird das von Kritikern Ramsauers herausgepickt.
"Klapprechner" wäre ein gutes Wort gewesen, bevor sich "Laptop" durchgesetzt hat. Das ist nun wirklich auch im Englischen ein albernes Wort. Es ist ja dem ursprünglichen "Desktop" nachgebildet, also dem Rechner, den man on the top of the desk stellen konnte, im Gegensatz zu den vorausgehenden Boliden, die den halben Raum füllten. Aber "on the top of the lap"?
Also, das ist ein blodes Wort gewesen; wir sagten damals Schlepptop. Inzwischen hat sich ja "Notebook" durchgesetzt, als die Dinger handlicher wurden.
"Klapprechner" wäre deshalb eine gute deutsche Bezeichnung gewesen, weil es analoge Begriffe schon gibt: Den Klappspaten beispielsweise, den Klapptisch, das Klappbett. Inzwischen das Klapphandy, das freilich seine beste Zeit auch schon hinter sich hat.
Also, das hätte schon gepaßt. Nun hat sich aber halt der Laptop und dann das Notebook durchgesetzt, und das sollte man schon respektieren.
Ramsauers Vorgänger als Minister scheinen übrigens von einem Extrem ins andere gefallen zu sein. Denn gerade die Deutsche Bahn alias Bundesbahn war ja lange Zeit dafür berüchtigt, mit seltsamen Wörtern zu hantieren. Die Fahrkarte, die sie heute Ticket nennt, durfte damals nicht so heißen, sondern war ein "Fahrausweis". Die Karten wurden nicht gestempelt (früher gelocht), sondern "entwertet" usw.
Zitat von GansguoterIch habe ein paar Semester Klausuren und Hausarbeiten zu sprachgeschichtlichen Themen korrigiert, und "Deutsch" und "Römerzeit" in Verbindung zu bringen, diese Ellipse hätte ich nicht durchgehen lassen dürfen (zumal die meisten Studierenden dies eben nicht als Ellipse gemeint hätten, sondern so, wie es geschrieben war ...).
Ja, das verstehe ich. Ich habe auch gelernt, als Anfangsverdacht anzunehmen, daß ein Student etwas nicht richtig verstanden hat, wenn er sich verkürzt ausgedrückt hat. (Bei einem Kollegen hingegen hätte ich angenommen, daß er das Zutreffende eben nur verkürzt dargestellt hat ).
Deshalb habe ich übrigens immer mündliche Prüfungen bevorzugt. Man kann da nachfragen: Was meinen Sie damit genau? Erläutern Sie das bitte?
Mit anderen Worten, ein solches Prüfungsgespräch kann zu einem wesentlichen Teil aus der Auflösung von Ellipsen bestehen. Und wir haben etwas Ähnliches ja jetzt gemeinsam auch hinbekommen.
Zitat von Zettel(…) Ramsauers Vorgänger als Minister scheinen übrigens von einem Extrem ins andere gefallen zu sein. Denn gerade die Deutsche Bahn alias Bundesbahn war ja lange Zeit dafür berüchtigt, mit seltsamen Wörtern zu hantieren. Die Fahrkarte, die sie heute Ticket nennt, durfte damals nicht so heißen, sondern war ein "Fahrausweis". Die Karten wurden nicht gestempelt (früher gelocht), sondern "entwertet" usw.
Ich glaube nicht, dass der Bundesverkehrsminister wirklich Einfluss auf die Beschilderungen und Beschriftungen bei der Deutschen Bahn AG hat. Die Bahn ist doch ein eigenständiges privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen. Eine BSpraReVO (Bahnsprachregelungsverordnung), in der die Bezeichnung jedes einzelnen Fahrkartenschalters und jedes einzelnen Produktes der Bahn bestimmt wird, wäre wohl nur eine weitere Blüte der Bürokratie ;-)
(Fortsetzung, da Milchnachschub erfolgreich beendet ist)
@john j:
»Klapprechner« (ich weiß nicht, ob sich das je durchsetzt) ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Das war aber »Bahnsteig« auch einmal — noch meine Großmutter benutzte bis zu ihrem Tod »Perron« (wie es die Schweizer bis heute tun). Aber ich sehe wirklich nicht den großen Sinn darin, z.B. »Meeting« statt »Besprechung« zu sagen, oder warum ich einen »Berater« als »Consultant« bezeichnen soll. Gewisse Bezeichnungen haben sich berechtigterweise eingebürgert (z.B. »Management«, das durch »Geschäftsleitung« nur unvollkommen abgebildet ist) — aber gegen den Wildwuchs an Angeberei-Anglizismen, wo ständig was »gecheckt« und »reviewed« werden muß, wo Termine nicht abgesagt, sondern »gecancelled« werden — bitteschön, was soll dieser Unsinn!?
Zitat wo liegt denn die Ramsauer "zusinnbare" Grenze was das "Kennen" von Laendern und ihrer Sprachen einschliesslich Eingliederungen und Gebrauch von Woertern anderer Sprachen betrifft?
Wenn der arme Ramsauer quasi gemaßregelt wird, weil er in dem Interview nicht auf eine internationale vergleichende Studie über die Sprachverhunzungskoeffizienten in sämtlichen (oder doch zumindest einer Reihe von repräsentativ ausgewählten) Ländern der Erde verweist, sondern ganz umgangssprachlich das ausdrückt, was offensichtlich ist und ihn (und viele andere) ärgert. Ich brauche an der Supermarkt-Kassenschlange auch kein olefaktorisches Fachgutachten, um den Herrn vor mir (den im fleckigen Trainingsanzug mit dem Anorak drüber) mit Schweiß- und Mundgeruch als Ferkel einzustufen, dem eine Grundreinigung guttäte ...
Ich traue Dr. Ramsauer daher durchaus zu, im Rahmen seines Wirkungsbereiches Sprachverhunzung zu erkennen. Und wenn er das ausspricht und Maßnahmen dagegen ergreift — nun, da muß man schon seeehr verbiestert sein, um das schrecklich zu finden. Denn, wie gesagt: so Sie nicht zufällig Untergebener von Dr. Ramsauer sind, können Sie auch weiterhin einen »meeting point« flüstern, wenn Sie sich mit Ihrer Liebsten wo treffen wollen ...
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